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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

297 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: ADHS ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

22.02.2024 um 09:54
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Reißt Dich einfach zusammen! Pass doch auf!

Und mein absoluter Favorit: Konzentrier Dich mal!
Wir sind einfach zu wenig sensibilisiert, zu viel stigmatisiert um solche Sätze bei erkrankten zu vermeiden. Ich habe das erst richtig verstanden (und das ging auch nicht von heute auf morgen) als meine Tochter die Diagnose ADS bekam. Wir haben einen mehrjährigen Leidensweg hinter uns. Und ich sage bewusst "wir" weil es alle betrifft. Die Auswirkungen sind massiv im Alltag und im Zusammenleben. Erst wenn man verstanden hat, was damit einhergeht, wie es sich auswirkt und wie man Strategien entwickeln kann, kann man versuchen seinen Frieden damit zu machen.

Wir sind so froh dran geblieben zu sein und das testen zu lassen. Mit der Diagnose verändert sich das Selbstbild und auch mein Bild in Bezug auf meine Tochter. Ich bin verständnisvoller, weil ich weiß an was es liegt und sie Dinge nicht absichtlich so macht wie sie sie macht. Ich kann mir vorstellen, dass es für ganz viele Menschen wichtig wäre eine Diagnose zu haben.


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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

22.02.2024 um 12:53
Zitat von Lilith101Lilith101 schrieb:Ich kann mir vorstellen, dass es für ganz viele Menschen wichtig wäre eine Diagnose zu haben.
Oh ja. Ich habe sie erst sehr spät im Leben erhalten, Bis dahin war ich halt schusselig, unkonzentriert, launenhaft. Und natürlich alles meine Schuld.

Ein Chef dann mal zu mir gesagt "Du bist auch ein ADHSler". Er erkenne das, weil er einer ist und eines seiner Kinder ebenfalls. Kollegen waren entsetzt ob seiner Aussage (auch ein Hinweis darauf, wie Vorurteils behaftet solche Erkrankungen nach wie vor sind), aber ehrlich, ich war richtig erleichtert, dass das Kind endlich mal einen Namen hatte.

Im Grunde genommen kann ich damit ohne Medis leben, es ist nicht so wild. Ich kann mich auch konzentrieren, wenn es denn sein muss, wenn auch nicht für lange. Was mich aber mittlerweile nicht mehr stört, da ich beruflich in Sachen Konzentration nicht mehr fit sein muss.


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22.02.2024 um 13:12
@off-peak
Und genau das ist der Punkt, gerade auch bei Kindern. Ich sehe das bei meiner Tochter: Selbstbewusstsein im Keller. Ich bin nichts, ich kann nichts, alles was ich mache ist eh falsch also mach ich gar nichts mehr. Abwärtsspirale in die Depression. Ich bin unserem Arzt so dankbar, weil er folgende, für uns sehr wichtige Sachen gesagt hat: Sie sind nicht schuld! Das Kind ist nicht schuld! Diese Kinder können nicht anders. Es liegt auch nicht an der Erziehung. An einem solchen Kind können Sie sich drumherum-erziehen, es wird nicht zum Erfolg führen. Sämtliche Strategien, Hilfsmittel werden nicht anschlagen solange das nicht richtig behandelt wird. Das hat mir unfassbar viel Druck genommen und meiner Tochter auch.

Wichtig ist zu akzeptieren, dass es so ist und zu schauen, was einem hilft. Das Ganze ist ja so super individuell.

Über die Aussage deines Chefs lässt sich streiten (im Ton sowieso), aber voll gut, dass du den Hinweis für dich gut werten konntest. Auch ich kann bestätigen: Wenn man damit offen umgeht, findet man ganz viele Betroffene und der Austausch ist so gut und wertvoll.


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22.02.2024 um 14:12
Zitat von Lilith101Lilith101 schrieb:Selbstbewusstsein im Keller.
Exakt das ist der Punkt.
Ich bin auch niemanden böse, weil man es damals eben nicht besser wusste, aber diese ewige Genörgle nagt sehr wohl am Selbstwertgefühl.

