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Gedichte aus aller Welt

813 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Literatur, Gedichte, Lyrik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Gedichte aus aller Welt

14.05.2020 um 23:24
Ein grossartiges Gedicht aus der Schweiz. Eines der frühen Werke von Silja Walter, einer Klosterfrau im Orden der Benediktinerinnen.

Wenn ich richtig informiert bin, unterliegen Gedichte nach dem Tod der Autoren noch 70 Jahre lang dem Copyright. Silja Walter ist erst vor 9 Jahren gestorben, und so muss ich einen Trick versuchen, damit Ihr das ganze Gedicht einsehen könnt. Ich hoffe das klappt.


Die Irre

Ich bin nicht da. Ich bin doch irgendwo?
Ich gehe laut, behorche meine Schritte,
Doch rühr ich mein Gesicht an, klingt es so,
Als breche man ein Kelchglas in der Mitte.


Die weiteren Strophen sind hier einzusehen https://books.google.ch/books?id=Q2QgkNJTN4cC&pg=PA33&lpg=PA33&dq=ich+bin+nicht+da+silja+walter&source=bl&ots=VJ4bRtz9he&sig=ACfU3U0jpP8lapGDRjBj9dde-7JD1qDxJw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwitv_zIobTpAhVHx4UKHb0eCm0Q6AEwEXoECAoQAQ#v=onepage&q=ich%20bin%20nicht%20da%20silja%20walter&f=false

(Quelle: Silja Walter, Bd.1, Frühe Gedichte, Texte, Erzählungen und Spiele)


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Gedichte aus aller Welt

18.03.2021 um 23:16
Liege nachts wach.
Hab mich mit dem Schlaf verkracht.
Finde keine Ruh.
Der Grund dafür bist du.

Im Kopf fährt das Gedankenkarussell
mal wieder viel zu schnell.
Im Bauch flattern Schmetterlinge
und morgen hab ich Augenringe.

(Beatrix Esser-Schlierf *1971)


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Gedichte aus aller Welt

18.03.2021 um 23:20
Was für ein schönes Gedicht!



Schlummermelodie

Hängt ein Stern in der Nacht,
Irgendwo –
Irrt ein Herz durch die Nacht
Irgendwo –

Saust Wind im Wald,
Irgendwo –
Eulen-Schuhu hallt
Irgendwo –

Blüht ein Wunderbaum
Irgendwo –
In einem Traum
Irgendwo –

Hängt ein Stern in der Nacht,
Irgendwo –
Golden ist der Mond erwacht
Irgendwo –

Irgendwo –


Gerrit Engelke (1890 - 1918)


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Gedichte aus aller Welt

19.03.2021 um 17:49
Hope by Anne Kingsmill Finch

The Tree of Knowledge we in Eden prov'd;
The Tree of Life was thence to Heav'n remov'd:
Hope is the growth of Earth, the only Plant,
Which either Heav'n, or Paradise cou'd want.


Hell knows it not, to Us alone confin'd,
And Cordial only to the Human Mind.
Receive it then, t'expel these mortal Cares,
Nor wave a Med'cine, which thy God prepares.
Anne Kingsmill Finch, Countess of Winchilsea (1661–1720)


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Gedichte aus aller Welt

19.03.2021 um 21:43
Der Bücherfreund

Ob ich Biblio- was bin?
Phile? „Freund von Büchern“ meinen Sie?
Na, und ob ich das bin!
Ha! und wie!

Mir sind Bücher, was den anderen Leuten
Weiber, Tanz, Gesellschaft, Kartenspiel,
Turnsport, Wein und weiß ich was, bedeuten.
Meine Bücher — wie beliebt? Wieviel?

Was, zum Henker, kümmert mich die Zahl.
Bitte, doch mich auszureden lassen.
Jedenfalls: viel mehr, als mein Regal
Halb imstande ist zu fassen.

Unterhaltung? Ja, bei Gott, das geben
Sie mir reichlich. Morgens zwölfmal nur
Nüchtern zwanzig Brockhausbände heben —
Hei ! das gibt den Muskeln die Latur.

Oh, ich musste meine Bücherei,
Wenn ich je verreiste, stets vermissen.
Ob ein Stuhl zu hoch, zu niedrig sei,
Sechzig Bücher sind wie sechzig Kissen.

Ja natürlich auch vom künstlerischen
Standpunkt. Denn ich weiß die Rücken
So nach Gold und Lederton zu mischen,
Dass sie wie ein Bild die Stube schmücken.

