Aktive Sterbehilfe
10.10.2007 um 13:35Die Geburt - Eintritt in ein neues Leben
Bei der Geburt eines Menschen, die ja auch oft unter Schmerzen geschieht ist es sehr ähnlich. Ist es auch nicht gerade ein angenehmer Vorgang, so ist der Vater aber oft von sich aus schon gerne mit dabei, möchte den Geburtsvorgang mit seiner Frau mit-erleben, ein Stück mit-leben. Und wie entspannt und glücklich sind schließlich beide Eltern, wenn sie ihr Neugeborenes nach all den miteinander durchgestandenen Strapazen in den Armen halten können?
Eine Geburt ist für den Säugling der Eintritt in ein neues Leben. Aus dem schützenden Bauch der Mutter in eine neue, fremde Welt irgendwo da draußen. Und es ist ein mehr oder weniger länger dauernder Prozess. Es geht nicht mal eben schnell und dann ist man geboren. Es erfordert Zeit und Kraft, Geduld und es verursacht Ängste und Schmerzen. Aber ein Säugling kann sich ja nicht selbst gebären. Er ist bis zum Ende des Geburtsvorganges noch immer mit der Mutter eng verbunden. Die
Mutter muß mithelfen, ihn zur Welt zu bringen, denn das schafft er womöglich doch nicht so ganz von alleine. Zudem ist der Säugling absolut hilflos. Aber er ist nicht alleine. Er kann sich nicht alleine und selbstständig gebären. Die Mutter ist immer naturgemäß dabei, denn aus ihr entspringt er, mit ihr ist er noch während des gesamten Geburtsvorgangs verbunden, von ihr muß er sich erst ablösen. In der Regel ist, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen eine Hebamme oder ein Geburtshelfer noch mit dabei. In einem Krankenhaus eine Reihe von Ärzten und Pflegern,- und so man das Glück hat, der eigene Mann oder zukünftige Vater.
Sterben - auch ein Eintritt in ein neues Leben?
Gehen wir nun zurück zu unserem "Sterbenden". Sollte man ihn alleine lassen? Man weiß oft nicht, was einem Sterbenden lieber wäre,- man kann ihn dann nicht mehr recht fragen. Aber wer möchte schon völlig allein gelassen, irgendwo krepieren? Einfach nur "da" sein ist vielleicht doch besser,
selbst wenn man nichts tun kann. Ich denke, es gibt gewisse Parallelen zum Geburtsvorgang. Lassen wir es mal dahin gestellt, ob man an ein Weiterleben nach dem Tode glaubt oder nicht. Es ist in jedem Falle ein Übergang in eine neue Daseins,- oder von mir aus auch Nicht-daseinsform. Für einen gläubigen Menschen ein Übergang in ein neues Leben, eine neue, andere, fremde Welt,- nennen wir es mal Himmel, oder Jenseits. Für den Nichtgläubigen ist es ein Übergang ins Nicht-Sein oder Nicht-mehr-sein. Und oft ist auch das Sterben ein Prozess, der seine Zeit und auch Kraft braucht, Geduld erfordert und ebenso Ängste und Schmerzen mit sich bringt.
Ich weiß nicht in wieweit der Sterbende selbst in der Lage ist zu sterben. Oder ob er aus der jenseitigen Welt gewisse unsichtbare Geburtshelfer, nennen wir sie einfach mal Engel an die Seite gestellt bekommt. Wir Lebenden wissen darüber nichts. Aber ich glaube nicht, dass das Sterben mit der Geburt absolut nichts gemeinsam hat. Ich
glaube nicht, dass danach alles vorbei ist und man ins Nicht-Dasein übertritt. Und ich glaube auch nicht, dass das Sterben vom Menschen selbst und alleine bewirkt wird.
Machtlos gegenüber dem Tod?
