Gedichte aus aller Welt
Gedichte aus aller Welt
04.05.2021 um 22:21Marianne48 schrieb:Das Gedicht vom Erich Fried ist super. Auf den Punkt gebracht.Die von dir geposteten oft auch @Marianne48
Auch wenn ich nicht immer kommentiere. 🤗
Gedichte aus aller Welt
04.05.2021 um 22:44Shibam schrieb:Auch wenn ich nicht immer kommentiere. 🤗Da hättest Du in letzter Zeit grad ziemlich viel zu tun.
Ich habe immer mal wieder "lyrische Phasen", wo ich viele Gedichte lese, auch laut lese.....und handkehrum wieder Monate/Jahre kaum mehr.
Gedichte aus aller Welt
04.05.2021 um 22:47@Marianne48
Das geht mir tatsächlich ganz ähnlich... Vor allem mit "alten", geliebten und geschätzten Gedichten
Das geht mir tatsächlich ganz ähnlich... Vor allem mit "alten", geliebten und geschätzten Gedichten
Gedichte aus aller Welt
07.05.2021 um 10:24Die Stadt
Ich sah den Mond und des Ägäischen
Grausamen Meeres tausendfachen Pomp.
All meine Pfade rangen mit der Nacht.
Doch sieben Fackeln waren mein Geleit
Durch Wolken glühend, jedem Sieg bereit.
"Darf ich dem Nichts erliegen, darf mich quälen
Der Städte weiten Städte böser Wind?
Da ich zerbrach den öden Tag des Lebens!"
Verschollene Fahrten! Eure Siege sind
Zu lange schon verflackt. Ah! helle Flöten
Und Geigen tönen meinen Gram vergebens.
(Jakob van Hoddis)
Ich sah den Mond und des Ägäischen
Grausamen Meeres tausendfachen Pomp.
All meine Pfade rangen mit der Nacht.
Doch sieben Fackeln waren mein Geleit
Durch Wolken glühend, jedem Sieg bereit.
"Darf ich dem Nichts erliegen, darf mich quälen
Der Städte weiten Städte böser Wind?
Da ich zerbrach den öden Tag des Lebens!"
Verschollene Fahrten! Eure Siege sind
Zu lange schon verflackt. Ah! helle Flöten
Und Geigen tönen meinen Gram vergebens.
(Jakob van Hoddis)
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16.05.2021 um 10:09James Joyce:
Tutto è sciolto - Alles dahin
Ein Himmel, vogelleer, Dämmer vom Meer, einzig ein Stern
blitzt hell von Westen her,
und du, lieb’ Herz gedenkst indes der Liebe, die so fern,
und so entrückt nunmehr.
Die Unschuldsstirn, der jungen Augen sanfter Mut,
der duftend’ Locken Pracht,
die fallen wie das Dunkel fällt, wenn alles ruht,
durch Stille in die Nacht.
Warum in der Erinn’rung jener Reize, süß und zag,
denn unzufrieden sein,
war doch die Liebe, der sie seufzend sich ergab
so gut wie dein?
(Aus dem Englischen von © Bertram Kottmann)
Tutto è sciolto - Alles dahin
Ein Himmel, vogelleer, Dämmer vom Meer, einzig ein Stern
blitzt hell von Westen her,
und du, lieb’ Herz gedenkst indes der Liebe, die so fern,
und so entrückt nunmehr.
Die Unschuldsstirn, der jungen Augen sanfter Mut,
der duftend’ Locken Pracht,
die fallen wie das Dunkel fällt, wenn alles ruht,
durch Stille in die Nacht.
Warum in der Erinn’rung jener Reize, süß und zag,
denn unzufrieden sein,
war doch die Liebe, der sie seufzend sich ergab
so gut wie dein?
(Aus dem Englischen von © Bertram Kottmann)
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22.05.2021 um 22:05An Gabriele B.
Schenk mir dein Herz für vierzehn Tage,
Du weit ausschreitendes Giraffenkind,
Auf dass ich ehrlich und wie in den Wind
Dir Gutes und Verliebtes sage.
Als ich dich sah, du lange Gabriele,
Hat mich ein Loch in deinem Strumpf gerührt,
Und ohne dass du's weisst, hat meine Seele
Durch dieses Loch sich bei dir eingeführt.
Verjag sie nicht und sage: "Ja!"
Es war so schön, als ich dich sah.
