CosmicQueen schrieb:Er ist auch kein Antisemit, das wurde auch schon gerichtlich geklärt, dass man ihn so nicht nennen darf, obwohl einige meinen er würde es sein....wegen Äußerungen und so.
Das Gericht attestierte Xavier Naidoo selbstverständlich nicht, kein Antisemit zu sein.
Das könnte es auch gar nicht, nicht nur weil man Nicht-Existenz nicht beweisen kann.
Hier wurde nur der Beklagten untersagt, ihn einen Antisemiten zu nennen, weil deren Belege dafür dem Gericht irgendwie nicht ausreichend erschienen...und weil es in Deutschland aufgrund der Historie natürlich schlimmer ist, jemanden "Antisemit" zu nennen, als tatsächlich antisemitischen Müll von sich zu geben.
Attestieren tut die ganze Story - die ja nur ein neuerliches Kapitel in einer ganzen Reihe solcher Witz-Urteile darstellt - dass in Deutschland zwar eine Faible für die grenzenlose Selbstdarstellung der eigenen Gesinnungstugend herrscht, man aber auch 2019 noch nicht zum Wesenkern antisemitischer Weltanschauungen vorgedrungen ist oder Antisemitismus als gesamgesellschaftliche Pathologie begriffen hätte.
Jüdinnen und Juden in Deutschland sind bedroht wie vielleicht noch nie nach 1945. Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PSK) gab es im Jahr 2017 fast 1 500 antisemitische Straftaten, im Vorjahr lag die Zahl ähnlich hoch. Zugleich legen deutsche Gerichte die Latte relativ hoch, wenn es darum geht, von Äußerungen als antisemitisch anzuerkennen. Josef Joffe, einer der Herausgeber der Zeit, konstatierte bereits im Jahr 2013 nach den Debatten um Günter Grass und Jakob Augstein, dass es heutzutage schlimmer sei, »jemanden einen Antisemiten zu nennen, als einer zu sein«.
Indizien für die Richtigkeit dieser Aussage fanden sich auch in dem Prozess Jürgen Elsässer gegen Jutta Ditfurth (Jungle World 37/15 und 50/16). Elsässer, der Herausgeber des extrem rechten Magazins Compact, hatte im Rahmen einer der »Montagsmahnwachen für den Frieden« unter anderem gesagt: »Internationale Finanzoligarchie klingt vielleicht ein bisschen abstrakt. Deswegen möchte ich mit Bertolt Brecht sagen: Das Verbrechen hat Name und Anschrift und Telefonnummer. Und man kann doch durchaus einige Namen nennen: (…) die Herren Rockefeller, Rothschild, Soros, Chodorkowski.« Die linke Autorin und Kommunalpolitikerin Ditfurth nannte Elsässer daraufhin einen »glühenden Antisemiten«.
Die Vorsitzende Richterin befand damals, »ein glühender Antisemit in Deutschland« sei jemand, »der mit Überzeugung sich antisemitisch äußert, mit einer Überzeugung, die das Dritte Reich nicht verurteilt«. Antisemitismus sei ein Totschlagargument. Ditfurth verlor in erster Instanz und darf Elsässer seither nicht mehr als »glühenden Antisemiten« bezeichnen. Auch ein Berufungsgericht sah »nach wie vor keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte« für antisemitische Ansichten Elsässers.
Seit der vergangenen Woche ist diese Geschichte um ein Kapitel reicher: Das Landgericht Regensburg untersagte es einer Referentin der Amadeu-Antonio-Stiftung, den Sänger Xavier Naidoo als Antisemiten zu bezeichnen. Die Referentin hatte im vergangenen Jahr bei einer Veranstaltung vor Publikum gesagt: »Er ist Antisemit, das ist strukturell nachweisbar.«
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Die Richterin sagte bei der Urteilsverlesung, es bei dem Verfahren um die Frage gegangen, ob Naidoo »in seinem ganzen Tun und Denken als Antisemit einzustufen ist«. Das wirft die Frage auf, ob Antisemiten anders reden, singen, essen, atmen oder schlafen? Immerhin müssen sie ja in ihrem »ganzen Tun« antisemitisch sein.
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Der 46jährige Sänger hatte sich in der Verhandlung auf die Kunstfreiheit berufen und betont, dass er sich gegen Rassismus einsetze. Außerdem trage sein Sohn einen hebräischen Namen. Er selbst habe viele jüdische Freunde. Unter anderem sei auch sein Konzertveranstalter jüdischen Glaubens. Bewiesen hat der Sänger damit freilich nur, dass er keinerlei Verständnis von der Funktionsweise des Antisemitismus hat. Denn Juden werden nicht »wegen ihres Glaubens« angegriffen, gehasst und ermordet. Es geschieht völlig unabhängig davon, ob die bedrohten Juden streng oder wenig religiös, religionskritisch oder atheistisch sind.
