martenot schrieb:Die Erstellung von Gedichten hat aber andere Gründe und will andere Ziele erreichen. Ein Gedicht wird normalerweise ja nicht zur Lebensberatung oder Zukunftsdeutung oder ähnlichem verwendet.
Sicher, die Intention ist da eine andere. Es gibt aber eben mehr Ähnlichkeiten mit der Kunst als mit der Wissenschaft. Das gilt eigentlich für alle Orakelsysteme die mir bekannt sind.
martenot schrieb:Insofern ist es auch meiner Ansicht nach kein Problem, wenn Gedichte sehr unterschiedlich geschrieben und interpretiert werden können. Dem einen gefällts, dem anderen nicht.
So sehe ich das auch mit Horoskopen. Dem Einen bringt es was, dem Anderen nicht. Und es gibt viele Spielarten und Interpretationen.
martenot schrieb:Aber haben nicht Horoskope einen gewissen Anspruch auf Plausibilität?
Ja, aber nicht über ein Gedicht oder eine Symphonie hinaus und sicher nicht in einem wissenschaftlichen, empirischen oder rational-kritischem Sinn „plausibel“. Ich würde eher von einem Anspruch auf Sinnhaftigkeit sprechen.
martenot schrieb:Oder würdest Du ein erstelltes Horoskop eher mit einem Gedicht oder einer Symphonie vergleichen, die sich erbaulich lesen bzw. hören lassen, aber sehr viel Raum für Spekulationen und Gefühle lassen?
Jop. Egal wie dein Horoskop ausfällt und wer da was hineininterpretieren mag, wie soll da ein irgendwie allgemeiner Anspruch zustandekommen? Und worauf soll er sich beziehen?
martenot schrieb:Und letzlich doch ohne fundierte Aussagekraft eher als poetisches Werk betrachtet werden können?
Als astrologisches Werk, nicht als poetisches. Auch wenn ich da Ähnlichkeiten sehe und Astrologie mehr Kunst als Wissenschaft ist, ist es keine Poesie. Die ganzen Orakelsysteme (Tarot, I-Ging, Kaffeesatzleserei und was es da nicht alles gibt) bilden eine eigene Ordnung, eine eigenständige Form von Kulturtechnik.
Kann man sich drauf einlassen oder nicht.
Aber alle Versuche die Astrologie irgendwie auf die Ebene der Wissenschaften zu heben müssen als gescheitert angesehen werden. Da gab es wirklich genug. Trotzdem existiert sie fröhlich weiter, nachhaltig geschadet hat es ihr nicht. Das lässt sich nur verstehen, wenn für die Meisten Nutzer der Astrologie einfach kein wissenschaftlicher Anspruch dahinter steht.
Wer in der Brigitte sein Wochenhoroskop liest, vermutet wohl kaum dahinter eine exakte Form der Prophezeiung - sondern sucht schlichte Unterhaltung.