(Joachim Ringelnatz)
Schenk mir dein Herz für vierzehn Tage,
Du weit ausschreitendes Giraffenkind,
Auf dass ich ehrlich und wie in den Wind
Dir Gutes und Verliebtes sage.
Als ich dich sah, du lange Gabriele,
Hat mich ein Loch in deinem Strumpf gerührt,
Und ohne dass du's weisst, hat meine Seele
Durch dieses Loch sich bei dir eingeführt.
Verjag sie nicht und sage: "Ja!"
Es war so schön, als ich dich sah.
(Joachim Ringelnatz)
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22.05.2021 um 22:10Gedichte aus aller Welt
22.05.2021 um 22:20amtraxx schrieb:Und ist bekannt ob der Joachim die Gabriele Geringelnatzt hat ?:D
Der Ringelnatz war, so meinte ich mich zu erinnern, ein ziemlich treuer Ehemann. Ich muss unbedingt mal wieder bisschen in seiner Lebensgeschichte rumstöbern.
amtraxx
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22.05.2021 um 22:27Marianne48 schrieb:Der Ringelnatz war, so meinte ich mich zu erinnern, ein ziemlich treuer Ehemann.Hat aber erst mit 33 Jahren geheiratet bis dahin war der bestimmt kein Kostverächter.
Seine Frau..... Muschelkalk 🙈
Wikipedia: Muschelkalk Ringelnatz
Gedichte aus aller Welt
22.05.2021 um 22:30amtraxx schrieb:Hat aber erst mit 33 Jahren geheiratet bis dahin war der bestimmt kein Kostverächter.Ich habe auch bei Wiki bisschen quergelesen. Und genau das auch entdeckt, und mir gedacht, die Gabriele könnte er ja schliesslich vor seiner Ehe gekannt haben.
Gedichte aus aller Welt
22.05.2021 um 22:32amtraxx schrieb:Seine Frau..... Muschelkalk 🙈Es gibt einige Gedichte, in denen er seine Muschelkalk verewigt hat.
Ja, der Ringelnatz war ein Original der ganz besonderen Art.
amtraxx
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22.05.2021 um 22:34Marianne48 schrieb:Es gibt einige Gedichte, in denen er seine Muschelkalk verewigt hat.Deshalb hat er ihr bestimmt den Namen gegeben... Lässt sich besser reimen...
Was reimt sich auf Muschelkalk.....🙄
Gedichte aus aller Welt
22.05.2021 um 22:35amtraxx schrieb:Was reimt sich auf Muschelkalk.....🙄Alk! Der Ringelnatz war ein grosser Trinker, jedenfalls in seinen jungen Jahren.
Gedichte aus aller Welt
22.05.2021 um 22:54Ich wusste, dass es dieses Gedicht gibt. Lange gesucht und endlich gefunden!
Ansprache eines Fremden an eine Geschminkte vor dem Wilberforcemonument
Guten Abend, schöne Unbekannte! Es ist nachts halb zehn.
Würden Sie liebenswürdigerweise mit mir schlafen gehn?
Wer ich bin? – Sie meinen, wie ich heiße?
Liebes Kind, ich werde Sie belügen,
Denn ich schenke dir drei Pfund.
Denn ich küsse niemals auf den Mund.
Von uns beiden bin ich der Gescheite.
Doch du darfst mich um drei weitre
Pfund betrügen.
Glaube mir, liebes Kind:
Wenn man einmal in Sansibar
Und in Tirol und im Gefängnis und in Kalkutta war,
Dann merkt man erst, daß man nicht weiß, wie sonderbar
Die Menschen sind.
Deine Ehre, zum Beispiel, ist nicht dasselbe
Wie bei Peter dem Großen L'honneur. –
Übrigens war ich – (Schenk mir das gelbe
Band!) – in Altona an der Elbe
Schaufensterdekorateur. –
Hast du das Tuten gehört?
Das ist Wilson Line.
Wie? Ich sei angetrunken? O nein, nein! Nein!
Ich bin völlig besoffen und hundsgefährlich geistesgestört.
Aber sechs Pfund sind immer ein Risiko wert.
Wie du mißtrauisch neben mir gehst!
Wart nur, ich erzähle dir schnurrige Sachen.
Ich weiß: Du wirst lachen.
Ich weiß: Daß sie dich auch traurig machen.
Obwohl du sie gar nicht verstehst.
