Einsamkeit

nairobi schrieb:Du erwähnst ständig einen Mr. Scrooge. Meinst Du den Charakter Ebenezer Scrooge aus "A Christmas carol"?

Ja. Ich habe schon Gründe darüber nachzudenken, vor allem bei einem meiner Brüder, der so extrem christlich tut und mir ständig Predigten hält und mir gleichzeitig meine Schmerzkrankheit als "Beweis" meiner Sündhaftigkeit vorwirft. Zu dem hatte ich früher noch eine engere Beziehung als zu den anderen und ihm habe ich auch am meisten geholfen. Es ist einfach bitter zu erleben, wie undankbar er ist. Er ist auch total geldgierig. Wie eben Mr. Scrooge.

Das ist wirklich gemein von ihm @Laura_Maelle
Von ihm würde ich mich distanzieren, fürs eigene Seelenheil.

Heute hatte ich ein gutes Gespräch mit meinem Neffen, der mir Mut gemacht hat. Er fährt allerdings morgen wieder weg, aber es hat mich wirklich etwas aufgerichtet.

Laura_Maelle schrieb:Heute hatte ich ein gutes Gespräch mit meinem Neffen, der mir Mut gemacht hat. Er fährt allerdings morgen wieder weg, aber es hat mich wirklich etwas aufgerichtet.

Das klingt doch positiv. Vielleicht ist es ja gut, wenn Du ab und an mit ihm telefoniert, falls er weiter entfernt wohnt und man sich nicht so oft sehen kann.

nairobi schrieb:Das klingt doch positiv. Vielleicht ist es ja gut, wenn Du ab und an mit ihm telefoniert, falls er weiter entfernt wohnt und man sich nicht so oft sehen kann.

Ja, er ist nicht von der Welt, auch wenn er weiter weg wohnt. Aber er kommt im April wieder zu mir für ein paar Tage.

Es macht mich immer traurig, wenn ich merke, wie viele Menschen unter Einsamkeit leiden.

Ich habe mich mit vielen Menschen, denen es so geht, unterhalten (darunter auch einigen Allmy-Usern). Ich wollte einfach verstehen, warum sie so schwer Anschluss finden.

Viele hören das nicht gerne, aber ich kam zur Erkenntnis, dass die Ansprüche an mögliche Freunde (von Beziehung rede ich erst gar nicht)
zu hoch gesetzt sind.

Bei einer Beziehung muss alles passen, da sind wir uns einig.

Absolut unverständlich ist für mich, dass sich diese Menschen weigern, sich mit Gleichgesinnten zusammen zu tun. Wenn sich beispielsweise hier auf Allmy alle Einsamen miteinander in Verbindung setzen, wäre das erste Schritt.

Jeder sucht integrierte Menschen, die voll im Leben stehen und erwarten, dass sie der/diejenige aus seinem Trott herauszieht.
Mit dieser Einstellung ist es logo, dass es nicht funktioniert.

Ich könnte auch niemals mehrere Leute zugleich aus der Einsamkeit befreien, weil ich die Zeit dazu gar nicht hätte. Deshalb habe ich mich auf eine Person beschränkt. Das ist in meinem Fall eine Arbeitskollegin von mir.

Deshalb mein Rat: Gründet hier auf Allmy einen eigenen Chat, wo alle Einsamen miteinander kommunizieren. Daraus entstehen gemeinsame Unternehmungen und Freundschaften,....

FerneZukunft schrieb:Ich wollte einfach verstehen, warum sie so schwer Anschluss finden.

Da gibt es viele Gründe, die z.T. wahrscheinlich auch auf Erlebnissen aus der Kindheit beruhen. Ich selbst bin als Einzelkind aufgewachsen und habe auch von meinen Eltern irgendwie nie das soziale Rüstzeug mitbekommen, wie man Freunde gewinnt (auch meine Eltern waren eher Einzelgänger ohne großen Freundeskreis).

Bis heute fällt es mir schwer, engere Freundschaften zu knüpfen und aufrecht zu erhalten. Und das, obwohl ich durchaus gern kommuniziere und eigentlich nicht unbedingt wortkarg bin. Ich kann mich ganz gut mit jemandem unterhalten, aber ich weiß nicht so genau, wie man einen Kontakt so intensiviert, dass er stabil wird und lange hält.