Man sehe sich nur mal den Umgang mit diesem und anderen Themen im Struwelpeter [*] an. Die betroffenen Kinder sind an ihrem Dilemma stets selbst schuld. Es gibt keine neurologischen Erkenntnisse darüber, was mit ihnen los wäre, von echten Hilfestellungen mal ganz zu schweigen.
Zitat von Lilith101Lilith101 schrieb:Über die Aussage deines Chefs lässt sich streiten
Nö. War der netteste Chef, den wir je hatten, und die Aussage war im Ton völlig okay, halt offen und ehrlich, und erfolgte eben im Rahmen irgend eines anderen Gespräches.
Nervig fand ich allerdings dieses "Ich bin ja so empört, wenn jemand Tachles redet" Getue jener übermoralischen Kollegen.



[*] Falls wer das Buch nicht kennt: Es ist eine Sammlung von Geschichten über angeblich "unfolgsame" Kinder, und was ihnen deswegen für schlimme Konsequenzen drohen / passieren.
All diese Symptome würde man heute aber diversen neurologischen / psychischen Krankheiten zuordnen (können), für die Kinder rein gar nichts konnten / können.


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22.02.2024 um 16:32
Zitat von Lilith101Lilith101 schrieb:als meine Tochter die Diagnose ADS bekam.
Ein Mödchen mit AD(H)S? Wow, muss man da ja fast sagen, weil das nur ca. 10-20% der Betroffenen kriegen. 80% sind Jungen.

Gucky.
Zitat von Lilith101Lilith101 schrieb:Sämtliche Strategien, Hilfsmittel werden nicht anschlagen solange das nicht richtig behandelt wird. Das hat mir unfassbar viel Druck genommen und meiner Tochter auch.
Du sagst es! Und dazu braucht man was? Genau einen Arzt, der nicht nur verdienen (und labern) will, sondern auch helfen. Wohl dem, der solche einen Arzt findet.

Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.

Gucky.


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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

22.02.2024 um 16:39
Zitat von Gucky87Gucky87 schrieb:Ein Mödchen mit AD(H)S? Wow, muss man da ja fast sagen, weil das nur ca. 10-20% der Betroffenen kriegen. 80% sind Jungen.
So ist es! Bei Mädchen stellt sich das oft sehr viel später heraus und ist zudem nicht so sehr üblich.
Zitat von Gucky87Gucky87 schrieb:Du sagst es! Und dazu braucht man was? Genau einen Arzt, der nicht nur verdienen (und labern) will, sondern auch helfen. Wohl dem, der solche einen Arzt findet.

Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.
Ich verstehe das! Vor diesem Termin hatten wir bereits 2,5 Jahre Therapie hinter uns. Und des betreuenden Menschen ist nicht aufgefallen, dass man da mal testen könnte. Von niemandem wurde ich darauf hingewiesen oder mir wurde die Möglichkeit angeboten. Das hat mich ehrlicherweise ziemlich erschüttert. Denn dem armen Pubertier wären viele sehr harte und schmerzhafte Jahre erspart geblieben. Mit der Diagnose und der vorgeschlagenen Medikamentösen Behandlung ging eine harte Diskussion mit der behandelnden Therapeutin einher. Irgendwann habe ich ihr das zurückgespielt. Denn wenn sie fragen zur Diagnose hat, haben sowohl Therapeutin als auch Kinder- und Jugendpsychiater eine Schweigepflichtentbindung und können sich somit austauschen. Und Fakt ist: Die Medikamentengabe liegt nicht in ihrer Kompetenz, sondern in der Kompetenz des behandelnden Arztes und der Eltern. Da war ich dann sehr deutlich.


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22.02.2024 um 16:57
Zitat von Gucky87Gucky87 schrieb:Ein Mödchen mit AD(H)S? Wow, muss man da ja fast sagen, weil das nur ca. 10-20% der Betroffenen kriegen. 80% sind Jungen.
Die ÄrzteZeitung schreibt schreibt dazu:
Entgegen bisheriger Annahmen gehe man heute davon aus, daß gleich viele Mädchen wie Jungen von ADHS betroffen sind. Mädchen und Frauen mit ADHS fallen nur weniger unangenehm auf, weil sie sich seltener aggressiv verhalten als Jungen und Männer.
Quelle: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Maedchen-haben-offenbar-genauso-haeufig-ADHS-wie-Jungen-385682.html