Und auch ich –
Du wirst mir vertrauen, – später, in Hose und Hemd.
Mädchen wie du haben mir immer vertraut.
Ich bin etwas schief ins Leben gebaut.
Wo mir alles rätselvoll ist und fremd,
Da wohnt meine Mutter. – Quatsch! Ich bitte dich: Sei recht laut!
Ich bin eine alte Kommode.
Oft mit Tinte oder Rotwein begossen;
Manchmal mit Fußtritten geschlossen.
Der wird kichern, der nach meinem Tode
Mein Geheimfach entdeckt. –
Ach Kind, wenn du ahntest, wie Kunitzburger Eierkuchen schmeckt!
Das ist nun kein richtiger Scherz.
Ich bin auch nicht richtig froh.
Ich habe auch kein richtiges Herz.
Ich bin nur ein kleiner, unanständiger Schalk.
Mein richtiges Herz. Das ist anderwärts, irgendwo
Im Muschelkalk.
(Joachim Ringelnatz)
Ansprache eines Fremden an eine Geschminkte vor dem Wilberforcemonument
Guten Abend, schöne Unbekannte! Es ist nachts halb zehn.
Würden Sie liebenswürdigerweise mit mir schlafen gehn?
Wer ich bin? – Sie meinen, wie ich heiße?
Liebes Kind, ich werde Sie belügen,
Denn ich schenke dir drei Pfund.
Denn ich küsse niemals auf den Mund.
Von uns beiden bin ich der Gescheite.
Doch du darfst mich um drei weitre
Pfund betrügen.
Glaube mir, liebes Kind:
Wenn man einmal in Sansibar
Und in Tirol und im Gefängnis und in Kalkutta war,
Dann merkt man erst, daß man nicht weiß, wie sonderbar
Die Menschen sind.
Deine Ehre, zum Beispiel, ist nicht dasselbe
Wie bei Peter dem Großen L'honneur. –
Übrigens war ich – (Schenk mir das gelbe
Band!) – in Altona an der Elbe
Schaufensterdekorateur. –
Hast du das Tuten gehört?
Das ist Wilson Line.
Wie? Ich sei angetrunken? O nein, nein! Nein!
Ich bin völlig besoffen und hundsgefährlich geistesgestört.
Aber sechs Pfund sind immer ein Risiko wert.
Wie du mißtrauisch neben mir gehst!
Wart nur, ich erzähle dir schnurrige Sachen.
Ich weiß: Du wirst lachen.
Ich weiß: Daß sie dich auch traurig machen.
Obwohl du sie gar nicht verstehst.
Und auch ich –
Du wirst mir vertrauen, – später, in Hose und Hemd.
Mädchen wie du haben mir immer vertraut.
Ich bin etwas schief ins Leben gebaut.
Wo mir alles rätselvoll ist und fremd,
Da wohnt meine Mutter. – Quatsch! Ich bitte dich: Sei recht laut!
Ich bin eine alte Kommode.
Oft mit Tinte oder Rotwein begossen;
Manchmal mit Fußtritten geschlossen.
Der wird kichern, der nach meinem Tode
Mein Geheimfach entdeckt. –
Ach Kind, wenn du ahntest, wie Kunitzburger Eierkuchen schmeckt!
Das ist nun kein richtiger Scherz.
Ich bin auch nicht richtig froh.
Ich habe auch kein richtiges Herz.
Ich bin nur ein kleiner, unanständiger Schalk.
Mein richtiges Herz. Das ist anderwärts, irgendwo
Im Muschelkalk.
(Joachim Ringelnatz)
Gedichte aus aller Welt
24.05.2021 um 21:29Aurora
Nach Hause stiefeln wir verstört und alt,
die grelle, gelbe Nacht hat abgeblüht.
Wir sehn, wie über den Laternen, kalt
und dunkelblau, der Himmel droht und glüht.
Nun winden sich die langen Straßen, schwer
und fleckig, bald, im breiten Glanz der Tage.
Die kräftige Aurore bringt ihn her,
mit dicken, rotgefrorenen Fingern, zage.
(Jakob van Hoddis)
Nach Hause stiefeln wir verstört und alt,
die grelle, gelbe Nacht hat abgeblüht.
Wir sehn, wie über den Laternen, kalt
und dunkelblau, der Himmel droht und glüht.
