Es baut doch alles aufeinander auf. Du bist Einwohnerin einer Stadt. Du und andere Einwohner haben das Interesse, dass die Stadt in der ihr lebt sich entwickelt, neue Qualitäten bekommt oder, dass bestehende Qualitäten bestehen bleiben. Du fährst mit der Bahn. Wie andere Menschen, die mit der Bahn fahren, bist du daran interessiert, dass die Bahn pünktlich kommt und pünktlich fährt. Ich weiß nicht was du mit "eine Blutlinie" meinst, aber bei einer Familie ist es auch so, dass man gegenseitigen Beistand erfährt - wenn nicht, dann zerfällt die Familie. Du wirst gebohren, als ein Kind hast du das bestreben zu wachsen, sich zu entwickeln. Deine Eltern wollen, dass du wächst und dich entwickelst. Das sind alles gemeinsame Interessen.
Gibt es keine gemeinsamen Interessen, kann es auch keine soziale Identifikation als Gruppe geben.
Wenn du das so definierst, ist das absolut nichtssagend, da man jegliche Individuuen vollkommen willkürlich einer Gruppe zuordnen könnte.
Man könnte soweit gehen, das Beispiel mit der Stadt mehr oder weniger auf die ganze Erde zu beziehen.
Dass dann natürlich jeder irgendwie gemeinsame Interessen hat ist klar.
kybele schrieb:Im Verlauf des Expreriments wurden die Menschen in zwei Gruppen unterteilt. Die Leistungen beider Gruppen werden am Ende bewertet. Man gehört am Ende folglich entweder der "Gewinnergruppe" oder der "Verlierergruppe" an. Daraus entsteht unweigerlich Konkurrenzdenken. Man gewinnt dabei keinen Preis und verliert auch nichts. Es geht einzig und allein um den persönlichen Ehrgeiz zu den Gewinnern zu gehören.
Nehmen wir mal den anderen Teil als denn, auf den du dich fixierst:
Die „Minimal-group“-Experimente wurden von Henri Tajfel und einigen Mitarbeitern in den Jahren 1970 und 1971 durchgeführt (Tajfel 1970; Tajfel et al. 1971). Dabei wurden Versuchspersonen – Schüler einer Schule, die sich untereinander gut kannten – zunächst in zwei willkürliche Gruppen eingeteilt. Diese Gruppen waren derart gestaltet, dass den Versuchspersonen beispielsweise eine fiktive Rückmeldung über ihre Bevorzugung entweder des Malers Paul Klee oder des Malers Kandinsky gegeben wurde. Dementsprechend gehörte dann jede Versuchsperson entweder der Klee-Gruppe oder der Kandinsky-Gruppe an.
Im zweiten Teil der Untersuchung wurden dann die Versuchspersonen gebeten, bestimmte Geldbeträge unter zwei anderen Versuchspersonen aufzuteilen. Wer genau diese Personen waren, war den Versuchspersonen, ebenso wie andere Faktoren, nicht bekannt. Die Versuchspersonen wussten nur, dass eine der beiden Personen der eigenen Gruppe angehörte, während die andere Person der fremden Gruppe angehörte. Zusätzlich wurde ausgeschlossen, dass die Versuchspersonen sich selbst das Geld zuweisen oder anderweitig an das Geld gelangen konnten.
Zu diesem Zeitpunkt gab es keinerlei soziale Interaktion zwischen den Gruppen, die Versuchspersonen haben keines der Mitglieder der eigenen oder fremden Gruppe bewusst als solches vorher kennengelernt, und es gab keinerlei Hinweise darauf, dass dies in Zukunft geschehen könnte. Die Gruppe existierte also nur im Kopf der Versuchspersonen, war rein kognitiv und wird daher als minimale Gruppe bezeichnet (Tajfel & Turner, 1986).
Diese „Minimal-group“-Experimente brachten sehr erstaunliche Ergebnisse, denn obwohl die Versuchspersonen eine gewisse Fairness walten ließen, zeigte sich doch recht deutlich, dass Personen der eigenen (doch an sich irrelevanten) Gruppe bevorzugt wurden. Dasselbe Ergebnis zeigte sich sogar, als die Versuchspersonen, für sie ersichtlich, per Los einer von zwei Gruppen zugeteilt wurden (Billig & Tajfel, 1973).
Noch erstaunlicher war, dass die Versuchspersonen, wenn sie schon die eigene Gruppe bevorzugten, das Geld nicht so aufteilten, dass die Mitglieder der eigenen Gruppe den größtmöglichen Vorteil daraus zogen (Tajfel & Turner nennen diese Strategie maximum in-group profit ), sondern so, dass der Unterschied zwischen den Beträgen maximal war (diese Strategie wird maximum difference genannt).
Das heißt, dass die Versuchspersonen unter verschiedenen Alternativen, das Geld aufzuteilen, nicht diejenige wählten, die der eigenen Gruppe den höchstmöglichen Geldbetrag verschafft hätte. Stattdessen entschieden sich die Versuchspersonen für eine Alternative, die einen möglichst hohen Unterschied zwischen den zuzuweisenden Geldbeträgen gewährleistete.
Ganz offensichtlich fand hier eine Bevorzugung der eigenen Gruppe, ein sogenannter ingroup bias statt. Die Theorie des realistischen Gruppenkonfliktes von Muzaffer Şerif setzt für ein Auftreten des in-group bias einen realen Konflikt zwischen Gruppen um knappe Ressourcen voraus. Solch ein Konflikt aber hätte zur Folge haben sollen, dass die Versuchspersonen versuchen, ihrer eigenen Gruppe den höchsten Geldbetrag zu verschaffen. Tajfel & Turner versuchen mit ihrer Theorie der sozialen Identität unter anderem diesen Gegensatz aufzuklären.
So, keine Leistung, die bewertet wird, aber eine Konkurrenz mit diesem fiktiven Geld. Ich stelle mir aber nun die Frage, ob du mir irgendein Beispiel nennen kannst, ob real oder fiktiv, auf das ich deine Definition von Konkurrenzdenken bzgl sozialen Gruppen nicht anwenden könnte.
Deine Definition greift bei jeglicher Form von Interaktion.
Du ziehst seltsame Schlüsse aus dem von dir zitierten Text. Nur weil während eines Experiments als Ausgangssituation eine willkürliche Gruppenauswahl stattfand, kann man doch nicht behaupten, dass eine Gruppenbildung vollkommen willkürlich verläuft. Es war eine künstlich herbeigerufene Ausgangssituation. Das Ziel des Experiments nicht die Erforschung von Gruppenbildungen, sondern das Verhalten innerhalb einer zufällig gebildeten Gruppe. Das ist etwas völlig anderes.
Natürlich geht es da um Gruppenbildung, denn es wurde genau das untersucht. Es geht doch darum, dass diese Verhaltensweisen eben auch bei einer völligen willkürlichen Zuordnung auftreten.
Wenn wir mal von dem oben zitierten ausgehen, könnten die Leute doch auch das Geld doch auch der attraktivsten Person geben...oder der, die am bedürftigesten erscheint. Tun sie aber nicht.
Es findet eine Identifikation statt auf Basis von völligem Quatsch,
Es wird sogar der maximale Nachteil für die Fremdgruppe herausgeholt und nicht nur der größte Vorteil für die Eigengruppe.
Aber du bist sicherlich in der Lage, Forschung zu zitieren, die davon ausgeht, dass das ganze bei der Identifikation mit einer Staatsangehörigkeit (auch in Beziehung auf Abstammung) etwas völlig anderes ist.