Kontraproduktiv sind außerdem meine an mir nagenden Selbstzweifel, die dazu führen, dass ich mich selbst oft für nicht allzu liebenswert halte. Das hat oft zur Folge, dass ich mich aus neuen Kontakten zurückziehe, weil ich denke, dass ein Kontakt zu mir sowieso nicht allzu wertvoll ist.

martenot schrieb:Ich selbst bin als Einzelkind aufgewachsen und habe auch von meinen Eltern irgendwie nie das soziale Rüstzeug mitbekommen, wie man Freunde gewinnt (auch meine Eltern waren eher Einzelgänger ohne großen Freundeskreis).

Ich glaube, dass es nur zu einen geringen Teil mit Deiner Kindheit und Deinem Einzelkindstatus zu tun hat.

Wirkung und Ausstrahlung ist angeboren. Man kann aber vieles selbst ändern, auch wenn es ein harter, steiniger Weg ist.

martenot schrieb:Ich kann mich ganz gut mit jemandem unterhalten, aber ich weiß nicht so genau, wie man einen Kontakt so intensiviert, dass er stabil wird und lange hält.

Das ergibt sich von selbst, sobald es beide wollen.,
Wenn Dir jemand, mit dem/der Du Dich unterhältst, sympathisch ist, versuche doch, mit dieser Person einen weiteren "Termin" zu vereinbaren.

Du bist doch viel mit den Öffis unterwegs. Nehmen wir einmal an, Du kommst während einer Zugfahrt mit jemandem ins Gespräch, der Dir sympathisch ist.
Plötzlich merkst Du, dass Du beim nächsten Bahnhof aussteigen musst. Sag doch einfach: "Ich muss jetzt leider aussteigen, aber ich würde diese Unterhaltung gerne fortsetzen. Können wir auf Face, Insta, WhatsApp, Mail,.... weiterreden?"

Selbstverständlich wirst Du auch "Körbe" bekommen, aber irgendwann ist auch jemand dabei, der gleich dachte wie Du, nur selbst zu feig war, das vorzuschlagen.

martenot schrieb:Kontraproduktiv sind außerdem meine an mir nagenden Selbstzweifel, die dazu führen, dass ich mich selbst oft für nicht allzu liebenswert halte. Das hat oft zur Folge, dass ich mich aus neuen Kontakten zurückziehe, weil ich denke, dass ein Kontakt zu mir sowieso nicht allzu wertvoll ist

Du hattest und hast doch immer Partner.
Glaubst Du allen ernstes, dass sich diese Männer auf eine Beziehung mit Dir eingelassen hätten, wenn Du nicht liebenswert wärst?

Allein an Deinem Schreibstil ist erkennbar, dass Du Dich ordentlich ausdrücken kannst. Ebenso bist Du (im Unterschied zu vielen anderen) nicht lahmarschig, sondern unternimmst viel - mach Dir das endlich bewusst und streich die Floskel "nicht liebenswert" aus Deinem Gedächtnis 😎

FerneZukunft schrieb:Du hattest und hast doch immer Partner.

Das stimmt, darüber denke ich tatsächlich manchmal nach, wie das sein kann, dass ich einerseits immer Partner hatte, aber ansonsten schaffe ich es nicht gut, dauerhafte Freundschaften zu knüpfen. Ein Widerspruch, den ich mir selber nicht so recht erklären kann.

FerneZukunft schrieb:Selbstverständlich wirst Du auch "Körbe" bekommen,

Aus irgendeinem Grund (tiefsitzende innere Ängste) versuche ich solche Körbe zu vermeiden, bzw. es fühlt sich ganz unangenehm für mich an, eine Absage oder einen Korb zu bekommen. Es löst eine Art Urangst aus, nach dem Motto "Niemand mag mich, es war schon immer so." Um das zu vermeiden, mache ich meistens vorbeugend den ersten Schritt und ziehe mich zurück (damit der andere es nicht als erstes tun kann). Außerdem schwingt der Gedanke mit, dass die andere Person sicher erleichtert ist, nicht länger von mir "belästigt" zu werden.

