Ich habe den Thread wieder geöffnet, da es eine interessante - und wie ich vermute eine sehr unerwartete - Weiterentwicklung des Falls gibt, zu der mich doch die Meinungen der hier beteiligten user sehr interessieren.
Zunächst einmal eine kurze Zusammenfassung, wie der Fall weiterging:
1. Es wurde offensichtlich kein Strafverfahren gegen den Erwachsenen eröffnet. Dazu kann man stehen wie man will, ohne Beweise ist kein Verfahren durchführbar.
2. Das Verhältnis zwischen den beiden besteht weiter und zwar in extrem intensiver Art und Weise. Das kommt vermutlich für einige hier überraschend.
3. Nach der Rückkehr aus Frankreich wurde eine Familientherapie begonnen, die aber nicht erfolgreich war. Das Verhältnis zu dem Erwachsenen blieb bestehen und wurde wieder intensiver, Js. Eltern jedoch lehnen dieses Verhältnis vehement ab.
4. Schon im Juli 2015 wurde J. wieder abgängig. Seitdem (Stand Frühjahr 2016) ist sie nicht mehr zu Hause gewesen und hat auch keine Schule mehr besucht. Allerdings ist ihr Aufenthaltsort dem Erwachsenen und den Behörden bekannt. Sie hat einen eigenen Rechtsbeistand (Rechtsanwalt) als "Verfahrensbeistand" in einem familiengerichtlichen Verfahren gestellt bekommen, der wohl Kontakt zu ihr hält.
5. Man höre und staune: Der Erwachsene hat daraufhin ein Verfahren gegen die Eltern angestrengt und behauptet, dass diese das "Kindeswohl der J." gefährden und daher ihnen das Sorgerecht entzogen werden solle. Ausserdem hat er Anzeige gegen die Eltern erstattet.
6. Sowohl das Jugendamt als auch das zuständige Amtsgericht leiteten Verfahren ein.
7. Umgekehrt haben dann die Eltern geltend gemacht, dass das Verhältnis zu diesem Erwachsenen das Kindeswohl ihrer Tochter extrem gefährde. Sie habe seitdem keinen geregelten Schulbesuch mehr gehabt, er halte sie von ihren Eltern und ihren anderen sozialen Kontakten fern. Er zeige ein "Suchtverhalten" gegenüber ihr und mache sie durch Manipulation von ihm abhängig. Die Eltern forderten ein Kontakt- und Näherungsverbot gegen den Erwachsenen.
8. Der Erwachsene hat daraufhin dem Gericht gesagt er "wisse nicht was passiere, wenn das Gericht ein solches Verbot erlasse" und er wolle keinesfalls das Verhältnis aufgeben sondern das Mädel so schnell wie möglich heiraten. Er könne es nicht aushalten von ihr getrennt zu sein und umgekehrt.
9. Der Verfahrensbeistand hatte bis dahin keinen persönlichen Kontakt zu J. und empfahl ein "betreutes Wohnen" in einer therapeutischen Einrichtung. Auch er sah das Kindeswohl gefährdet.
10. Die Eltern beantragten die Aufnahme von J. in der geschlossenen Jugendpsychiatrie was im Sommer 2015 durch das Gericht auch genehmigt wurde. Sie blieb dort etwas mehr als einen Monat.
11. Das Amtsgericht verhängte das Kontakt- und Näherungsverbot gegen den Erwachsenen, da J. drohe psychischen Schaden zu nehmen. Ihre gesamten sozialen Bezüge seien durch das Verhältnis zerstört und eine Gefährdung des Kindeswohls klar gegeben. Das Jugendamt schloss sich dem an.
12. Sowohl J. durch ihren Verfahrensbeistand als auch der Erwachsene haben diese Entscheidung beim Brandenburgischen Oberlandesgericht angefochten. Sie behaupten, dass die Kindeswohlgefährdung einzig darin bestehe, dass die Eltern durch das Kontaktverbot aus "fadenscheinigen Gründen" und mit "ärztlichen Gefälligkeitsgutachten" "kompromisslos einzig die Ausgrenzung" des Erwachsenen betreiben würden.
13. Die Eltern erwidern dagegen, dass sie sehr wohl Kompromisse gesucht haben, aber vom Erwachsenen und der Tochter belogen wurden und diese sich nicht an die Kompromisse gehalten hätten. Sie unterstellen dem Erwachsenen eine "wahnhafte" Beziehung zu ihrer Tochter.
14. Das OLG bestellte einen neuen Verfahrensbeistand für J. welcher der Meinung ist, dass J. eine intelligente und früh gereifte Frau sei die aus freien Stücken die Fortsetzung ihres Verhältnisses mit dem Erwachsenen wünsche. Dieser sei der "einzige, der sie verstehe und ihre Not erkannt habe." Von einer krankhaften psychischen Störung könne keine Rede sein.
15. Das Jugendamt hat im erneuten Verfahren keine Stellung mehr bezogen.
Und nun der für mich - auch als Jurist - doch etwas verstörende Beschluss des OLG:
Das Kontaktverbot wurde aufgehoben. Eine Kindeswohlgefährdung liege zwar deutlich vor, so das Gericht, und ausgelöst durch den Erwachsenen, aber inzwischen sei das Verhältnis zu den Eltern so zerrüttet, dass dort keine Besserung zu erwarten sei.
Besonders aber dürfe man bei Entscheidungen in ihrem Reifeprozess, wo es um die Beziehung zu Personen des anderen Geschlechts gehe, von Jugendlichen nicht verlangen, diese zu rechtfertigen. Erziehung zur Mündigkeit erfordere hier einen Rückzug der Eltern. "Die Ausnutzung formal bestehenden Sorgerechts in Aussenbeziehungen sei geeignet das psychosoziale Kindeswohl zu gefährden."
Selbst wenn es so sei, dass das Kind hier von aussen beeinflusst wurde, könne daraus eine echte und schützenswerte Beziehung entstehen.
Allerdings könne dem Erwachsenen hier nicht die Hauptschuld gegeben werden. Im Gegenteil: das Gericht wirft hier den Eltern und dem Jugendamt vor, durch ihre Ablehnung des Verhältnisses erst alles schlimm gemacht zu haben.
Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 24.3.2016 Az: 9 UF 132/15
Hier nachzulesen:
https://openjur.de/u/881044.htmlMir hat es die Sprache verschlagen. Was denken die user?