McMurdo schrieb:Wer Kanonfutter sein will kann sich ja freiwillig melden, wenn er so viel Bock darauf hat. Alle anderen soll man doch bitte in ihrer Entscheidung respektieren gegen Krieg zu sein.
McMurdo schrieb:Wo wird denn in Afghanistan, Syrien, Mali und und und das Grundgesetz verteidigt...
Wenn dann soll man doch bitte so ehrlich sein und auch aussprechen wofür man Streitkräfte braucht, nämlich um seine geopolitischen Interessen durchzusetzen.
McMurdo schrieb:Ein Anfang wäre z.B. keine Waffen mehr zu verkaufen. Das hilft dem Frieden mehr als ein paar Zwangsrekrutierte Soldaten.
Hier werden meines Erachtens unterschiedliche Aspekte durcheinander geworfen und ggf. noch umgerührt. Mir wäre neu, dass Wehrpflichtige je ins Ausland entsendet worden wären - vielleicht wenige Ausnahmen im Promillebereich und logischerweise eher in der Neuzeit, wenn überhaupt. Also nach den 2000ern bis Abschaffung der WP.
Die Betrachtungsweise kann ich ja grob nachvollziehen. Es wäre schön, eine Welt ohne Krieg zu haben. Und dann noch eine Welt ohne soziale/wirtschaftliche Armut, ohne Verbrechen, ohne Krankheiten und ohne Feuer, dass wir eine ganze Reihe an Institutionen abschaffen können und im Wunderland leben (überspitzt formuliert).
Aber so ist die Welt nun mal nicht, so wird sie nicht auf absehbare Zeit sein. Ich persönlich sehe nicht mal einen Widerspruch darin, eine Wehrpflicht oder irgendeine Form der gesellschaftlichen Wehrertüchtigung - ob über Zwangsformen oder reine Freiwilligkeit via Berufsarmee, oder Mischform wie Berufsarmee, aber im schlimmen Fall Einziehen wehrfähiger Bevölkerung wenn nichts reicht - zu wollen und gegen Krieg zu sein.
Was ist denn "Krieg" überhaupt? Was sollen die Zitate oben implizieren?
McMurdo schrieb:Wer Kanonfutter sein will kann sich ja freiwillig melden, wenn er so viel Bock darauf hat. Alle anderen soll man doch bitte in ihrer Entscheidung respektieren gegen Krieg zu sein.
Dieses Zitat, so wie ich es lese, impliziert für mich, dass man sich im Falles eines unprovozierten Angriffs einfach zum Sterben oder Fremdbestimmen auf die Seite legen soll weil man Krieg und / oder Streitkräfte blöd findet. Das kann man blöd finden, es ist für mich bei manchen bzw. teilweise (wer sich den Schuh anziehen möge, bitte) Ausdruck einer Art von Wohlstandsproblemen die ausser Acht lassen, dass man manchmal gar nicht den Konflikt sucht - der Konflikt einen aber. Das ist wie individuell wehrhaft sein. Wenn ich anpreise, dass die Zeiten gefährlicher zu werden scheinen und vorschlage, dass Personen fitter und wehrhafter werden sollen, dann ist das mit Vergleich zu der Debatte hier so als würde jemand ankommen und sagen: "Keine Gewalt! Sich wehrhaft zu machen kann provozieren und trägt zum Teil des Problems bei!" Ja gut, dann möge man sich generell kampflos abziehen, verprügeln oder abstechen lassen.
Ich hoffe, das Beispiel zeigt auf was ich sagen will. Nur weil ich individuell oder gesellschaftlich fit oder wehrhaft / wehrfähiger werde heißt das nicht, dass ich Leuten aufs Maul hauen oder Angriffskriege führen will. Konflikte und Streit(kräfte) verschwinden nicht von heute auf morgen, aber wenn ein langsamer Wandel zu mehr Defensive und weniger Angriff global passiert, so wie global etwa der Trend zur Todesstrafe rückläufig ist, dann ist das doch schon mal ein Fortschritt.
McMurdo schrieb:Wo wird denn in Afghanistan, Syrien, Mali und und und das Grundgesetz verteidigt...
Wenn dann soll man doch bitte so ehrlich sein und auch aussprechen wofür man Streitkräfte braucht, nämlich um seine geopolitischen Interessen durchzusetzen.
Das ist letztendlich Sache der Politik und weniger der Streitkräfte im Sinne des Auslösers oder des Entsendenden - unabhängig davon wie man zu diesen Einsätzen stehen kann tangiert es mich aber z.B. als hypothetischen Reservisten gar nicht, da ist Landesverteidigung oder landesinterne Katastrophenhilfe der Fokus, so mein Kenntnisstand. Man kann es sich also im wahrsten Sinne aussuchen. Wer nur Landesverteidigung und sonstige innere Hilfeleistungen will, der kann sie kriegen. Und wer es nicht will oder abkann, der geht eben nicht hin.
