martenot schrieb:Dazu kommt, dass man als Patient oft selbst gar nicht einschätzen kann, ob es sich bei einer bestimmten Symptomatik um einen Notfall handelt oder nicht. Schon allein bei Herzinfarkten kann man das nicht immer zweifelsfrei sagen, ob ein bestimmtes Unwohlsein jetzt auf einen dringenden Notfall hindeutet oder nicht
Das ist eben ein großer Teil des Problems. Man kann ja grundsätzlich nie sagen, ob etwas ein dringender Notfall ist bzw. zu einem werden kann. Theoretisch kann sich auch eine harmlose Schürf- oder Schnittwunde entzünden und dann zu einer Blutvergiftung führen. In diesem Sinn gibt es eigentlich gar keine Bagatellen, und man müsste, „weil es ja schlimmer werden kann“, immer gleich zum Arzt bzw. nachts oder am Wochenende in die Notaufnahme. Andererseits hat
@Palio recht, die meisten Unpässlichkeiten gehen von selber wieder weg, da braucht es keinen Arzt.
Ein wenig müssen die Patienten also schon mitdenken - und sich um medizinische Grundkenntnisse, auch für die Selbstbehandlung, bemühen. Die Symptome eines Schlaganfalls oder eines Herzinfarktes sollte man kennen und dann auch nicht zögern. Andererseits muss man nicht schon dann, wenn das (größere) Kind mal 2 Stunden Fieber hat, schon in die Notaufnahme rennen, da gibt es erstens Alternativen zu Fiebersaft und Zäpfchen und zweitens ist Fieber als Abwehrreaktion des Körpers oft gut und muss nicht sofort unterdrückt werden (letzteres gilt auch für Erwachsene).
https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Fiebersaft-fuer-Kinder-schwer-lieferbar-Welche-Alternativen-gibt-es,fiebersaft104.htmlIch las neulich, dass inzwischen größere Teile der Bevölkerung sich so wenig bewegen, dass sie, wenn sie nach ungewohnter körperlicher Betätigung Muskelkater bekommen, dies dann nicht zu deuten wissen und „mit Schmerzen bei jeder Bewegung“ beunruhigt zum Arzt rennen. Das muss halt nicht sein.
Eine persönliche Feldstudie aus dem letzten Monat hat ergeben, dass in meiner Umgebung diverse Menschen einen Infekt mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit (kein Corona hatten), ich auch. Etwa die Hälfte dieser Leute ist zum Arzt gegangen, die Nicht-Rentner mussten das schon wegen der Krankschreibung, die andere Hälfte war nicht beim Arzt und hat sich selber mit Hausmitteln wie Inhalationen, Nasenduschen etc. behandelt. Wer beim Arzt war, bekam in den meisten Fällen „vorsorglich“ Antibiotika verschrieben für den Fall, dass der vermutlich virale Infekt zu einer bakteriellen Folgeinfektion führt (da wird dann wieder was für die Resistenzentwicklung der Bakterien gegen Antibiotika getan, ich verstehe derlei nicht ganz).
Am Ende war es so, dass alle Erkrankten, egal ob mit Arzt oder nicht, nach ungefähr 2 Wochen wieder völlig fit waren. Niemand hat bakterielle Folgeinfektionen bekommen. Das meine ich damit, dass man nicht immer zum Arzt, schon gar nicht in die Notaufnahme muss, wenn man mal eine Kleinigkeit hat.