Wir wollen immer etwas tun,- sei es dafür oder dagegen. Wir wollen immer an einer Sache mitbeteiligt sein, wollen uns nicht gerne etwas aus der Hand reißen lassen über das wir keine Macht haben... Der Tod ist so etwas, über das wir im Grunde keine Macht haben, wogegen wir letztlich nicht ankämpfen können. Gegen den Tod sind wir immer Verlierer ! Vielleicht gewinnen wir etwas Zeit,- vielleicht ein paar Jahre... Aber am Ende sind wir doch machtlos gegen den Tod und müssen uns den Naturgesetzen fügen. Vielleicht ist der Tod deshalb so furchtbar, so unheimlich, so Angsteinflößend und grausam,- weil wir ihn nicht beherrschen können, weil wir ihn eben nicht im Griff haben, weil wir keine Macht über ihn besitzen, weil er kommt wann Er will,- und nicht, wann wir wollen.
Vielleicht verlöre der Tod ein Stück seines Schreckens, hätten wir ihn doch ein kleinwenig mehr unter Kontrolle,- könnten wir doch selbst bestimmen, wann wir sterben.
Warum klingt es in ethischer und moralischer Hinsicht so verächtlich, verwerflich, so
jemand sagt: Ich möchte selbst bestimmen, wann ich sterbe,- und auch wo und wie ich sterbe?
Aber können wir unseren Geburts-Tag denn selbst bestimmen? Ein wenig können wir die Geburt, wenn erforderlich hinauszögern durch wehen-hemmende Medikamente, ein wenig können wir den Geburtsvorgang beschleunigen durch wehen-auslösende Medikamente. Ja, wir können eine Geburt vorzeitig auslösen, nur solche Menschen sind dann oft nicht lebensfähig. Kommen sie von selbst zu früh, oder ist durch Kaiserschnitt aus gesundheitlichen Gründen ein gewaltsames Eingreifen weit vor dem eigentlichen natürlichen Geburtsvorgang erforderlich, müssen wir es in einen künstlichen Mutterbauch legen. Wir geben solche sogenannte "Frühchen" in
einen Brutkasten und ersetzen somit die Mutter für eine gewisse Zeit. Viel Macht haben wir also nicht über die Natur und ihre Gesetze in dieser Hinsicht. Und so ist es auch beim Sterben. Gegen diese Krankheit sind die besten Ärzte machtlos. Ein wenig kann man den Tod vielleicht hinauszögern, oder wenn man will auch beschleunigen, vorzeitig herbeiführen, aber das ist nahezu alles was wir in Bezug auf das Sterben und den Tod machen können. Aber entrinnen können wir ihm nicht,- dem Tod. Verhindern, beseitigen, abschaffen, überwinden, einfach übergehen, oder austricksen, das geht eben nicht. Der Tod hat eine gewisse Macht über uns und unser Leben,- und nicht wir und unser Leben über den Tod. - Und das gefällt uns nicht.
Kehren wir in Gedanken zurück zu unserem Sterbenden. Da liegt er also und es ist ihm nicht mehr zu helfen. Mag ja sein, aber das schon angesprochene "Begleiten" hilft ihm vielleicht doch, macht es ihm leichter. Zumindest ist er nicht allein gelassen. Es
ist jemand da. Dass dieser ihm nicht helfen kann, weiß der Sterbende auch. Aber er weiß, da ist noch jemand. Tut es nicht selbst einem Kranken gut, wenn da einfach nur jemand ist, der ihm vielleicht die Hand drückt, der einfach nur da ist, der ihm etwas schönes oder erfreuliches erzählt, ihm Mut macht, ihn aufmuntert oder ihn tröstet? Es gibt auch Zeiten, da ist der Kranke lieber alleine, da ist es ihm eine Belastung, so da noch jemand ist. Es ist schwer zu sagen, ob ein Sterbender nun besser alleine gelassen werden sollte oder nicht. Es sind auch sicher nicht alle Sterbenden gleich.
