„Tatsächlich wirft die Bekanntschaft mit der Literatur der Antike ein äußerst verblüffendes Problem für den Geisteswissenschaftler auf, das den meisten Personen, die unvertraut mit den Klassikern sind, nicht in den Sinn käme: ob die Dichotomie, die durch die Termini »homosexuell« und »heterosexuell« unterstellt wird, überhaupt mit irgendeiner Realität korrespondiert. […] <-- !!!
In der antiken Welt kümmerten sich so wenige Menschen darum, ihre Zeitgenossen auf der Basis des Geschlechts zu kategorisieren, zu dem sie sich erotisch hingezogen fühlten,
dass keine Dichotomie gebräuchlich war, um diese Unterscheidung auszudrücken.“
John Boswell
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"Hintergrund für diese und andere Wortbildungen war, dass es in der Neuzeit bis Mitte des 19. Jahrhunderts keinen überlieferten Begriff für gleichgeschlechtliches Empfinden gab."
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Die Frage nach Hetero oder Homo kam bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts überhaupt nicht auf, weil es diese Unterscheidung schlicht nicht gab - und darum auch keine entsprechenden Begriffe dafür.
Weiter kann man noch heute beobachten, dass Homosexuelle auf ihre Sexualität reduziert werden, was Hirschfeld schon 1914 beklagte:
Als problematisch empfand Hirschfeld dabei, dass unter dem Eindruck der Endung -sexuell das Wort vielfach nicht im Sinne gleichgeschlechtlicher Artung erfasst und gebraucht wird, sondern im Sinne einer sexuellen Handlung.
Eine unglaublich hohe Zahl von Menschen muss quasi zwanghaft an Sexualität denken, sobald es um Homosexualität geht. Die ganze Debatte dreht sich immer wieder um die ausgelebte Sexualität, obwohl diese lediglich einen Teil im Leben eines Menschen abdeckt.
Und darum auch hier wieder:
Homosexuelle haben ein LEBEN! Auch bei ihnen klingelt morgens der Wecker. Sie gehen zur Arbeit, haben Kopfweh oder Schulden oder Vermögen. Sie kochen gern oder auch nicht, machen Sport und haben Termine beim Finanzamt. Sie sind vielleicht Raucher, begehen Ladendiebstähle oder auch nicht und müssen ihre Wäsche waschen und die Zähne putzen. Sie telefonieren, lungern auf dem Sofa herum und sitzen im Kino...
Und irgendwo dazwischen haben Homosexuelle ein aktives Sexleben - dieses teilen sie nicht mit gegengeschlechtlichen Partnern, denn:
"Homosexualität bezeichnet eine sexuelle Orientierung, bei der Liebe, Romantik und sexuelles Begehren vorwiegend oder ausschließlich für Personen des gleichen Geschlechts empfunden werden."
Homosexualität ist kein Zustand, sondern eine Daseinsform.
@_Themis_ _Themis_ schrieb:Mein Gedanke dass es ein Homo-Gen nicht geben kann, beruht auf der Annahme dass es sich dann schon selbst selektiert hätte. Ich meine, im Laufe der Evolution konnten Homos noch nie Kinder haben, sie konnten also ihre Gene nie weitergeben und daher nehme ich doch an dass sich in dem Fall das Homo-Gen von selbst erledigt hätte.
Eventuell möchte die Evolution sich nicht in jedem Fall zwingend fortpflanzen - bau das bitte in deine Überlegungen ein.
Jeara