Ich lebe stets in der Gegenwart und vergesse die..
23.03.2005 um 20:16
"Jeder von uns hat mit
so vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, ebenso wie Arjuna,
der in einer schwierigen Lage war, als er in der Schlacht
von Kuruketra kämpfen sollte. Arjuna ergab sich Sri
Krisna, und da sprach der Herr die Bhagavad-gita. Nicht
nur Arjuna, sondern jeder von uns ist aufgrund dieses
materiellen Daseins voller Ängste. Wir leben unsere jetzige
Existenz im Wirkungsbereich der Nichtexistenz; doch
eigentlich sollten wir uns nicht von Nichtexistenz bedrohen
lassen. Unsere Existenz ist ewig. Auf irgendeine Weise
aber sind wir in asat geraten. Asat bedeutet
"das, was nicht existiert".
Unter den vielen Menschen, die leiden, gibt es einige, die
tatsächlich durch Fragen ihre Stellung erhellen wollen und
sich daher fragen, was sie sind, warum sie sich in diesem
schrecklichen Zustand des Leidens befinden, und so fort.
Solange man nicht aufwacht und sich fragt, warum man
leiden muß, das heißt, solange man nicht erkennt, daß man
eigentlich nicht leiden will und bisher vergeblich versucht
hat, eine Lösung für alle Leiden zu finden, kann man nicht
als vollkommener Mensch gelten. Menschsein beginnt,
wenn diese Fragen im Geist erwachen.
Jede Tätigkeit des Menschen muß als Fehlschlag betrachtet
werden, wenn solche Fragen ihn nicht beschäftigen.
Diejenigen, die zu fragen beginnen, was sie sind, warum sie
leiden, woher sie gekommen sind und wohin sie nach dem
Tode gehen werden, sind daher Schüler, die geeignet sind,
die Bhagavad-gita zu verstehen. Der ernsthafte Schüler
sollte auch unerschütterliche Ehrfurcht vor der Höchsten
Persönlichkeit Gottes haben.
Wir alle werden vom Tiger der Unwissenheit verfolgt, doch
der Herr ist zu den Lebewesen sehr barmherzig, besonders
zu den Menschen,
Das Thema der Bhagavad-gita erfordert die Einbeziehung
von fünf grundlegenden Wahrheiten. Zunächst wird die
Wissenschaft von Gott und dann die wesensgemäße
Stellung der Lebewesen oder jivas erklärt. Es gibt den
isvara (Herrscher) und die jivas (Lebewesen), die
beherrscht werden. Wenn ein Lebewesen behauptet, es
werde nicht beherrscht, sondern sei frei, ist es von Sinnen.
Das Lebewesen wird in jeder Hinsicht beherrscht,
zumindest in seinem bedingten Leben. Die Bhagavad-gita
handelt also hauptsächlich von isvara, dem Höchsten
Herrscher, und von den jivas, den beherrschten Lebewesen.
Prakti (die materielle Natur), kala (die Zeit, das heißt die
Dauer der Existenz des gesamten Universums bzw. der
Manifestation der materiellen Natur) und karma (Tätigkeit)
werden ebenfalls erörtert. In der kosmischen Manifestation
finden vielerlei Tätigkeiten statt. Alle Lebewesen gehen
verschiedenen Tätigkeiten nach.
Qualitativ gleichen die Lebewesen dem Höchsten
Herrscher. Der Höchste Herrscher, der Herr, hat zum
Beispiel die universalen Geschehnisse, das heißt die
materielle Natur, unter Seiner Herrschaft.
Wie in späteren
Kapiteln der Bhagavad-gita erklärt wird, ist die materielle
Natur nicht unabhängig, sondern handelt nach den
Anweisungen des Höchsten Herrn.
Wenn wir sehen, daß in der kosmischen Natur wunderbare Dinge
geschehen, sollten wir wissen, daß hinter dieser
wunderbaren Manifestation ein Lenker steht. Nichts kann
sich manifestieren, ohne gelenkt zu werden. Es ist kindisch,
den Lenker nicht in Betracht zu ziehen. Ein Kind zum
Beispiel mag denken, ein Auto sei etwas Wunderbares, weil
es fahren kann, ohne von einem Pferd oder einem anderen
Tier gezogen zu werden, doch ein vernünftiger,
erwachsener Mensch weiß, wie das Auto angetrieben wird
und daß sich hinter dieser Maschinerie ein Mensch, ein
Fahrer, befindet. In ähnlicher Weise ist auch der Höchste
Herr der Lenker (ayaka), die Höchste Persönlichkeit, nach
dessen Anweisungen alles geschieht.Wie wir in späteren
Kapiteln der Bhagavad-g…ta sehen werden, werden die j…vas
oder Lebewesen vom Herrn als Seine Bestandteile
angesehen.
Ein Körnchen Gold ist ebenfalls Gold, und ein
Tropfen Wasser aus dem Ozean ist ebenfalls salzig, und
dementsprechend haben auch wir, die Lebewesen, als
Bestandteile des Höchsten Lenkers(isvaras, Bhagavans
oder Sri KrisnŠas) alle Eigenschaften des Höchsten Herrn in
winzigem Ausmaß, da wir winzige isvaras oder
untergeordnete isvaras sind. Wir versuchen, die Natur zu
beherrschen, ebenso wie wir in neuester Zeit versuchen,
auch den Weltraum zu beherrschen und
"Imitationsplaneten" im All schweben zu lassen. Diese
Neigung zu beherrschen oder etwas zu schaffen ist in uns,
weil sie in KŠa vorhanden ist. Wir neigen dazu, zu
beherrschen und uns die materielle Natur untertan zu
machen, doch sollten wir wissen, daß wir keineswegs der
Höchste Herrscher sind.
Was ist die materielle Natur? Sie wird in der Bhagavad-gita
als niedere prakti oder niedere Natur beschrieben. Das
Lebewesen wird als die höhere prakti erklärt. Prakti, ob
von niederer oder höherer Natur, wird immer gelenkt.
Prakti bedeutet weiblich. Sie wird vom Herrn gelenkt,
ebenso wie das Tun der Frau vom Ehemann beaufsichtigt
wird. Prakti ist immer untergeordnet, das heißt, sie wird
vom Herrn, dem Lenker, beherrscht. Die Lebewesen und
die materielle Natur werden also beide vom Höchsten
Herrn beherrscht und gelenkt. Der Bhagavad-gita gemäß
müssen die Lebewesen, obgleich sie Bestandteile des
Höchsten Herrn sind, ebenfalls als prakti betrachtet
werden.