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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

22.02.2024 um 17:06
Zitat von WintertimeWintertime schrieb:Die ÄrzteZeitung schreibt schreibt dazu:
Entgegen bisheriger Annahmen gehe man heute davon aus, daß gleich viele Mädchen wie Jungen von ADHS betroffen sind. Mädchen und Frauen mit ADHS fallen nur weniger unangenehm auf, weil sie sich seltener aggressiv verhalten als Jungen und Männer.
Quelle: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Maedchen-haben-offenbar-genauso-haeufig-ADHS-wie-Jungen-385682.html
Sie hat aber kein ADHS, sondern ADS.


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22.02.2024 um 19:09
Zitat von Lilith101Lilith101 schrieb:Sie hat aber kein ADHS, sondern ADS.
Auch diese Form (des unaufmerksamen Typs) fällt unter die ADHS-Bezeichnung. Während der hyperaktive Typ vor allem durch motorische Unruhe auffällt, leidet der hypoaktive eher an innerer Unruhe und verliert sich in Tagträumerei. Gerade letztere fallen dadurch nach außen hin eher weniger auf, haben aber ebenso einen Leidensdruck durch Probleme in der Schule oder im Alltag. Zusätzlich gibt es noch den sogenannten Mischtyp, der sowohl Eigenschaften vom hyperaktiven wie auch vom hypoaktiven ADHSler in sich trägt.

Man darf auch nicht vergessen, daß ADHS (wie etwa auch bei Autismus (ASS)) eine Spektrumsstörung ist, in der die Übergänge der jeweiligen (Sub)Typen mit ihren je nach Individuum unterschiedlich ausgeprägten Symptomen oft fließend sind. Ne wirklich trennscharfe Kategorisierung dieser ist daher ohnehin nicht möglich.


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23.02.2024 um 01:18
Also ich gehöre zum hypoaktiven Typ und damals ist es aufgefallen, als ich in der Schule immer abgedriftet bin. Ich kann teilweise nicht mal ein normales Gespräch führen, weil ich den Faden verliere oder einfach „vergesse“ zu zuhören.

Ich war mit 7 oder 8 Jahren für 2 Wochen in einer Klinik und es wurden jeden Tag Tests gemacht und ich musste mit diversen Ärzten sprechen, es wurden Gehirnströme gemessen usw.

Ich bin so dankbar, dass meine Mutter mir geholfen hat und das alles ernst genommen hat, ich hätte es ohne Hilfe niemals so weit geschafft.

Verstehe nicht, wie man einfach behaupten kann, dass das alles erfunden sei und Betroffenen ihre Leiden einfach absprechen kann…

Ganz nach dem Motto „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!“ …bescheidne Wahrheit…


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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

24.02.2024 um 19:44
Zitat von Lilyth_WhiteLilyth_White schrieb:dass meine Mutter mir geholfen hat und das alles ernst genommen hat
Nicht ernst genommen zu werden ist einfach das Hauptproblem von Betroffene,, die an Erkrankung / Störungen / etc leiden, die man von außen nicht sehen kann.

Das gilt auch, wen die Leute, die so eine Krankheit ignorieren, dies aberaus gutem Willem heraus tun. Damit meine ich zB Eltern, die Diagnosen nicht ernst nehmen, weil sie entweder nicht wollen, dass ihr Kind stigmatisiert würde oder weil sie eben den Lügengeschichten (oder auch Irrtümer) anderer, so etwas würde es nicht geben, oder die böse Pharmamedizin wolle nur abzocken oder Kinder sollen "vom und fürs System"gefügig gemacht werden, aufsitzen.
Die meinen dann, sie hätten da ein sonderbegabtes Kind, das dem "Mainstream" lästig wäre, verweigern dann jede medizinische Hilfe und helfen aber gar nicht damit.

Liebe uninformierte Eltern, das Gegenteil ist der Fall: Diese Kinder sind nicht glücklich, weil sie im Extremfall nicht gerade aus gehen können, geschweige denn, die einfachsten Dinge im Alltag organisieren könnten.
Nein, Kinder mit ADHS sind nicht glücklich, sondern verzweifelt.


