Dazu kann ich nur sagen, dass der IQ ein gefährliches Pflaster ist. Insbesondere ist es dann gefährlich wenn man den Fehler macht, den IQ isoliert von anderen Persönlichkeitsmerkmalen zu betrachten. Ganz davon abgesehen, dass es ganz unterschiedliche Theorien hinsichtlich des Intelligenzbegriffes gibt, die die verschiedenen Komponenten, welche die Gesamtintelligenz eines Menschen definieren, unterschiedlich stark gewichten. Beispielsweise sind meines Wissens die gängigen Konstrukte nach Spearman bzw. Thurstone darauf ausgelegt den IQ grob gesprochen anhand der Komponenten der verbalen Intelligenz, der rechnerischen Intelligenz sowie der Fähigkeit Probleme zu lösen, zu bemessen.
Das hat in meinen Augen allerdings mehr statistischen Wert, als dass man es im Einzelfall als zuverlässigen Indikator für die Fähigkeit im Leben zu bestehen, heranziehen könnte.
Ich denke da insbesondere an das Beispiel des Asperger-Autismus bzw. ADHS.
Hierzu ein kleiner Auszug aus einem Artikel, der auf der online-Plattform des Deutschen Ärzteblattes zu finden ist:
Zum anderen zeigen viele Menschen mit Asperger-Syndrom – vielleicht gerade aufgrund ihrer höheren Intelligenz (im Vergleich zu jenen mit anderen autistischen Störungen), die sie nicht adäquat einsetzen können – hochspezialisierte und ausgeprägte Sonderinteressen, die sie monoman verfolgen und die sie in ihrer Umgebung als extreme Sonderlinge erscheinen lassen, zum Beispiel Auswendiglernen von Fahrplänen, der Schmelzpunkte aller Metalle oder der Paragraphen des Grundgesetzes.Quelle:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/55038Auch an anderen Stellen in der medizinischen Fachliteratur sind für Asperger-Autisten häufig eher Assoziationen mit der Tendenz zu einer hohen kognitiven Leistungsfähigkeit beschrieben. So findet man sowohl bei Bandelow et. al. als auch bei Schneider et. al.:
Quelle:
https://www.amazon.de/Psychiatrie-Psychosomatik-Psychotherapie-Tagen-Springer-Lehrbuch/dp/3540890491Original anzeigen (0,1 MB)Quelle:
https://www.amazon.de/Kurzlehrbuch-Psychiatrie-Borwin-Bandelow/dp/364229894XIm zweiten Ausschnitt habe ich die Charakteristika, die die Tendenzen zur intellektuellen Hochbegabung bei Asperger-Autisten betreffen hervorgehoben. Man beachte allerdings - und das ist bei der vollständigen Bewertung des vermeintlichen Vorteils, den man als Resultat dieser intellektuellen Hochbegabung vermuten würde, unentbehrlich - auch die Aspekte, die nicht hervorgehoben sind. Dabei handelt es sich nämlich um limitierende Faktoren, die es vielen Betroffenen ohne eine intensive und problemorientierte therapeutische Unterstützung so gut wie unmöglich machen ihr Potenzial auch nur im Entferntesten auszuschöpfen. Unter diesen mangelhaft ausgeprägten Fähigkeiten leiden die Betroffenen dann nicht selten so stark, dass sie von den vermeintlichen Vorteilen, die die Störung mit sich bringt nicht wirklich profitieren.
Insofern ist IQ sicherlich eine nette analytische Größe (insbesondere ein wichtiges Instrument um Minderbegabung festzustellen). Allerdings halte ich es für absolut verfehlt und unsinnig die sogenannten Hochbegabten (also sprich IQ-Werte, die über 130 liegen) isoliert für eine Beurteilung der individuellen Leistungsfähigkeit heranzuziehen, so wie es beispielsweise MENSA und andere mutmaßliche Hochbegabten-Vereinigungen tun.