"Diese prakti ist Meine niedere Natur." Und weiter:
"Und darüber hinaus gibt es noch
eine andere prakti - jiva-bhu™tam - das Lebewesen."
Prakti besteht aus drei Eigenschaften oder
Erscheinungsweisen: der Erscheinungsweise der Tugend,
der Erscheinungsweise der Leidenschaft und der
Erscheinungsweise der Unwissenheit. Über diesen
Erscheinungsweisen steht die ewige Zeit, und durch eine
Verbindung dieser Erscheinungsweisen der Natur und unter
der Lenkung und Aufsicht der ewigen Zeit kommt es zu
Tätigkeiten, die man als karma bezeichnet. Diese
Tätigkeiten werden schon seit undenklicher Zeit ausgeführt,
und wir erleiden oder genießen die Fruchte unseres Tuns.
Angenommen, daß ich ein Geschäftsmann bin und mit
Intelligenz schwer gearbeitet und daher ein hohes
Bankkonto angehäuft habe. Dann kann ich genießen. Wenn
ich dagegen mein ganzes Geld bei Geschäften verloren
habe, bin ich der Leidtragende. In ähnlicher Weise
genießen oder erleiden wir bei allen unseren Handlungen
die Ergebnisse unseres Tuns. Das nennt man karma.
isvara (der Höchste Herr), jiva (das Lebewesen), prakti
(die materielle Natur), kala (die ewige Zeit) und karma
(Tätigkeit) werden alle in der Bhagavad-g…ta erklärt. Von
diesen fünf sind der Herr, die Lebewesen, die materielle
Natur und die Zeit ewig. Die Manifestation der prakti mag
zeitweilig sein, doch ist sie nicht falsch. Einige Philosophen
behaupten, die Manifestation der materiellen Natur sei
falsch, doch nach der Philosophie der Bhagavad-g…ta, der
Philosophie der VaiŠavas, ist dies nicht der Fall. Die
Manifestation der Welt wird nicht als falsch angesehen; sie
wird als wirklich, wenn auch zeitweilig, anerkannt. Sie
wird mit einer Wolke verglichen, die am Himmel
vorüberzieht, oder mit dem Eintreten der Regenzeit, die das
Getreide nährt. Sobald die Regenzeit vorüber ist und die
Wolke verschwindet, vertrocknen die Ähren, die vom
Regen genährt wurden. In ähnlicher Weise entsteht auch
die materielle Manifestation in gewissen Zeitabständen,
besteht für eine Weile und verschwindet dann wieder.
So arbeitet prakti,
doch findet dieser Kreislauf ewig statt, und deshalb ist
prakti ewig sie ist nicht falsch. Der Herr bezieht Sich auf
"Meine prakti". Die materielle Natur ist die abgesonderte
Energie des Höchsten Herrn, und auch die Lebewesen sind
eine Energie des Höchsten, doch sind sie nicht von Ihm
getrennt - sie sind ewig mit Ihm verbunden. Der Herr, das
Lebewesen, die materielle Natur und die Zeit sind also alle
ewig, karma hingegen ist nicht ewig. Die Auswirkungen
des karma können in der Tat sehr alt sein. Wir erleiden
oder genießen die Ergebnisse von Handlungen aus längst
vergangener Zeit, doch können wir die Ergebnisse unseres
karma oder unseres Tuns verändern, und diese
Veränderung hängt von der Vollkommenheit unseres
Wissens ab. Ohne Zweifel gehen wir allerlei Tätigkeiten
nach, doch wissen wir nicht, wie wir handeln sollen, um
uns von den Aktionen und Reaktionen auf all diese
Tätigkeiten zu befreien. Auch das wird in der Bhagavad-gita erklärt.
ŸIsvara ist das höchste Bewußtsein. Da die jivas oder
Lebewesen winzige Bestandteile des Höchsten Herrn sind,
haben auch sie ein Bewußtsein. Sowohl das Lebewesen als
auch die materielle Natur werden als prakti, als die
Energie des Höchsten Herrn, bezeichnet, aber von diesen
beiden hat nur der jiva Bewußtsein. Die andere prakti
hingegen hat kein Bewußtsein - das ist der Unterschied.
Deshalb bezeichnet man die jiva-prakti auch als
übergeordnet, denn der jiva hat ein Bewußtsein, das dem
des Herrn ähnelt. Das Bewußtsein des Herrn jedoch ist das
höchste, und daher sollte man niemals behaupten, der jiva,
das Lebewesen, sei ebenfalls allbewußt. Das Lebewesen
kann auf keiner noch so vollkommenen Stufe allbewußt
sein, und die Theorie, die besagt, das Lebewesen könne
diese Stufe erreichen, ist eine irreführende Theorie. Das
Lebewesen mag ein Bewußtsein haben, aber nicht das
höchste Bewußtsein.
Sowohl der Herr als auch das Lebewesen sind ketra-jñaƒ,
das heißt, sie haben ein Bewußtsein; doch das Lebewesen
ist sich nur seines jeweiligen Körpers bewußt, während
Sich der Herr aller Körper bewußt ist: Weil Er im Herzen jedes
Lebewesens weilt, ist Er Sich der psychischen Vorgänge
oder Tätigkeiten jedes einzelnen jiva bewußt. Wir sollten
dies nicht vergessen. Es wird auch erklärt, daß der
Paramatma, die Höchste Persönlichkeit Gottes, im Herzen
eines jeden als isvara oder Lenker weilt und das Lebewesen
anleitet, seinen Wünschen gemäß zu handeln. Sarvasya
cahaˆ hdi sannivi˜ho. Das Lebewesen vergißt, was es tun
wollte. Zunächst entschließt es sich, auf eine bestimmte Art
und Weise zu handeln, und dann wird es in die Aktionen
und Reaktionen seines eigenen karma verstrickt. Nachdem
es eine Art von Körper aufgegeben hat, geht es in eine
andere Art von Körper ein, ähnlich wie wir ein bestimmtes
Kleidungsstück gegen ein anderes tauschen. In der
Bhagavad-g…ta (2.22) finden wir eine ähnliche Erklärung:
vasaˆsi j…rŠani yatha vihaya. Ähnlich, wie man seine
verschiedenen Kleidungsstücke wechselt, so wechseln die
Lebewesen verschiedene Körper - das nennt man
Seelenwanderung - und nehmen die Aktionen und
Reaktionen ihrer vergangenen Handlungen mit sich. Diese
Handlungen können geändert werden, wenn sich das
Lebewesen in der Erscheinungsweise der Tugend befindet,
das heißt, wenn sein Geist geklärt ist und es versteht, in
welcher Weise es tätig sein sollte. Wenn dies geschieht,
können alle Aktionen und Reaktionen auf seine
vergangenen Handlungen umgewandelt werden. Karma ist
also nicht ewig. Deshalb stellten wir zuvor fest, daß isvara,
jiva, prakti und kala ewig sind, wohingegen karma nicht
ewig ist.