Wer Sterbebegleitung praktizieren möchte, der sollte es tun. Ich denke, dass es besser ist, so beim Sterbevorgang auch wenigstens eine Person dabei ist,- am besten ein sehr naher Verwandter oder guter Freund. Manche Menschen wünschen sich einen Priester am Sterbebett,- und sagen das auch schon klar und deutlich zu ihren Lebzeiten. Auch der kann den Tod nicht vertreiben oder verhindern.
Und doch ist es für den einen oder anderen wichtig, dass ein Priester da ist. Er kann die letzte Ölung durchführen, er kann am Sterbebett für den Sterbenden zu Gott beten, was der Sterbende vielleicht selber nicht mehr kann, sich aber sehr wünscht. Er kann ihm die Hand drücken, er kann ein paar tröstende Worte zu ihm sprechen. Oder er kann ihm etwas ermutigendes, hoffnungsvolles oder tröstendes aus der Bibel vorlesen.
Was kann man schon für einen Sterbenden großartiges tun? Nein, es muß nichts großartiges sein. Oft genügt es, einfach nur da zu sein. Also Sterbebegleitung zu leisten ist eine schwere, aber sicher sehr löbliche Aufgabe. Wenn man ohnehin schon nichts tun kann, aber man kann "da" sein, den Sterbenden eben begleiten. Das erleichtert den Angehörigen und guten Freunden auch das Abschied nehmen. Denn so seltsam das vielleicht klingen mag, aber man war dabei, man hat es mit-erlebt, man konnte sich selbst darauf vorbereiten. Es kam nicht so plötzlich, nicht so
überraschend. Man hat Zeit mit dem Sterbenden zusammen verbracht, vielleicht viel Zeit. Stunden, Tage, vielleicht Wochen und Monate oder sogar über viele Jahre hinweg. Das verbindet, das bereitet einen vor, das prägt. Und das Abschied nehmen fällt dann vielleicht nicht mehr ganz so schwer.
Kann man noch etwas für den Sterbenden tun? Wenn wir uns an unseren Kranken erinnern, so hat man versucht, ihm die Schmerzen zu nehmen oder auf ein erträgliches Maß zu lindern, bis er wieder gesund wurde. Das kann man auch beim Sterbenden tun, nur dass er eben nicht wieder gesund wird. - Aber ihm die Schmerzen nehmen das kann man,- und das darf man auch,- und das nennt man dann auch schon Sterbehilfe. Und das ist auch ganz unproblematisch und gesetzlich völlig unbedenklich und legitim,- dem sterbenden das Sterben zu erleichtern, die Leiden erträglich zu machen und die Schmerzen so weit als möglich zu lindern ist nicht nur gesetzlich erlaubt, sondern ethisch-moralisch gesehen sogar
erwünscht. Hierzu wird beim Sterbenden, wenn er sehr starke Schmerzen hat, oft Morphium benutzt, eine Droge wie wir wissen. Eine Droge, welche Abhängig macht, aber eben auch eine sehr starke schmerzstillende Wirkung erzeugt, die bislang kein anderes Schmerzmittel erreichen kann.
Daher ist Morphium auch das letzte Mittel, das man dem Sterbenden gibt und nicht das erste. Bei Kranken verabreicht man sehr ungerne Morphium, da es abhängig macht und dann besteht die große Gefahr, dass der irgendwann wieder gesund gewordene auch noch Drogensüchtig geworden ist. Beim wirklich Sterbenden spielt dies keine große Rolle mehr. Hier geht es um das lindern starker Schmerzen. Und wenn man weiß, dass dieser Mensch ohnehin bald sterben wird,- kann man Morphium verabreichen. Dies ist natürlich nur unter ärztlicher Aufsicht erlaubt, aber in so einem Falle eben auch nicht gesetzeswidrig. Die Ausgabe bzw. Verabreichung von Morphium fällt unter das sogenannte "Betäubungsmittelgesetz". In
diesem Gesetz ist geregelt, wer wann unter welchen Umständen was verabreichen darf. Bei Sterbenden ist die Vergabe von Morphium gesetzlich zulässig, wenn auch nur als letztes Mittel, um diesen die Leiden und Schmerzen so weit als möglich zu lindern, wenn andere Mittel nicht mehr ausreichen. Einen Nachteil hat aber dieses Morphium,- es verkürzt das Leben. Hier ist der Gesetzgeber etwas über-empfindlich und betrachtet daher die Vergabe von solchen Mitteln, die den Tod frühzeitiger hervorrufen, als dieser ansonsten naturgemäß eintreten würde mit einer gewissen Skepsis.