Mit dem Verstand kann ich das nachvollziehen und erklären, aber die Gefühle und Ängste sind recht dominant und verleiten mich immer wieder zu solchen Rückzügen.

martenot schrieb:tiefsitzende innere Ängste

Um das aus Dir raus zu bekommen, sind mehrere lange, sehr persönliche Gespräche notwendig.

Vielleicht kannst Du mit Deinem aktuellen Partner darüber reden, denn zu ihm hast Du am meisten Vertrauen.


Bitte schieb es nicht raus, denn Du nimmst Dir mit diesen Gedanken viel an Lebensqualität.

Es gibt für alles eine Lösung, auch wenn es langwierig und hart ist. Ich drück Dich auf jeden Fall ganz fest

FerneZukunft schrieb:Vielleicht kannst Du mit Deinem aktuellen Partner darüber reden, denn zu ihm hast Du am meisten Vertrauen.

Erst vor kurzem hatten wir darüber gesprochen, dass ich gern mal eine Art "Kur" oder etwas ähnliches machen würde, um einige Schieflagen in meinem Leben geradezurücken. Da könnte man solche Themen wohl auch angehen, wenn es entsprechende Gesprächstherapie-Angebote gibt.

FerneZukunft schrieb:Ich drück Dich auf jeden Fall ganz fest

Vielen Dank, das finde ich sehr lieb....

FerneZukunft schrieb:Absolut unverständlich ist für mich, dass sich diese Menschen weigern, sich mit Gleichgesinnten zusammen zu tun.
...
Jeder sucht integrierte Menschen, die voll im Leben stehen und erwarten, dass sie der/diejenige aus seinem Trott herauszieht.

Diese Fragen habe ich mir auch schon oft gestellt und nach Erklärungen gesucht.
Einsamkeit ist - im Gegensatz zum Alleinsein - ja ein Gefühl.
Und wenn ein Einsamer sich nun mit einem anderen Einsamen zusammentut, dann umgibt er sich damit quasi mit einem ähnlich negativen Gefühl, wie er es selbst bereits verspürt.
Vielleicht sucht er deshalb instinktiv eher die Nähe von Menschen, die mehr positive Energie ausstrahlen.

muscaria schrieb:Und wenn ein Einsamer sich nun mit einem anderen Einsamen zusammentut, dann umgibt er sich damit quasi mit einem ähnlich negativen Gefühl, wie er es selbst bereits verspürt.

Da mag was dran sein. Ich bin mal in einem Einsamkeitsforum angemeldet gewesen. Meine Erfahrung war, dass es nicht einfach war, Menschen mit Einsamkeitserfahrungen zusammenzubringen. Zum einen habe ich häufig Vorbehalte und Ängste (ähnlich wie die meinigen) beobachtet, die dazu geführt haben, dass viele nicht gern bereit waren, sich zu treffen. Zum anderen hatte ich mal eine Weile eine Frau aus diesem Forum mehrmals getroffen - wir sind dann immer gemeinsam essen gegangen. Das war ganz nett, aber nach einer Weile hatte sie einen Partner kennengelernt, und dann ist der Kontakt eingeschlafen.

FerneZukunft schrieb:Viele hören das nicht gerne, aber ich kam zur Erkenntnis, dass die Ansprüche an mögliche Freunde (von Beziehung rede ich erst gar nicht)
zu hoch gesetzt sind.

Das kann eine Ursache sein, aber diese muss nicht bei allen gleich sein.

Das ist dein großer Denkfehler.

Das Entstehen von Einsamkeit hat immer individuelle Gründe bei jeder Person, die sich nicht 1:1 auf andere übertragen lassen.

Mindslaver schrieb:Das Entstehen von Einsamkeit hat immer individuelle Gründe bei jeder Person, die sich nicht 1:1 auf andere übertragen lassen.

Fazit: Jede/r ist für sich ganz allein einsam.

Mindslaver schrieb:Das Entstehen von Einsamkeit hat immer individuelle Gründe bei jeder Person, die sich nicht 1:1 auf andere übertragen lassen.

