Alkohol, der Umgang damit und FASD

EnyaVanBran schrieb:Ich finde auch das Argument: "Dann bin ich besser drauf" voll bescheuert. Die meisten Menschen werden dann doch eher weinerlich oder aggressiv. "Gut drauf" sieht bei mir dann doch etwas anders aus.

Die "meisten" Menschen? Nein, es sind bevorzugt Leute, die auch nüchtern zu Aggressionen tendieren. Da Alkohol bekanntlich die Hemmungen fallen lässt, verstärkt es die Neigung der Proleten.
Ansonsten wären die Bars und Diskotheken ausnahmslos von Aggressionen befallen. Sind sie das?

@Selektiv
Welche Proleten denn?

EnyaVanBran schrieb:Ich finde auch das Argument: "Dann bin ich besser drauf" voll bescheuert.

Ist ja auch nur ein Scheinargument, um seinen Alkoholkonsum zu rechtfertigen.
Synonym zu lockerer, entspannter usw.

Tussinelda schrieb:Welche Proleten denn?

Entweder

A. In einer kapitalistischen Gesellschaft die Klasse der abhängig Beschäftigten, die keine eigenen Produktionsmittel besitzen

B. Klasse der ärmsten Bürger im antiken Rom

C. Typen wie BWL-Justus, Sören-Malte oder Alpha-Kevin, die sich nicht zu benehmen wissen

Ich tippe auf B, wer kennt sich nicht, die antiken Römer aus dem rechtsrheinischen Castrum Divitensium, die Samstag Nacht in der Kölner Innenstadt Rabatz machen.

Stan_Marsh schrieb:Ich tippe auf B, wer kennt sich nicht, die antiken Römer aus dem rechtsrheinischen Castrum Divitensium, die Samstag Nacht in der Kölner Innenstadt Rabatz machen.

A könnte aber auch durchaus zutreffen, keine Produktionsmittel zu besitzen ist auch nicht gerade ohne. :D
Und dann wehe dem Alkohol, dass er nicht hilft.

Ich erlebe es tagtäglich, in Biergärten geht täglich die Post ab, sobald ein Maß Bier runter ist. Danach ergreifen alle Mitarbeiter die Flucht, kennt man ja.

..

Leute, Ihr sorgt hier gerade für übles Kopfkino bei mir. Da bin ich ja froh, dass ich sozusagen am Arsch der Welt lebe. Wobei, diese Supermassenbesäufnisse (Oktoberfest, Karneval, Dom etc.) meide ich auch wie die Pest. Alleine die ganze Pinkelei und Übergeberei, quer durch das Gelände, ist einfach nur abartig in meiner Wahrnehmung. Das ist kein normaler Konsum, das ist Komasaufen. Mich bekäme man auch nur an den Ballermann, hätte man mich vorher komplett sediert und beim Aufwachen würde ich flüchten.

LG Mina

@Stan_Marsh


Ja, wer kennt sie nicht, die dollen ollen Römer:

Als die Römer frech geworden,
Sim serim sim sim sim sim,
Zogen sie nach Deutschlands Norden,
Sim serim sim sim sim sim,
Vorne mit Trompetenschall,
Te rä tä tä tä te rä,
Ritt der Generalfeldmarschall,
Te rä tä tä tä te rä,
Herr Quintilius Varus...

MissMary schrieb:Ist halt sozial auch total akzeptiert. So wie Rauchen vor ein paar Jahren. Eigentlich müsste da eine Kampagne her "Leute, wisst ihr eigentlich ...?" - aber eigentlich wissen die Leute das ja.

Stimme ich dir voll zu. Wenn man sich alte Filme ansieht, scheint ja in den 60er Jahren JEDER geraucht zu haben.
Alkohol ist ebenso immer ein Thema. Vor allem am Land. Wer da in jungen Jahren nicht mittrinkt, wird doof angeguckt. Zumindest war das halt damals in den 90ern so. Danach kam die Generation Komasaufen. Wie es jetzt ist, weiß ich nicht, ich hoffe, das Verständnis und der Umgang mit dem Thema Alkohol haben sich gebessert.

Groucho schrieb:Mein Vater hat mal gesagt: "Ich trinke jeden Tag Alkohol (er hat auch jeden Abend seine 3/4 Bier getrunken) also bin ich ein Alkoholiker"

Ja, da ist sicher was dran. Aber zumindest hat er es voll akzeptiert.

Selektiv schrieb:Ansonsten wären die Bars und Diskotheken ausnahmslos von Aggressionen befallen. Sind sie das?

Zu meiner Zeit gab es fast immer irgendwo Zoff. Ganz schlimm war es bei Zeltfesten, da flogen regelmäßig die Fetzten. Also ja doch. Heute gehe ich in keine Discos mehr, also kann ich nicht beurteilen, wie es mittlerweile ist.

