@psychatrist
Es ist wohl so, dass das südafrikanische Strafrecht zwei Straftatbestände unterscheidet. Einmal premeditated murder und einmal “nur” murder.
Hier gibt es Unterschiede bei den Tatbestandsvoraussetzungen und auch hinsichtlich des vorgesehenen Strafrahmens.
Murder ist die illegale und absichtliche Tötung eines Menschen.
Entscheidend für premeditated murder ist, dass neben der Tötungsabsicht auch noch ein Planungsaspekt hinzukommt. Da geplante Taten als noch verwerflicher beurteilt werden, ist hier ein strenger Strafrahmen vorgesehen.
Für die Tötungsabsicht genügt es bereits, wenn der Täter hätte erkennen können, dass seine Handlung den Tod eines Menschen verursachen kann (dolus eventualis). Das lässt sich bei 4 Schüssen durch eine geschlossene Tür auf einen Menschen, der mangels Ausweichmöglichkeit keine Abwehrmöglichkeit hat, wohl kaum widerlegen. Erschwerend kommt die Verwendung der Munition des Typs Black Talon hinzu, die auf die Verursachung möglichst schwerer Verletzungen ausgelegt ist. Wenn er den Menschen nicht direkt trifft, muss er bei 4 Schüssen mindestens mit einem Querschläger rechnen. Der Umstand, dass er angeblich dachte, er schieße auf einen Einbrecher und nicht auf Reeva, ist unerheblich, da es sich in beiden Fällen um einen Menschen handelt.
Diese Voraussetzungen für murder sind damit meiner Auffassung nach gegeben.
Für premeditated murder müsste zusätzlich der Aspekt einer Planung hinzukommen.
Welchen Stellenwert dieser Planungsaspekt genau hat und welche Bewertungsmaßstäbe konkret relevant sind, wird wohl – wie so viele andere Fragen auch – von den Juristen unterschiedlich beurteilt. Ein in Südafrika tätiger Strafverteidiger und ehemaliger Staatsanwalt misst dem Planungsaspekt beim Tatbestand des premeditated murder kaum eine eigenständige Bedeutung bei. In jedem Fall ist kein längerer, sorgfältiger Plan notwendig. Es genügt vielmehr ein überlegtes Handeln.
"The term “premeditated” is oftentimes misinterpreted, as laypeople tend to believe that a “pre-meditated murder” is by definition the result of a long and careful plan to assassinate someone. In fact, “premeditation” in South African law simply means “intentional,” meaning that the person that killed meant to do it at the time, and thus that intent can be formed almost instantaneously and need not have been carefully considered beforehand."
http://newyorkcriminaldefenseblawg.com/tag/national-prosecuting-authority/ (Archiv-Version vom 05.01.2014)Zudem gab es offenbar Entscheidungen, wo es als Beleg für eine Planung gewertet wurde, dass der Täter nicht nur mit einem Messerstich tötete, sondern mit mehreren.
http://www.iol.co.za/dailynews/opinion/expert-clarifies-premeditated-murder-1.1573253#.U1a0wiOKDDdÄhnlich könnte man im Falle von OP das 4-malige Abfeuern bewerten; insbesondere, wenn man nach dem bisherigen Erkenntnisstand davon ausgeht, dass es zumindest zwischen dem ersten und dem zweiten Schuss eine Pause gab.
Insgesamt halte ich durchaus für gut vertretbar, in dem gezielten Bewaffnen und der Verfolgung des Opfers eine geplante Tat im Sinne einer überlegten Handlung und in Abgrenzung zu einer unkontrollierten Spontantat zu sehen.
Hier ist aber durchaus eine andere Bewertung durch die Richterin denkbar.
Und dann wird es natürlich darauf ankommen, ob OP mit einem seiner inzwischen wohl 4 Verteidigungsansätzen in den Augen der Richterin glaubwürdig war. Für mich spricht bereits der Umstand, dass es so viele unterschiedliche Verteidigungsstrategien gibt, gegen die Glaubwürdigkeit.