Das reale Verhalten von Juden spielt für den Antisemitismus keine Rolle, es geht vielmehr um ein bestimmtes Bild von Juden. Auf die Darlegung der Beklagten, Naidoo verwende in seinen Songs antisemitische Codes und Chiffren, hatte dieser erwidert, diese Codes seien ihm nicht bekannt.
https://jungle.world/artikel/2018/30/antisemiten-nur-im-ganzen?page=allIn Deutschland gibt es das merkwürdige Paradoxon des Antisemitismus ohne Antisemiten. Einer neueren Studie zufolge sind 41 Prozent der Deutschen der Meinung, Juden redeten zu viel über den Holocaust. 28 Prozent der Hochschulabsolventen mit einem Jahreseinkommen von mindestens 100.000 Euro – die Studie bezeichnet diese Gruppe als Elite – behaupten, Juden hätten „zu viel Macht in der Wirtschaft“, 26 Prozent glauben, Juden hätten „zu viel Macht in der Weltpolitik“. Gar 48 Prozent von ihnen vertreten die Ansicht, Juden verhielten sich loyaler zu Israel als zu Deutschland. Diese Aussagen, die zum klassischen Repertoire des Antisemitismus gehören, werden also von vielen Deutschen geteilt, auch den gebildeten. Trotzdem finden sich unter ihnen keine Antisemiten. Zumindest darf man sie nicht öffentlich so nennen.
Denn sonst riskiert man, von einem deutschen Gericht belehrt zu werden, das sei ein erheblicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betreffenden und setze dessen Ansehen herab.
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Mit anderen Worten: Weil die Referentin der AAS nicht beweisen konnte, dass Naidoo ein Antisemit ist, darf sie ihn auch nicht so nennen. Die „verdeckten antisemitischen Tendenzen in der heutigen Gesellschaft gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte“ wiegen für das Nürnberger OLG weniger schwer, als „vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte“ jemanden als Antisemiten zu bezeichnen. Sprich: Antisemitisch zu sein, ist zwar schlimm, aber noch schlimmer ist es, den Antisemitismus konkreten Personen zuzuweisen. Um aus dem Schneider zu sein, muss man nur behaupten, falsch verstanden worden zu sein. Wenn man dann noch kurz in Israel auftritt und ein paar unverbindliche Statements gegen Rechts abgibt, ist man auf der sicheren Seite.
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„Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, gibt es in Deutschland keine Antisemiten mehr“, schrieb Alexander Nabert vor etwas mehr als vier Jahren in einem Beitrag für die Jungle World über diverse Gerichtsverfahren zur Frage, wer und was als antisemitisch bezeichnet werden darf. Man könne „komplexe Analysen von Text und Subtext, Sprachcodes und Bildsprache, Gesagtem und Gemeintem anstellen“, so Nabert weiter. „Man kann Antisemitismus an konkreten Stellen belegen. Doch wenn man den Urheber einer antisemitischen Aussage als Antisemiten bezeichnet, hat man vor Gericht schlechte Karten.“ Die Grundrechte auf Meinungs- und Pressefreiheit stießen in Deutschland schnell an Grenzen, wenn man von Antisemiten spreche, „zumindest wenn man damit lebende Personen in Deutschland meint, die sich selbst nicht so nennen“.
So kommt es zustande, das deutsche Paradoxon des Antisemitismus ohne Antisemiten. Groß ist die gesellschaftliche Betroffenheit über judenfeindliche Anschläge, Übergriffe, Drohungen, Schmierereien, Beleidigungen, Witze, Pamphlete, Codes und Chiffren. Doch wenn jemand beim Namen genannt wird, soll das schwerer wiegen als der Antisemitismus selbst und entsprechend sanktioniert werden. „Sozialwissenschaftliche Studien weisen immer wieder auf große Anteile an Antisemiten in der Gesellschaft hin“, konstatierte Alexander Nabert. „Doch konkrete Beispiele zu benennen, ist vor der deutschen Justiz teuer geworden.“ Die Kritik des Antisemitismus inklusive seiner Proponenten wird in Deutschland also für gefährlicher gehalten als die Reproduktion antisemitischer Ideologie. Das müssen sie sein, die vielbeschworenen Lehren aus der Geschichte.
https://www.mena-watch.com/fall-naidoo-hintergrund-der-deutschen-geschichte-plagt-deutsches-gericht/Xavier Naidoo gegen Amadeu-Antonio-Stiftung, Jürgen Elsässer gegen Jutta Ditfurth, »Die Bandbreite« gegen die Taz – vor deutschen Gerichten wird immer häufiger die Frage verhandelt, wer oder was als antisemitisch bezeichnet werden darf.