Der allbewußte isvara ähnelt dem Lebewesen insofern, als
sowohl das Bewußtsein des Herrn wie auch das des
Lebewesens transzendental sind. Bewußtsein wird nicht
durch eine Verbindung materieller Elemente erzeugt - diese
Vorstellung ist falsch. Die Theorie, daß sich Bewußtsein
unter bestimmten Umständen aus materiellen
Verbindungen entwickelt, wird in der Bhagavad-gita nicht
anerkannt. Bewußtsein mag durch die Bedeckung
materieller Umstände verzerrt widergespiegelt werden,
ebenso wie Licht, das sich in farbigem Glas bricht, die
Farbe des Glases zu haben scheint, aber das Bewußtsein des
Herrn wird nicht von Materie beeinflußt. Sri Krisna sagt:
mayadhyakeŠa praktiƒ. "Die materielle Natur arbeitet
unter Meiner Führung." Wenn der Herr in das materielle
Universum hinabsteigt, wird Sein Bewußtsein von der
Materie nicht beeinflußt. Würde Sein Bewußtsein
beeinflußt werden, wäre Er unfähig, über transzendentale
Themen zu sprechen, wie Er es in der Bhagavad-gita tut.
Man kann nichts über die transzendentale Welt sagen, ohne
von materiell verunreinigtem Bewußtsein völlig frei zu
sein. Der Herr war also nicht von der Materie verunreinigt.
Unser Bewußtsein dagegen ist gegenwärtig materiell
verunreinigt. Die Bhagavad-gita lehrt, daß wir dieses
materiell bedeckte Bewußtsein reinigen müssen. Wenn
unser Bewußtsein geläutert ist, werden unsere Handlungen
mit dem Willenisvaras in Einklang stehen, und das wird
uns glücklich machen. Wir können nicht aufhören, tätig zu
sein. Vielmehr müssen unsere Tätigkeiten geläutert werden,
und solche geläuterten Tätigkeiten bezeichnet man als
bhakti. Tätigkeiten in bhakti erscheinen wie gewöhnliche
Tätigkeiten, doch sind sie nicht verunreinigt; es sind
gereinigte Tätigkeiten. Einem unwissenden Menschen mag
es so vorkommen, als handle und arbeite ein Gottgeweihter
wie ein gewöhnlicher Mensch, doch solch ein Mensch mit
geringem Wissen weiß nicht, daß die Tätigkeiten des
Gottgeweihten oder des Herrn nicht durch unreines,
materielles Bewußtsein befleckt sind, sondern in
transzendentalem Bewußtsein, jenseits der drei
Erscheinungsweisen der materiellen Natur, verrichtet
werden. Wir sollten jedoch wissen, daß unser Bewußtsein
im augenblicklichen Zustand materiell verunreinigt ist.
Wenn wir auf diese Weise materiell verunreinigt sind,
werden wir als bedingt bezeichnet, und falsches Ego oder
falsches Bewußtsein entsteht, wenn man glaubt, ein
Produkt der materiellen Natur zu sein. Dies nennt man
falsches Ego.Wer in die körperliche Lebensauffassung
versunken ist, kann seine Situation nicht verstehen.
Man muß von der körperlichen Lebensauffassung frei werden,
das ist der erste Schritt des Transzendentalisten, der frei
werden will. Jemand, der befreit werden möchte, muß als
erstes lernen, daß er selbst nicht mit dem materiellen
Körper identisch ist. Wenn wir von materiellem
Bewußtsein frei sind, bezeichnet man dies als mukti oder
Befreiung. Auch im Srimad-Bhagavatam wird die
Definition von Befreiung gegeben: mukti hitva anyatha
r™pam-svar™pena avastathiƒ. Mukti bedeutet, vom
verunreinigten Bewußtsein der materiellen Welt befreit und
im reinen Bewußtsein verankert zu werden.
Geläutertes Bewußtsein bedeutet, in
Übereinstimmung mit den Anweisungen des Höchsten
Herrn zu handeln. Das ist die vollständige Bedeutung
geläuterten Bewußtseins. Da wir Bestandteile des Herrn
sind, haben auch wir Bewußtsein; doch wir neigen dazu,
von den niederen Erscheinungsweisen beeinflußt zu
werden. Der Herr jedoch wird, weil Er der Höchste ist,
niemals beeinflußt. Das ist der Unterschied zwischen dem
Höchsten Herrn und den bedingten Seelen.
Was versteht man nun unter Bewußtsein? Bewußtsein
bedeutet, daß man denkt: "Ich bin." Und was bin ich? Im
unreinen Bewußtsein bedeutet "ich bin": "Ich bin der Herr
über alles, was ich überblicken kann; ich bin der Genießer."
Die Welt dreht sich, weil jedes Lebewesen sich selbst für
den Herrn und Schöpfer der materiellen Welt hält.
Materielles Bewußtsein basiert auf zwei Vorstellungen. Die
eine lautet: "Ich bin der Schöpfer" und die andere: "Ich bin
der Genießer." In Wirklichkeit aber ist der Höchste Herr
sowohl der Schöpfer als auch der Genießer, und als
Bestandteil des Höchsten Herrn ist das Lebewesen weder
Schöpfer noch Genießer, sondern jemand, der mit dem
Herrn zusammenarbeitet. Zum Beispiel arbeitet ein
Maschinenteil mit der ganzen Maschine zusammen, und ein
Körperteil arbeitet mit dem gesamten Körper zusammen.
