Wieso berührt mich der Tod nicht?
17.09.2007 um 19:58
Welche halten es für unnatürlich, abnormal, andere halten es für normal und wiederum andere halten es für eine eiskalte Abgebrühtheit.
Als ich heute früh von der Nachtschicht nach Hause kam, stand der schwarze Wagen vom Bestattungsinstitut vor der Tür. Ein Mitbewohner wurde abgeholt.
Er war Alkoholiker und hatte in dieser Nacht oder am Abend wohl einen übermäßigen Konsum intus, den er nicht überlebt hat. Die zwei Leute kamen mit dem Sarg an mir vorbei und meine Nachbarin, die sie aus dem Bett geklingelt haben, hinterher. Meiner Nachbarin standen die Tränen in den Augen und mich berührte es aber in keinster Weise.
Bisher habe ich nur ein einziges Mal um einen Verstorbenen geweint. Das war vor 20 Jahren und seitdem nie wieder. In meiner Vergangenheit wurde ich oft mit dem Tod konfrontiert, aus Seiten der Familie oder des Freundeskreises. Während andere haltlos in Tränen ausbrachen, berührte es mich nicht im geringsten.
Ich wurde schon oft gefragt, warum ich keine Träne vergieße oder ich unbeeindruckt vom Tod bin. Ich konnte keine Antwort darauf geben.
Heute war es wieder einmal das beste Beispiel, dass mich der Tod nicht beeindruckt. Ich stellte das mal wieder an mir fest. Ich will mich auch nicht selber in so einer Lage der Zwangstrauer versetzen. Sowas liegt mir nicht.
Doch warum ist das so? Warum kann ich keine Träne vergießen? Ich fühle nichts dabei!
Ich erforschte in dieser Sache schon oft mein Inneres, doch so richtig komme ich nicht zum Ergebnis...
Deshalb frage ich euch?
Wie seht ihr das?
Gewohnheit?
Gefühlskälte?
Oder einfach nur Akzeptierung als Bestandteil des Lebens?
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Wieso berührt mich der Tod nicht?
17.09.2007 um 20:02
Los zu lassen, bzw. die Fähigkeit dazu, ist das zentrale Thema des ganzen Lebens.
Es ist nicht zwingend pietätlos, nicht zu trauern, wenn man damit nicht gerade vor einer Trauergemeinde hausieren geht. Mit Verlusten geht jeder eben anders um.
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Wieso berührt mich der Tod nicht?
17.09.2007 um 20:09
Du bisst einfach nur überrascht das der Tod nicht so aufrgent ist.
Wen du jetzt ne Freundin/Frau hasst und die würde sterben würdest du denk ich auch nicht einfach da stehen.
Und auserdem sind wir männer nicht fürs weinen gemacht vll. bisst du nur ein eiskalter typ.
Und das mit diener Nachbarin vll. hat sie den Leichnahm gefunden und dan hat man schon einen schock.
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17.09.2007 um 20:15
Evt. Nen antrainierter Schutzmechanismus?
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17.09.2007 um 20:19
Ich ernte dabei oft die fragwürdigsten Blicke.
Bei der letzten Beerdigung eines Familienmitgliedes war es so.
Alle trauerten und vergossen Tränen und ich stand einfach nur da und starrte auf die Grabstelle. Irgendwie weggeschlossen, in eine andere Welt reisend. In den Augen anderer wäre das Emotionslos....
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Wieso berührt mich der Tod nicht?
17.09.2007 um 20:23
Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass du den Tod ganz einfach als Teil des Lebens akzeptierst.
Manchen hilft ja der Glaube an ein Weiterleben nach dem Tod bei der Trauerarbeit. Andere fangen lauthals an zu schluchzen. Wieder andere stürzen sich in Arbeit. Jeder hat da so seinen eigenen Weg.
Warum dann also nicht einfach nur da stehen... nur stehen... ohne Tränen in den Augen?
