12.05.14
München
Leiche von Daniela Karaffa gefunden
Knochenfund: Wer gab den anonymen Hinweis?
München - Alle Hoffnung, dass Daniela Karaffa noch leben könnte, war umsonst. Das im Kapuzinerhölzl gefundene Skelett stammt von der vermissten Mutter aus Pasing.
Auf dem Klingelschild unten an der Haustür steht auch an diesem Sonntag noch Daniela Karaffas Name. An der Wohnungstür im zweiten Stock hängt in bunten Buchstaben das Wort „Welcome“ – willkommen. Fast könnte man meinen, dass die 36-jährige Mutter hier immer noch mit ihren zwei kleinen Kindern wohnt. Wäre da nicht das Siegel an ihrer Wohnungstür, unterzeichnet von der Münchner Mordkommission. Daniela Karaffa ist zuletzt im März 2013 in ihrer Wohnung an der Nimmerfallstraße in Pasing gewesen. Dann verschwand sie spurlos. Die Staatsanwaltschaft geht schon länger davon aus, dass ihr ehemaliger Lebensgefährte Bülent A. sie ermordet hat. Seit Sonntag-Mittag ist zumindest gewiss, dass sie nicht mehr am Leben ist.Die Polizei gab bekannt, dass die Skelettteile, die am Freitag im Kapuzinerhölzl gefunden wurden, von Daniela Karaffa stammen.
Durch einen anonymen Brief an die Staatsanwaltschaft waren die Ermittlungsbehörden auf den späteren Fundort aufmerksam geworden. Am Freitag stießen dort Polizeibeamte auf menschliche Überreste – auch nach Abschluss der Suche am Samstag blieb zunächst unklar, ob es sich bei der Toten um einen Mann oder eine Frau handelt. Noch am Wochenende dann die Gewissheit: Die Obduktion im Institut für Rechtsmedizin ergab, dass es sich um die vermisste Daniela Karaffa handelt. Nach Ansicht der dortigen Zahnmedizinerin, sei das „sicher“, sagte Markus Kraus, der Chef der Mordkommission, am Sonntag. Das DNA-Material indes muss erst noch aufgearbeitet werden, was bei Knochenfunden länger dauert, als wenn etwa Speichel untersucht wird. Die Ermittler rechnen mit einem Ergebnis in dieser Woche.
An der Mord-These ändert sich durch Fund nichts
Die Staatsanwaltschaft hatte sich bislang auf einen Indizienprozess gegen den Ex-Freund der Frau vorbereitet. An der These, dass er sie ermordet hat, ändere sich durch den Fund nichts, erklärte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Es bleibe bei der Anklage. Schon am 26. Mai könnte der Prozess beginnen, in den nächsten Tagen soll die Anklageschrift vorliegen. Ob der türkischsstämmige Münchner, der die deutsche Staatsbürgerschaft hat, jetzt noch einmal neu vernommen wird oder erst in der eigentlichen Verhandlung – darüber entscheidet das Schwurgericht. Der Mann sitzt weiter in Untersuchungshaft.
Die Ermittler hoffen weiter, dass sich der anonyme Hinweisgeber auf den Fundort noch meldet. Markus Kraus rief ihn erneut dazu auf. Polizei und Staatsanwaltschaft glauben offenbar nicht, dass es sich um einen Mittäter- oder -wisser handelt. „Wir gehen nicht davon aus, dass der Hinweisgeber bei der Verbringung der Leiche dabei war“, sagte Mordermittler Kraus. Steinkraus-Koch sagte: „Wir halten an unserer Einzeltäterthese fest.“
Und damit an dem Tatablauf, dass Daniela Karaffa von ihrem arbeitslosen Ex-Freund in der Wohnung ermordet wurde. „Es war geplant, sie zu töten“, sagte Steinkraus-Koch. Durch einen „Angriff auf den Hals“ sei sie unblutig ums Leben gekommen. Anschließend könnte er die Frau in das Waldstück gebracht haben. „Womöglich noch in der Nacht“, sagte der Oberstaatsanwalt. „Es spricht nichts gegen diese Vermutung.“ Die Leiche sei nur verscharrt gewesen, es habe sich nicht um ein Grab gehandelt, hieß es gestern.
Der mutmaßliche Täter hat seine Tat stets bestritten und angegeben, die Frau sei spurlos verschwunden. Eine Vermisstenanzeige hatte er aber nicht aufgegeben. Außerdem widersprach er den Aussagen von Nachbarn, die etwa von Hilfeschreien aus der Wohnung berichteten.
Viele von ihnen werden beim Prozess als Zeugen aussagen. Nicht so Hannelore Hauer-Dangl, die im ersten Stock wohnt. Die Busfahrerin erzählt am Sonntag von der Angst, die sie seit dem Verschwinden von Karaffa habe. „Mir ist immer noch mulmig, wenn ich nachts alleine von der Arbeit heimkomme.“ Sie habe Karaffa nur vom Sehen gekannt. „Wir haben uns aber immer freundlich gegrüßt.“ Auch Karaffas Ex Bülent A. sei ihr öfter im Treppenhaus begegnet. Zuletzt sah sie ihn im März vergangenen Jahres. „Da hat er gerade Möbel aus der Wohnung getragen.“ Bülent A. hatte ausgesagt, am 15. März noch einmal in die gemeinsame Wohnung zurückgekehrt zu sein, um Sachen von sich und den Kindern zu holen. Der Verdacht liegt nahe, dass Daniela Karaffa da bereits tot war. „Er wirkte wie immer“, sagt Hauer-Dangl.
Über die neue Entwicklung hat sich Hauer-Dangl bereits mit ihrer Freundin Ilona Protz ausgetauscht. Protz wohnte einige Jahre an der Nimmerfallstraße, sie traf Karaffa häufig auf dem Spielplatz hinter dem Haus. „Sie war sehr lebenslustig, genau wie ihre Kinder“, sagt Protz mit belegter Stimme am Telefon. In den Monaten vor ihrem Verschwinden habe Karaffa aber zunehmend betrübt gewirkt. Warum, das habe sie nicht gesagt. „Ich habe all die Monate gehofft, dass sie noch am Leben ist“, sagt Protz. „Das ist ein harter Schlag, ein Schock.“ Die Kinder Karaffas sind drei und sechs Jahre alt und in der Obhut des Jugendamtes. Ob sie in München bleiben, ist noch nicht gewiss. Die Familie der Toten lebt in der Slowakei. Sie bemüht sich um das Sorgerecht.
Felix Müller und Angelo Rychel
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