Aber heben wir uns diesen Sonderfall ersteinmal für später auf. Generell gilt,- es darf dem Sterbenden Schmerzlindernde oder Schmerzstillende Medizin gegeben werden, um ihm das Leiden und die Schmerzen so weit als möglich erträglich zu machen.
Die erste Art der Sterbehilfe haben wir also nun kennen gelernt. Sie bezieht sich lediglich darauf, dem Sterbenden das Leiden und die Schmerzen zu nehmen oder
erträglich zu machen und ist unter ethisch-moralischen sowie auch gesetzlichen Gesichtspunkten völlig unstrittig und legitim. Man bezeichnet sie daher auch als echte Sterbehilfe oder als Sterbenden-Hilfe, da man nicht beim Sterben selbst hilft, indem man vorgreift oder nachhilft, sondern nur Schmerzlindernd gewissermaßen dem Sterbenden hilft, den Sterbevorgang besser zu ertragen. Zur Unterscheidung gegenüber den anderen Sterbehilfe-Arten spricht man auch von Sterbehilfe ohne Lebensverkürzung, oder auch passiver Sterbehilfe. Denn das Leben, soweit es noch im Sterbenden ist,- tastet man nicht an. Man lässt den Sterbenden eben sterben,- allerdings nimmt man ihm die Schmerzen.
Bei der Geburt eines Menschen, die ja auch oft unter Schmerzen geschieht ist es sehr ähnlich. Ist es auch nicht gerade ein angenehmer Vorgang, so ist der Vater aber oft von sich aus schon gerne mit dabei, möchte den Geburtsvorgang mit seiner Frau mit-erleben, ein Stück mit-leben. Und wie entspannt und glücklich sind schließlich beide Eltern, wenn sie ihr Neugeborenes nach all den miteinander durchgestandenen Strapazen in den Armen halten können?
Eine Geburt ist für den Säugling der Eintritt in ein neues Leben. Aus dem schützenden Bauch der Mutter in eine neue, fremde Welt irgendwo da draußen. Und es ist ein mehr oder weniger länger dauernder Prozess. Es geht nicht mal eben schnell und dann ist man geboren. Es erfordert Zeit und Kraft, Geduld und es verursacht Ängste und Schmerzen. Aber ein Säugling kann sich ja nicht selbst gebären. Er ist bis zum Ende des Geburtsvorganges noch immer mit der Mutter eng verbunden. Die
Mutter muß mithelfen, ihn zur Welt zu bringen, denn das schafft er womöglich doch nicht so ganz von alleine. Zudem ist der Säugling absolut hilflos. Aber er ist nicht alleine. Er kann sich nicht alleine und selbstständig gebären. Die Mutter ist immer naturgemäß dabei, denn aus ihr entspringt er, mit ihr ist er noch während des gesamten Geburtsvorgangs verbunden, von ihr muß er sich erst ablösen. In der Regel ist, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen eine Hebamme oder ein Geburtshelfer noch mit dabei. In einem Krankenhaus eine Reihe von Ärzten und Pflegern,- und so man das Glück hat, der eigene Mann oder zukünftige Vater.
Sterben - auch ein Eintritt in ein neues Leben?