Die Hände, Füße, Augen, Beine usw. sind alles Teile des
Körpers, doch sind sie nicht wirklich die Genießer - der
Genießer ist der Magen. Die Beine bewegen sich; die
Hände sammeln Nahrung und bereiten diese zu; die Zähne
kauen, und so sind alle Teile des Körpers damit beschäftigt,
den Magen zufriedenzustellen, da der Magen der
Hauptfaktor in der Organisation des Körpers ist. Deshalb
sollte alles dem Magen gegeben werden: praŠopaharac ca
yathendriyaŠam (SB. 4.31.14). Man nährt den Baum, indem
man die Wurzel bewässert, und man kann sich gesund
erhalten, das heißt, die Teile des Körpers - die Hände,
Beine, Augen, Ohren, Finger usw. - bleiben gesund, wenn
sie mit dem Magen zusammenarbeiten. In ähnlicher Weise
ist das Höchste Lebewesen, der Herr, der Genießer und
Schöpfer, und wir, die untergeordneten Lebewesen, die
Produkte der Energie des Höchsten Herrn, sind dafür
bestimmt, mit Ihm zusammenzuarbeiten. Diese
Zusammenarbeit wird uns helfen. Wenn zum Beispiel die
Finger etwas Schönes zum Essen nehmen und denken:
"Warum sollen wir das dem Magen geben? Laßt uns selbst
genießen!", so ist dies ein Fehler. Die Finger sind nicht
imstande zu genießen. Wenn die Finger aus einer
bestimmten Speise Genuß ziehen wollen, müssen sie diese
dem Magen zuführen. In ähnlicher Weise ist alles so
angeordnet, daß der Höchste Herr der Mittelpunkt der
Schöpfung und des Genusses ist und daß die Lebewesen
einfach mit Ihm zusammenarbeiten sollen. Durch
Zusammenarbeit genießen sie. Die Beziehung gleicht der
des Dieners zum Meister. Wenn der Meister völlig
zufrieden ist, dann ist der Diener von selbst zufrieden. In
ähnlicher Weise sollte der Höchste Herr zufriedengestellt
werden - auch wenn die Lebewesen die Neigung haben,
selbst Schöpfer zu werden und die materielle Welt zu
genießen. Diese Neigungen sind in den Lebewesen, weil
auch der Höchste Herr, der die manifestierte kosmische
Welt erschaffen hat, diese Neigungen besitzt.
Wir werden daher sehen, daß in der Bhagavad-g…ta das
vollkommene Ganze, das sich aus dem Höchsten Herrscher,
den beherrschten Lebewesen, der kosmischen
Manifestation, der ewigen Zeit und Tätigkeit
zusammensetzt, umfassend erklärt wird. All diese Dinge
zusammengenommen nennt man die Absolute Wahrheit.
Das vollkommene Ganze oder die vollkommene Absolute
Wahrheit ist daher die vollkommene Persönlichkeit Gottes,
Sri Krisna. Wie erklärt wurde, haben alle Manifestationen
ihren Ursprung in Seinen verschiedenen Energien. Er ist
das vollkommene Ganze.
In der Gita wird ebenfalls erklärt, daß das unpersönliche
Brahman der vollkommenen Person untergeordnet ist.
BrahmaŠo hi prati˜haham (Bg. 14.27). Das unpersönliche
Brahman wird im Brahma-s™tra deutlicher durch den
Vergleich mit den Strahlen der Sonne erklärt. Das
unpersönliche Brahman ist die leuchtende Ausstrahlung des
Höchsten Brahman oder der Höchsten Persönlichkeit
Gottes. Die Erkenntnis des unpersönlichen Brahman und
auch die Erkenntnis des Paramatma sind daher nur
unvollkommene Erkenntnisse des absoluten vollkommenen
Ganzen. Auch diese Dinge werden erklärt: puruottamayoga.
Beim Lesen des Kapitels über puruottama-yoga
werden wir sehen, daß die Höchste Persönlichkeit,
Puruottama, über der unpersönlichen Brahman-Erkenntnis
und der Erkenntnis des Paramatma steht.
Die Höchste Persönlichkeit Gottes wird als sac-cid-anandavigraha
bezeichnet.
"Govinda, Krisna, ist die Ursache aller Ursachen. Er ist der
Urerste Herr, und Er ist die reine Gestalt ewigen Seins,
ewigen Wissens und ewiger Glückseligkeit."
Der Herr, die Höchste Persönlichkeit Gottes, ist also saccid-
ananda-vigraha. Die unpersönliche Brahman-
Erkenntnis ist die Erkenntnis Seines sat- (Ewigkeits-)
Aspektes. Paramatma-Erkenntnis ist die Erkenntnis des
sac-cit- (Ewigkeits- und Wissens-) Aspektes. Doch die
Erkenntnis der Persönlichkeit Gottes als Krisna ist die
Erkenntnis aller transzendentalen Aspekte: sat, cit und
ananda (ewiges Sein, Wissen und Glückseligkeit) in
vollkommener vigraha (Gestalt).
Avyaktaˆ vyaktim apannaˆ manyante mam abuddhayaƒ
(Bg. 7.24): Weniger intelligente Menschen glauben, die
Höchste Wahrheit sei unpersönlich, doch ist Sie eine
transzendentale Person, und alle vedischen Schriften
bestätigen dies, Nityo nityanam cetana cetananam (Kat. U.
2.2.13). Ebenso, wie auch wir alle Personen, individuelle
Lebewesen, sind und unsere Individualität haben, so ist
auch die Höchste Absolute Wahrheit letztlich eine Person,
und die Erkenntnis der Persönlichkeit Gottes bedeutet die
Erkenntnis aller transzendentalen Aspekte, nämlich sat, cit
und ananda, in vollkommener vigraha. Vigraha bedeutet
Form; also ist das vollkommene Ganze nicht formlos. Wäre
der Höchste formlos oder hätte Er irgend etwas anderes
nicht, könnte Er nicht das vollkommene Ganze sein. Das
vollkommene Ganze muß alles beinhalten, was innerhalb
und außerhalb unserer Erfahrung liegt, denn sonst wäre der
Herr nicht vollkommen. Das vollkommene Ganze, die
Persönlichkeit Gottes, besitzt unermeßliche Kräfte: parasya
aktir vividhaiva r™yate (Svet. U. 6.8).
