"Forever Alone" - Für immer allein
01.10.2017 um 21:57
Ich bin zum Glück nicht "forever alone" - aber das auch nur, weil ich einen Partner habe. Den habe ich während meiner Reha, die sich über fast ein Jahr hinzog, wir hatten unsere Zimmer nebeneinander. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich jetzt Single wäre, wenn es diese Situation, in der ich mich monatelang in der Freizeit mit meinen Mitmenschen auseinander setzen musste, nicht gegeben hätte.
Mit Freundschaften tue ich mich seit jeher schwer. Damals in der Schule hatte ich noch welche, war aber da schon immer eher die, die "halt da war" in der Clique und hatte z.B. auch keine beste Freundin, der ich alles hätte anvertrauen können. Nach der Schule sind diese Bindungen erwartungsgemäß schnell im Sande verlaufen und danach haben sich Bekanntschaften und Freundschaften immer nur sporadisch ergeben und immer nur für die Dauer, in der ich mit den Menschen, mit denen ich zu tun hatte, aus anderen Gründen im direkten Kontakt stand. Ausbildung - Reha - Umschulung = Das Ergebnis ist immer das Gleiche. Man schreibt sich vielleicht noch alle halbe bis Jahre per Facebook und fragt sich nach dem aktuellen Stand im Leben aus, aber mehr kommt dabei nicht herum, wenn überhaupt.
Ich gebe aber auch unumwunden zu, dass ich ein komplizierter Fall bin. Ich habe nämlich wahnsinnige Probleme damit, jemanden zu mir nach Hause einzuladen. Da herrscht bei mir generell eine innere Blockade. Es gibt genau drei Menschen, denen ich in den letzten zwei Jahren erlaubt habe, meine Wohnung, die zudem nur aus einem kleinen Zimmer besteht, zu betreten: Meiner Mutter, meinem Partner und einem Freund/Bekannten (wie auch immer man das definieren will). Ich fühle mich dabei unwohl und aktuell umso mehr, weil jeder Besucher quasi in meinem Schlafzimmer steht.
Andererseits kostet es mich aber auch viel Energie, dann im Gegenzug andere zu besuchen oder etwas außer Haus zu unternehmen. Zumal mein persönlicher Akku aus beruflichen Gründen, die sich wiederum auf meine Psyche auswirken, momentan sowieso leer ist. Wenn ich dann am Wochenende daheim bin, will ich eigentlich kaum etwas anderes machen, als im Bett zu liegen, im Internet zu surfen, vielleicht was zu lesen und dann nebenbei, wenn der Akku wenigstens wieder auf 25% ist, die ganzen Hausarbeiten zu erledigen, die während der Woche unweigerlich liegen bleiben. In letzter Zeit habe ich hin und wieder sogar meinen Freund darum gebeten, mich an meinen freien Tagen doch bitte in Ruhe zu lassen, weil sogar seine Anwesenheit für mich Stress bedeutet hätte, mit dem ich nicht klar gekommen wäre, zumal es seine aktuelle Situation bedingt, dass ich nicht auch ausnahmsweise mal zu ihm kann, sondern er immer zu mir fährt.
Eine perfekte Freundschaft würde für mich also ein Gegenüber beinhalten müssen, mit dem man normalerweise eher im losen Kontakt steht, an dem man sich aber dennoch jederzeit wenden kann, wenn die Bude brennt und mit dem man nur dann etwas unternimmt, wenn einen doch mal spontan die Lust, z.B. auf einen Kinobesuch überkommt. Aber wer will schon auf diese Weise ständig auf Abruf stehen? Ich wüsste ja noch nicht mal, ob ich das im Gegenzug auch leisten könnte.
Demnach beschränken sich meine sozialen Kontakte vor allem auf die Arbeit. Wenigstens habe ich soweit vor allem nette Kollegen und einen Beruf, in dem man zwar ständig mit Menschen in Kontakt tritt, aber auch nur auf eher oberflächliche Art und Weise. Außerdem haben sich bei mir einige Internetbekanntschaften ergeben, mit denen ich mich nach Feierabend austausche. Meistens reicht mir das. Traurig werde ich eher dann, wenn ich daran denke, dass ich z.B. gar nicht wüsste, wen ich zu meiner Hochzeit einladen könnte und dass ich aus diesem Grund erst gar nicht anfangen brauche, mir zu überlegen, solch ein Ereignis auch zu feiern. Oder runde Geburtstage. Eine richtige Silvesterparty. Zu solchen Gelegenheiten, zu der andere ganz selbstverständlich eine ganze Riege an Freunden und Bekannten auffahren, fühle ich mich mitunter tatsächlich einsam.