Gehen wir nun zurück zu unserem "Sterbenden". Sollte man ihn alleine lassen? Man weiß oft nicht, was einem Sterbenden lieber wäre,- man kann ihn dann nicht mehr recht fragen. Aber wer möchte schon völlig allein gelassen, irgendwo krepieren? Einfach nur "da" sein ist vielleicht doch besser,
selbst wenn man nichts tun kann. Ich denke, es gibt gewisse Parallelen zum Geburtsvorgang. Lassen wir es mal dahin gestellt, ob man an ein Weiterleben nach dem Tode glaubt oder nicht. Es ist in jedem Falle ein Übergang in eine neue Daseins,- oder von mir aus auch Nicht-daseinsform. Für einen gläubigen Menschen ein Übergang in ein neues Leben, eine neue, andere, fremde Welt,- nennen wir es mal Himmel, oder Jenseits. Für den Nichtgläubigen ist es ein Übergang ins Nicht-Sein oder Nicht-mehr-sein. Und oft ist auch das Sterben ein Prozess, der seine Zeit und auch Kraft braucht, Geduld erfordert und ebenso Ängste und Schmerzen mit sich bringt.
Ich weiß nicht in wieweit der Sterbende selbst in der Lage ist zu sterben. Oder ob er aus der jenseitigen Welt gewisse unsichtbare Geburtshelfer, nennen wir sie einfach mal Engel an die Seite gestellt bekommt. Wir Lebenden wissen darüber nichts. Aber ich glaube nicht, dass das Sterben mit der Geburt absolut nichts gemeinsam hat. Ich
glaube nicht, dass danach alles vorbei ist und man ins Nicht-Dasein übertritt. Und ich glaube auch nicht, dass das Sterben vom Menschen selbst und alleine bewirkt wird.
Machtlos gegenüber dem Tod?
Wir wollen immer etwas tun,- sei es dafür oder dagegen. Wir wollen immer an einer Sache mitbeteiligt sein, wollen uns nicht gerne etwas aus der Hand reißen lassen über das wir keine Macht haben... Der Tod ist so etwas, über das wir im Grunde keine Macht haben, wogegen wir letztlich nicht ankämpfen können. Gegen den Tod sind wir immer Verlierer ! Vielleicht gewinnen wir etwas Zeit,- vielleicht ein paar Jahre... Aber am Ende sind wir doch machtlos gegen den Tod und müssen uns den Naturgesetzen fügen. Vielleicht ist der Tod deshalb so furchtbar, so unheimlich, so Angsteinflößend und grausam,- weil wir ihn nicht beherrschen können, weil wir ihn eben nicht im Griff haben, weil wir keine Macht über ihn besitzen, weil er kommt wann Er will,- und nicht, wann wir wollen.
Vielleicht verlöre der Tod ein Stück seines Schreckens, hätten wir ihn doch ein kleinwenig mehr unter Kontrolle,- könnten wir doch selbst bestimmen, wann wir sterben.
Warum klingt es in ethischer und moralischer Hinsicht so verächtlich, verwerflich, so
jemand sagt: Ich möchte selbst bestimmen, wann ich sterbe,- und auch wo und wie ich sterbe?