Auch das wird in der Bhagavad-gita erklärt, wie nämlich
Krisna durch verschiedene Energien wirkt. Diese
Erscheinungswelt oder materielle Welt, in die wir gesetzt
worden sind, ist ebenso in sich selbst vollkommen. Die
vierundzwanzig Elemente, aus denen, der sa‰khya-
Philosophie zufolge, das materielle Universum
vorübergehend manifestiert ist, sind völlig darauf
abgestimmt, vollkommene Nachschubquellen
hervorzubringen, die zur Erhaltung und Versorgung des
Universums notwendig sind. Keine zusätzliche Bemühung
seitens irgendeiner anderen Einheit ist erforderlich, um das
Universum zu erhalten. Es hat seine eigene Zeit, die durch
die Energie des vollkommenen Ganzen festgesetzt ist, und
wenn diese Zeit abgelaufen ist, werden die zeitweiligen
Manifestationen durch die vollkommene Einrichtung des
Vollkommenen aufgelöst. Den winzigen vollkommenen
Einheiten, nämlich den Lebewesen, sind vollkommene
Möglichkeiten gegeben, den Vollkommenen zu erkennen,
und alle Arten von Unvollkommenheit werden nur
erfahren, weil das Wissen über den Vollkommenen
unvollkommen ist. Die Bhagavad-g…ta beinhaltet das
vollkommene Wissen der vedischen Weisheit.
Das vedische Wissen ist also vollkommen, denn
es ist über alle Zweifel und Fehler erhaben, und die
Bhagavad-gita ist die Essenz allen vedischen Wissens.
Vedisches Wissen hat daher nichts mit Forschung zu tun.
Unsere Forschungsarbeit ist unvollkommen, weil wir die
Dinge nur mit unseren unvollkommenen Sinnen
untersuchen. Folglich ist das Ergebnis unserer
Forschungsarbeit ebenfalls unvollkommen. Es kann nicht
vollkommen sein. Wir müssen vollkommenes Wissen
annehmen, das so zu uns herabkommt, wie es in der
Bhagavad-gita (4.2) erklärt wird: evaˆ paramparapraptam
imaˆ rajarayo viduƒ. Wir müssen Wissen von
der richtigen Quelle, einer Schülernachfolge von
spirituellen Meistern, empfangen, die mit dem Herrn Selbst
beginnt. Die Bhagavad-gita wurde vom Herrn persönlich
gesprochen, und Arjuna, der Schüler, der die Lehren der
Bhagavad-g…ta empfing, nahm alles so an, wie es ist, ohne
etwas auszuklammern. Das ist nämlich ebenfalls nicht
gestattet: einen Teil der Bhagavad-gita anzunehmen und
einen anderen abzulehnen. Wir müssen die Bhagavad-gita
annehmen, ohne zu interpretieren, ohne etwas
auszuklammern und ohne uns nur launenhaft mit der Sache
zu befassen. Die Gita sollte als das vollkommenste
vedische Wissen angesehen werden. Das vedische Wissen
wird aus transzendentalen Quellen empfangen, da die
ersten Worte vom Herrn Selbst gesprochen wurden. Vom
Herrn gesprochene Worte nennt man apaurueya oder
"nicht von einer Person der irdischen Welt geäußert", die
mit vier Unvollkommenheiten behaftet ist. Ein Lebewesen
der materiellen Welt hat vier Mängel: (1) Es begeht mit
Sicherheit Fehler; (2) es hat unvermeidlich falsche
Vorstellungen; (3) es hat die Neigung, andere zu betrügen,
und (4) es ist durch unvollkommene Sinne beschränkt. Mit
diesen vier Unvollkommenheiten kann man keine
vollkommene Auskunft über alldurchdringendes Wissen
geben.
Vedisches Wissen wird nicht von solchen unvollkommenen
Lebewesen überliefert. Es wurde Brahma, dem
ersterschaffenen Lebewesen, durch das Herz offenbart, und
Brahma gab dieses Wissen an seine Söhne und Schüler so
weiter, wie er es ursprünglich vom Herrn empfangen hatte.
Der Herr ist p™rŠam, in jeder Beziehung vollkommen, und
daher besteht keine Möglichkeit, daß Er unter den Einfluß
der Gesetze der materiellen Natur gerät. Man soll daher
intelligent genug sein zu verstehen, daß außer dem Herrn
niemand der Besitzer irgendwelcher Dinge im Universum
ist,
Der Herr ist der ursprüngliche Schöpfer.
Niemand soll also behaupten, irgend etwas
zu besitzen; man soll nur Dinge annehmen, die einem zur
Erhaltung des Körpers vom Herrn als Anteil beiseite gelegt
sind.
Es gibt viele Beispiele, wie wir die Dinge verwenden
sollen, die für uns vom Herrn beiseite gelegt sind. Auch das
wird in der Bhagavad-gita erklärt: Zu Beginn beschloß
Arjuna, nicht zu kämpfen. Diese Entscheidung entsprang
seiner eigenen Überlegung. Arjuna sagte zum Herrn, er
könne sich des Königreichs nicht erfreuen, nachdem er
seine eigenen Verwandten getötet hätte. Diese
Betrachtungsweise beruhte auf der körperlichen
Lebensauffassung, denn er dachte, sein Körper sei er selbst
und seine körperlichen Beziehungen und Erweiterungen
seien seine Brüder, Neffen, Schwäger, Großväter usw. Er
dachte so, um seine körperlichen Bedürfnisse zu
befriedigen. Der Herr verkündete die Bhagavad-g…ta, um
diese Auffassung zu ändern, und am Ende der
Unterweisungen beschloß Arjuna, unter der Führung des
Herrn zu kämpfen, als er sagte: kariye vacanaˆ tava. "Ich
werde ganz nach Deinen Worten handeln." (Bg. 18.73)
In dieser Welt ist es dem Menschen nicht bestimmt, sich
wie die Hunde und Katzen abzuquälen. Er muß intelligent
genug sein, die Bedeutsamkeit des menschlichen Lebens zu
erkennen, und sich weigern, wie ein gewöhnliches Tier zu
handeln. Ein Mensch sollte das Ziel seines Lebens
erkennen. Diese Anweisung wird in allen vedischen
Schriften gegeben, und die Essenz finden wir in der
Bhagavad-gita. Die vedische Literatur ist für Menschen,
nicht für Hunde und Katzen, bestimmt. Hunde und Katzen
dürfen andere Tiere töten, um sich zu erhalten, und
sündigen dabei nicht, doch wenn ein Mensch ein Tier zur
Befriedigung seines unbeherrschten Gaumens tötet, bricht
er die Gesetze der Natur und muß sich dafür verantworten.