Mehr zu Auslandseinsätzen weiter unten.
McMurdo schrieb:Ein Anfang wäre z.B. keine Waffen mehr zu verkaufen. Das hilft dem Frieden mehr als ein paar Zwangsrekrutierte Soldaten.
Man könnte zynisch sagen, dass manche / spezifische Waffen auch relativen Frieden schaffen. Wir haben seit Atomwaffen und, ob man den Kalten Krieg in die Rechnung einbeziehen will oder nicht, keine größeren militärischen Konflikte mehr unter Supermächten gehabt, die Weltkriegen gleichkämen oder so. Sind Atomwaffen ein Segen? Mitnichten, erreicht man diese Einsatzschwelle, ist es vorbei. Ein Fluch, aber irgendwie auch ein Segen weil konventionelle Angriffskriege eben auch in der Schwelle hochgesetzt wurden und man dafür unterschiedliche Brücken bauen konnte, auch wenn man sich Spinnefeind ist. Da bekämpft man sich dann eben lieber politisch oder wirtschaftlich als sich Menschen auf den Hals zu hetzen. Im Kampf zumindest.
Warum erwähne ich das? Es ist alles relativ und kann von unterschiedlichen Gesichtspunkten betrachtet werden. Waffen bringen viel Leid, zugleich verhindern manche es hier und da abstrakt gesehen. Zynischerweise.
Ich will langsam zum Abschluss des Posts kommen und noch auf einen Aspekt eingehen und nochmal kurz zusammenfassen:
Kurzum verstehe ich die Kritik im Kern nicht. Man kann meines Erachtens nicht einfach undifferenziert von Krieg reden und Streitkräfte automatisch oder immer in den Topf werfen. Ich finde den Dienst an der Waffe zu defensiven Zwecken vollkommen legitim - einige Auslandseinsätze sehe ich kritisch, die brachten wenig. Afghanistan klingt da wie ein gutes plakatives Beispiel. Andere scheinen sehr sinnvoll. Man erinnere sich an die Anti-IS-Koalition. Die Welt hätte natürlich auch untätig zugaffen können während der IS seine Finger ausstreckt und dann wohl mehr Leid verursacht hätte. Es kann auch Frieden schaffen, situativ zu intervenieren bzw. dortige lokale Kräfte auszubilden. Hilfe zur Selbsthilfe.
Alles das, während man zynisch Demokratie usw. hochlobt oder es als Maxime sieht, andere dann aber woanders bluten lässt oder lassen würde weil die Welt da unruhiger ist. Ich rede hier nicht von Demokratie bringen nach US-amerikanischer Art mit viel Bomben und Granaten und Leid in Folge. Sondern es geht darum, größeres Leid zu verhindern. Das ist nicht immer in einem Fall ideal oder nobel, aber meines Erachtens grundsätzlich schon.
Dann wurmt noch eines, an die, die es betreffen möge. Ich mutmaße, viele generelle Kritiker stehen hinter dem System, der Staatsform bzw. den freiheitlichen Aspekten. Kurzum Demokratie. Souveränität. All das. Wie kann es denn sein, dass man dann gerne jene nach innen hin hochhalten und verteidigen will (legitim!) aber bei Streitkräften zur Defensive - was die BW trotz aller Auslandseinsätze nunmal auch im Großteil abdeckt - mosert oder undifferenziert von Krieg spricht?
Souveränität kann situativ auch von außen bedroht werden. Um das zu verhindern muss man leider Gottes halt Streitkräfte unterhalten um nicht nach außen hin leichte Beute zu werden - und dann übernommen und fremdbestimmt zu enden. Man stelle sich als simples plakatives Beispiel vor, die Nazis hätten überall nur auf Nationen getroffen die Streitkräfte verteufelten und abgeschafft oder markant geschwächt hätten weil sie da keinen Wert mehr einräumten. Der Weltkrieg hätte viel weniger Kriegstote gefordert - ja, super, dann wären aber auch alle dauerhaft fremdbestimmt gewesen und denen quasi ausgeliefert. Von den "Besatzungstoten" dann auch ganz zu schweigen, auf Dauer gesehen.
Zusammenfassend: Ich sehe gemäß dieser Betrachtungsweise irgendwie die Kritik nicht wirklich. Ich halte nichts davon irgendwen in einen Angriffskrieg für Pathos oder Material zu verwickeln - ich habe aber als Bürger auch keine Lust nach willkürlicher ausländischer Pfeife zu tanzen, so wie das historisch im 20. Jahrhundert mehrfach vorkam. Für mich ist Stärkung der Streitkräfte eben auch Stärkung der Defensive und somit im weiteren und abstrakten Sinne Stärkung der Demokratie.
Es ist Teil und Ausdruck wehrhafter Demokratie - nicht nur nach innen, sondern auch nach außen.