Schweres Zugunglück in Bad Aibling (Bayern)

Ich möchte einmal anmerken, dass die "Berichterstattung" der Medien mal wieder unter aller Sau ist.
Hier wird von "automatischen Sicherungssystemen" gesprochen, einem Fahrdienstleiter, der einen Zug noch "schnell durchwinken wollte". Von Blackboxes oder einem Zugführer (falscher Begriff; der Kollege heisst Lokführer oder Triebfahrzeugführer), der die Zwangsbremsung "ausschaltet" und so weiter.

Haarsträubende, inhaltlich sowie sachlich falsche und hektische Berichterstattung von Leuten, die auch nach über 175 Jahren Eisenbahn nicht verstanden haben, dass man den Lesern die Grundlagen besser und nachvollziehbarer vermitteln kann, wenn man mit ihnen wie Erwachsene spricht, anstatt auf eine dumme Kindersprache zurückzugreifen.

Das nur als Randnotiz.

Mittlerweile rudern ja hier die Medien wieder zurück:

Gegenüber dem "Bayerischen Rundfunk" hat die Polizei die Berichte, menschliches Versagen habe zu dem Unglück geführt, zurückgewiesen: "Das sind reine Spekulationen, werfen Sie das weg, das weisen wir zurück", so ein Polizeisprecher. Die Ermittlungen hätten erst begonnen.

http://www.focus.de/regional/bayern/zugunglueck-im-news-ticker-ursache-fuer-zugunglueck-war-offenbar-menschliches-versagen_id_5272647.html

Die Aussage zum "Menschlichen Versagen" kam mir viel zu schnell - da muss man doch erst mal in Ruhe ermitteln. So viele Zufälle kommen mir auch sehr merkwürdig vor, zumal das Warten des einen Zuges doch jeden Morgen so stattzufinden scheint, da kann ich mir bei einer Änderung im Betriebsablauf nicht vorstellen, dass da weder die Zugführer noch der FDL mal nachfragen, sondern volle Pulle da lang donnern...

Kann denn jemand vom Fach sagen, ob es tatsächlich so einfach ist, das Sicherheitssystem mal ganz schnell abzuschalten? Gibt es da kein 4Eye Principle oder so?

Diesen Müll schreibt sogar die FAZ!
Ein automatisches Signalsystem abschalten und zwei Züge mit Hand durchwinken... ist ein absoluter Blödsinn!

Ich habe leider keinen Kontakt gefunden sonst hätte die Redaktion jetzt eine bitter böse email auf dem Tisch!


@E_M
man kann als Fdl kein Signalsystem auschalten!!!
Fällt es im Störungsfall aus, so stehen alles Signale auf "Rot", Ein Signal hat sogar mehrere Glühfäden in den Lampen damit bei ausfall eines trotzdem immer noch "Rot" leuchtet!
Sollte alles ausfallen und das Signal erloschen sein gilt es lt. Vorschrift als ein "halt zeigendes Signal" (Rot) dann ist wiederum nach Vorschrift zu handeln und Züge erhalten Befehle und Geschwindigkeitsbeschränkungen bis zum fahren auf Sicht!

KEIN LOKFÜHRER WÜRDE AUF EINER EINGLEISIGEN HAUPTSTRECKE AN EINEM ROTEN SIGNAL AUF ZURUF VORBEIFAHREN!

Am Signal würde er eine eine Beeinflußung durch die PZB Einrichtung bekommen die er(!) erklären muss und das kann er nur durch den vom FDL erhaltenen schriftlichen Befehl! Zudem hat er lt. Buchfahrplan Zugkreuzung und die fand noch nicht statt. Der Fdl hätte ihm per Funk problemlos mitteilen können "wir kreuzen heute in B-stadt"...

Hier ein Augenzeugenbericht, der das Unglück miterlebte.
http://www.bbc.com/news/world-europe-35530538
Es gab kein Licht, er hat die Taschenlampenfunktion seines Handies benutzt.
Man sollte die Leute, die mit ihren Handies filmten nicht gleich vorverurteilen.

@yenredrose
gibt es hier schon. das filmen / ausleuchten ist nicht verwerflich sondern das verbreiten des Videos im Netz!!!
wenn dann auch die Personen unkenntlich machen

@DS79

Danke für die Ausführungen.