In der Bhagavad-gita wird erklärt, daß es in Entsprechung
zu den verschiedenen Erscheinungsweisen der materiellen
Natur drei Arten von Tätigkeiten gibt: Tätigkeiten in
Tugend, in Leidenschaft und in Unwissenheit. In ähnlicher
Weise gibt es auch drei Arten von Nahrungsmitteln:
Nahrungsmittel in Tugend, in Leidenschaft und in
Unwissenheit.
All dies wird eingehend erklärt, und wenn
wir die Unterweisungen der Bhagavad-gita richtig nutzen,
wird unser ganzes Leben geläutert werden, und schließlich
werden wir imstande sein, den höchsten Bestimmungsort zu
erreichen: yad gatva na nivartante tad dhama paramaˆ
mama (Bg. 15.6). Aus der Bhagavad-gita erfahren wir, daß
es jenseits des materiellen Himmels noch einen anderen,
spirituellen Himmel gibt, der als sanatana-Himmel bekannt
ist. Wir sehen, daß in unserem materiellen Himmel alles
vergänglich ist. Etwas tritt ins Dasein, bleibt eine Zeitlang
bestehen, erzeugt einige Nebenprodukte, zerfällt und
vergeht schließlich. Das ist das Gesetz der materiellen
Welt, ob wir als Beispiel unseren Körper, eine Frucht oder
irgend etwas anderes hier Geschaffenes nehmen. Doch
jenseits dieser zeitweiligen Welt gibt es noch eine andere
Welt, von der wir Berichte und Beschreibungen haben:
paras tasmat tu bhavo ’nyo (Bg. 8.20). Es gibt noch eine
andere Natur, die sanatana (ewig) ist, und der j…va wird
ebenfalls als sanatana beschrieben: mamaivaˆo j…va-loke
j…va-bh™taƒ sanatanaƒ (Bg. 15.7). Sanatanaƒ bedeutet
ewig, und auch der Herr wird im Elften Kapitel als
sanatanaƒ beschrieben. Weil wir eine vertraute Beziehung
zum Herrn haben und da wir alle qualitativ eins sind - das
sanatana-dhama oder ewige Reich, die sanatana-Höchste-
Persönlichkeit und die sanatana-Lebewesen -, besteht der
Sinn der Bhagavad-gita darin, unsere sanatana-
Beschäftigung, das heißt unser sanatana-dharma, die ewige
Beschäftigung des Lebewesens, wiederzubeleben. Wir sind
jetzt vorübergehend mit verschiedenen Tätigkeiten
beschäftigt, doch können diese geläutert werden, wenn wir
alle zeitweiligen Tätigkeiten aufgeben (sarva-dharman
parityajya; Bg. 18.66) und nach den Anweisungen des
Höchsten Herrn handeln. Dann beginnt unser wahres
Leben.
Wie oben erwähnt, ist der Höchste Herr sanatanaƒ, und
Sein transzendentales Reich, das jenseits des materiellen
Himmels liegt, ist ebenfalls sanatanaƒ, und auch die
Lebewesen sind sanatanaƒ. Die Gemeinschaft der
sanatana-Lebewesen mit dem sanatana-Höchsten-Herrn
im sanatana-Reich ist das endgültige Ziel des
menschlichen Lebens. Der Herr ist zu den Lebewesen sehr
gütig, weil sie Seine Söhne sind. Srir Krisna erklärt in der
Bhagavad-gita (14.4): sarva-yoniu ... ahaˆ b…ja-pradaƒ
pita. "Ich bin der Vater aller Lebewesen." Natürlich gibt es
viele verschiedene Arten von Lebewesen, je nach ihrem
unterschiedlichen karma, doch hier erklärt der Herr, daß Er
der Vater aller ist. Aus diesem Grund steigt der Herr in die
materielle Welt hinab, um nämlich die gefallenen,
bedingten Seelen zum sanatana- (ewigen) Himmel
zurückzurufen, auf daß die sanatana-Lebewesen ihre
sanatana-Stellung in der ewigen Gemeinschaft des Herrn
wiedererlangen können. Der Herr kommt entweder Selbst
in verschiedenen Inkarnationen oder schickt Seine
vertrauten Diener als Söhne oder Seine Gefährten oder
acaryas, um die bedingten Seelen zurückzurufen.
Sanatana-dharma bezieht sich daher nicht auf irgendeinen
sektiererischen religiösen Vorgang. Es ist die ewige
Aufgabe der ewigen Lebewesen in Beziehung zum ewigen
Höchsten Herrn. Sanatana-dharma bezieht sich, wie
gesagt, auf die ewige Beschäftigung des Lebewesens.
Ramanujacarya hat das Wort sanatana erklärt als "das, was
weder Anfang noch Ende hat." Wenn wir also von
sanatana-dharma sprechen, müssen wir aufgrund der
Autorität Sri Ramanujacaryas davon ausgehen, daß es
weder Anfang noch Ende hat.
Das Wort Religion und der Begriff sanatana-dharma
unterscheiden sich ein wenig voneinander. Religion
vermittelt die Idee des Glaubens, und Glauben mag sich
ändern. Ein Mensch mag sich zu einem bestimmten
Glauben bekennen, und er mag diesen Glauben wechseln
und einen anderen Glauben annehmen, doch sanatanadharma
bezieht sich auf die Tätigkeit, die niemals
gewechselt werden kann. Man kann zum Beispiel nicht die
Flüssigkeit vom Wasser oder die Wärme vom Feuer
trennen. In ähnlicher Weise kann auch die ewige Funktion
des ewigen Lebewesens nicht vom Lebewesen getrennt
werden. Sanatana-dharma ist ewig mit dem Lebewesen
verbunden. Wenn wir von sanatana-dharma sprechen,
müssen wir daher auf der Grundlage der Autorität Sri
Ramanujacaryas anerkennen, daß sanatana-dharma weder
Anfang noch Ende hat. Das, was weder Ende noch Anfang
hat, kann auf keinen Fall sektiererisch sein oder durch
irgendwelche Begrenzungen eingeschränkt werden.
Dennoch werden diejenigen, die einem sektiererischen
Glauben angehören, dieses sanatana-dharma zu Unrecht
ebenfalls für sektiererisch halten. Wenn wir es jedoch etwas
eingehender betrachten und mit den Augen echter
Wissenschaft sehen, werden wir erkennen können, daß
sanatana-dharma die Aufgabe aller Menschen auf der Welt
ist - ja aller Lebewesen im Universum.