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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

28.02.2024 um 08:50
Zitat von off-peakoff-peak schrieb am 24.02.2024:Nein, Kinder mit ADHS sind nicht glücklich, sondern verzweifelt.
So ist es.
Nicht so sehr an ihrem Anderssein als vielmehr an der Ausgrenzung vom Mainstream.
An dem vielen Getadelt-werden, den vielen Misserfolgen und dem Unverstanden sein.
Aber Medikamente sind böse.

Selbst ältere Ärzte ignorien ADHS noch immer weil sie das nie gelernt haben in ihrer Ausbildung.

Ich glaube, Hirschhausen ist Komiker geworden, weil er als Arzt zu viele Fehler gemacht hätte.


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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

01.03.2024 um 15:47
Zitat von Lilith101Lilith101 schrieb am 22.02.2024:Ich verstehe das! Vor diesem Termin hatten wir bereits 2,5 Jahre Therapie hinter uns.
Ein Arzt hat mit bei einem freien Gespräch mal gesagt: "Sie wissen, dass ich dafür jetzt nicht bezahlt werde?"
Maine Antwort: "Sie werden´s nicht gauben. ich auch nicht."
Ich habe dann den Arzt gewechelt und das bis heute nicht bereut.
Zitat von WintertimeWintertime schrieb am 22.02.2024:Die ÄrzteZeitung schreibt schreibt dazu:
Komisch, dass man das in der Schweiz genau so zu sehen scheint, aber ok, mag so sein.
Ich halte 50:50 schlicht für nicht plausibel. wenn man sich unter Betroffenen befindet. Da sind immer DEUTLICH mehr Jungen dabei. Erlebe zumindest ich so. Ich habe noch nirgends 10 AD(H)S Mädchen gesehen und 10 Jungs, die waren immer in der Überzahl.
Zitat von Lilith101Lilith101 schrieb am 22.02.2024:sondern ADS.
Das ist das selbe nur ohne Hyper (Zappeln oder extrem ruhig)

Gucky.


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10.03.2024 um 01:23
@Gucky87
Ich denke , dass liegt nur daran, dass Mädchen oft übersehen wurden, weil eher Ads.Nach meiner Beobachtung halte ich 50:50 für wahrscheinlich.

Was mich nur wundert, dass es immer mehr Menschen mit Ad(h)s, Asperger etc. gibt. Was sind die Gründe dafür? Inwieweit spielt die Art wie wir leben dabei eine Rolle?


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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

10.03.2024 um 01:58
Zitat von PinkasPinkas schrieb:Was mich nur wundert, dass es immer mehr Menschen mit Ad(h)s, Asperger etc. gibt. Was sind die Gründe dafür? Inwieweit spielt die Art wie wir leben dabei eine Rolle?
Gegeben dürfte es diese auch "früher" haben - nur undiagnostiziert.
Ich bin z.B. so jemand, Diagnose (Asperger) mit über 30 Jahren.

Kindheit:
Mir selbst fiel auf dass andere Kinder (für meinen auch damaligen Geschmack) laut, spontan sind, mit Interessen für die ich mich extrem begeistern konnte null anfangen konnten. Mir fiel auch auf dass Erwachsene andauernd Dinge von mir verlangten die ich sehr schwierig fand, gleichermaßen mich aber für Dinge lobten die ich selbst ganz einfach fand.
Erwachsenen fiel an mir auf dass ich nur schwer Kontakte knüpfte, dass meine Kontaktversuche unpassend wirkten, dass ich mir Gesichter nicht merken konnte aber ansonsten "alles mögliche" detailliert. Erwachsenen fiel auch auf dass mir Dinge die den meisten Kindern Spaß machten keinen Spaß machten (langweilten bis ängstigten), dass später in der Pubertät typisches Pubertätsverhalten mit typischen Interessen ausfiel (was meinen Eltern teils recht war, teils Sorge bereitete), und dass Erziehungstricks die auf "aber alle anderen" aufbauten nicht zogen.
Viele grobmotorische/ sportliche Dinge lernte ich trotz vieler sog. "Bewegungsanreize" nie. (Habe allerdings auch keine körperliche Behinderung, die sich allerdings im Kleinkind- bis Grundschulalter abschätzbar nicht stark ausgewirkt haben dürfte.) War so ein Kind das z.B. Fahrrad, Tretroller, Rollschuhe... einfach nicht unter Kontrolle bekommen hat, Sportnote war schon eine 4 in der Grundschule, und das Lehrer aufgrunddessen so einschätzten ein Stubenhocker zu sein (tatsächlich war das Gegenteil der Fall, war Typ "bewegungsfreudiger Wildfang vom Land").