Nun winden sich die langen Straßen, schwer
und fleckig, bald, im breiten Glanz der Tage.
Die kräftige Aurore bringt ihn her,
mit dicken, rotgefrorenen Fingern, zage.
(Jakob van Hoddis)
Gedichte aus aller Welt
27.05.2021 um 09:21Mit unsern Blicken schließen wir den Kreis,
daß weiß in ihm die wirre Spannung schmölze.
Schon richtet dein unwissendes Geheiß
Die Säule auf in meinem Schamgehölze.
Von dir gestiftet steht des Gottes Bild
am leisen Kreuzweg unter meinem Kleide;
mein ganzer Körper heißt nach ihm. Wir beide
sind wie ein Gau darin sein Zauber gilt.
Doch Hain zu sein und Himmel um die Herme
das ist an dir. Gieb nach. Damit
der freie Gott inmitten seiner Schwärme
aus der entzückt zerstörten Säule tritt.
(Rainer Maria Rilke)
Schamgehölze ^^
Ein Gedicht, das nicht wirklich in einer lyrischen Sternstunde entstanden ist.
daß weiß in ihm die wirre Spannung schmölze.
Schon richtet dein unwissendes Geheiß
Die Säule auf in meinem Schamgehölze.
Von dir gestiftet steht des Gottes Bild
am leisen Kreuzweg unter meinem Kleide;
mein ganzer Körper heißt nach ihm. Wir beide
sind wie ein Gau darin sein Zauber gilt.
Doch Hain zu sein und Himmel um die Herme
das ist an dir. Gieb nach. Damit
der freie Gott inmitten seiner Schwärme
aus der entzückt zerstörten Säule tritt.
(Rainer Maria Rilke)
Schamgehölze ^^
Ein Gedicht, das nicht wirklich in einer lyrischen Sternstunde entstanden ist.
Gedichte aus aller Welt
27.05.2021 um 22:25An meine kleine Freundin
Wer hätte das gedacht
Das kam wohl über Nacht.
Denn als ich aufgewacht,
Da warst auf einmal du
Mein kleiner Herztyrann.
Sieh doch mal einer an,
Was Amor alles kann.
Schon weiß ich, was ich tu,
Damit du gnädig bist,
Und mich nicht gleich vergisst:
Ich mach dir dies Gedicht.
Ich hoff; es ist so schlicht,
So süß und zart wie du.
(Georg Heym)
Wer hätte das gedacht
Das kam wohl über Nacht.
Denn als ich aufgewacht,
Da warst auf einmal du
Mein kleiner Herztyrann.
Sieh doch mal einer an,
Was Amor alles kann.
Schon weiß ich, was ich tu,
Damit du gnädig bist,
Und mich nicht gleich vergisst:
Ich mach dir dies Gedicht.
Ich hoff; es ist so schlicht,
So süß und zart wie du.
(Georg Heym)
Gedichte aus aller Welt
02.06.2021 um 10:04Am 6. Februar 1916, einen Tag nach der Eröffnung der Künstlerkneipe, rezitierte Ball in der Begleitung des Revoluzzerchores erstmals sein Gedicht Totentanz 1916. Es sollte das meistzitierte Werk Balls während des Ersten Weltkrieges werden. Das Gedicht wurde von der Künstlerkneipe als Postkarte vertrieben, ab Ende 1917 als Kriegsflugblatt.
Der Name dieser Künstlerkneipe, der Wiege des Dadaismus: CABARET VOLTAIRE, Spiegelgasse 1, Zürich. Heute ist das Haus eine Kulturinstitution, vorwiegend dem Dadaismus verbunden.
Totentanz 1916
So sterben wir, so sterben wir,
Wir sterben alle Tage,
Weil es sich so gemütlich sterben läßt.
Morgens noch in Schlaf und Traum
Mittags schon dahin.
Abends schon zuunterst im Grabe drin.
Die Schlacht ist unser Freudenhaus.
Von Blut ist unsere Sonne.
Tod ist unser Zeichen und Losungswort.
Kind und Weib verlassen wir –
Was gehen sie uns an?
Wenn man sich auf uns nur
Verlassen kann.
So modern wir, so morden wir.
Wir morden alle Tage
Unsre Kameraden im Totentanz.
Bruder reck dich auf vor mir,
Bruder, deine Brust!
Bruder, der du fallen und sterben mußt.