Zu erwähnen wäre in diesem Kontext auch noch der Fall:
Ähnlich erging es dem Journalisten Stefan Laurin, der das Blog Ruhrbarone presserechtlich verantwortet. Ihm wurde gerichtlich verboten, der Band, ihrem Sänger oder ihren Liedern wörtlich oder sinngemäß zu unterstellen, Antisemitismus zu propagieren. In der Realität heißt das: Laurin darf sich zur Band nicht äußern, sofern auch nur anhand einer Textzeile möglicher Antisemitismus diskutiert wird, nicht einmal Links teilen, die ansatzweise eine solche Deutung zulassen. Täte er es trotzdem, hätte er mit hohen Geldstrafen zu rechnen. Ein umfassender Maulkorb, verkündet »im Namen des Volkes«.
Was wäre, wenn die Überschrift dieses Textes »Antisemiten vor Gericht« lauten würde? Dann würde es wohl Abmahnungen hageln. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, gibt es in Deutschland keine Antisemiten mehr.
https://jungle.world/artikel/2015/37/es-gibt-keine-antisemiten-mehrDas Groteske daran sind nicht nur diese Gerichtsurteile sondern dass man damit noch 10 Jahre in allen möglichen TV-Formaten auftreten kann.
Normalerweise führt ein Auftritt vor NPD-Anhängern, Verschwörungstheoretikern und Antisemiten, wie ihn der Soulsänger Xavier Naidoo im vergangenen Herbst vor dem Reichstag hingelegt hat, schnurstracks in die gesellschaftliche Isolation. Nicht so bei dem 43jährigen. Nach einigen harschen Kritiken in verschiedenen Zeitungen und der obligatorischen Distanzierung der Mannheimer Lokalpolitik legte sich der Sturm der Entrüstung schnell wieder. Der Privatsender Vox teilte Anfang dieses Jahres mit, dass er eine zweite Staffel der Show »Sing meinen Song« mit dem prominenten Mannheimer als Gastgeber produziert. Als Grund für die weitere Zusammenarbeit gab der Sender an, dass Naidoo sich von den Vorwürfen distanziert habe. »Von daher gibt es für uns keinen Anlass, unsere Pläne mit ihm zu ändern.«
Sehr schnell stellte sich die Distanzierung des Sängers jedoch als Lippenbekenntnis heraus. In einem fünfseitigen Interview erklärt der ehemalige Dozent der Mannheimer Popakademie Anfang März gegenüber dem Magazin Stern, warum er nicht glaube, dass der 11. September 2001 »so abgelaufen ist, wie es in den Medien und von der Politik dargestellt wurde«. Außerdem beklagt sich Naidoo erneut darüber, dass »Deutschland kein souveränes Land« sei, weil »die Amerikaner uns überwachen« dürften. »Der Historiker Prof. Dr. Josef Foschepoth ist den geheimen Vereinbarungen zwischen den Amerikanern und der Bundesregierung nachgegangen. Sie existieren wirklich«, raunte er ganz geheimnisvoll. Und der Stern druckte es ab.
https://jungle.world/artikel/2015/13/wie-ein-gallierFernsehshows
2010: Unser Star für Oslo (Jurymitglied)
2011–2012: The Voice of Germany (Jurymitglied)
2014–2016: Sing meinen Song – Das Tauschkonzert (Gastgeber)
seit 2017: Xaviers Wunschkonzert Live (Gastgeber)
2017: Echoverleihung 2017 (Moderator)
2019 und 2020: Deutschland sucht den Superstar (Jurymitglied)
Wikipedia: Xavier NaidooMan könnte jetzt natürlich die ganze Sache mit "was lange währt wird endlich gut" kommentieren, wenn er jetzt endlich mal Konsequenzen für seinen Unsinn bekommt, das wäre aber schon mit einem gehörigen Maß an Ignoranz dessen verbunden, dass es erst rassistische Aussagen gegenüber geflüchteten Menschen brauch, bis solche Konsequenzen eintreten.
Ich bin mir auch fast sicher, dass Gerichte diesmal nicht untersagen werden, ihn einen "Rassist" zu nennen, falls es da zu irgendwelchen Klagen kommt...was natürlich nur meine persönliche Einschätzung ist.
Aber Ähnliches konnte man ja auch in der Debatte um Kollegah und Farid Bang beobachten, denn auch dort war die Nation in heller Aufruhr, weil die "Erinnerungskultur" durch eine unterirdische Auschwitz-Line gestört wurde.
Die Debatte um den strukturellen Antisemitismus, der ganz verschiedene Songs von Kollgeah durchsetzt, führte hingegen ein Nischendasein.
Nichts Neues in Deutschland also.