Wer oder was wolltet ihr werden, und wer oder was seid ihr geworden?
03.06.2019 um 13:01Ich wurde in der ersten Hälfte der 50ziger geboren. An einen konkreten Berufswunsch als Kind kann ich mich nicht erinnern. Mein Vater arbeitete "auf dem Büro" und schon bevor ich mit 6 Jahren in die Volksschule eingeschult wurde, wurd mir klargemacht, dass ich später einmal die "höhere Schule" (Gymnasium) besuchen sollte.
Als ich 10 Jahre alt war, war es dann soweit - zwei Schüler aus unser Klasse wechselten aufs Gymnasium. Wir mussten mit dem Zug in die nächste Kleinstadt fahren, in der es ein sprachlich ausgerichtetes Gymnasium gab. Ich war dort immer ein schlechter Schüler und ich habe auch kaum gute Erinnerungen an die Zeit auf dem Gymnasium. Ich hasste es Gedichte zu interpretieren - warum hat der Dichter nicht einfach geschrieben, was er meint? Die Frage, warum verwendet der Dichter diesen oder jenen Ausdruck konnte ich meistens nur damit beantworten, dass sich wohl nichts anders reimte.
Der Vater eines Mitschülers besaß einen Lastzug. Der beeindruckte mich irgendwie und ich fand es toll soetwas auch mal fahren zu können. Da war ich aber schon 16 Jahre alt, ein Alter, in dem sich viele andere schon für einen Beruf entschieden hatten.
Endlich war die Schule zu Ende und ich hatte das Abitur in der Tasche. Nach dem Willen meiner Eltern (man wurde damals erst mit 21 Volljährig) sollte ich mich freiwillig zur Bundeswehr melden. Da konnte ich Offizier werden und studieren. Bis zur Einberufung in eine - glücklicherweise nahe gelegene - Kaserne war noch ein halbes Jahr Zeit. Während dieser Zeit habe ich in einer Maschinenfabrik gearbeitet. Die Kollegen und der Meister waren nett, die Arbeit interessant und ich verdiente zum ersten mal gutes Geld.
Die Bundeswehr fand ich dann nicht mehr so toll. Es war mir sehr schnell klar, dass ich nicht länger dabeibleiben wollte als zwei Jahre, zu denen ich mich verpflichtet hatte und auch kein Offizier werden wollte. Nachdem ich dieses gegenüber meinem Vorgesetzen geäußert hatte, wurde ich erstmal in die Fahrschule geschickt, um den LKW-Führerschein zu machen. Im nachhinein betrachtet, schienen mich meine Vorgesetzten zu mögen, denn ich wurde auf Lehrgänge geschickt und wenn es etwas von der täglichen Routne abweichendes zu erledigen gab, wurde es oft mir übertragen.
Mit dem Studium bei der Bundeswehr und einer Offzierslaufbahn war ja nun nichts geworden, aber studieren sollte ich auf jeden Fall. BWL würde ich wohl nicht schaffen, aber zu einem Maschinenbaustudium (das mich auch interessierte) gehörte ja vor allem Fleiß und man musste sauber zeichnen können. Etwas mehr als Fleiß war dann wohl doch notwendig und ich will auch nicht behaupten, dass mir das Studium leichtgefallen ist. Im Maschinebaustudium konnte man sich aber immer mal einge Zeit freimachen und dann bin ich im internationalen Fernverkehr gefahren - dafür brachte ich unabdingbare Voraussetzen mit: bei der Bundeswehr hatte ich fahren gelernt und auf dem sprachlich augerichteten Gymnasium nicht nur Latein, sondern auch englisch und französich gelernt. Nach dem Vordiplom wählte ich dann die Vertiefungsrichtung Kraftfahrzeuge und Verbrennungsmotoren.
Da ich mich ja schon als 16 jähriger für LKW interessiert hatte, bewarb ich mich bei einem Nutzfahrzeughersteller. Dort konnte ich mir ein sehr breites, aber wenig in die Tiefe gehendes Wissen aneignen. Nach einigen Jahren dort wechselte ich zu einem großen Zulieferer, wo ich als Produktentwickler arbeitete.