Ich persönlich würde nicht behaupten, dass du gefühlskalt wärst oder so... dann würdest du wahrscheinlich auch nicht besonders viel empfinden wenn du dich verliebst, oder?
Und anormal finde ich das auch nicht; im Gegenteil: Ich lese und höre immer wieder von Leuten, die sich durch den Tod anderer nicht berührt fühlen...
Ich frage mich allerdings, um wen du damals vor 20 Jahren geweint hast (wenn ich fragen darf). Denn irgendwo scheint dich der Tod ja doch zu berühren.
Mich z.B. berührt es, wie viele Menschen im Augenblick um Ylenia trauern - gelegentlich kriege auchich feuchte Augen wenn ich daran denke, wie die Leute aus ihrem Innersten versuchen Worte dafür zu finden, was man nicht beschreiben kann... Es ist nicht der Tod selbst, der mich bewegt... sondern alles, was drumherum geschieht.
... aber das gehört wohl in ein anderes Thema; ich wollte es einfach nur loswerden...
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17.09.2007 um 20:35
Also ich glaube nicht an die Widergeburt oder so. Eher an die Seelen die weiterleben und ja der Tod gehört für mich zum Bestandteil des Lebens. Allerdings wenn ein Familienmitglied geht dann sollte man ja was empfinden können. Kann ich aber nicht. Weiß nicht warum...
Bei der Liebe verhält es sich anders. Da bin ich Emotionsgeladener....
Ich frage mich allerdings, um wen du damals vor 20 Jahren geweint hast (wenn ich fragen darf). Denn irgendwo scheint dich der Tod ja doch zu berühren.
Ein Mensch der mir sehr sehr nahe gestanden hat. Sie nahm sich nach einer Gewalttat das Leben...
Vielleicht habe ich damals zu viele Tränen vergossen, das ich das heute nicht mehr kann?
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17.09.2007 um 20:39
Ich wollte mal wissen ob das anderen auch so geht?
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17.09.2007 um 20:40
ich sage eindeutig einen gewissen Grad der Reife erreicht, was den Tod anbetrifft, haste sicher mehr Wahrheit intus, deshalb fast keine Träne, keine Träne, sofern es kein total wildfremder gwesen ist, kannste niemandem verklickern ;)
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Wieso berührt mich der Tod nicht?
17.09.2007 um 20:43
Ohne jetzt persönlich zu werden... aber ich kann ja nicht beurteilen wie nahe dir ein Familienmitglied steht. Normalerweise nahe, aber da kann man sich auch täuschen. Aber das nur am Rande...
Schon möglich, dass du damals so sehr "erschrocken" bist dass du heute beim Tod anderer Menschen fast schon abgehärtet bist.
Das klingt jetzt womöglich ein wenig krass, aber das könnte durchaus sein. Womöglich hast du später einen sehr starken Glauben an die weiterlebende Seele aufgebaut, damals konnte dir das beim Trauern helfen. Und diesen Gedanken hast du vielleicht bis heute in dir getragen.
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17.09.2007 um 21:29
Ich finde das Thema toll. Wollte gestern selbst schon einen Thread mit dem Thema eröffnen.
Früher war ich überzeugte Christin und was mich in Bezug auf Tod interessierte, war lediglich: War der/die Verstorbene gläubig oder nicht.
Getrauert habe ich immer um nahestehende Tote, weil ich sie hier nicht mehr sehen und erleben würde. Bei Gläubigen nahm ich den Himmel an und bei Ungläubigen wollte ich nicht an die Hölle glauben.
Seit ich meine Religion verloren habe, gehe ich ganz anders mit dem Thema Tod um und finde es klasse.
Der Tod macht so vielen Menschen in unserem christlichen Abendland ungeheuer Angst und mit dem Tod können Menschen anderen Menschen Angst machen, weil sie Hölle und Teufel in alle Ewigkeit mit ins Spiel bringen. Ich kenne einige Gläubige, die sich nur aus Angst vor dem Tod und dem christlichen etcetera bekehrt haben und "ihr Leben Jesus übergaben".