Wir murren nicht, wir knurren nicht,
Wir schweigen alle Tage,
Bis sich vom Gelenke das Hüftbein dreht.
Hart ist unsere Lagerstatt
Trocken unser Brot.
Blutig und besudelt der liebe Gott.
Wir danken dir, wir danken dir,
Herr Kaiser für die Gnade,
Weil du uns zum Sterben erkoren hast.
Schlafe nur, schlaf sanft und still,
Bis dich auferweckt
Unser armer Leib, den der Rasen deckt.
(Hugo Ball)
Der Name dieser Künstlerkneipe, der Wiege des Dadaismus: CABARET VOLTAIRE, Spiegelgasse 1, Zürich. Heute ist das Haus eine Kulturinstitution, vorwiegend dem Dadaismus verbunden.
Totentanz 1916
So sterben wir, so sterben wir,
Wir sterben alle Tage,
Weil es sich so gemütlich sterben läßt.
Morgens noch in Schlaf und Traum
Mittags schon dahin.
Abends schon zuunterst im Grabe drin.
Die Schlacht ist unser Freudenhaus.
Von Blut ist unsere Sonne.
Tod ist unser Zeichen und Losungswort.
Kind und Weib verlassen wir –
Was gehen sie uns an?
Wenn man sich auf uns nur
Verlassen kann.
So modern wir, so morden wir.
Wir morden alle Tage
Unsre Kameraden im Totentanz.
Bruder reck dich auf vor mir,
Bruder, deine Brust!
Bruder, der du fallen und sterben mußt.
Wir murren nicht, wir knurren nicht,
Wir schweigen alle Tage,
Bis sich vom Gelenke das Hüftbein dreht.
Hart ist unsere Lagerstatt
Trocken unser Brot.
Blutig und besudelt der liebe Gott.
Wir danken dir, wir danken dir,
Herr Kaiser für die Gnade,
Weil du uns zum Sterben erkoren hast.
Schlafe nur, schlaf sanft und still,
Bis dich auferweckt
Unser armer Leib, den der Rasen deckt.
(Hugo Ball)
Gedichte aus aller Welt
04.06.2021 um 22:08Jedes Mal, wenn ich den Threadtitel lese "Welches Geräusch mögt ihr am liebsten beim einschlafen?" kommt mir ein Gedicht in den Sinn das wir in der Grundschule auswendig lernen mussten. Die 1. Strophe kann ich noch locker auswendig, bei der 2. fängt es aber schon an zu hapern.
Der alte Brunnen
Lösch aus dein Licht und schlaf! Das immer wache
Gesplätscher nur vom alten Brunnen tönt.
Wer aber Gast war unter meinem Dache,
Hat sich stets bald an diesen Ton gewöhnt.
Zwar kann es einmal sein, wenn du schon mitten
Im Traume bist, daß Unruh geht ums Haus,
Der Kies beim Brunnen knirscht von harten Tritten,
Das helle Plätschern setzt auf einmal aus,
Und du erwachst, — dann mußt du nicht erschrecken!
Die Sterne stehn vollzählig überm Land,
Und nur ein Wandrer trat ans Marmorbecken,
Der schöpft vom Brunnen mit der hohlen Hand.
Er geht gleich weiter. Und es rauscht wie immer.
O freue dich, du bleibst nicht einsam hier.
Viel Wandrer gehen fern im Sternenschimmer,
Und mancher noch ist auf dem Weg zu dir.
(Hans Carossa)
Der alte Brunnen
Lösch aus dein Licht und schlaf! Das immer wache
Gesplätscher nur vom alten Brunnen tönt.
Wer aber Gast war unter meinem Dache,
Hat sich stets bald an diesen Ton gewöhnt.
Zwar kann es einmal sein, wenn du schon mitten
Im Traume bist, daß Unruh geht ums Haus,
Der Kies beim Brunnen knirscht von harten Tritten,
Das helle Plätschern setzt auf einmal aus,
Und du erwachst, — dann mußt du nicht erschrecken!
Die Sterne stehn vollzählig überm Land,
Und nur ein Wandrer trat ans Marmorbecken,
Der schöpft vom Brunnen mit der hohlen Hand.
Er geht gleich weiter. Und es rauscht wie immer.
O freue dich, du bleibst nicht einsam hier.
Viel Wandrer gehen fern im Sternenschimmer,
Und mancher noch ist auf dem Weg zu dir.
(Hans Carossa)