Aber können wir unseren Geburts-Tag denn selbst bestimmen? Ein wenig können wir die Geburt, wenn erforderlich hinauszögern durch wehen-hemmende Medikamente, ein wenig können wir den Geburtsvorgang beschleunigen durch wehen-auslösende Medikamente. Ja, wir können eine Geburt vorzeitig auslösen, nur solche Menschen sind dann oft nicht lebensfähig. Kommen sie von selbst zu früh, oder ist durch Kaiserschnitt aus gesundheitlichen Gründen ein gewaltsames Eingreifen weit vor dem eigentlichen natürlichen Geburtsvorgang erforderlich, müssen wir es in einen künstlichen Mutterbauch legen. Wir geben solche sogenannte "Frühchen" in
einen Brutkasten und ersetzen somit die Mutter für eine gewisse Zeit. Viel Macht haben wir also nicht über die Natur und ihre Gesetze in dieser Hinsicht. Und so ist es auch beim Sterben. Gegen diese Krankheit sind die besten Ärzte machtlos. Ein wenig kann man den Tod vielleicht hinauszögern, oder wenn man will auch beschleunigen, vorzeitig herbeiführen, aber das ist nahezu alles was wir in Bezug auf das Sterben und den Tod machen können. Aber entrinnen können wir ihm nicht,- dem Tod. Verhindern, beseitigen, abschaffen, überwinden, einfach übergehen, oder austricksen, das geht eben nicht. Der Tod hat eine gewisse Macht über uns und unser Leben,- und nicht wir und unser Leben über den Tod. - Und das gefällt uns nicht.
Kehren wir in Gedanken zurück zu unserem Sterbenden. Da liegt er also und es ist ihm nicht mehr zu helfen. Mag ja sein, aber das schon angesprochene "Begleiten" hilft ihm vielleicht doch, macht es ihm leichter. Zumindest ist er nicht allein gelassen. Es
ist jemand da. Dass dieser ihm nicht helfen kann, weiß der Sterbende auch. Aber er weiß, da ist noch jemand. Tut es nicht selbst einem Kranken gut, wenn da einfach nur jemand ist, der ihm vielleicht die Hand drückt, der einfach nur da ist, der ihm etwas schönes oder erfreuliches erzählt, ihm Mut macht, ihn aufmuntert oder ihn tröstet? Es gibt auch Zeiten, da ist der Kranke lieber alleine, da ist es ihm eine Belastung, so da noch jemand ist. Es ist schwer zu sagen, ob ein Sterbender nun besser alleine gelassen werden sollte oder nicht. Es sind auch sicher nicht alle Sterbenden gleich.
Wer Sterbebegleitung praktizieren möchte, der sollte es tun. Ich denke, dass es besser ist, so beim Sterbevorgang auch wenigstens eine Person dabei ist,- am besten ein sehr naher Verwandter oder guter Freund. Manche Menschen wünschen sich einen Priester am Sterbebett,- und sagen das auch schon klar und deutlich zu ihren Lebzeiten. Auch der kann den Tod nicht vertreiben oder verhindern.
Und doch ist es für den einen oder anderen wichtig, dass ein Priester da ist. Er kann die letzte Ölung durchführen, er kann am Sterbebett für den Sterbenden zu Gott beten, was der Sterbende vielleicht selber nicht mehr kann, sich aber sehr wünscht. Er kann ihm die Hand drücken, er kann ein paar tröstende Worte zu ihm sprechen. Oder er kann ihm etwas ermutigendes, hoffnungsvolles oder tröstendes aus der Bibel vorlesen.
Was kann man schon für einen Sterbenden großartiges tun? Nein, es muß nichts großartiges sein. Oft genügt es, einfach nur da zu sein. Also Sterbebegleitung zu leisten ist eine schwere, aber sicher sehr löbliche Aufgabe. Wenn man ohnehin schon nichts tun kann, aber man kann "da" sein, den Sterbenden eben begleiten. Das erleichtert den Angehörigen und guten Freunden auch das Abschied nehmen. Denn so seltsam das vielleicht klingen mag, aber man war dabei, man hat es mit-erlebt, man konnte sich selbst darauf vorbereiten. Es kam nicht so plötzlich, nicht so
überraschend. Man hat Zeit mit dem Sterbenden zusammen verbracht, vielleicht viel Zeit. Stunden, Tage, vielleicht Wochen und Monate oder sogar über viele Jahre hinweg. Das verbindet, das bereitet einen vor, das prägt. Und das Abschied nehmen fällt dann vielleicht nicht mehr ganz so schwer.
