@bloodycheeks Deine Ambitionen sind natürlich sehr edel und mit Sicherheit auch Zukunftsweisend in Hinblick auf eine Gesellschaft, in der Vorurteile und Hass keinen Halt mehr bekommen.
Problematisch ist dabei allerdings die Umsetzbarkeit. Wir haben alle mit unseren eigenen Problemen zu kämpfen, und so mag es schnell vorkommen, dass beim Versuch, dieser Person Positivität oder Offenheit entgegenzustellen, genau das mit den Füßen getreten wird.
Das hier:
Schnapspraline schrieb:Bei negativen Menschen gibt es immer die Gefahr dass sie einen selbst runterziehen
fasst es ganz gut zusammen.
Ich habe die Erfahrung, dass - sobald man selbst auch nur ein ganz kleinen wenig wacklig auf den eigenen Beinen steht - eine pessimistische Person in der Lage dazu ist, die eigene Negativität anzuregen.
Resultat dessen: Die Muster und mentalen Fesseln, denen man sich gerade noch entsagt hat, werden mit doppelter Gewalt wieder angelegt.
Sobald man allerdings glaubt, sicher zu stehen und diesen Personen entgegentreten zu können, beginnt ein noch größeres Dilemma:
Man beginnt damit, zu helfen - höflich zu sein, wo Unhöflichkeit waltet. Neben der Tatsache, dass die Negativ-Person solche Höflichkeit wahrscheinlich als "herablassend" interpretieren wird, gibt es eine ganze Reihe an Möglichkeiten, wie mit dir gespielt werden kann. Denn Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Zuneigung, Liebe - Egal was - all das ist ausnutzbar.
Und wenn man sein Herz erst einmal geöffnet hat, den Personen mit Akzeptanz entgegentritt, kommt das Messer geradewegs durch - weil da eben keine Verteidigung mehr ist. Das kann für schlimme Resultate sorgen.
Was Anfangs noch eine standfeste Überzeugung war, dem Hass mit Liebe entgegenzutreten, wandelt sich ganz langsam in eine (Vielleicht erst unterdrückte) Wut in diese Richtung, und irgendwann mündet das ganze in der Überzeugung, dass solche Ambitionen unweigerlich für Enttäuschung sorgen.
Das ist EINE möglichkeit, wie es laufen kann - und wie ich es selbst am eigenen Leib erfuhr.
Denn dafür braucht es eine Sache: Einen sehr starken Willen und vor allem ein überaus großes Bewusstsein für den eigenen Charakter und all seine Eigenschaften. Kurzum - man sollte sich sehr gut kennen.
Das tun die aller meisten Menschen nicht, wie auch ich damals.
Und so kann sich die Negativität zunächst unbemerkt festfressen, wo das Tagbewusstsein noch nichts davon mitbekommt.
Zu welchem Schluss ich über die Jahre gekommen bin:
Da man sowieso keinem etwas weiß machen kann, von dem er selbst nicht auch Willig ist, es zu verstehen, ist es von Anfang an erstmal sehr wichtig, sich selbst kennen zu lernen.
Dazu gehört nicht nur ein Bewusstsein für den eigenen Charakter, sondern auch eines für das Weltbild und die Erwartungen, die wir unbewusst an unsere Mitmenschen haben.
Je tiefer man sich mit diesen Mustern im eigenen Bewusstsein auseinandersetzt, desto besser wird man verstehen können, warum andere Menschen Negativität verbreiten. Man taucht quasi durch die Betrachtung der eigenen Abgründe in die Möglichkeiten ein, unter denen eine andere Person leidet - ohne es selbst zu bemerken. Dann erst kann das Verständnis wirklich heranreifen.
(Es muss von diesen Personen nicht immer als "darunter leiden" empfunden werden - im Fortgeschrittenen Status der Negativität können sich Menschen mitunter auch der Macht des Hasses ergötzen... und Freude daran empfinden.)
Das "Verständnis", was man zuvor aus der Überzeugung heraus, den Hass mit Offenheit und Akzeptanz zu kontern, angewendet hat, basiert in aller Regel nicht auf der tiefen Selbstreflektion. Man hat im Alltag erstmal keinen blassen schimmer, warum viele Menschen eher pessimistisch an Dinge herangehen - sei es auch Probleme betreffend, die sie selbst nichts angehen. Und so ist ein Satz wie "Das versteh ich ja..." meist nur Selbstbetrug.
Im Innern weiß man, dass diese Floskel gerade nur zur Entschärfung der Situation verwendet wurde.
Sobald man allerdings beginnt, wirklich Verständnis zu entwickeln, weil man die Muster in der Denkweise und den Handlungen der anderen Person erkennt, dann wird man weniger solche Floskeln verwenden.
Viel eher kann man überlegen, wie man dem eigenen Pessimismus begegnet ist - beispielsweise mit dem Aufzeigen von Möglichkeiten.
Angewandt auf andere Personen, hilft es, erstmal zu fragen "Warum denkst du so darüber?"
Ins Gespräch kommen... Ab hier ist der Weg individuell je nach Person und Art der Negativität anzupassen.
Es gibt hier kein Allgemein-Rezept. Das sollte einem auch zu jedem Zeitpunkt bewusst sein.
Doch ein Rezept, mit dem man zumindest nicht falsch liegen kann, ist das gründliche Beobachten dieser Personen, bevor man sich überhaupt entschließt, irgendwie in Kontakt mit diesen zu kommen. Sich der Reichweite des Verbalen Messers solcher Menschen entziehen - das braucht schon ein wenig Übung, ist aber Teil der Beobachtungs-praxis,
Und die Beobachtung - wohlgemerkt - ist hier auch ein äußerst mächtiges Prinzip, welches man übt, indem man zunächst nach innen blickt. Einfach zu sagen "Ich sehe, diese Person denkt negativ" reicht hier nicht. Es sollte da schon ein Bewusstsein für die tieferliegenden Prinzipien da sein. Und die werden logischerweise nicht mit dem einmal-hingucken sichtbar.
;) ______
Lange Rede, langer Sinn.
Es ist einfach ein ziemlich komplexes Thema.
Aber fest steht - mit der bloßen Überzeugung, Negativen Personen mit Positivität und Akzeptanz zu begegnen, reicht in aller Regel nicht aus, sondern hat genau das Gegenteil zur Folge, sodass man entweder mit in den Mental-Matsch gezogen wird, oder aber auf lange Zeit einsehen muss, dass man den Zugang zu diesen Menschen nicht findet.
Der clue liegt darin, sich in das Bewusstsein dieser Personen einzuklinken, sie von innen heraus nachvollziehen zu können - also wirkliches Verständnis durch Selbstreflektion und Beobachtung zu entwickeln.
Alles weitere wird dann praktisch im Umgang mit solchen Menschen erprobbar sein.
:)