Dieser Junge näht Ihr Hemd
22.06.2007 um 13:09
Was tun gegen Kinderarbeit?
Auch Verbraucher müssen Druck ausüben
Sie knüpfenTeppiche, ackern auf Plantagen oder nähen in Textilfabriken. Nach Schätzungen von Unicefliegt die Zahl der Kinderarbeiter unter 15 Jahren weltweit bei 218 Millionen. DieProdukte, die diese Kinder herstellen, landen auch in europäischen Warenregalen. Sostammt ein Großteil der Kleidung, die heute in Deutschland verkauft wird, ausBilliglohnländern wie Pakistan, Indien oder Bangladesch, erklärt Verbraucherexpertin undBuchautorin Tanja Busse. Sie nimmt deshalb die Verbraucher in die Pflicht und betont:Einkaufen sei auch eine politische Handlung.
tagesschau.de: Frau Busse, wo kaufenSie Ihre Kleidung?
Busse: Es gibt immer mehr kleine Unternehmen, bei denen manguten Gewissens einkaufen kann, zum Beispiel Hessnatur, Kuyichi oder LamuLamu. Zum einen,weil sie faire Löhne für die Textilarbeiter garantieren. So lässt etwa Hessnatur alleFabriken, die für das Unternehmen arbeiten, von unabhängigen Kontrolleuren überprüfen.Und zum anderen, weil diese Firmen Bio-Baumwolle verwenden. Das ist nicht nur für dieeigene Haut besser, sondern auch für die Baumwollbauern vor allem in Afrika. Denn beimAnbau von Baumwolle werden jede Menge Pestizide verwendet und jedes Jahr vergiften sichzehntausende von Landarbeitern daran.
tagesschau.de: Fast alle großen Modekonzernewie H&M, Otto oder C&A haben heute einen Verhaltenskodex mit sozialen Standards. Wieglaubwürdig sind solche Verpflichtungen?
Busse: Die Kampagne für Saubere Kleidungkritisiert immer wieder, dass diese Verhaltensregeln nicht eingehalten werden. Gerade hatder "Stern" berichtet, dass Esprit zehntausende von Blusen mit kleinen Perlen hattebesticken lassen - von Kindern, die von ihren Eltern aus Armut an eine indische Fabrikverkauft worden waren. Dabei steht auf der Homepage von Esprit, wie wichtig es diesozialen Standards in Billiglohnländern nimmt. Auch der Otto-Konzern - sonst durchausengagierter als andere - stand erst kürzlich wegen Kinderarbeit in derKritik.
tagesschau.de: Was sagt der Preis über die Produktionsbedingungenaus?
Busse: Wenn Discounter wie Tchibo oder Takko extrem billige Kleidunganbieten, dann kann man sicher sein, dass die Erwachsenen oder Kinder vor Ort nicht fairbezahlt worden sind. Das heißt aber nicht, das die Arbeiterinnen, die teureMarkenklamotten nähen, besser behandelt werden. Diese Sachen werden oft sogar indenselben Fabriken genäht. Und die Gewinne für die Unternehmen sind da oft riesig, weildie Lohnkosten so niedrig sind. Bei einem Markenturnschuh, der in Deutschland für etwa100 Euro verkauft wird, sind es etwa 40 Cent. Man könnte die Löhne dort verdoppeln, ohnedass sich die Waren hier spürbar verteuern würden.
tagesschau.de: Woran liegt es,dass in der Textilindustrie immer wieder Fälle von Kinderarbeit entdecktwerden?
Busse: In der Textilbranche ist die Zulieferkette ziemlich lang, deshalbsind Textilien schwieriger zu kontrollieren als etwa Kaffee oder Tee, wo der faire Handelviel besser funktioniert. Und die großen Textilunternehmen sind noch nicht bereit, ihreFabriken unabhängig kontrollieren zu lassen. Aber nur so sind ihre Verhaltenskodizesglaubwürdig. Ein unabhängiges Öko-Label für Kleidung wäre dringend notwendig. Daran wirdauch gearbeitet. Es gibt ganz viele Leute, die keine Kleider haben wollen, die vonKindern gemacht wurden.
tagesschau.de: Wenn Unternehmen offenbar keine Garantiefür Mode ohne Kinderarbeit geben können, müsste dann auf dem Etikett nicht stehen: KannKinderarbeit enthalten?
Busse: Das wäre ein fairer Hinweis, und es käme einemVerkaufsverbot gleich. Das zeigt noch mal, dass es auch eine politische Frage ist, um diees hier geht. Die Etiketten liefern uns Pseudoinformationen. 100 Prozent Baumwolle heißtzum Beispiel 99 Prozent Baumwolle und 22 verschiedene Textilhilfsmittel. So weiß keinKonsument, was an Chemikalien darin steckt, ob Kinder dafür geschuftet haben und wie undob sie dafür bezahlt wurden. Die Konsumenten müssen von der Politik daher handfesteInformationsrechte einfordern.
tagesschau.de: Wie kann der Verbraucher ameffektivsten Druck ausüben?
Busse: Da wo es noch keine Fair-Trade-Kennzeichnungengibt, hilft es, wenn man beim Einkaufen nachfragt und Emails oder Briefe an dieHersteller schreibt. Diese Briefe werden in den Unternehmen sehr ernst genommen - und siehelfen denjenigen, die sich innerhalb der Unternehmen für bessere Standards einsetzen.Die Protestaktionen der Kampagne für Saubere Kleidung zum Beispiel haben gezeigt, dassUnternehmen, die mit Postkarten und Emails bombardiert wurden, reagiert haben. Auch wennes nur Einzelfälle sind, zeigt das, wie viel Macht der Konsument hat. Die Konzerne wissenganz genau, dass Arbeitsrechtsverletzungen dem Imageschadet.
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Also, fragt Eure Textilhändler Löcher in denBauch!!!