EnyaVanBran schrieb am 26.10.2021:Im Grunde sind soziale Medien ja ein wenig mit Schuld, dass RL Freundschaften zu Onlinefreundschaften werden. Wo man sich früher zumindest noch regelmäßig angerufen hat, reduziert man das nun auf Nachrichten :|
Licht und Schatten - durch Social Media ist eben die Kategorie "entfernte Bekannte" ewig groß. Im normalen Leben hat man 2-5 gute Freunde mit denen man je nach Problemlage Dinge bespricht, dann noch einige gute Bekannte und eben die Leute, die man kennt, mit denen man ab und an (und wenn sehr zweckgebunden) etwas macht und die man normalerweise irgendwann aus den verschiedensten Gründen aus dem Auge verliert (Zeitmangel, Umzug, Änderung der Familienkonstellation, Interessen) ....
Diese letzte Kategorie bleibt durch Facebook zwanghaft erhalten - man tauscht keine persönlichen Nachrichten mehr aus, aber man folgt und bekommt die Hauptereignisse noch mit. Das führt leider häufig dazu (zumindest bei mir), dass sich die Leute gezielt melden, wenn sie was brauchen - und so deine Zeit fressen. Bei mir z.B. Bewerbung-Korrektur-lesen, Fragen zu Schulen ... das ist dann so eine Anspruchshaltung - los, hilf mir. Das finde ich echt nervig.
Das berichten ja auch andere Teilnehmer hier. Man kann mit gutem Gewissen oft nicht nein sagen ... Beispiel: Meine (über 80 Jahre alte) Tante kann nicht Auto fahren, konnte es nie und ist nun verwitwet - damit ist u.a. ihre Mobilität gestorben. Wir wohnen auf dem Dorf. Sie wohnt in einer entlegenen Ecke. Wir bieten ihr oft an, dass wir sie fahren können - manchmal nimmt sie an (z.B. Arzttermin, zu dem kein Bus fährt). Oft wackelt sie aber durchs ganze Dorf zur Bushaltestelle (auch, um ein wenig Autonomie zu behalten). Andere Leute fragen dich dann ohne bzw. mit selbst verschuldeter "Notlage".
Vor einiger Zeit hat es Sonntagmittag bei uns Sturm geklingelt. Wir hatten uns gerade als Familie zu einem Brettspiel hingesetzt (was leider sehr selten vorkommt). Draußen stand eine Bekannte, die ohnehin ein sehr bewegtes Leben hatte. Ihr Kind lebt gerade in einer Einrichtung und sie haben den Zug verpasst. Das Kind musste aber zu einer bestimmten Zeit da sein, sonst wurde das Besuchsrecht gestrichen. Mutter und Kind heulen wie blöd. Du kannst ihnen nun nicht die Tür vor der Nase zu schlagen, obwohl du innerlich denkst "ich hätte den verdammten Bus/ Zug NICHT verpasst". Auch nicht, wenn der der Fahrplan sich änderte. So opferst du die einzigen zwei Stunden Familienzeit, die du die Woche hattest, um ein wildfremdes Kind, das sich am Ende nicht mal bedankt und das du die nächsten Jahre nicht mehr wiedersehen wirst (es sei denn, die Bekannten brauchen was) um an deinem einzig freien Nachmittag jemanden auf deine Kosten durch die Gegend zu karren.
Sowas ist extrem nervig. Und auch keine Notlage. Da hätte ich lieber 10x meine Tante zu einem Kaffeekränzchen zwei Dörfer weiter gefahren.