Damaliges Vorgehen:
Schimpfen, Appelle ("reiß dich zusammen", "wer sich Insekten merken kann kann sich auch auch das [Gesichter etc.] merken") und so weiter.
Verstand ich etwas (soziale Zusammenhänge, Umgangssprache zu wortwörtlich genommen) nicht und fragte nach, wurde mir das oft als Unverschämtheit/ Frechsein ausgelegt.

Aufgewachsen übrigens ziemlich ruhig auf dem Land, Fernsehen gab es nur selten (wenn, dann Dokumentarfilme - waren mir auch lieber, verstand ich besser als Spielfilme oder laute Shows), Auffälligkeiten (s.o.) seit frühester Kindheit in der ich natürlich auch noch keinen Computer hatte.

Später stellte ich fest, dass ziemlich viele der wenigen Menschen mit denen ich gut klarkomme (auch) eine Autismusdiagnose haben... Unter Menschen mit Autismusdiagnose finde ich ungefähr so viel Anschluss wie die meisten Menschen im Alltag: Man freundet sich natürlich nicht mit jedem an, aber auf die "Quote" auf die andere oft kommen, z.B. sich in einer Gruppe von 10 - 20 Leuten mit einem sehr gut zu verstehen, komme ich dann auch.

Schaue ich mir heutige junge Autisten (Kindesalter) an: Mit den damaligen Auffälligkeiten würde man heutzutage diagnostiziert werden. Als ich so jung war, war "Asperger-Syndrom" hingegen weitestgehend unbekannt; wissbegierige Frühsprecher fielen nicht darunter. Bei den üblichen Untersuchungen in der Kindheit (U-Untersuchungen, Schuleingangsuntersuchung) galt ich als normgerecht entwickelt - ich lief und sprach ja, ich ging aufs Klo, und über mein Lieblingsthema "Insekten" hatte ich immer etwas zu erzählen. Aufgefallen muss aber durchaus etwas sein, da man meine Mutter oft damit vertröstete, dass ich dieses und jenes "bis ..." schon noch lernen würde ("Bis sie in die Schule kommt, wird das mit dem Radfahren schon", "In der Schule findet sie Freunde", "... in der weiterführenden Schule").

Übrigens: Mein Mann ist Legastheniker. Hat man nur in den 80er Jahren noch nicht diagnostiziert. Vorgehen war ähnlich wie bei mir - Schimpfen, Appelle an den "ansonsten so schlauen Jungen", unzutreffende Vermutungen (wie man bei mir vermutete, ein Stubenhocker zu sein, vermutete man bei ihm, im Elternhaus würde nicht vorgelesen und er würde nicht lesen (das Gegenteil war der Fall)).


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10.03.2024 um 10:45
Zitat von RaspelbeereRaspelbeere schrieb:Mein Mann ist Legastheniker. Hat man nur in den 80er Jahren noch nicht diagnostiziert.
Mein bester Freund ist auch Legastheniker, aber der wurde (Ende der 70er) als solcher diagnostiziert.


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10.03.2024 um 10:54
Nachtrag:

Nicht dass es noch zu Missverständnissen kommt. Ich glaube dir natürlich, dass dein Mann nicht diagnostiziert wurde.
Aber das Grundsätzliche " Hat man in den 80er noch nicht diagnostiziert" stimmt so nicht.


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10.03.2024 um 12:15
Zitat von GrouchoGroucho schrieb:Nicht dass es noch zu Missverständnissen kommt. Ich glaube dir natürlich, dass dein Mann nicht diagnostiziert wurde.
Aber das Grundsätzliche " Hat man in den 80er noch nicht diagnostiziert" stimmt so nicht.
Es mag Ausnahmefälle früherer Diagnosen geben, wie auch beim Asperger-Syndrom. Dass es diese gibt habe ich auch nicht ausgeschlossen.