Ein Glaube, der nicht sanatana ist, hat in den Annalen der
Menschheitsgeschichte einen Anfang, doch sanatanadharma
hat keinen Anfang, da er mit den Lebewesen ewig
verbunden bleibt. Was die Lebewesen betrifft, so heißt es in
den autoritativen astras, daß es für das Lebewesen weder
Geburt noch Tod gibt. In der Bhagavad-gita (2.20) heißt es
eindeutig, daß das Lebewesen niemals geboren wird und
niemals stirbt. Es ist ewig und unzerstörbar und lebt selbst
nach der Zerstörung seines zeitweiligen materiellen
Körpers weiter. In bezug auf den Begriff sanatana-dharma
müssen wir versuchen, von der Sanskritwurzel des Wortes
dharma her die Bedeutung von "Religion" zu verstehen.
Dharma bezieht sich auf das, was mit einem bestimmten
Gegenstand immer verbunden ist. Wie wir bereits
erwähnten, lautet unsere Schlußfolgerung, daß Wärme und
Licht zusammen mit Feuer bestehen; ohne Wärme und
Licht verliert das Wort Feuer seine Bedeutung. In ähnlicher
Weise müssen wir den wesentlichen Teil des Lebewesens
entdecken, das heißt den Teil, der es ständig begleitet.
Dieser ständige Begleiter ist seine ewige Eigenschaft, und
diese ewige Eigenschaft ist seine ewige Religion.
Als Sanatana Gosvam… Sri Caitanya Mahaprabhu nach dem
svar™pa eines jeden Lebewesens fragte, antwortete der
Herr, das svar™pa oder die wesensgemäße Stellung des
Lebewesens bestehe darin, der Höchsten Persönlichkeit
Gottes zu dienen. Wenn wir diese Erklärung Sri Caitanyas
genauer untersuchen, können wir leicht verstehen, daß
jedes Lebewesen ständig damit beschäftigt ist, einem
anderen Lebewesen zu dienen. Ein Lebewesen dient
anderen Lebewesen in vielerlei Weise, und indem es sich so
verhält, genießt es das Leben. Die niederen Tiere dienen
den Menschen, und Diener dienen ihrem Meister. A dient
dem Meister B; B dient dem Meister C; C dient dem
Meister D, und so fort. So gesehen dient ein Freund seinem
Freund; die Mutter dient ihrem Sohn; die Frau dient ihrem
Mann; der Mann dient seiner Frau und so fort. Wenn wir
diese Betrachtungsweise weiter fortsetzen, erkennen wir
bald, daß niemand in der Gesellschaft lebender Wesen vom
Dienen ausgenommen ist. Der Politiker präsentiert sein
Programm der Öffentlichkeit, um sie von der Güte seines
Dienstes zu überzeugen. Die Wähler geben dann dem
Politiker ihre wertvollen Stimmen, weil sie glauben, er
werde der Gesellschaft guten Dienst leisten. Der
Ladenbesitzer dient dem Kunden; der Arbeiter dient dem
Kapitalisten; der Kapitalist dient der Familie; die Familie
dient dem Staat, und all dies geschieht aufgrund der ewigen
Eigenschaft des ewigen Lebewesens. Wir sehen also, daß es
kein Lebewesen gibt, das davon ausgenommen ist, anderen
Lebewesen zu dienen, und daher können wir die
Schlußfolgerung ziehen, daß Dienst der ständige Begleiter
des Lebewesens ist, und so kann man mit Gewißheit sagen,
daß Dienen die ewige Religion des Lebewesens darstellt.
Aber dennoch bekennt sich ein Mensch zu einer
bestimmten Glaubensrichtung, die sich von der besonderen
Zeit, den Umständen und seiner Geburt herleitet, und
behauptet somit, Hindu, Moslem, Christ oder Buddhist zu
sein oder irgendeiner anderen Sekte anzugehören. Solche
Bezeichnungen sind jedoch nicht sanatana-dharma. Ein
Hindu mag seinen Glauben wechseln und Moslem werden,
und ein Moslem mag seinen Glauben wechseln und Hindu
oder Christ werden, usw.., doch unter allen Umständen
beeinträchtigt der Wechsel des Glaubens nicht die ewige
Beschäftigung, anderen zu dienen. Der Hindu, Moslem
oder Christ dient unter allen Umständen immer irgend
jemandem. Sich zu einer bestimmten Art von Glauben zu
bekennen bedeutet daher nicht, sich zu seinem sanatanadharma
zu bekennen. Der ständige Begleiter des
Lebewesens, das heißt Dienen, ist sanatana-dharma.
Tatsächlich sind wir mit dem Höchsten Herrn durch eine
Beziehung des Dienstes verbunden. Der Höchste Herr ist
der Höchste Genießer, und wir Lebewesen sind ewiglich
Seine Diener. Wir sind für Seinen Genuß geschaffen, und
wenn wir an diesem ewigen Genuß der Höchsten
Persönlichkeit Gottes teilnehmen, werden wir glücklich
werden. Wir können nicht auf andere Weise glücklich
werden. Es ist nicht möglich, unabhängig glücklich zu sein,
ebenso wie kein Teil des Körpers glücklich sein kann, ohne
mit dem Magen zusammenzuarbeiten. In ähnlicher Weise
ist es für das Lebewesen nicht möglich, glücklich zu sein,
ohne dem Höchsten Herrn in transzendentaler Liebe zu
dienen.
Verschiedene Halbgötter zu verehren oder ihnen zu dienen
wird in der Bhagavad-gita nicht gutgeheißen.
„"Diejenigen, deren Geist durch materielle Wünsche verzerrt
ist, ergeben sich Halbgöttern und folgen, ihrem eigenen
Wesen entsprechend, bestimmten Regeln und Vorschriften
zur Verehrung."
Hier heißt es eindeutig, daß diejenigen, die von Lust
getrieben werden, die Halbgötter, und nicht den Höchsten
Herrn, Sri Krisna, verehren. Wenn wir den Namen Krisna
erwähnen, beziehen wir uns nicht auf irgendeinen
sektiererischen Namen. Krisna bedeutet die höchste Freude,
und es wird bestätigt, daß der Höchste Herr das Behältnis
oder der Speicher aller Freude ist. Wir alle sehnen uns nach
Freude. šnandamayo ‘bhyasat (Vs. 1.1.12). Die Lebewesen
sind, genau wie der Herr, von Bewußtsein erfüllt und
streben nach Glück. Der Herr ist immer glücklich, und
wenn wir mit dem Herrn zusammenkommen, Ihm dienen
und mit Ihm zusammenarbeiten, werden wir ebenfalls
glücklich.
