@ElvisP Ja. Drei.
Und zum Thema Rache habe ich mich hier schon mehrfach geäussert - aber ich wiederhole es gern noch einmal:
Rache ist etwas für Menschen, die ihren Blick ständig nach hinten richten, und nicht nach vorne.
Das Dumme ist dann, nur, dass man nicht sieht wohin man geht und auf die Fresse fällt.
Wie das ist, wenn die Ehefrau ermordet wird, durfte ich 1982 erfahren. Dass ich da weder auf Hilfe der BRD noch des Libanon rechnen durfte, war mir klar. Auch die Solidarität der PFLP beschränkte sich auf grosse Worte.
Hätte ich mir daraufhin eine Atombombe kaufen sollen und den Libanon pulverisieren?
Jeden Christen erschlagen, der mir über den Weg läuft?
Ja, natürlich fühlt man sich dann elendig schlecht, das darf man mir gern glauben. Zugleich hat man aber auch trotz allen Schmerzes noch so etwas wie ein Hirn im Kopf, das einem sagt, dass alle Gedanken an Selbstjustiz ziemlich schwachsinnig sind. Na gut, möglicherweise haben nicht alle Menschen diese Bremse. Drum lernen sie auch andere in der Psychiatrie kennen.
Die Mörder meiner ersten Ehefrau laufen frei herum. Es hat sie keiner gesucht, keiner gefasst oder angeklagt, keiner gerichtet.
Aber selbst wenn sie jemand gefasst und zum Tode verurteilt hätte - wäre meine Frau wieder lebendig geworden? Hätte unsere Tochter wieder eine Mutter gehabt? Hätte es etwas verändert, etwas ungeschehen gemacht, etwas genützt, etwas geholfen?
Was meint Ihr wohl, was mir die Familie meiner Frau und ihre Genossen nach deren Ermordung für obskure Vorschläge machten, wie ich "Rache zu nehmen" hätte. Ich bin froh, dass ich darauf nicht eingegangen bin. Orientalisches Stammesfehden-Denken und politischer Amoklauf sind mir fern.
Hätte "Ein Mann sieht Rot in Beirut" sie wieder lebendig gemacht? Unserer damals vierjährigen Tochter die Mutter zurück gegeben? Mich persönlich glücklich gemacht? Wohl eher nicht. Dafür bin ich vielleicht ein zu verstandesgesteuerter Mensch, um den Neander aus dem Tal zu geben.
Ich habe gekämpft, unsere Tochter hier behalten zu können und ihr eine gute Ausbildung verschaffen zu können. Ich bin mir sicher, die wäre dort unter die Räder gekommen und im Interesse der Familienehre zu einem absurden Racheengel erzogen worden. Ebenso sicher übrigens, wie ich mir bin, dass sie in dem einen Jahr, das sie an einer Klinik in Gaza gearbeitet hat, politisch wie humanitär sinnvolleres getan hat, nämlich Menschenleben zu retten, als ein Sprengstoffgürtel es je bewirkt hätte.
Makaber: Die Tochter, die von der Familie nahezu verstossen wurde, weil sie einen Ungläubigen geheiratet hatte, hat heute einen Ehrenplatz in einer Märtyrer-Galerie in ihrer Sippe. Ich bin mir sicher, dass ihr das nicht gefallen hätte. Aber das ist eine ganz andere, sehr persönliche Geschichte.
Natürlich trinken die christlichen Mörder heute als Rentner an der Corniche ihren süssen Tee und schauen auf's Meer hinaus. In šā' Allah. Sie zu töten hätte nichts geändert.