Es ist jedoch auffällig dass ich, ohne überhaupt in dem Kontext unterwegs zu sein (= also nicht Selbsthilfegruppe o.ä.) einige Menschen kenne die ungefähr so alt sind oder älter und immer Rechtschreibprobleme (bei Fleiß und guter/ hoher Intelligenz) aufwiesen und später als Legastheniker diagnostiziert wurden.
Selbiges beim Asperger-Syndrom: Menschen die 30, 40,..., 60 Jahre alt sind und eine Diagnose erhalten oder zumindest Auffälligkeiten ab Kindheit zeigen die eine Diagnose wahrscheinlich machen. Diese Verteilung ist auch nicht meine Feststellung nach Bauchgefühl, sondern vielmehr weisen Verbände und Selbsthilfegruppen auch darauf hin: Früher wurde nur sehr selten diagnostiziert, v.a. wenn derjenige gute Schulnoten, keine schwerwiegenden medizinischen Probleme (Spracherwerb verzögert etc.) aufwies.

Ich hätte evl. besser schreiben sollen: Diagnosestellungen waren damals nicht üblich.

Worum es mir v.a. ging: Es gab diese Menschen auch früher, gehandhabt wurden die Probleme nur meist anders.


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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

10.03.2024 um 12:49
Zitat von RaspelbeereRaspelbeere schrieb:Ich hätte evl. besser schreiben sollen: Diagnosestellungen waren damals nicht üblich.
Wie gesagt, ich glaube, das stimmt nicht (bezogen auf Legasthenie)
Mit dem ersten LRS-Erlass in Hessen im Jahr 1968 wurden Nachteilsausgleich und staatliche Förderung möglich.
Quelle: Wikipedia: Lese- und Rechtschreibstörung#Geschichte

Das hätte es wohl kaum gegeben, wenn es keine entsprechenden Diagnosen gab.

Aber ich denke, das reicht jetzt hier zu dem Thema, schließlich ist ADHS hier Thema nicht LRS


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ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

10.03.2024 um 13:08
@Groucho

Es ging mir allgemein um derartige Abweichungen - antwortete auf den Beitrag oben, ob es an der heutigen Lebensweise läge, und dort wurde auch Asperger genannt.
Dem wollte ich entgegnen; um Legasthenie ging es mir gar nicht so speziell, sondern um das Grundsätzliche: Früher seltener Diagnosestellung. Diese Leute die vor Jahrzehnten undiagnostizierte Kinder und Jugendliche waren werden nicht selten diagnostiziert wenn ihre eigenen Kinder diagnostiziert werden und ihnen auffällt, dass diese "Eigenarten" auch von sich kennen.
Zitat von GrouchoGroucho schrieb:Das hätte es wohl kaum gegeben, wenn es keine entsprechenden Diagnosen gab.
Natürlich gab es die. Allerdings sind die nichtdiagnostizierten 70er und 80er-Jahre-Kinder keine Ausnahme.

Exemplarisch, als Anekdote: Erinnere dich an frühere Mitschüler, wie viele hatten Diagnosen (selbst genannt, oder erkennbar über z.B. andere Prüfungsbedingungen oder wenn jemand mehr oder weniger konkret Therapien nannte) - und wie viele fielen durch ein Verhalten, Leistungsprofil auf das zumindest deutlich in die Richtung AD(H)S, Autismus, Legasthenie, Dyskalkulie... ging.

Ich kann es dir zu meinen Schulklassen nennen: Mir waren keine Diagnosen bekannt, es war auch nicht das Vorhandensein solcher abschätzbar.
Ich hatte (Erwachsenenalter) auch mal meine Eltern gefragt ob Lehrer jemals erwähnten dass ich irgendwo "vorgestellt" werden sollte, irgendwelche "Abklärungen": Nein. Auch an den Schulen an denen ich bzgl. Verhalten und Leistungsprofil auffiel, also Lehrer definitiv merken dass "etwas anders ist", gab es das nicht.


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