Könntet ihr einen Seitensprung verzeihen?

Eifersucht ist die Angst vor dem Vergleich. Sie/er könnte jemanden finden, der/die besser ist als ich. Besser aussieht, mehr Geld hat, besser im Bett ist oder netter zu den Kindern. Statt darin, in dieser Konkurrenzsituation, einen Ansporn zu sehen, selbst "besser" zu werden, und sich der Konkurrenz zu stellen, verweigert man sich dieser praktischen Kritik des Partners, in dem man eifersüchtig ist, was im Extremfall dazu führen kann, den Partner von der Aussenwelt abzuschotten, in dem man ihn einsperrt, ihn aber wenigstens permanent in seinem sozialen Umgang kontrolliert. Dann wird Eifersucht zu einem Wahn, der Beziehungen und Menschenleben zerstört.

Habe ich die nötige Stärke, mich der Konkurrenz zu stellen, mich, um im Wirtschaftsbild zu bleiben, dem Markt zu stellen, weil ich besondere Qualitäten habe, Alleinstellungsmerkmale, die meine Kunden an mir schätzen, ich leistungsstark, wartungsarm und günstig im Preis-Leistungs-Verhältnis bin, darüber hinaus innovativ und kreativ, dann macht mir die Konkurrenz keine Angst. Dann stelle ich mich mit Freuden dem Wettbewerb, weil ich daraus nur lernen und letztlich profitieren kann. Natürlich hat auch mein Partner etwas davon: Freiheit. Die Freiheit der Wahl - und den Anspruch auf meine Weiterentwicklung.

Ich schätze meinen Partner, in dem ich ihm vertraue, ihm die Freiheit zur Entscheidung überlasse.

Das Schöne an einer freien und gleichberechtigten Beziehung ist nach meinen Erfahrungen aus fast einem Vierteljahrhundert: Die Verbindung ist um so enger, je offener sie ist. Das klingt paradox, ist aber so. Je länger die Leine, desto treuer der Hund. Weil der Hund weiss, was er an seinem Herrchen/Frauchen hat. Katzen brauchen überhaupt keine Leine. Sie kommen und gehen, wann sie wollen. Sie kommen zurück, weil sie Dich lieben. In über zwanzig Jahren hat es keine Aussenbeziehung geschafft, die Binnenbeziehung zu irritieren - und in über zwanzig Jahren haben wir als Aussenbeziehung die Binnenbeziehungen anderer stets respektiert, nie in Frage gestellt. Das geht, wenn man weiss, dass Menschen frei sind.

Der Grundsatz einer Beziehung bedeutet: Klarheit und Gemeinsamkeit in den wesentlich Fragen. Dazu bedarf es einer Menge Diskussionen und Kompromisse. Wenn sich beide Partner entschliessen, eifersüchtig zu sein, dann ist das ebenso in Ordnung, wie es in Ordnung ist, wenn sie beide auf Eifersucht verzichten. Sonst ist es keine gleichberechtigte Beziehung, sondern sie hat einfach einen Interessenskonflikt und ein Machtgefälle. Das ist dann schlecht für alle Beteiligten.

Bei Eifersucht handelt es sich nicht um die Scheu vor dem Vergleich. Der ist so gegenwärtig im Alltag, dass er nicht plötzlich als unangenehm empfunden wird.

Der Kern des Verliebtseins hat wesentlich mit Egoismus zu tun. Liebe klingt in dem Zusammenhang zu romantisch, darum spreche ich hier vom Begehren: Der Verliebte will begehrt werden. Der größte Feind des Verliebtseins ist jedoch die Gefahr des Verzichts auf Aufmerksamkeit.

Der potenzielle Nebenbuhler spielt in diesem Zusammenhang eine weitaus geringere Rolle als die Gefahr einer Nichtberücksichtigung.

@Luma30
@Tussinelda
@Lorea
Für mich geht es nicht darum, ob ich einen "Seitensprung" "verzeihen" kann - ich versuche ihn zu verstehen.
Mir ist klar, wie schmerzhaft ein Seitensprung für ALLE Beteiligten sein kann - und Schmerz ist etwas, dass ich gerne vermeiden möchte. Ich habe allerdings nicht die Möglichkeit, diejenigen, die meinen Schmerz auslösen für alle Zeiten zu eliminieren - das geht einfach nicht.
Was kann ich sonst noch tun, damit mir nicht mehr weh getan wird, wenn ich schon diejenigen, die mir weh tun, nicht eliminieren kann.
Bei mir selbst anfangen?
Ist vielleicht keine schlechte Idee. Ich kann damit anfangen, mir das zu geben, was mir so wichtig ist:
Anerkennung, Achtung, Liebe...
Wenn ich mir das selbst gebe, bin ich voller Selbstachtung, erkenne mich an und liebe mich. Das hat nix mit Narzismus oder Egoismus zu tun sondern mit einer (wie ich finde) grundsoliden Lebenshaltung.
Der Schmerz resultiert doch nur aus dem Verrat. Ich kann aber nicht verraten werden, wenn ich bei mir selbst bin. Wenn ich akzeptiere, dass niemand außer mir selbst, für mein Glück verantwortlich ist, kann mich niemand verraten.
Es fällt uns sehr leicht, die Schuld bei anderen zu suchen (und zu finden) - dabei geht es gar nicht darum, eine Schuldfrage zu klären (und zu verzeihen) - es geht vielmehr darum, zu verstehen, dass das Leben weit mehr zu bieten hat, als "Traditionen", "Glaubenssätze", "Konditionierungen" oder "das Hirn".
Wenn ich nicht verletzt werden möchte, dann ist es sicher hilfreich, damit aufzuhören, mich selbst in Frage zu stellen. Und es könnte auch hilfreich sein, zu akzeptieren, dass wir keine Heiligen sind und manches einfach verdammt weh tut....Eifersucht ist eben eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schaft.

@Driftwood

Driftwood schrieb:Bei mir selbst anfangen?

Ich glaube, das ist immer der beste Weg. Sich selbst kann man ändern - andere nicht.

Driftwood schrieb:Ist vielleicht keine schlechte Idee. Ich kann damit anfangen, mir das zu geben, was mir so wichtig ist:
Anerkennung, Achtung, Liebe...
Wenn ich mir das selbst gebe, bin ich voller Selbstachtung, erkenne mich an und liebe mich. Das hat nix mit Narzismus oder Egoismus zu tun sondern mit einer (wie ich finde) grundsoliden Lebenshaltung.

Das ist eine "Fähigkeit", die bestimmt oft nicht gut genug gepflegt wird. Ich finde, man sollte sich ruhig darauf besinnen.

Driftwood schrieb:Wenn ich akzeptiere, dass niemand außer mir selbst, für mein Glück verantwortlich ist, kann mich niemand verraten.

Das sehe ich auch so. Aus Erwartungen resultieren Verletzungen.

Schwierig ist es aber doch in der "Praxis", ohne Erwartungen oder Ansprüche eine Beziehung zu führen.

@Lorea

Lorea schrieb:Schwierig ist es aber doch in der "Praxis", ohne Erwartungen oder Ansprüche eine Beziehung zu führen.

Ja - das ist es! Und ich finde es auch völlig in Ordnung, klar zu stellen, wenn man verletzt wurde: Das darf sein!
Es wäre einfach nur wünschenswert, wenn man nach dem trocknen der Tränen tief Luft holte und dann eben damit begönne, das zu formulieren, was wirklich ist: Angst, Trauer und vielleicht auch Wut - wobei Wut immer ein Zeichen für ein ungestilltes Bedürfnis ist...(dafür kann der Partner nix, weil er nicht auf der Welt ist, um es mir recht zu machen) - aber ich darf das sagen und mitteilen - solange ich dabei bei mir bleibe und in meiner Wortwahl den anderen nicht an die Wand stelle! Das wäre die Praxis! Und ganz ehrlich...ich übe auch noch ;)

@Driftwood
Ich denke, "Dein" Weg ist zielführend und anwendbar.

Nun wäre ja die Idealkombi, wenn beide Teile der Partnerschaft diesen zu gehen üben würden.

Viel Erfolg! :)

Ja - das wäre es...und gleichzeitig weiß ich, wie utopisch das ist. Ich bin ja schon froh, wenn es "uns" gelingt, uns unseren Schmerz einzugestehen ohne den anderen dafür verantwortlich zu machen. Er ist schließlich "nur" der Auslöser - nicht die Ursache!
Danke für Deine guten Wünsche - den (Erfolg) kann ich wirklich gut gebrauchen...
Und danke für dein Feedback - ich wünsche Dir ebenfalls viel Licht, Kraft und Klarheit...Erfolg - ;)

@Driftwood

Driftwood schrieb:Und danke für dein Feedback - ich wünsche Dir ebenfalls viel Licht, Kraft und Klarheit...Erfolg - ;)

Na, gerne doch. Ich denke oft über sämtliche menschliche Verhaltensweisen nach und find' das immer sehr interessant. Danke Dir - ich bin noch nicht fertig mit dem Thema. :) Obwohl es mich nicht direkt betrifft; aber man soll ja nie "nie" sagen.

Nein, nein, nein. :|

Ich höre immer wieder, man könne Menschen nicht ändern. So richtig stimmt das aber nicht.

Jeder verändert sich in einer Beziehung, jeder gewöhnt sich an Veränderungen. Das Gefasel von der Unveränderbarkeit des Partners führt höchstens dazu, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht und keine Kommunikation, kein Miteinander stattfindet.

Beziehung bedeutet nicht, sich mit sämtlichen Angewohnheiten des Partners abzufinden und ausschließlich an sich zu arbeiten.

@niurick

Da stimm ich dir zu :Y:
Man entwickelt sich ja auch gemeinsam weiter. Ich denke manche Charakterzüge bleiben immer gleich, aber einige Verhaltensweisen ändern sich auch einfach im Laufe einer Partnerschaft.

@niurick
@ahri


Ich stimme euch beiden zu .

niurick schrieb am 08.10.2014:Jeder verändert sich in einer Beziehung, jeder gewöhnt sich an Veränderungen. Das Gefasel von der Unveränderbarkeit des Partners führt höchstens dazu, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht und keine Kommunikation, kein Miteinander stattfindet.

nun es ist klar das menschen sich im laufe der zeit verändern, ob in einer beziehung oder ohne bleibt das nicht aus. was ich persönlich aber immer wieder arg finde ist es wenn sich ein paar kennen und lieben lernt und der eine versucht den anderen nach seinen wünschen zu ändern.. das beginnt bei äusserlichkeiten und endet bei wesenszügen.. und am ende ist der partner nur mehr ne marionette oder er hat am ende so die schnauze voll das er freiwillig das weite sucht oder eben es kommt zum seitensprung

aber zum thema: nein könnt ich nicht, den es wäre ein klares zeichen das der partner wohl nicht mehr so interesse hat wie es sein sollte und auch emotional keine basis mehr für ne beziehung da ist.

@Valkyre

Valkyre schrieb:aber zum thema: nein könnt ich nicht, den es wäre ein klares zeichen das der partner wohl nicht mehr so interesse hat wie es sein sollte und auch emotional keine basis mehr für ne beziehung da ist.

Wüsstest du aber Nichts vom Seitensprung deines Partners, würde alles seinen normalen Weg gehen, oder? Gerade dann, wenn "nur" Sex im Hintergrund steht, eine Abwechslung und ein anderweitige Bestätigung, liegen die Dinge in Zeiten des Internets doch ganz anders als noch vor 20 Jahren. Warum schützen so viele Smartphone-Nutzer ihr Handy mit Passwort, Fingerabdruck, wenn sie nichts zu verbergen hätten? Nein, die Sache liegt doch ganz anders und gerade Frauen nutzen die Möglichkeiten und die daraus entstehende Freiheit ausgiebig. Ich denke einfach auch, beide Geschlechter können heute viel besser zwischen Liebe und Sex trennen und niemand ist eines anderen Menschen Eigentum. Ich selber kennen einige reale Beziehungen, wo eben Seitensprünge von beiden Seiten passieren. Am Anfang ist der Blick und der Gedanke und damit ist die Sache schon tendenziell klar, denn befreit man sich dann von dem Zwang der "Treue", dann scheint man aufzuleben, auch innerhalb der primären Beziehung.
Menschen aus allen Gesellschaftsschichten sind von diesem Gedanken des Seitensprungs betroffen. Man begehrt das, was man täglich sieht und wenn die Dinge einfach werden, dann fallen sehr leicht die Blockaden des Über-Ichs.
Es kommt diesbezüglich auch nicht von ungefähr, wenn solche Internetportale mit eindeutigem Hintergrund in den letzten 10 Jahren enorm an Zulauf und an Umsatz gewonnen haben. Gerade Frauen sind hier aktiv und man kann nicht von einem Männerüberhang sprechen, z.B. auf den Casual-Dating-Seiten. Hier können ganz konkret die Partner ausgesucht werden, die in der gleichen Richtung ticken. Lehnt z.B. ein Mann oder eine Frau in der Beziehung Anal-Sex ab und besteht trotzdem ein Bedürfnis eines Partners danach, dann liegt doch der Wunsch nach praktischer Umsetzung nahe und man könnte sich jemanden suchen.

Der Anteil von potentiellen Fremdgängern in einer festen Beziehung ist dabei wohl hoch.
Menschen, die sich darauf einlassen, wägen ab und wollen auch nichts an ihrer Beziehung verändern. Die große Hoffnung und Erwartung bleibt halt, dass der Seitensprung und auch einen längere sexuelle Beziehung vom Partner unentdeckt, bzw. nicht beweisbar bleibt.

Aber gerade WEIL Seitensprünge nicht häufig geduldet werden und auch gerade dann, wenn sie länger andauern, wird man alles daran setzen, damit der Partner davon nichts erfährt.

Eine Beziehung MIT Seitensprüngen kann gut funktionieren, obwohl eigentlich keine Basis mehr vorhanden wäre. Seitensprünge sind heute nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel in einer Beziehung die schon länger andauert und wo das Verliebtsein langsam dem Alltag weicht.

@guyusmajor
guter Post, sehe es so ähnlich.

Mist! Ich habe kein Smartphone. Bin ich jetzt zu ehelicher Treue verdammt?

Warum allerdings gleich die ganze Beziehung ohne Basis sein soll, nur, weil einer oder beide Sex mit anderen Menschen haben, erschliesst sich mir nicht so ganz. Eine Partnerschaft besteht ja nicht nur aus gemeinsamen sexuellen Aktivitäten.

niurick schrieb am 08.10.2014:Beziehung bedeutet nicht, sich mit sämtlichen Angewohnheiten des Partners abzufinden und ausschließlich an sich zu arbeiten.

Ein guter und kluger Satz, wie ich finde.

Dieses "an sich arbeiten müssen" greift irgendwie manchmal schon um sich... und ich finde es auch übertrieben in manchen Fällen...

Dieses miteinander weiterentwickeln, an sich arbeiten, an der Beziehung arbeiten... gemeinsam an sich arbeiten...

Arbeiten, weiterentwickeln, arbeiten, arbeiten...

Meine Güte, man hat ja das Gefühl, man kommt von der Arbeitsstelle in den nächsten Job!

Diese Vokabeln aus der Arbeitswelt sind irgendwie in die gesellschaftliche Gefühlsebene in Partnerschaften so eingesickert, dass man glauben könnte, ohne an sich zu arbeiten, ist man erledigt in einer Beziehung.

Muss ich an mir arbeiten, wenn mein Partner einen Seitensprung gemacht hat? Ist das passiert, weil ich irgendwie nicht genügend zu meinem Partner aufmerksam war?

Kann ja sein, aber um mir zu zeigen, dass ich nicht mehr so der Richtige bin, braucht es als Diskussionsausgangslage ja dann auch nicht unbedingt der Hüpfer ins Bett mit einem anderen Typen, oder?

Das kann man einem Menschen auch anders sagen.

guyusmajor schrieb: Gerade dann, wenn "nur" Sex im Hintergrund steht, eine Abwechslung und ein anderweitige Bestätigung,

ganz ehrlich menschen die so denken brauchen keine beziehung, die sind besser dran wenn sie single sind.


früher oder später kommt jede lüge ans licht und der betrug wird sichtbar. wenn ich merken würde das mich mein partner betrogen hätte und das geheimgehalten hätte nach dem motto was sie nicht weiß macht sienicht weiß, wäre er wegvom fenster. schon allein weil er mich angelogen und einen auf liebenden partner gemacht hätte obwohl das eindeutig nicht der fall ist. wer liebt nimmt nicht in kauf das sein partner leidet

Heimlichkeiten sollte man in einer Beziehung nicht haben. Es empfiehlt sich ein offener Umgang mit dem Thema. Hier zwei Beispiele:


'N Abend, Schatz, wie wäre es mit einem Quickie vor dem Abendessen?

Ach nö, Sex hatte ich heute schon im Büro!

oder:

Was hast Du denn heute so gemacht?

Ich hatte heute Sex mit Werner und/oder Waltraud.

Schön, und, war sonst noch was? Haben die Kinder die Hausaufgaben erledigt?


Wer so souverän mit nebenehelichem Sex umgehen kann, dessen Beziehung ist nicht gefährdet.

Ich würde einen Seitensprung verzeihen. Mit der richtigen Partnerin.
Mehrere auch, kommt auf den Umstand an. Wenn ich was gelernt habe, dann dass zwei zu einer Beziehung gehören. Ich meine damit, wenn es dazu gekommen sein sollte, werde ich wohl meinen Beitrag dazu geleistet haben. Und wenn nicht, das Leben geht weiter.