Wozu brauchen wir Rituale?
Rituale scheinen ein Grundbedürfnis des Menschen zu sein. Man findet sie in allen Kulturen zu allen Zeiten. Vor allem in den Übergangszeiten im Leben eines Menschen scheint er die Hilfe von Ritualen zu suchen. Solche Übergangszeiten sind z.B. Geburt, Hochzeit und Tod, aber auch der Übergang ins Erwachsenenleben. In unserer säkularisierten Gesellschaft sind die kirchlichen Rituale für viele Menschen noch der einzige Kontakt zur Institution Kirche. Aber da der Glaubenshintergrund oft fehlt, werden dann die Rituale als sinnentleert empfunden.
Schauen wir einmal auf den Status Quo bei Bestattungen. Der Mensch stirbt im Krankenhaus oder Zuhause und nach dem Arzt ist der Bestatter oft der nächste, der gerufen wird. Er übernimmt den Toten, alle Formalitäten und die Angehörigen sehen den Toten nicht wieder, nur den geschlossenen Sarg bei der Beerdigung. Was hinter den Kulissen passiert, wissen die Angehörigen nicht. Auf der Beerdigung redet häufig der Pfarrer, der den Toten kaum kannte, über sein Leben. Im zwanzig-Minuten-Takt wird in der Trauerhalle wie am Fließband Abschied genommen, die nächsten warten schon. Am Grab stehen alle versteinert vor Schmerz, werfen ein kleines Schäufelchen mit Erde aufs Grab und wenden sich dann ab.
Es ist wichtig, bewußt Abschied zu nehmen, die Übergänge bewußt zu erleben. Im Moment des Todes nehmen wir Abschied von der Seele, vom Wesen des Menschen. Bei der Einsargung sehen wir ihn zum letzten Mal. Bei der Beerdigung nehmen wir Abschied vom Körper des Menschen und übergeben ihn einem Element, das je von Kultur zu Kultur unterschiedlich sein kann. In Deutschland ist zur Zeit nur die Erd- und Feuerbestattung zulässig. [Auch eine Seebestattung ist zuerst eine Feuerbestattung, da die Urne versenkt wird, nicht der Sarg].
Was kann man nun unter einem alternativen Umgang mit Tod und Beerdigung verstehen? Einmal können wir uns auf alte Bräuche besinnen und sehen, ob wir sie mit einem neuen Sinn füllen können, z.B. die Totenwache, einmal können wir uns völlig neue Rituale schaffen, die unseren Bedürfnissen entsprechen.
Weiterlesen:
http://mitglied.tripod.de/Bettina_Sorge/ritual.htm mit Informationen auch über Alternative Bestattungsunternehmen
Bilder des Todes. Die Geschichte der Totenphotographie
von Maria Baumann
Die "Neuesten Nachrichten" vom 19.Dezember 1858 melden in einer Anzeige: "Auch werden Leichenportraits in größter Ähnlichkeit gefertigt, und erlaube mir zu bemerken, daß ich auf Verlangen diesen Portraits einen freundlichen Anblick zu geben verstehe". Der Münchner Photograph Adolph Scheuerer warb um Kunden. Die Konkurrenz war groß, das Photographieren von Leichen um die Mitte des 19.Jahrhunderts in Mode gekommen. Die Idee, Tote abzubilden, lag im Geschäftsinteresse der Photographen, für die das Portraitieren der Leichen ein willkommener Zusatzverdienst war.
