Idiosynkrasia schrieb: Seltsam finde ich auch, was manche Leute unter "geringen Mengen" an Alkohol verstehen. Da ist dann schon mal die Rede vom täglichen Glas Wein oder zumindest alle paar Tage. Das sind für mich persönlich schon keine geringen Mengen mehr, es ist ein regelmäßiger Konsum, der unterschätzt wird.
Alkohol wird echt wie eine "Volksdroge" verharmlost, v.a. finde ich es auch problematisch, wie es in manchen Kreisen unmöglich ist, nein zu sagen. Mr Mary arbeitet unter anderem in einer Eventkneipe, da ist die Grenze zwischen Gast und Barkeeper schon mal fließend und oft wird man als Barkeeper in die Runde, die gerade geschmissen wird, inkludiert. Oder der Gast kommt, setzt sich an den Tresen und schüttet -so ganz klassisch- dem Barkeeper sein Herz aus und bezahlt diese Dienstleistung in alkoholischen Getränken. Es geht mitunter gar nicht, diese Dinge abzulehnen oder "umzumünzen" "du, ich trinke einen mit, aber dann ...". Die Angestellten haben inzwischen schon eine Fake Wodkaflasche und genehmigen sich dann echtes Leitungswasser, weil sie mitunter aus der Nummer nicht rauskommen.
Was ich auch krass finde: In der nahen Stadt gibt es am Stadtrand ein Wohnviertel des sozialen Wohnungsbaus - inmitten darin ein versiffter Netto: Das Alkoholregal nimmt da gefühlt 1/4 der Ladenfläche ein, Fastfood und Süßigkeiten auch ... der Absatz dort muss total krass sein, vermutlich überlebt der Laden v.a. wegen des Alkoholsortiments.
EnyaVanBran schrieb: Alkohol ist ein Arsch. Sorry, wenn ich das jetzt so sage. Also: Ich selbst habe zwischen 16 und Anfang 30 viel zu viel davon in mich hinein geschüttet. Ich war jedes WE betrunken. Das ging dann so weit, dass es auch mal unter der Woche dazu kam. Und eines Sonntags Nachmittags bin ich dann wirklich in mich gegangen, als nach Unmengen Jägermeister und Wodka noch relativ trittsicher aus dem Gasthaus gewandert bin, während meine "Kontrahenten" zum niederlegen waren.
Das ist krass, aber gut, dass du es so reflektieren kannst und noch den Absprung geschafft hast. Ich bin auch in einer Suchtstruktur (Essstörung) - das ist für mich völlig unmöglich, da rauszukommen - manchmal läuft es wochenlang top und dann kommt doch ein Rückfall ... ich weiß, es ist was anderes, aber ich schätze mal, die Suchtstruktur ist gleich ....
Stan_Marsh schrieb: Das kann ich aus meiner Feierzeit nicht bestätigen. Wir waren nie aggressiv und auch nicht weinerlich, ich kann mich an keine einzige gewalttätige Situation innerhalb meiner Gruppe erinnern und auch an keine wirklich heftigen emotionalen Eskapaden.
Das Problem bei solchen Feiergruppen ist auch, dass Alkohol fester Bestandteil der Feier ist und dass du alleine aus Gruppenzwang mittrinken musst, ob du Lust hast oder nicht. Zudem verlässt du ja auch das Gruppengefühl, wenn du der einzige Nüchterne in der Gruppe bist. Das klappt dann nicht ...
EnyaVanBran schrieb: Richtig. Das meine ich eben auch. Hin und wieder etwas zu trinken, weil es eben passt, ist ja auch durchaus okay. Jeden Tag zu trinken um sich zu entspannen, sehe ich als problematisch. Und sich so richtig zu betrinken, weil man dann "lustig" wird, ist in meinen Augen Selbstbetrug.
Die Grenzen sind da halt sehr fließend und unterliegen deiner subjektiven Einschätzung. Ich glaube, man fängt sehr schnell an, sich zu belügen oder zu belohnen "nicht so schlimm" oder "nur heute" oder "gerade so lustig" oder "war so ein Scheißtag" und dann ist die Grenze eben überschritten.
Stan_Marsh schrieb: Ja klar, denn richtig besoffen sein ist ja auch nicht lustig. Das Problem ist auch, dass man sich an den Konsum gewöhnt und immer mehr braucht und bei mir kam noch hinzu, dass die Phase zwischen "ich merke nichts" und "ich bin stockbesoffen" kürzer wurde.Zum Glück habe ich das früh eingesehen, noch lange vor meinem 30ten Geburtstag.
Das ist super, wenn man selbst eine Notbremse zieht. Das schaffen viele nicht.
EnyaVanBran schrieb:Ja, das ist genau der Punkt. Da hab ich dann die Notbremse gezogen. Und ich bin irre froh drüber, denn ich wäre heute nicht hier, wo ich jetzt bin.
Da kannst du auch echt stolz auf dich sein.