Warum muss man sich heutzutage für alles entschuldigen?

DarkOrb schrieb am 18.01.2015:Warum muss man sich heutzutage für alles entschuldigen?

Weil Meinungen und Ansichten, sind sie erstmal geäussert eine größere Reichweite haben als früher. War in der Prä-Internet Ära alles auf kleine Kreise ausgerichtet so spricht man heute wohlmöglich - gerade im professionellen Bereich tausende an, wenn bspw. eine Werbekampagne misslingt weil nicht bedacht wurde dass "Ein Volk - ein Wagen" auch andere Assoziationen wecken könnte als die, schnurstracks ins nächste Autohaus zu wetzen um sich die Familienkarre zu leasen.

Die Entschuldigung war in früheren Zeiten vielleicht die Bezeugung eines Ehrenmannes, die nicht zu oft ausgesprochen gehört. Da wir aber heute sehr viel mehr kommunizieren, und das mit deutlich größerer Reichweite - entschuldigt man sich mehr, so mein Eindruck.

Viel nerviger finde ich, dass man ständig für alles "Verständnis" haben "muß"

Ich denke, heutzutage muss man sich für nichts entschuldigen, denn jeder denkt nur an sich selbst. Der Egoismus herrscht überall nach dem Motto "Ich bin so "frei" und "toll". Mir interessiert kein Schwein".

Muss man nicht. Wenn man stark genug ist, die hässliche Stammtisch-Wut des Pöbels zu ertragen. Aber wenn man Menschen fragt, zählt sich natürlich keiner zu diesen Kreaturen...

sich wegen allem entschuldigen wäre ein fehler. die mitmenschen würden merken dass man unsicher ist und nicht wenige würden das sicher ausnutzen.

Es ist sehr gut wenn man selbstkritisch ist und ein entschuldigen ohne sich auf die zunge beissen zu müssen, herausbekommt.


Aber zuviel des guten ist auch nicht von vorteil

Naja, natürlich muss man sich heutzutage für alles bei jedem entschuldigen, denn so über die Jahre haben wir begonnen eine Gesellschaft der Opfer zu kreieren in der jeder kleine Anflug von... was auch immer als offensiv aufgefasst werden kann.

SirParzival schrieb:natürlich muss man sich heutzutage für alles bei jedem entschuldigen, denn so über die Jahre haben wir begonnen eine Gesellschaft der Opfer zu kreieren

Halt's Maul, Opfer!

@Narrenschiffer

Eine Beleidigung wie sie um Lehrbuch steht. Nur blöd dass ich dich dank heutiger "Sei nicht böse zu mir oder ich verklag dich" Richtlinien jetzt in einem Gefängniskomplex in Sibirien aussetzen dürfte.

SirParzival schrieb:Eine Beleidigung wie sie um Lehrbuch steht

Welche Beleidigung, du Jammerer?

SirParzival schrieb:natürlich muss man sich heutzutage für alles bei jedem entschuldigen, denn so über die Jahre haben wir begonnen eine Gesellschaft der Opfer zu kreieren

Deine Beobachtung revidiere ich gerade.

@Narrenschiffer

Touché. Nun gut, nicht ganz, da deine Beleidigungen als Stilmittel fungieren um meine These zu wiederlegen kann man sie nicht als hinreichende Beleidigung ansehen.

Im vergangenen Jahr habe ich mir Die Verschwulung der Welt von Helfer/ al-Daif durchgelesen. Das Thema des Buchs geht zwar in eine andere Richtung, als Provokation für den Thread fiel es mir dennoch ein. Eine Verschwulung, eine Verweichlichung halte ich für einen der Gründe bei diesem Thema.

Einen anderen Grund vermute ich im allgegenwärtigen Gefallenwollen - eine Unsitte, die sich immer weiter verbreitet und Folge einer Like-Gesellschaft ist, die nach Aufmerksamkeit hascht und nirgends anecken will. Ständiges Entschuldigen, häufiges Apostrophieren, aalglattes Herumgerede - all das gehört rein in dieses Thema.

@niurick

Das muss eine Sache der (persönlichen) Wahrnehmung sein. Ich empfinde es genau umgedreht.

Heutzutage will man doch gerade und bewusst anecken, man provoziert nur um der Provokation Willen, es ist diese "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen"-Gesellschaft, wo Beleidigungen wieder salonfähig werden, um ein Zeichen gegen politische Korrektheit (und Verweichlichung!) zu setzen. Und genau darin drückt sich das Gefallenwollen aus, umso mehr man am Stammtisch auf die Kacke haut und je unmoralischer / provokanter man sich gibt, desto mehr Freunde macht man sich doch.

Gibt natürlich auch die Gegenseite, die hier schon besprochenen chronisch empörten Berufsbetroffenen. Ich glaube, beide Seiten schaukeln sich gegenseitig hoch. Und wer sich eine neutrale oder differenzierte Position erlaubt, der wird dann von beiden Seiten angefeindet. :-)

@niurick

niurick schrieb:Eine Verschwulung, eine Verweichlichung halte ich für einen der Gründe bei diesem Thema.

Tja, nur blöd, dass schwul sein nichts mit Verweichlichung zu tun hat.
Eine Errungenschaft der Zivilisation ist es, dass auch Männer zu ihren Gefühlen stehen können, ob sie nun hetero oder homo sind.
Du kannst diese Entwicklung entweder akzeptieren oder bei deiner engstirnigen Meinung bleiben, wisse aber, dass früher oder später alle Ewiggestrigen vom Fortschritt überrollt werden.

deja-vu. schrieb:Heutzutage will man doch gerade und bewusst anecken, man provoziert nur um der Provokation Willen

Durchaus möglich - aber wo nimmst du das (außer bei Allmy) wahr? Der Punkt lässt sich auch mit einem sich ausbreitenden Zynismus, einer unangenehmen Süffisanz in Verbindung bringen, die sich ebenfalls beobachten lässt. Dahinter vermute ich aber in erster Linie Unsicherheit und Minderwertigkeitskomplex.
Denn wer seine vermeintliche Kritik hinter einer einleitenden Entschuldigung versteckt, hat ohnehin weder Absicht noch Rückgrat, diese zu Ende zu denken. An der Stelle hat die Entschuldigung ihren Ursprung in einem Freud'schen Versprecher: sie entspringt dann eben keinem aufrichtigen Charakter.

Das erkennst du doch im Beitrag unter deinem.

Wo entstehen denn diese Shitstorms? Auf der Straße? In Leserbriefen der Zeitungen? Nein, im Internet. Auf Facebook, Twitter etc. Durch die Anonymität des Internets sinken bei vielen einfach die Hemmschwellen und man sieht sich in der breiten Masse geschützt, um auch mal "die Sau rauszulassen". Lässt sich ja in vielen anderen Bereichen auch erkennen: Cyber-Mobbing z.B.

Man kann seinem Unmut über eine an sich harmlose Sache also viel einfacher Luft schaffen und findet sogar noch andere Gleichgesinnte. Um dann Schadensbegrenzung zu betreiben, ziehen viele wieder zurück.

Es gab doch vor kurzem auch einen Fall von einem ZDF-Moderator (?), der ein braunes Hemd trug, wodurch sich einige belästigt fühlten und ihm unterstellten, ein Nazi zu sein... Daraufhin gab es auch eine große Entschuldigung auf der FB-Seite. Muss schauen, ob ich das noch finde^^

@MissFortune

MissFortune schrieb: der ein braunes Hemd trug, wodurch sich einige belästigt fühlten und ihm unterstellten, ein Nazi zu sein

Nichts neues auf Fratzenbuch ist alles möglich, die Leute die diesen Unsinn denken würde im realen Leben dafür verspottet werden, auf Fratzenbuch bekommen sie dafür Anerkennung....

@MissFortune

MissFortune schrieb:Es gab doch vor kurzem auch einen Fall von einem ZDF-Moderator (?), der ein braunes Hemd trug, wodurch sich einige belästigt fühlten und ihm unterstellten, ein Nazi zu sein...

soweit sind wir nun schon, dass man sich die farbe seines hemdes genau
überlegen muss, nur weil so paar dämliche primaten nur noch nazis im schädel haben.
das geht doch alles zu weit.
totale übertreibung - es reicht langsam!

Alienpenis schrieb:nur weil so paar dämliche primaten nur noch nazis im schädel haben.
das geht doch alles zu weit.

Wir erinnern uns an ein Shirt mit Comicfiguren:
http://www.theguardian.com/science/video/2014/nov/14/rosetta-scientist-matt-taylor-breaks-down-apology-offensive-shirt-video

cries as he makes an apology for wearing an 'offensive' shirt.

Ich bin ja eigentlich gegen Gewalt, aber bei solchen "Auswüchsen der Gesellschaft" ... :D

@Alienpenis @Bodo @Rainlove

http://m.focus.de/kultur/kino_tv/morgenmagazin-hooligan-koeln-demonstration-zdf-blamiert-sich-mit-entschuldigung-fuer-braunes-hemd_id_4234661.html

Hier eine kleiner Artikel... schon sehr lächerlich das ganze >.> Aber genau das ist es: Menschen, die normalerweise nie das Maul aufmachen würden, fühlen sich in der Masse sicher und hauen raus was geht. is ja hier teilweise nicht anders :P

@MissFortune
Sehr schön :D
Einige haben aber echt passende Antworten darauf gegeben, Daumen hoch :D