Im Fünfzehnten Kapitel der Bhagavad-g…ta wird eine
treffende Darstellung der materiellen Welt gegeben. Es
heißt dort:
r… bhagavan uvaca
™rdhva-m™lam adhaƒ-akham
avatthaˆ prahur avyayam
chandaˆsi yasya parŠani
yas taˆ veda sa veda-vit
Der Höchste Herr sprach: "Es gibt einen Banyanbaum,
dessen Wurzeln nach oben und dessen Zweige nach unten
zeigen, und die vedischen Hymnen sind seine Blätter. Wer
diesen Baum kennt, kennt die Veden." (Bg. 15.1)
Hier wird die materielle Welt als ein Baum beschrieben,
dessen Wurzeln nach oben zeigen (™rdhva-m™lam). Auch
in unserem Erfahrungsbereich gibt es einen Baum, dessen
Wurzeln nach oben zeigen: Wenn man am Ufer eines
Flusses oder Gewässers steht, kann man sehen, daß die
Bäume im Wasser umgekehrt gespiegelt werden. Die
Zweige zeigen nach unten und die Wurzeln nach oben. In
ähnlicher Weise ist die materielle Welt eine Spiegelung der
spirituellen Welt. Die materielle Welt ist nichts weiter als
ein Schatten der Wirklichkeit. Der Schatten hat keine
Wirklichkeit oder Substanz, doch können wir anhand des
Schattens verstehen, daß es die Wirklichkeit gibt. In der
Wüste gibt es kein Wasser, aber eine Luftspiegelung läßt
darauf schließen, daß so etwas wie Wasser existiert. In der
materiellen Welt gibt es kein Wasser bzw. kein Glück - das
wirkliche Wasser tatsächlichen Glücks ist in der spirituellen
Welt zu finden.
Der Herr legt uns nahe, die spirituelle Welt auf folgende
Weise zu erreichen:
nirmana-moha jita-saŠga-doa
adhyatma-nitya vinivtta-kamaƒ
dvandvair vimuktaƒ sukha-duƒkha-saˆjñair
gacchanty am™haƒ padam avyayaˆ tat
"Wer von Illusion, falschem Prestige und falscher
Gemeinschaft frei ist, wer das Ewige versteht, die
materielle Lust hinter sich gelassen hat und von der
Dualität von Glück und Leid befreit ist und wer weiß, wie
man sich der Höchsten Person ergibt, erreicht dieses ewige
Königreich." (Bg. 15.5)
Dieses padam avyayam oder ewige Königreich kann
jemand erreichen, der nirmana moha ist. Nirmana bedeutet,
daß wir nach Bezeichnungen streben: Jemand möchte
Sohn, ein anderer Herr und wieder ein anderer Präsident
oder ein reicher Mann oder König oder irgend etwas
anderes werden. Solange wir an solchen Bezeichnungen
haften, sind wir an den Körper gebunden, denn
Bezeichnungen gehören zum Körper. Wir sind aber nicht
unser Körper, und diese Erkenntnis bildet die erste Stufe
spiritueller Verwirklichung. Jita-sa‰ga-doa: Wir sind mit
den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur
verbunden, müssen uns jedoch durch hingebungsvollen
Dienst für den Herrn von ihnen lösen. Solange wir uns
nicht zum hingebungsvollen Dienst für den Herrn
hingezogen fühlen, können wir uns nicht von den
Erscheinungsweisen der materiellen Natur lösen. Deshalb
sagt der Herr: vinivtta-kamaƒ. Diese Bezeichnungen und
Anhaftungen sind zurückzuführen auf unsere Lust und
unser Begehren, das heißt unser Verlangen, die materielle
Natur zu beherrschen. Solange wir diese Neigung, die
materielle Natur zu beherrschen, nicht aufgeben, besteht
keine Möglichkeit, in das Königreich des Höchsten, das
sanatana-dhama, zurückzukehren. In dieses ewige
Königreich, das niemals zerstört wird wie die materielle
Welt, kann jemand eingehen, der von den Verlockungen
falscher Genüsse nicht verwirrt ist (am™haƒ). Wer im
erhabenen Dienst des Höchsten Herrn verankert ist, kann
sehr leicht in dieses ewige Königreich zurückkehren.
Dieses ewige Königreich benötigt weder Sonne noch
Mond, noch Elektrizität. Somit haben wir also einen
kleinen Einblick bekommen, wie man dieses ewige
Königreich erreichen kann.
An einer anderen Stelle in der Bhagavad-g…ta heißt es:
"Dieses höchste Reich wird unmanifestiert und unfehlbar
genannt und ist das höchste Ziel. Geht jemand dorthin,
kehrt er nie wieder zurück. So beschaffen ist Mein höchstes
Reich." (Bg. 8.21)
Avyakta bedeutet unmanifestiert. Nicht einmal in der
materiellen Welt ist uns alles sichtbar. Unsere Sinne sind so
unvollkommen, daß wir nicht einmal alle Sterne und
Planeten in diesem einen materiellen Universum sehen
können. Die vedischen Schriften geben uns viele Auskünfte
über die verschiedenen Planeten, und es liegt an uns, dieses
Wissen anzunehmen oder nicht. Alle wichtigen Planeten
werden in den vedischen Schriften, vor allem im ®r…mad-
Bhagavatam, beschrieben; doch die spirituelle Welt, die
jenseits des materiellen Universums liegt (paras tasmat tu
bhavo 'nyo; Bg. 8.20), wird als avyakta (unmanifestiert)
beschrieben, und sie ist das paramaˆ gatim (höchste Ziel).
Unser ganzes Wünschen und Sehnen sollte darauf gerichtet
sein, in dieses höchste Königreich zu gelangen, denn wenn
man es erreicht (yaˆ prapya), braucht man nicht wieder in
die materielle Welt zurückzukehren (na nivartante)."
einleitung zur bhagavad-gita
Die Staaten blühen nur, wenn entweder Philosophen herrschen oder die Herrscher philosophieren.
Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit.
- Platon -