Photographen spezialisierten sich auf das Abbilden von Toten. So machte zum Beispiel auch Albin Mutterer aus Wien das Angebot, "lebensechte" Photographien von Verstorbenen anzufertigen. Er ließ sich die Toten ins Atelier bringen und setzte sie in einen Lehnstuhl. Das Einzeichnen der Augen und das übrige Kolorit besorgte ein geübter Retuscheur. Verschönerungen nehmen die Angst. Das friedliche Bild des Schlafes nimmt dem Tod den Schrecken. Diese neue Dimension im Umgang mit dem Tod fiel in eine Zeit, in der die Kirche gegen die drohende Profanisierung des Alltagslebens kämpfte. Sie unterstützte die Verbreitung populärer religiöser Bilder und setzte das unumgängliche Sterben des Menschen noch einmal gegen jene weltanschauliche Stimmung ein, die eine radikale Trennung von Kirche und Staat forderte. Der kirchliche Zeitrhythmus bestimmte den Jahresablauf, Gottes Wille Werden und Vergehen des Menschen. 1866 verbot die katholische Kirche die Kremation, die sie mit dem Glauben an die Auferstehung der Toten als unvereinbar betrachtete. Bräuche prägten im 19.Jahrhundert den eher sentimentalen Umgang mit dem Tod.
Wie Christoph Daxelmüller nachweist, gehörte der Gang zum Photographen zum Toten-, Erinnerungs- und Trauerritual. Die Toten wurden mit Blumen geschmückt, in einigen Gegenden der Oberpfalz mit Sterbebildchen bedeckt, bei Verheirateten oft auch das Hochzeitsbild zum Photographieren aufgestellt. Ähnlich ordnet Ernö Kunt bei seinen Untersuchungen im ländlichen Ungarn die Aufbahrungsphotographien als Teil des Bestattungsrituals ein. Die Familienmitglieder und Verwandten ließen sich am Tag der Beerdigung in Kleidung und Reihenfolge, die der am Grabe entsprechen sollte, zu beiden Seiten des geöffneten Sarges photographieren. Die Aufbahrung von Adeligen geschah mit noch mehr Prunk, die Verstorbenen wurden zur Schau gestellt. Nachdem sich 1890 die Bildpostkarte durchgesetzt hatte, verschickte man zu Tausenden Aufnahmen von öffentlichen Aufbahrungen bei Hof.
Gegen Ende des 19.Jahrhunderts rückten die ersten Amateurlichtbildner - meist aus begüterten Kreisen, denn Photographieren war ein Luxus - auf den Friedhöfen an, um ihre Angehörigen ein letztes Mal auf Film zu bannen. Bereits 1873 war in München ein Verbot erlassen worden, laut dem Menschen, die an einer ansteckenden Krankheit gestorben waren, nicht mehr in ein Photoatelier gebracht werden durften. 1891 verbot die österreichische Regierung das Photographieren von Kinderleichen im Atelier und argumentierte ebenfalls mit der Gefahr von ansteckenden Krankheiten. Christoph Daxelmüller sieht als mögliches Motiv die sich rapide verändernde Einstellung zum Sterben und zum Tod. Am 24.Mai 1928 wurde schließlich ein allgemeines Photographierverbot auf den Münchner Friedhöfen ausgesprochen. Erst nach dem 2.Weltkrieg gestattete man es den Hinterbliebenen wieder, ihre Verstorbenen zu photographieren. Doch die Möglichkeit wurde immer seltener genutzt. Der Verzicht auf ein letztes Photo des Toten erzählt vom Wandel im kulturellen Umgang mit dem Tod.
Literaturhinweis: Christoph Daxelmüller,
Verdrängte Erinnerung. Sensationsfälle und ihre Verharmlosung auf Totenbildern und Totenandenken des späten 19. und 20. Jahrhunderts.
In: Erinnern und Vergessen. Vorträge des 27.Deutschen Volkskundekongresses, hrsg. v. Brigitte Bönisch-Brednich, Rolf W. Brednich, Helge Gerndt.
Göttingen 1991, S. 243-262.
Quelle dradio.de/dlf/sendungen/langenacht
@Fidelia Du das war gar nicht böse gemeint-einfach unter dem HINWEIS posten....es gehört natürlich schon dazu-wenn auch in eine speziellere "Abteilung"-ich habe durchaus verstanden was du sagen wolltest und du sollst dich ja bitte auch weiter mit einbringen-ich kann das auch ab und kenne diese Dinge-aber es ist eben schon so, dass man es am besten schreibt, damit die, die mitlesen und bestimmte Bilder ausklammern wollen-es dann auch können... also nicht aufhören-