Interested schrieb:Ist ja auch nur ein Scheinargument, um seinen Alkoholkonsum zu rechtfertigen.
Synonym zu lockerer, entspannter usw.

Genau. Das zu erkenne wäre schon ein Schritt in die richtige Richtung, aber viele Menschen können das leider nicht..

@EnyaVanBran

Ich habe den Eindruck, dass das Zusammenwirken von gesenkter Promillegrenze, verstärkten Kontrollen und die Verfügbarkeit von alkoholfreiem Bier auch in unserer sehr ländliche Region schon zu einem Konsumrückgang geführt haben.

Interessantes Zahlenmaterial zur Konsumentwicklung in der BRD findet sich hier:

https://www.dhs.de/suechte/alkohol/zahlen-daten-fakten

Mila_ schrieb:irrsinnige Steuererhöhung darauf sehr gut.

Das fände ich auch eine ziemlich gute Idee.

Mila_ schrieb:meine liebe Mutter soff die ganze Schwangerschaft durch

Hat sie bei deinen Geschwistern denn nicht gesoffen?

Ist ja außer deiner Größe wohl nochmal gut gegangen, oder?

Trotzdem braucht das kein Mensch.

Idiosynkrasia schrieb:die aber viel zu sehr verharmlost wird, weil es einfach auch ein fester Bestandteil der deutschen Kultur ist. Leider wird der Konsum da zu wenig hinterfragt.

Sehe ich auch so. In unserer WG gehörte das auch zum guten Ton, Alkohol wurde oft damit gleichgesetzt "eine gute Zeit" zu haben, lachen zu können etc. Nun, lachen kann ich ohne Alkohol, aber mit vollalkoholisierten Partygästen wird das immer schwieriger.

MarinaG. schrieb:Leider werden Kinder oft zu spät aus solchen Verhältnissen entnommen,

Naja, das gilt vielleicht für extreme Alkoholiker. Suchtmechanismen und - muster werden auch ohne Extreme gelernt.
Herausnahme der Kinder ist ein heikles Instrument, da geht man nicht leichtfertig mit um, beziehungsweise sollte nicht leichtfertig damit umgehen.

@Doors
Ja da ist sicher was dran. Bei uns waren es früher 0,8 Promille, jetzt sind es 0,5. War das bei euch früher auch auf diesem Wert?

@EnyaVanBran
Hast du denn bei deinen Eltern Alkohol erlebt? (sorry, falls ich was überlesen habe :) )

Doors schrieb:Wer bitte soll den das überwachen, liebe "Sonst bin ich ja gegen den Überwachungsstaat"-Freunde? Polizeibegleitung für alle Schwangeren? Tägliche Drogentests? Und wenn doch konsumiert wird, was dann? Zwangsabtreibung? Zwangssterilisation? Zunähen?

Doors schrieb:Manche Menschen scheinen einen Denkhorizont von zwölf bis mittags zu haben.

Äh, wen sprichst du da gerade an? Musste da mal wieder was raus?
Das macht es ja gerade so schwierig, weil Alkohol frei verfügbar ist. Daher ist es wichtig, weiter aufzuklären, Suchtprophylaxe zu betreiben.

Doors schrieb:Dass das Thema so neu nicht ist, aber gern ignoriert wird, sowohl von Konsumenten- wie Produzentenseite, von politisch Verantwortlichen ohnehin, zeigt ein Buchtitel von 1977:

Natürlich gab es das. Und eben bis heute gerne ignoriert.
Auch aus den Gründen, dass es einen eindeutigen Auslöser gibt.

Bundeskanzleri schrieb:Hast du denn bei deinen Eltern Alkohol erlebt? (sorry, falls ich was überlesen habe :) )

Nein. Mein Papa hat wohl vor meiner Geburt sehr viel getrunken. Aber weil ich als Baby dann immer gebrüllt hab, wenn er mich betrunken angeguckt hat, hat er aufgehört.
Dafür hat meine Mutter dann eine Zeit lang sehr viel getrunken, aber als mein Vater vor bald 7 Jahren gestorben ist, hat sie das massiv eingeschränkt.

EnyaVanBran schrieb:Zu meiner Zeit gab es fast immer irgendwo Zoff. Ganz schlimm war es bei Zeltfesten, da flogen regelmäßig die Fetzten. Also ja doch. Heute gehe ich in keine Discos mehr, also kann ich nicht beurteilen, wie es mittlerweile ist.

Dass es Zoff gibt, ist normal. Das passiert schnell, wenn viele Leute an einem Ort sind.
Ich meine allerdings, ob jeder in der Kneipe regelmäßig die Fetzen fliegen lässt.
Da kann ich nur sagen, dass ich die meisten Leute lachen und tanzen sehe und es da keine Anflüge von Aggressionen gibt. In den erwähnten Biergärten auch nicht.
In meiner Sauna trinken die Leute gerne Shots und Bier und verwandeln sich nicht in Hulk.