Und was erleben wir heute für eine Panikmache in Sachen Terrorismus!?! Wodurch kannman die Menschen in diesem Land und in anderen christlichen Ländern in Angst und Schrecken verstetzen?!? Mit der Androhung: "Da gibt es welche, die euch umbringen wollen." In Indien hätten sie damit wahrscheinlich nicht so großen Erfolg, aber hier lässt man sich ins Boxhorn jagen, dass alles zu spät ist und die Menschen werden bald bereit sein eine Kamera in all ihren Wohnräumen inclusive Klo installieren zu lassen, um sich durch unseren Staat schützen zu lassen.
Der Tod ist ein Teil des Lebens wie NICHTS anderes. ALLE werden sterben. JEDER VON UNS STIRBT UND KEINER WEIß WANN !!!
Wenn man lernt, den Tod als etwas selbstverständliches zu bedenken und anzunehmen, vergeht die Furcht und wer den Gedanken an den Tod ins Leben integriert, geht anders mit seinen Nächsten um.
Wenn meine Kinder, mein Mann, enge Freunde oder meine Eltern sterben, dann werde ich bestimmt trauern, weil sie mir fehlen werden.
Wenn allerdings Menschen sterben, zu denen ich nur eineentferntere Beziehung habe, dann ist da nicht viel Trauer und ich habe nicht das Bedürfnis mir eine Träne aus dem Auge zu quetschen, wenn da keine ist -- nur um die Erwartungen anderer Menschen zu erfüllen.
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17.09.2007 um 21:34
Ach ja, da ich nicht nur an dieses Leben glaube, sondern, dass ich nach diesem Leben noch ein Leben leben werde und danach noch eins und danach noch eins ..... bis ich schließlich zum Ziel allen Daseins gelange - der Glückseligkeit in Gott - wovor sollte ich mich fürchten.
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17.09.2007 um 21:36
Als ich als Heimhelfer gearbeitet hab , sind auch dauernd irgendwelche Leute gestorben - Hab auch nie mehr als eine Überaschung gespürt - und es tat mir nur ein wenig Leid .
Deswegen bin ich aber nicht gefühllos - Denn als mein Vater einen Schlaganfall hatte , war ich ein Wrack .
Es liegt wohl daran , dass wenn man den Typen nur flüchtig kennt - es einen nicht persönlich trifft .
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17.09.2007 um 21:47
Eben, polarheld hat da wirklich recht.
Leute die mir nahestehen sterben zu sehen nimmt mich mehr mit als wenn es "nur" ein Nachbar ist.
Leider Stumpft man aber wirklich auch einwenig ab, je nach dem wie oft du Verluste hattest und in welchem Zeitraum.
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17.09.2007 um 21:53
hmmm... irgendwie kann ich mit Wiedergeburt und sowas mich nur schwerlich über den Tod hinwegtrösten, schließlich bringt mir das die geliebte Person die ich verloren habe auch nicht wieder.
Schön für den Verstorbenen wenn es weiter geht, aber mir fehlt die Person trotzdem ...*grübel*
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17.09.2007 um 21:56
Nezumiiro,
Da wird es mir genauso gehen. Aber mein eigener Tod ängstigt mich nicht.
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17.09.2007 um 22:01
okay, stimmt auch wieder.
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17.09.2007 um 22:04
Ich weine auch selten um Verstorbene, denn das bringt sie ja auch nicht zurück.
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17.09.2007 um 22:05
Ich werde mit den Seelen naher Verstorbener Kontakt halten - in Gedanken und in Worten ohne sie festhalten zu wollen. Ich kann mir vorstellen, dass sie noch eine Zeit lang hören können, was wir Zurückbleibenden ihnen sagen und ich halte es auch für möglich, dass ich ihre Seelen wiedertreffe.
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17.09.2007 um 22:22
Als ich vom Tod eines Mitschülers erfuhr, war ich im ersten Moment schockiert, so dass ich keine Gefühlsregung zeigte. Die ist bei mir erst später gekommen.
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