Äußerlich? Mein Bester, Sie vergessen
Meine ungeheure Leidenschaft,
Pflanzen fürs Herbarium zu pressen.
Bücher lasten, Bücher haben Kraft.

Junger Freund, Sie sind recht unerfahren,
Und Sie fragen etwas reichlich frei.
Auch bei andern Menschen als Barbaren
Gehen schließlich Bücher mal entzwei.

Wie ? – ich jemals auch in Büchern lese??
Oh, sie unerhörter Ese—
Nein, pardon! – Doch positus, ich säße
Auf dem Lokus und Sie harrten
Draußen meiner Rückkehr, ach dann nur
Ja nicht länger auf mich warten.
Denn der Lokus ist bei mir ein Garten,
Den man abseits ohne Zeit und Uhr
Düngt und erntet dann Literatur.

Bücher – Nein, ich bitte Sie inständig:
Nicht mehr fragen! Lass dich doch belehren!
Bücher, auch wenn sie nicht eigenhändig
Handsigniert sind, soll man hochverehren.

Bücher werden, wenn man will, lebendig.
Über Bücher kann man ganz befehlen.
Und wer Bücher kauft, der kauft sich Seelen,
Und die Seelen können sich nicht wehren.

(Joachim Ringelnatz)


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Gedichte aus aller Welt

19.03.2021 um 21:55
Ist Lieb ein Feur

ISt Lieb ein Feur/ und kan das Eisen schmiegen/
bin ich voll Feur/ und voller Liebes Pein/
wohrvohn mag doch der Liebsten Hertze seyn?
wans eisern wär/ so würd eß mir erliegen/

wans gülden wär/ so würd ichs können biegen
durch meine Gluht; solls aber fleischern seyn/
so schließ ich fort: Eß ist ein fleischern Stein:
doch kan mich nicht ein Stein/ wie sie/ betriegen.

Ists dan wie Frost/ wie kalter Schnee und Eiß/
wie presst sie dann auß mir den Liebesschweiß?
Mich deucht: Ihr Herz ist wie die Loorberblätter/

die nicht berührt ein starcker Donnerkeil/
sie/ sie verlacht/ Cupido/ deine Pfeil;
und ist befreyt für deinem Donnerwetter.
Sibylla Schwarz - ca. 1637, Greifswald.


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Gedichte aus aller Welt

19.03.2021 um 23:54
Der andre Mann

Du lernst ihn in einer Gesellschaft kennen.
Er plaudert. Er ist zu dir nett.
Er kann dir alle Tenniscracks nennen.
Er sieht gut aus. Ohne Fett.
Er tanzt ausgezeichnet. Du siehst ihn dir an ...
Dann tritt zu euch beiden dein Mann.

Und du vergleichst sie in deinem Gemüte.
Dein Mann kommt nicht gut dabei weg.
Wie er schon dasteht -- du liebe Güte!
Und hinten am Hals der Speck!
Und du denkst bei dir so: "Eigentlich ...
Der da wäre ein Mann für mich."

Ach, gnädige Frau! Hör auf einen wahren
und guten alten Papa!
Hättst du den Neuen: in ein, zwei Jahren
ständest du ebenso da!
Dann kennst du seine Nuancen beim Kosen;
dann kennst du ihn in Unterhosen;
dann wird er satt in deinem Besitze;
dann kennst du alle seine Witze.

Dann siehst du ihn in Freude und Zorn,
von oben und unten, von hinten und vorn ...
Glaub mir: wenn man uns näher kennt,
gibt sich das mit dem happy end.
Wir sind manchmal reizend, auf einer Feier ...
und den Rest des Tages ganz wie Herr Meyer.
Beurteil uns nie nach den besten Stunden.

Und hast du einen Kerl gefunden,
mit dem man einigermaßen auskommen kann:
dann bleib bei dem eigenen Mann!

(Kurt Tucholsky 1890-1935)



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Gedichte aus aller Welt

21.03.2021 um 08:21
Zwei

Sie lebten Fleisch an Fleisch
Rippe an Rippe
Auge in Auge

Sie aßen zusammen
Vom selben Ochsen
Vom selben Baum

Sie schauten das Meer
Sie stiegen auf Berge
Und wieder herab

Sie klagten im Sommer
Sie klagten im Winter
Sie klagten im Herbst

Im Frühling starb er
Da merkte sie erst
Sie liebte ihn nie

(Yvan Goll)


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Gedichte aus aller Welt

21.03.2021 um 08:26
:D


Die Liebe is en Feuerzeug,
Des Herz, des is der Zunder,
Un fällt een kleenes Fünksken rein,
So brennt der janze Plunder!