Kann man noch etwas für den Sterbenden tun? Wenn wir uns an unseren Kranken erinnern, so hat man versucht, ihm die Schmerzen zu nehmen oder auf ein erträgliches Maß zu lindern, bis er wieder gesund wurde. Das kann man auch beim Sterbenden tun, nur dass er eben nicht wieder gesund wird. - Aber ihm die Schmerzen nehmen das kann man,- und das darf man auch,- und das nennt man dann auch schon Sterbehilfe. Und das ist auch ganz unproblematisch und gesetzlich völlig unbedenklich und legitim,- dem sterbenden das Sterben zu erleichtern, die Leiden erträglich zu machen und die Schmerzen so weit als möglich zu lindern ist nicht nur gesetzlich erlaubt, sondern ethisch-moralisch gesehen sogar
erwünscht. Hierzu wird beim Sterbenden, wenn er sehr starke Schmerzen hat, oft Morphium benutzt, eine Droge wie wir wissen. Eine Droge, welche Abhängig macht, aber eben auch eine sehr starke schmerzstillende Wirkung erzeugt, die bislang kein anderes Schmerzmittel erreichen kann.
Daher ist Morphium auch das letzte Mittel, das man dem Sterbenden gibt und nicht das erste. Bei Kranken verabreicht man sehr ungerne Morphium, da es abhängig macht und dann besteht die große Gefahr, dass der irgendwann wieder gesund gewordene auch noch Drogensüchtig geworden ist. Beim wirklich Sterbenden spielt dies keine große Rolle mehr. Hier geht es um das lindern starker Schmerzen. Und wenn man weiß, dass dieser Mensch ohnehin bald sterben wird,- kann man Morphium verabreichen. Dies ist natürlich nur unter ärztlicher Aufsicht erlaubt, aber in so einem Falle eben auch nicht gesetzeswidrig. Die Ausgabe bzw. Verabreichung von Morphium fällt unter das sogenannte "Betäubungsmittelgesetz". In
diesem Gesetz ist geregelt, wer wann unter welchen Umständen was verabreichen darf. Bei Sterbenden ist die Vergabe von Morphium gesetzlich zulässig, wenn auch nur als letztes Mittel, um diesen die Leiden und Schmerzen so weit als möglich zu lindern, wenn andere Mittel nicht mehr ausreichen. Einen Nachteil hat aber dieses Morphium,- es verkürzt das Leben. Hier ist der Gesetzgeber etwas über-empfindlich und betrachtet daher die Vergabe von solchen Mitteln, die den Tod frühzeitiger hervorrufen, als dieser ansonsten naturgemäß eintreten würde mit einer gewissen Skepsis.
Aber heben wir uns diesen Sonderfall ersteinmal für später auf. Generell gilt,- es darf dem Sterbenden Schmerzlindernde oder Schmerzstillende Medizin gegeben werden, um ihm das Leiden und die Schmerzen so weit als möglich erträglich zu machen.
Die erste Art der Sterbehilfe haben wir also nun kennen gelernt. Sie bezieht sich lediglich darauf, dem Sterbenden das Leiden und die Schmerzen zu nehmen oder
erträglich zu machen und ist unter ethisch-moralischen sowie auch gesetzlichen Gesichtspunkten völlig unstrittig und legitim. Man bezeichnet sie daher auch als echte Sterbehilfe oder als Sterbenden-Hilfe, da man nicht beim Sterben selbst hilft, indem man vorgreift oder nachhilft, sondern nur Schmerzlindernd gewissermaßen dem Sterbenden hilft, den Sterbevorgang besser zu ertragen. Zur Unterscheidung gegenüber den anderen Sterbehilfe-Arten spricht man auch von Sterbehilfe ohne Lebensverkürzung, oder auch passiver Sterbehilfe. Denn das Leben, soweit es noch im Sterbenden ist,- tastet man nicht an. Man lässt den Sterbenden eben sterben,- allerdings nimmt man ihm die Schmerzen.