sacredheart schrieb: Gerade von Linksaußen wird immer akklamiert, Hartz IV sei zu wenig, deshalb würden so wenige Empfänger Kinder Abitur machen. Sehe ich auch als Quatsch an.
Bei Gruppe 1 trifft das zu, aber da ist es so, dass die Eltern bildungsnahe Werte vertreten und oft bei sich selbst sparen. Allerdings gehören zu Gruppe 1 auch Eltern, die erwerbstätig sind, aber in z.T. prekären Arbeitsverhältnissen oder mit Arbeitszeiten- und/oder -bedingungen, dass sie mitunter dabeim gar nicht präsent sind, um ihrem Erziehungsauftrag nachzukommen.
Bei Gruppe 2 wird böse und überspitzt gesagt, dem Kind ein Paar neue Nike Air Max oder ein neues Spiel für die Playstation angeschafft, oder ein Kasten Bier oder eine Stange Zigaretten. Der Ansatz von vdLeyen mit dem Bildungspaket war ein guter, oft werden diese Mittel aber gar nicht abgerufen.
Leider denke ich auch bei sehr vielen Hartz IV Empfängern würde eine Erhöhung der Zahlung für Kultur eher nicht dazu führen, dass sie eine Ausgabe vom 'Zauberberg' kaufen oder in eine Ausstellung zum Thema 'Expressionismus' gehen, die sie ohne diese Wohltaten mit großem Bedauern auslassen müssten.
Ich habe bei Hartz4 (Gruppe 2) immer den Eindruck, dass es da schon ein Mileu gibt, das man auch allgemein beschreiben kann: die Wohnung ist oft vernachlässigt, es wird viel Wert auf die neuste Unterhaltungselektronik gelegt, Handys und deren Hochwertigkeit spielen eine große Rolle, die Kinder kommen fast ausschließlich in teuerer Sportkleidung (Jogginghose, Markenturnschuhe) in die Schule, Friseur und überhaupt äußere Erscheinung spielt eine große Rolle, oft zu einem Punkt, dass es unangemessen erscheint (fetter Lidstrich, aufgeklebte Wimpern, gefärbte Haare, Lidschatten ....), sehr vokabulararme Sprache.
Geld hilft da nicht, weil es genau in die wenig vorhandenen Interessengebiete investiert wird. Wir diskutieren im Kollegium oft, wie man solche Leute erreicht und sinnvoll hilft - und kommen auf keine Antwort. Geld ist es nicht. Freiwillige Bildungsangebote auch nicht, die werden nicht wahrgenommen. Die Interessen sind so eingeschränkt, dass es auch keine Freunde ist, mit "solchen" Schülern auf eine Klassenfahrt zu gehen. Egal, ob du in Berlin und Hamburg bist - die kulturellen Angebote bzw. Programmpunkte werden als "langweilig" wahrgenommen und diese Ablehnung wird auch kundgetan. D.h. du kannst auch keine Sponsorenregelung etc. Es wäre auch für einen Mentor keine Freunde, mit "so einem" Kind durchs Naturkundemuseum zu gehen.
Eventuell muss man sehr viel früher ansetzen und wesentlich intensiver. Es ist auch so, dass die Kinder der Gruppe oft auch in höheren Klassen gar nicht sinnerfassend lesen können, d.h. du liest im Erdkundebuch einen Text, den sie aber gar nicht verstehen (und auch viele Wörter nicht verstehen).
Abahatschi schrieb:In Münchrn sind viele Museen frei bzw. am Sonntag für 1€...viele unter 18 frei - einen Andrang habe ich nocht nicht erlebt.
Es liegt nicht am Geld. Es ist eine nette Vorstellung, dass es nur daran liegt - beunruhigender ist Nein. Gruppe 2 sind die, die davon profitieren. Aber Gruppe 1 erreichst du mit so einem Angebot nicht.
sacredheart schrieb:Was ich an der Diskussion echt traurig finde, dass das einzelne Kind ja nichts für sein Umfeld kann.
Das stimmt. Mir tun in dier Arbeit die Kinder echt leid, mitunter erzählen sie entsetzliche Geschichten. Allerdings ist es beim Unterrichten so, dass dich solche Kinder zur Weißglut bringen können - nie Materialien dabei, nie Hausaufgaben gemacht, die Eltern keine Hilfe, oft mit dem Unterricht überfordert, sie stören, stören dann bewusst und jede Unterrichtsstunde ist für sie eine Qual ... und für dich als Lehrer auch. Oft komme ich gar nicht dazu, mich um die netten Schüler zu kümmern, weil ich mir vorkomme wie ein Dompteur.
sacredheart schrieb:Hier dürfte gerne mal Geld in die Hand genommen werden, damit eine noch bessere Förderung in Kitas möglich wäre, angefangen, von gesundem leckerem Essen, über simple Benimmregeln bis hin zur Weckung eines Grundinteresses für viele Dinge. Wenn man da von 100 Kindern aus 8 Kindern einen 'Bücherwurm' oder Ähnliches machen könnte, hätte das für die weitere Entwicklung unschätzbare Vorteile.
Das wäre ein guter Ansatz ....
sacredheart schrieb:Und Armut zeigt sich ja auch nicht immer nach außen. Als mein Jüngster noch zur Grundschule ging, bracht er häufig einen Jungen mit, der auch immer mit zu uns wollte und sich beim Mittagessen vollgestopft hat. Ich hatte da erst mal nichts gegen. Aber warum? Mama kochte nie, arm waren die absolut nicht.
Wir haben auch Kinder an der Schule, die grundsätzlich ohne Frühstück kommen. Wir haben sogar ein gesundes Essensangebot an der Schule, wird oft nicht wahrgenommen "schmeckt nicht", sondern man geht dann in den Supermarkt und kauft einen Energiedrink und eine Tüte Chips für die Mittagspause.