(Adolf Glassbrenner 1810-1876)


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Gedichte aus aller Welt

21.03.2021 um 20:32
Die Stadt

Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.

Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohne Unterlass;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.

Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.

Theodor Storm (1817-1888)


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Gedichte aus aller Welt

22.03.2021 um 21:52
Arm Kräutchen

Ein Sauerampfer auf dem Damm
Stand zwischen Bahngeleisen,
Machte vor jedem D-Zug stramm,
Sah viele Menschen reisen.

Und stand verstaubt und schluckte Qualm
Schwindsüchtig und verloren,
Ein armes Kraut, ein schwacher Halm,
Mit Augen, Herz und Ohren.

Sah Züge schwinden, Züge nahn.
Der arme Sauerampfer
Sah Eisenbahn um Eisenbahn,
Sah niemals einen Dampfer.

(Joachim Ringelnatz)


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Gedichte aus aller Welt

25.03.2021 um 21:14
Am Abend

Weißt du denn – wenn auf Baum und Strauch
Das Astwerk zittert und sich sträubt,
Und wenn der leicht gewellte Rauch
An einer Wetterwand zerstäubt –

Ein scheuer Vogel ohne Laut
An dir vorbei die Flügel schlägt,
Und Wolke sich an Wolke baut –
Wohin dein wilder Wunsch dich trägt?

Weißt du denn, wenn nun alle Welt
Sich eng an Hof und Heimstatt schmiegt,
Und deine Sehnsucht dich befällt, –
Wo deine eigne Heimat liegt?

Hedwig Lachmann (1865 - 1918)


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Gedichte aus aller Welt

28.03.2021 um 23:57
GEORG TRAKL. Seine Gedichte faszinieren mich schon seit Jahrzehnten. Für mich einer der ganz Grossen in den weiten Welten der Lyrik, ein Begnadeter.


Delirium

Der schwarze Schnee, der von den Dächern rinnt;
Ein roter Finger taucht in deine Stirne
Ins kahle Zimmer sinken blaue Firne,
Die Liebender erstorbene Spiegel sind.
In schwere Stücke bricht das Haupt und sinnt
Den Schatten nach im Spiegel blauer Firne,
Dem kalten Lächeln einer toten Dirne.
In Nelkendüften weint der Abendwind.



Die Raben

Über den schwarzen Winkel hasten
Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.
Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei
Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten.

O wie sie die braune Stille stören,
In der ein Acker sich verzückt,
Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt,
Und manchmal kann man sie keifen hören.

Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,
Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug
Und schwinden wie ein Leichenzug
In Lüften, die von Wollust zittern.


Aus Wikipedia:
Georg Trakl (* 3. Februar 1887 in Salzburg; † 3. November 1914 in Krakau, Galizien) war ein österreichischer Dichter des Expressionismus mit starken Einflüssen des Symbolismus. Eine eindeutige Zuordnung seiner poetischen Werke zu einer der annähernd gleichzeitigen Strömungen der Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts ist aber nicht möglich.


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Gedichte aus aller Welt

01.04.2021 um 21:05
FRÜHLINGSGEDICHTE


EIN KLASSIKER

Er ist’s

Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist‘s!
Dich hab ich vernommen!

(Eduard Mörike)



WENIGER KLASSISCH, DAFÜR AMÜSANTER:

Frühling

Die Bäume im Ofen lodern.
Die Vögel locken am Grill.
Die Sonnenschirme vermodern.
Im übrigen ist es still.

Es stecken die Spargel aus Dosen
Die zarten Köpfchen hervor.
Bunt ranken sich künstliche Rosen
In Faschingsgirlanden empor.

Ein Etwas, wie Glockenklingen,
Den Oberkellner bewegt,
Mir tausend Eier zu bringen,
Von Osterstören gelegt.

Ein süßer Duft von Havanna
Verweht in ringelnder Spur,
Ich fühle an meiner Susanna
Erwachende neue Natur.

Es lohnt sich manchmal, zu lieben,
Was kommt, nicht ist oder war.
Ein Frühlingsgedicht, geschrieben
Im kältesten Februar.

(Joachim Ringelnatz)


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Gedichte aus aller Welt

07.04.2021 um 10:41
So sieht es momentan bei uns aus:



Winter

So öde das Land,
es endet nimmer;
das Schneegeflimmer
schimmert wie Sand.