@E_M
Vollständigkeitshalber sollte noch erwähnt sein, dass man die Sicherheitssysteme zwar nicht abschalten, aber umgehen kann. Das ist betriebsbedingt mit den nötigen Ersatzmaßnahmen manchmal nötig. Mithilfe solcher so genannten Hilfshandlungen kann jede Sicherheit quasi per Knopfdruck umgangen werden.

Das setzt aber eine gewisse Fahrlässigkeit voraus.

demented schrieb:Das setzt aber eine gewisse Fahrlässigkeit voraus

Nachtrag: Natürlich wäre es nur fahrlässig, wenn man die Ersatzmaßnahmen zur Sicherung nicht beachtet/ignoriert.

Die FAZ schreibt.

Die Ursache für das Zugunglück mit zehn Toten ist angeblich gefunden. Ein Fahrdienstleiter soll einen verhängnisvollen Fehler gemacht haben: Er stellte demnach das automatische Signalsystem ab.

Das ist der Müll, welcher mich auf die Palme bringt!

@demented

Nicht nur dich. Hier werden Gerüchte gestreut, die jeglicher Sachlichkeit entbehren.

Stimmt, deshalb sind unzensierte Nachrichten besser als Falschmeldungen.

Naja, aber besonders aussagekräftig im Bezug auf eine mögliche Aufklärung ist das Video nun nicht. Soweit ich mich erinner, sieht man nur leidene und verletzte Menschen.
Nichts, was zur Aufklärung beiträgt.

Mein erster Gedanke war, nicht in den vorderen Waggons und in Fahrtrichtung sitzen.
Das konnte man aus dem Video erkennen. Die Frau saß anscheinend unverletzt auf ihrem Sitz gegen der Fahrtrichtung, der Sprecher sagte vorne sei alles zerstört.
Insofern hat mir als Bahnvielfahrer das Video Erkenntnisse gebracht. Ob meine Schlüsse richtig sind wird sich im Unfallbericht erweisen. Bis der erscheint sitze ich ab sofort entgegen der Fahrtrichtung und möglichst nicht direkt hinter dem Triebwagen.

yenredrose schrieb: Bis der erscheint sitze ich ab sofort entgegen der Fahrtrichtung und möglichst nicht direkt hinter dem Triebwagen.

Ich vermute, dass das nicht zu dem von dir gewünschten Effekt - der Unversehrtheit - führen würde. Es gibt viele Arten, auf die man bei einem Unglück dieser Art sterben kann.

Diese Schlussfolgerung auf eine augenscheinlich unverletzte Person zu basieren, ist gefährlich, da sie viele andere Verletzungen erlitten haben könnte, die man auf den ersten Blick nicht sieht.
Am besten wärst du beraten, wenn du so Zug fahren wirst, wie du es vor dem Unglück auch getan hast.

demented schrieb:Am besten wärst du beraten, wenn du so Zug fahren wirst, wie du es vor dem Unglück auch getan hast.

Wahrscheinlich hast du damit recht. Es ist einfach Schiksal wen es wo wie trifft. Dennoch kann man, wenn man Unfallstatistiken liest anhand der statistischen Wahrscheinlichkeit sich "sicherere" Plätze suchen, falls dies überhaupt möglich ist.

Wo wäre denn in solch einer Regionalbahn ein etwas sicherer Platz gewesen?

@yenredrose
Das weiss ich nicht. Dazu kann ich keine fachmännischen Angaben machen. Vermutlich in einem der hinteren Wagen. Aber reine Spekulation.

Kommt ja auch immer auf den Unfall an. Wenn du im letzten Wagen sitzt, aber der umkippt und in einen 20meter Tiefen Fluss fällt, warst du hinten genau falsch.

Nach dem Unfall kann man dann sagen, wo es am sichersten war.

Das habe ich gestern im TV gesehen:

Noch ist die Unfallursache unklar. Einer ersten Expertenaussage nach könne der Vorfall vermutlich “nur mit kriminellem Handeln” erklärt werden, so Karl-Dieter Bodack gegenüber der Huffington Post.

Der ehemalige Entwicklungsingenieur der Deutschen Bahn, zweifelt an, es würde sich bei diesem Zugunglück um einen Unfall handeln. Das System würde einen solchen Vorfall ausschließen, ein “bewusster Eingriff in die Technik” müsse erfolgt sein, so Bodack gegenüber der Huffington Post.