Das hört sich interesant an und war es auch während mehr als in den ersten 10 Jahre dort. Kunden besuchen, deren Wünsche entgennehmen, versuchen, diese umzusetzen, das gleiche mit Lieferanten - allerdings dort in der Rolle des Kunden, Entwürfe und Berechnungen, die mit dem Kunden diskutiert wurden. Das ganze war mit einigermaßen häfigen (aus meiner Sicht zu vielen) Reisen auch ins außereuropäische Ausland verbunden. So entsteht unter Berücksichtigung vieler Aspekte wie nicht zuletzt auch der Logistik, dem Preis und der Produzierbarkeit ein für den vorgesehenen Einsatzweck optiemiertes Produkt. Man entwickelt sich selbst dort positiv ausgedrückt zu einem Spezialisten und negativ ausgedrückt zu einem Fachidioten. Als alternativer Arbeitgeber kommen dann fast nur Wettbewerber des eigenen Arbeitgebers in Frage.
Der Firma ging es gut und man hätte mehr verkaufen können, wenn die Produktionskapazitäten da gewswen wären. Ist es da angesagt, neuen Produkte zu entwickeln? Als Produktentwickler bekam man immer mehr andere Aufgaben zugeteilt, die in keiner weise der Qualifikation und den Erfahrungen auf dem Fachgebiet entsprachen. Irgendwann hörte ich dann mal den Spruch: "Wer glaubt, dass ein Produktentwickler Produkte entwickelt, der glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet." Hatte ich dafür studiert?
Als ich Ende Vierzig war, habe ich dort gekündigt. Eine neue Festanstellung wollte ich - mindestens zunächst - nicht, da ich ja gelernt hatte, selbstständig zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen.
Ich bin dann freiberuflicher Sachverständiger geworden. Während ich mich bei der Arbeit bei dem Zulieferer später nicht mehr auslastetet fühlte und ich mich oft fragte, wozu die Arbeit, die ich machte überhaupt notwendig war, war das bei der Arbeit als Sachverständiger das Gegenteil und ich fühlte mich im Zweifel eher überfordert. Es war halt notwendig, die eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen zu können und einen Auftrag auch mal nicht anzunehmen. Das Einkommen war sowieso sehr viel niedrieger als bei dem Zulieferer aber dafür war meine Arbeit interessant und vor allem - notwendig.
Um auf die Eingangsfrage des TE zurückzukommen:
Ich wusste erst sehr spät (oder garnicht), was ich werden wollte, aber ich bin heute zufrieden mit dem, was aus mir geworden ist.
Als ich 10 Jahre alt war, war es dann soweit - zwei Schüler aus unser Klasse wechselten aufs Gymnasium. Wir mussten mit dem Zug in die nächste Kleinstadt fahren, in der es ein sprachlich ausgerichtetes Gymnasium gab. Ich war dort immer ein schlechter Schüler und ich habe auch kaum gute Erinnerungen an die Zeit auf dem Gymnasium. Ich hasste es Gedichte zu interpretieren - warum hat der Dichter nicht einfach geschrieben, was er meint? Die Frage, warum verwendet der Dichter diesen oder jenen Ausdruck konnte ich meistens nur damit beantworten, dass sich wohl nichts anders reimte.
Der Vater eines Mitschülers besaß einen Lastzug. Der beeindruckte mich irgendwie und ich fand es toll soetwas auch mal fahren zu können. Da war ich aber schon 16 Jahre alt, ein Alter, in dem sich viele andere schon für einen Beruf entschieden hatten.
Endlich war die Schule zu Ende und ich hatte das Abitur in der Tasche. Nach dem Willen meiner Eltern (man wurde damals erst mit 21 Volljährig) sollte ich mich freiwillig zur Bundeswehr melden. Da konnte ich Offizier werden und studieren. Bis zur Einberufung in eine - glücklicherweise nahe gelegene - Kaserne war noch ein halbes Jahr Zeit. Während dieser Zeit habe ich in einer Maschinenfabrik gearbeitet. Die Kollegen und der Meister waren nett, die Arbeit interessant und ich verdiente zum ersten mal gutes Geld.
Die Bundeswehr fand ich dann nicht mehr so toll. Es war mir sehr schnell klar, dass ich nicht länger dabeibleiben wollte als zwei Jahre, zu denen ich mich verpflichtet hatte und auch kein Offizier werden wollte. Nachdem ich dieses gegenüber meinem Vorgesetzen geäußert hatte, wurde ich erstmal in die Fahrschule geschickt, um den LKW-Führerschein zu machen. Im nachhinein betrachtet, schienen mich meine Vorgesetzten zu mögen, denn ich wurde auf Lehrgänge geschickt und wenn es etwas von der täglichen Routne abweichendes zu erledigen gab, wurde es oft mir übertragen.
Mit dem Studium bei der Bundeswehr und einer Offzierslaufbahn war ja nun nichts geworden, aber studieren sollte ich auf jeden Fall. BWL würde ich wohl nicht schaffen, aber zu einem Maschinenbaustudium (das mich auch interessierte) gehörte ja vor allem Fleiß und man musste sauber zeichnen können. Etwas mehr als Fleiß war dann wohl doch notwendig und ich will auch nicht behaupten, dass mir das Studium leichtgefallen ist. Im Maschinebaustudium konnte man sich aber immer mal einge Zeit freimachen und dann bin ich im internationalen Fernverkehr gefahren - dafür brachte ich unabdingbare Voraussetzen mit: bei der Bundeswehr hatte ich fahren gelernt und auf dem sprachlich augerichteten Gymnasium nicht nur Latein, sondern auch englisch und französich gelernt. Nach dem Vordiplom wählte ich dann die Vertiefungsrichtung Kraftfahrzeuge und Verbrennungsmotoren.
Da ich mich ja schon als 16 jähriger für LKW interessiert hatte, bewarb ich mich bei einem Nutzfahrzeughersteller. Dort konnte ich mir ein sehr breites, aber wenig in die Tiefe gehendes Wissen aneignen. Nach einigen Jahren dort wechselte ich zu einem großen Zulieferer, wo ich als Produktentwickler arbeitete.
Das hört sich interesant an und war es auch während mehr als in den ersten 10 Jahre dort. Kunden besuchen, deren Wünsche entgennehmen, versuchen, diese umzusetzen, das gleiche mit Lieferanten - allerdings dort in der Rolle des Kunden, Entwürfe und Berechnungen, die mit dem Kunden diskutiert wurden. Das ganze war mit einigermaßen häfigen (aus meiner Sicht zu vielen) Reisen auch ins außereuropäische Ausland verbunden. So entsteht unter Berücksichtigung vieler Aspekte wie nicht zuletzt auch der Logistik, dem Preis und der Produzierbarkeit ein für den vorgesehenen Einsatzweck optiemiertes Produkt. Man entwickelt sich selbst dort positiv ausgedrückt zu einem Spezialisten und negativ ausgedrückt zu einem Fachidioten. Als alternativer Arbeitgeber kommen dann fast nur Wettbewerber des eigenen Arbeitgebers in Frage.
Der Firma ging es gut und man hätte mehr verkaufen können, wenn die Produktionskapazitäten da gewswen wären. Ist es da angesagt, neuen Produkte zu entwickeln? Als Produktentwickler bekam man immer mehr andere Aufgaben zugeteilt, die in keiner weise der Qualifikation und den Erfahrungen auf dem Fachgebiet entsprachen. Irgendwann hörte ich dann mal den Spruch: "Wer glaubt, dass ein Produktentwickler Produkte entwickelt, der glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet." Hatte ich dafür studiert?
Als ich Ende Vierzig war, habe ich dort gekündigt. Eine neue Festanstellung wollte ich - mindestens zunächst - nicht, da ich ja gelernt hatte, selbstständig zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen.
Ich bin dann freiberuflicher Sachverständiger geworden. Während ich mich bei der Arbeit bei dem Zulieferer später nicht mehr auslastetet fühlte und ich mich oft fragte, wozu die Arbeit, die ich machte überhaupt notwendig war, war das bei der Arbeit als Sachverständiger das Gegenteil und ich fühlte mich im Zweifel eher überfordert. Es war halt notwendig, die eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen zu können und einen Auftrag auch mal nicht anzunehmen. Das Einkommen war sowieso sehr viel niedrieger als bei dem Zulieferer aber dafür war meine Arbeit interessant und vor allem - notwendig.
Um auf die Eingangsfrage des TE zurückzukommen:
Ich wusste erst sehr spät (oder garnicht), was ich werden wollte, aber ich bin heute zufrieden mit dem, was aus mir geworden ist.