Der kupferne Himmel
gibt keinen Glanz,
der Mond tanzt am Himmel
den Totentanz.

Wie Wolkengespinste
schwanken im Grauen
die Eichen, es brauen
die Nebeldünste.

Der kupferne Himmel
gibt keinen Glanz,
der Mond tanzt am Himmel
den Totentanz.

Paul Verlaine (1844 - 1896)
(Uebersetzt von Fritz Koegel)


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Gedichte aus aller Welt

23.04.2021 um 22:07
Kaum zu glauben, dass dieses Gedicht im 19. Jahrhundert geschrieben wurde. Fernab vom oft allzu schwülstigen Stil
jener Zeit


Wer keinen Frühling hat

Wer keinen Frühling hat, dem blüht er nicht!
Wer schweigt, dem tönt kein Echo hier auf Erden!
Wess Herz nicht dichtet, der fasst kein Gedicht,
Und wer nicht liebt, dem wird nicht Liebe werden.

Was ist der Geist, der nie zum Geiste spricht,
Der selbstgefällig will in sich verwesen?
Was ist ein Gemüt, das nie die Rinde bricht?
Was eine Schrift, die nicht und nie zu lesen?

Es findet jeder Geist verwandte Geister!
Kein Herz, das einsam ohne Liebe bricht!
Nur wer sich selbst verlor, ist ein Verwaister!
Wer keinen Frühling hat, dem blüht er nicht!

(Otto Prechtler 1813 - 1881)


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Gedichte aus aller Welt

30.04.2021 um 23:38
Frühlingsahnung

Rosa Wölkchen überm Wald
wissen noch vom Abendrot dahinter
überwunden ist der Winter,
Frühling kommt nun bald.

Unterm Monde silberweiß,
zwischen Wipfeln schwarz und kraus
flügelt eine Fledermaus
ihren ersten Kreis.

Rosa Wölkchen überm Wald
wissen noch vom Abendrot dahinter
überwunden ist der Winter,
Frühling kommt nun bald.

(Christian Morgenstern)


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Gedichte aus aller Welt

03.05.2021 um 08:45
Jakob van Hoddis

Morgens

Ein starker Wind sprang empor.
Öffnet des eisernen Himmels blutende Tore.
Schlägt an die Türme.
Hellklingend laut geschmeidig über die eherne Ebene der Stadt.
Die Morgensonne rußig. Auf Dämmen donnern Züge.
Durch Wolken pflügen goldne Engelpflüge.
Starker Wind über der bleichen Stadt.
Dampfer und Kräne erwachen am schmutzig fließenden Strom.
Verdrossen klopfen die Glocken am verwitterten Dom.
Viele Weiber siehst du und Mädchen zur Arbeit gehn.
Im bleichen Licht. Wild von der Nacht. Ihre Röcke wehn.
Glieder zur Liebe geschaffen.
Hin zur Maschine und mürrischem Mühn.
Sieh in das zärtliche Licht.
In der Bäume zärtliches Grün.
Horch! Die Spatzen schrein.
Und draußen auf wilderen Feldern
singen Lerchen.


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Gedichte aus aller Welt

04.05.2021 um 22:02
Die Sprecher

Wer immer von seiner
Freigiebigkeit spricht
ist ein Geizhals

Wer immer von seiner
Ehrlichkeit spricht
der betrügt

Wer immer von seiner
Gutmütigkeit spricht
der ist grausam

und wer immer von seiner
freiheitlich -
demokratischen Grundordnung spricht...

Erich Fried "Lebensschatten" Verlag Klaus Wagenbach Berlin 1981. Quartheft 111. S. 30


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Gedichte aus aller Welt

04.05.2021 um 22:12
Ich bin gealtert vor Sehnsucht

Ich bin gealtert vor Sehnsucht nach
Feuchten Februaren und verspäteten Aprilen
Um dir ein Maiglöckchen zu schenken
Wie viele bleiche Nächte hab ich gewacht
Um den Mond zu befragen
Ob deiner Treue
Ich habe elektrische Sommer ertragen
Dein Telegramm erwartend
Und an den Abenden der Traurigkeit
Streichelte ich die Hände sterbender Lilien

Jede Jahreszeit ist gut für die Arbeit des Herzens:
Bauer des Himmels
Säe und ernte ich Sterne
Um uns zu ernähren meine Geliebte.

(Yvan Goll)


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