Natürlich nicht. Ich gehe sogar einen Schritt weiter und behaupte, dass die Einsamkeit an sich von jedem Menschen anders empfunden wird bzw jeder Mensch anders damit umgeht. Wo der eine sich schon einsam und alleine fühlt ist der andere vielleicht froh, seine Ruhe zu haben. Darum ist es mMn auch schwer, anderen Menschen Ratschläge zu geben, was sie fügen die Einsamkeit tun können, weil es jeder anders empfindet.

@EnyaVanBran

Ohnehin ist es schwer, anderen Menschen Ratschläge zu geben. Problematisch wird es immer dann, wenn auf jeden Vorschlag zwei (angebliche) Gründe vorgebracht werden, warum man nun gerade diesem Tipp nicht Folge leisten kann oder will.

Doors schrieb:Problematisch wird es immer dann, wenn auf jeden Vorschlag zwei (angebliche) Gründe vorgebracht werden, warum man nun gerade diesem Tipp nicht Folge leisten kann oder will.

Kann dann natürlich an angeblichen Gründen liegen - oder an tatsächlichen, die dem Tippgeber einfach zu unwahrscheinlich klingen, z.B. weil man die jeweilige Lebenssituation, eine Behinderung, eine Persönlichkeitseigenschaft wenig nachvollziehen kann.

(Ich war früher einige Zeit einsam und knüpfe generell eher schwer, aber dennoch manchmal, Kontakte. Mir ging es ebenso: Von anderen kamen Tipps, die aber gar nicht passten, z.B.: Sportverein, jemanden zum Joggen suchen (ging nicht wegen Behinderung), Bekannte fragen (hatte keine, ich suchte ja erstmal Bekannte die potenziell Freunde werden könnten), Club/"weggehen" (mag ich wirklich nicht, ist schwierig bei Hyperakusis und brachte auch beim Versuch nichts), Auslandssemester (ging nicht wegen fehlendem "Kleingeld" und nötigem Nebenjob), Freunde meines Partners kennenlernen (er hatte zu dem Zeitpunkt auch keine), und manches wirkte dann dem Gegenüber schon als Ausreden wenn ich es wie hier zusammengefasst begründete. Waren aber keine, auch rückblickend nicht. Ich kann durchaus verstehen, weshalb solche Kombinationen nach Ausreden wirken können. Und mir ist auch klar warum obige Kombination leichter dazu führte dass ich damals einsam war und auch nachwievor dazu führt dass ich nicht ganz so schnell Kontakte knüpfe wie dies viele Menschen tun die sich evl. bei Sport und lauten, menschenvollen Veranstaltungen wohl fühlen, einen Partner mit eigenem Freundeskreis haben, und und und.)

Nachtrag: Als Ausreden schien es ferner zu wirken, wenn ich nannte dass ich bestimmte vorgeschlagene Dinge schon ausprobiert hatte und auch dies nannte, jedoch ohne Erfolg. Rückblickend waren das Vorschläge die in der Tat bei vielen Menschen dazu führen, Bekannte und Freunde zu finden, bei mir aber nicht funktioniert hatten, ansonsten wäre ich ja nicht einsam gewesen. Beispiel: Mich mit dem Leuten aus der Lerngruppe treffen (hatte noch keine gefunden, da sich andere blitzschnell zu Gruppen zusammenschlossen und man wohl niemanden mehr "brauchte"), an Fahrten der Fachschaft sowie optionalen Exkursionen teilnehmen (bereits durchgeführt: es ergaben sich daraus keine Kontakte, jedenfalls zu dem Zeitpunkt keine), mich neben immer wieder die selben Leute im Hörsaal setzen (bereits versucht: mit Prosopagnosie schwer diese ausfindig zu machen, aber selbst wenn ergab sich daraus nichts).

Ich glaube auch nicht, dass das einfach Ausreden sind. Es ist nun mal so, dass man nicht wirklich die gesamte Problematik in einem öffentlichen Forum ausbreiten mag. Da wird nur ein Bruchteil erzählt und solche Tipps sind einfach zu simpel.