Habe jetzt mal nachgesehen, bei Männern, die Alkohol konsumieren, ist der Einfluss auf den Nachwuchs nicht so schädlich.
Klar, ist ein komplett anderer Umstand, aber ich hatte im Kopf, dass die Spermienqualität leidet.

https://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Alkohol_und_maennliche_Fruchtbarkeit1771015590597.html

Übermäßiger Alkoholkonsum schadet der männlichen Fruchtbarkeit. Doch Männer von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch, die moderate Mengen an Alkohol tranken, hatten eine bessere Spermaqualität als die, die weniger konsumierten

Hier auch:
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Alkohol-in-Massen-schadet-Spermien-nicht-242166.html (Archiv-Version vom 22.06.2021)

Männer müssen offenbar nicht um ihre Fertilität fürchten, wenn ihr wöchentliches Quantum an Alkohol 250 Gramm nicht überschreitet, ergab eine Studie mit über 8000 Teilnehmern. Maßvolle Trinker hatten eine ebenso gute Spermaqualität und sogar höhere Testosteronspiegel als Männer, die kaum tranken

Selektiv schrieb:Ich meine allerdings, ob jeder in der Kneipe regelmäßig die Fetzen fliegen lässt.

Ja, das meinte ich. Das Personal wusste dann aber schon recht gut, wann es bei gewissen Leuten echt problematisch wird und man hat die dann raus geworfen.

@Bundeskanzleri
Soweit ich weiß bei den ersten zwei nicht. Alle anderen schon.

Klar ist das mit der Größe nicht das schlimmste der Welt, assi war es trotzdem allemal. Dazu wurde noch geraucht und Tabletten geschmissen. Ich kann echt froh sein keinen immensen dachschaden zu haben 🙄

Doors schrieb:Als die Römer frech geworden,

Also doch die Römer Schuld am ausschweifenden Bierkonsum

10. Strophe:
Wild gab’s und westfäl’schen Schinken, sim serim sim sim,
Bier, soviel man wollte trinken. sim serim sim sim sim sim,

Aber sonst haben die Römer uns nichts gebracht.
Also gut. Mal abgesehen von der Medizin, den sanitären Einrichtungen, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?

Bundeskanzleri schrieb:Daher ist es wichtig, weiter aufzuklären, Suchtprophylaxe zu betreiben.

Auf jeden Fall, aber gibt es wirklich viele Leute, denen die Wirkung von Alkohol nicht bekannt ist? In der Schule wird das doch mehrfach behandelt nehme ich an/hoffe ich.
Also z.B. dass Alkohol während und sogar vor der Schwangerschaft schwere Schäden bei Kindern verursachen kann?

@Stan_Marsh

Ich glaube, dass durch die kulturelle Dauerpräsenz der Gedanke vermittelt wird, "wird schon nicht so schlimm sein".
Wenn sich jede Frau darüber so im Klaren wäre, hieße ja, entweder sie kann nicht anders (Abhängigkeit), oder sie möchte ihrem Kind bewusst schaden.
Und es gibt eben sehr viele Fälle von FASD. Plus die Kinder, denen es zum Glück nichts geschadet hat.
Es gibt auch Mütter, die wissen zu dem Zeitpunkt des Alkoholkonsums noch gar nicht, dass sie schwanger sind.

https://www.ev-sonnenhof.de/dokumente/FASD%20in%20Zahlen.pdf

FAS ist die häufigste bekannte Ursache für geistige Behinderung.
• Die Prävalenz von FAS wird in den Vereinigten Staaten auf 0.5 bis 2 Fälle pro 1000
Lebendgeburten geschätzt.
• Die Prävalenz von FAS, ARND und ARBD zusammengenommen liegt bei
mindestens 10 Fällen pro 1000 Lebendgeburten, oder 1% aller Geburten.
• Basierend auf Schätzungen sind nahezu 40.000 Neugeborene pro Jahr von FASD
betroffen.
• FAS allein verursacht gesellschaftliche Kosten von bis zu 6 Milliarden US$ pro Jahr.
• Die Lebenszeitkosten für einen Betroffenen von FAS liegen bei mindestens 2
Millionen US$.
Wer gehört zur Risikogruppe

Noch vor wenigen Jahren galt eben, die Menge macht´s, oder ein Gläschen Sekt zum Wehen anregen ist schon okay.

Und was wäre die Alternative? Soviele Möglichkeiten gibt es ja nicht.

Mila_ schrieb:Soweit ich weiß bei den ersten zwei nicht. Alle anderen schon.

Ihr seid ja irgendwie eine ganze Menge :D

Aber schon krass, das ist sicher kein gutes Umfeld gewesen.
Immerhin hast du es ja irgendwie rausgeschafft :Y: