@Rheinhausener Heuchelei ist ein bisschen der Kitt der Gesellschaft. Um sich z.B. mit einem Streithahn zu vertragen oder in Frieden auseinanderzugehen, muss man manchmal vorgaukeln, seine Haltung sei okay, ein bestimmter Fehler sei gar nicht so wild usw.
Heuchelei fängt aber auch schon bei jedem "Guten Tag!" an, das man gar nicht so meint.
Bei manchen entwickelt sich das dann schon zum "Leben auf Autopilot", in dem man seine Persönlichkeit beinah komplett zurückhält und nur noch tut und spricht, was andere von einem erwarten. Man will gefallen.
Wenn ich Dir aber anders begegne als jemand anderem, dann ist das nicht immer automatisch Heuchelei, sondern meist eher Einfühlungsvermögen: ich reagiere auf die Aufgeschlossenheit meines Gegenübers und passe mein Gesprächstempo aber natürlich auch die Gesprächsthemen an. Im Niveau flexibel. Man kann seinem Ego und seinen Mitmenschen eigentlich kaum mehr schaden als mit der Einstellung "ich bin genau so und so und nicht anders". Ein sich entfaltender Geist erfindet sich jeden Tag aufs Neue.
Ein bisschen hilfreich bei der Betrachtung sozialer Verhaltensweisen ist der Aufbau der Psyche nach Sigmund Freud: Es (Lust), Überich (Zwang), Ich (Wille) - stimmt nicht ganz und ist teilweise überholt, aber oft ein guter Kompass.
Das hier ist vielleicht auch ein guter Ansatz, warum wir uns so verstellen:
Spoilerhttp://www.youtube.com/watch?v=TJgU5tSZ52g