Er schließt ein Versehen der Zugführer aus: Falls jemand versehentlich etwas ausschalten würde, greife die Technik ein, so Bodack weiter. “Da können Sie Tasten drücken, so viele sie wollen - auf das gleiche Gleis fahren ist unmöglich.”

da ging mir leider durch den Kopf, ob jemand bewusst das Unglück herbeigeführt hat... :-(

@E_M
Der "Experte" sollte mal lieber etwas zurückrudern. Ich bezweifel, dass es in diesem Unternehmen jemand gibt, der so etwas vorsätzlich macht.

Kriminell wäre es selbstverständlich, da durch solch fahrlässiges Handeln verschiedene Gesetze gebrochen werden.

Die Aussage, dass man soviel Tasten drücken könne wie man will - man würde einen Zug nicht auf das gleiche (er meint wohl selbe) Gleis fahren können, sei unmöglich - ist Humbug.

Es ist technisch möglich und auch manchmal nötig (z.B liegengebliebener Zug, der abgeschleppt werden muss) in ein besetztes Gleis zu fahren. Im Regelbetrieb ist es in der Regel nicht möglich. Im Störungsfall doch.

Unter Fahrlässigkeit immer.

Focus:

Es verdichten sich offenbar die Hinweise, dass menschliches Versagen Ursache des schrecklichen Unglücks war. Das will die "Süddeutsche Zeitung" von einer "gut informierten Quelle" erfahren haben. Nach den vorläufigen Ermittlungen von Bundespolizei und Eisenbahnbundesamt deute demnach alles darauf hin, dass der Fahrdienstleiter im Stellwerk den beiden aufeinander zufahrenden Züge gleichzeitig die Einfahrt in den Streckenabschnitt erlaubt hat. Die technische Sicherung, die dies verhindern soll, soll der Fahrdienstleiter zweimal außer Kraft gesetzt haben.

http://www.focus.de/regional/bayern/zugunglueck-im-news-ticker-ursache-fuer-zugunglueck-war-offenbar-menschliches-versagen_id_5272647.html

Kann das, wenn es denn stimmt, ein Fehler gewesen sein? Also warum hat er abgeschaltet? Warum 2 mal?

Herrschaften!

Da das Video aus Pietät gelöscht wurde und daher auch die sich darauf beziehenden Kommentare, bitte ich darum, das Thema nicht ständig wieder aufzugreifen. Die Beiträge müssen dann wieder gelöscht werden, das macht uns unnötige Arbeit und Euch auch!

E_M schrieb:zumal das Warten des einen Zuges doch jeden Morgen so stattzufinden scheint, da kann ich mir bei einer Änderung im Betriebsablauf nicht vorstellen

Die tägliche Routine kann sehr schnell und ohne Probleme durcheinander geraten. Da reicht schon eine Kranken- oder Urlaubsvertretung, ein erst kürzlich dorthin versetzter Kollege, der logischweise nicht weiß, was sich ansonsten morgens auf der Strecke abspielt.

Aber gerade, wenn ich Vertretung wäre, würde ich doch keinen Sicherheitsmechanismus absichtlich aushebeln?

Ich komme aus der IT - da ist schon für kleine Änderungen/ Massnahmen ein Changeprozess aufgesetzt, bei kritischen Tätigkeiten ist ein Eingriff in die Systeme nur im 4 Augen Prinzip möglich und auch erst nachdem die Aktion von mehreren Instanzen geprüft und genehmigt wurde... Daher fällt es mir so schwer zu glauben, dass der FDL da einfach mal eben so was abschaltet...

@E_M

E_M schrieb:Daher fällt es mir so schwer zu glauben, dass der FDL da einfach mal eben so was abschaltet...

Schlimmstenfalls zeigen die Ermittlungen, dass dieses Prozedere gang und gäbe ist. Vielleicht ist schon 1.000 mal nichts passiert, und das verändert die Gewohnheiten. Letzte Woche war es noch ein verspäteter Zug, der durchgelassen wurde, da versucht man es demnächst eben mit 2, 3 oder 4 Zügen.
Ich gehe fest davon aus, dass dieses Prozedere keine Premiere hatte.