Sich in zwei Menschen zu "verlieben" mag möglich sein. Sprich: da ist Schwärmen, die sexuelle Spannung, das Knistern, Schmetterlinge im Bauch.
Zwei Menschen "aufrichtig zu lieben" halte ich (dauerhaft zumindest) für ziemlich ausgeschlossen bis unmöglich.
Es wird hier viel darüber lamentiert, dass Liebe doch immer selbstlos ist. Man redet sich damit ein Ideal ein, das nicht so ist.
Die Liebe einer Mutter, die Liebe eines Vaters, die Liebe eines Bruders oder einer Schwester - die kann mit Sicherheit selbstlos sein. Die Liebe zwischen Partnern (Eros) ist nie ganz selbstlos. Die Basis dafür ist immer Vertrauen - und das wächst nicht einfach auf Bäumen. Wenn man es ganz nüchtern, wie ein Bankkonto mit Dispo betrachtet, kann man auch mal den Rahmen überziehen, wenn man allerdings ständig überzieht ohne etwas einzuzahlen, kündigt einem die Bank irgendwann, früher oder später den Dispo oder gar das Konto. Es wäre gar nicht so verkehrt, mal des öfteren den Partner/ die Partnerin oder sich selbst mal dieses Beispiel im Bezug auf die eigene Beziehung aus beiden Perspektiven zu betrachten. Das hält Liebe lebendig.
Dass Sexualität und das Knistern als Teil einer "aufrichtig gelebten Liebe" in einer langjährigen Beziehung zwangsläufig auch mal etwas einschlummern können, ist ja auch durchaus normal. Oder es geht um sexuelle Orientierungen, die Frau/ Mann eben dem Partner/ der Partnerin nicht erfüllen kann, sprich Bisexualität. Man kennt sich eben in allen Facetten (meint man zumindest). Manche Paare entscheiden sich dann dafür, sich einander auch mal "fremde Haut" zuzugestehen, seien es jetzt Swingerclubs, Dreier oder der Vierer (sog. Partnertausch) oder eine "offene Beziehung". Entweder ist man sich hierüber schon zu Beginn einer Beziehung einig oder im Verlaufe der Jahre, mit dem Zusammenwachsen, dem tiefen Vertrauen ineinander, entscheidet man sich zusammen für solche Möglichkeiten. Andere Paare tun dies nicht und sehen Sexualität oder Knistern auch nicht als so maßgeblich für Ihre Beziehung. Auch das ist doch legitim und ist Sache der Beiden.
Zwischen einer "offenen Beziehung" und "Polyamorie" besteht aber ein gewaltiger Unterschied. In der Definition zweier Frauen, deren Beiträge ich in anderen Foren dazu las, klingt das in etwa so - und dem kann ich mich aus meiner Meinung heraus nur anschließen:
>>Ich führe mit meinem Mann/ Lebensgefährten eine sog. "offene" Beziehung. Weil wir unserer etwas eingeschlafenen Sexualität wieder etwas mehr Schwung verleihen wollten, entschieden wir uns Beide dafür, dass jeder von uns auch gelegentliche außereheliche One-Night-Stands haben darf. Jeder von uns Beiden hatte auch schon welche, alles funktioniert nach von uns Beiden fest vereinbarten Regeln (die im übrigen zwangsläufiger umfangreicher sind, als in "geschlossenen" Beziehungen und ein Verstoß gegen diese Regeln wäre "Betrug"). Wir genießen diese Freiheit, sind uns gegenüber absolut offen, verspüren aber Beide nicht den Drang, unbedingt mit anderen regelmäßig außerehelichen Sex haben zu müssen.<<
Und weiter:
>> "Offene" Beziehung bedeutet für mich: ich habe "einen" Lebenspartner, dem mein Herz gehört, den ich aufrichtig liebe. Die Beziehung ist nach einer Seite "offen" und zwar für mich und für Ihn in Punkto Sexualität. "Polyamorie" ist hingegen keine Beziehung, sondern ein loses Netzwerk von Liebschaften. Ich kann da keine echte Liebe erkennen.<<
Wie gesagt....so ähnlich sahen die Ausführungen zweier Frauen zu der Frage einer anderen Frau nach "Polyamorie" aus.
Und so sehe ich persönlich "Polyamorie" als die Unfähigkeit, echte dauerhafte Liebesbeziehungen zu führen. Denn in einer solchen "Menage a trois" oder gar noch mehr Personen, nimmt derjenige Teil, der eben Einzelner ist, aus meiner Meinung heraus nicht das jeweilige Individuum wahr, nimmt nicht den anderen Menschen mit all seinen Stärken und vor allem Schwächen an (das gehört zur Liebe, sorry)...sondern pickt sich die Rosinen raus. Habe ich Streß mit der/ dem einen "Partnerin/ Partner", ziehe ich mich eben zur/ zum anderen "Partnerin/ Partner" zurück.
Das Geschwätz irgendwelcher Päpste "geteilte Liebe potenziert sich" halte ich für reinen Psychoschrott. Liebe ist zu einem Teil Egoismus (sie ist nie ganz selbstlos....da verstehen wir uns richtig)...aber Sie sucht auch Leid und Schmerz zu vermeiden. Und mindestens ein Mensch leidet mit Sicherheit unter diesem sogenannten "Beziehungsmodell".
Wenn man lose, lockere Beziehungen will....dann soll man das doch besser als Single in mehreren Gelegenheits- und Fickfreundschaften ausleben, ohne große Gefühle und ohne jemandem "Liebe" vorzugaukeln.
Polyamorie ist im Gegensatz zu "offenen" Beziehungen ein "Lebensmodell der Egozentriker".
@DoorsZugestehen will ich Dir hier natürlich, das verschiedengeschlechtlich gelebte Dreiermodell. Das sind noch andere Umstände. Wie gesagt, als Mann kannst Du Deiner Partnerin schlechterdings eine "weibliche" Art von Beziehung, weder sexuell noch emotional bieten. Damit wir uns nicht wieder im Kreise drehen und aufeinanderprallen.