Hier ist noch etwas sehr Interessantes aus dem Jahr 1999, eine Anfrage der Grünen im Landtag zum Fall Sonja Engelbrecht plus die Antworten
:(nachzulesen auch hier
Der Fall Sonja Engelbrecht (Seite 149))
ZITAT]Quelle: Juramagazin
Welche Mittel der polizeilichenstaatsanwaltlichen Ermittlungsarbeit wurden im Fall
von Sonja Engelbrecht genutzt?
Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/2304
Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Tausendfreund BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN vom 28. 09. 1999
Vermißtenfall Sonja Engelbrecht, vermißt seit dem 11.04.1995.
Vor dem Hintergrund der öffentlichen Kritik an der Ermittlungsarbeit des Polizeipräsidiums München im Vermißtenfall Sonja Engelbrecht, vermißt seit dem 11.04.1995, frage ich die Staatsregierung:
1. Wie ist der Stand der polizeilichen/staatsanwaltlichen Ermittlungsarbeit im Fall
von Sonja Engelbrecht und welche Ergebnisse liegen vor?
2. Welche Mittel der polizeilichen/staatsanwaltlichen Ermittlungsarbeit wurden
im Fall von Sonja Engelbrecht genutzt und welchen Spuren wurden nachgegangen?
3. Wurde die Gleichstellungsbeauftragte der Polizei einbezogen, wenn ja, welche Maßnahmen resultierten daraus?
4. a) Ist es im Laufe des Verfahrens zu einer Störung im Verhältnis der Ermittlungsbehörden und den betroffenen Eltern gekommen, die zu einer Kontakteinstellung seitens der Eltern geführt hat? Wenn ja, woraus resultieren diese?
b) Sind die betroffenen Eltern und ihre anwaltliche Vertretung ausreichend über den aktuellen Stand der Ermittlungen informiert worden? Welche Informationen wurden ihnen übermittelt? Wurde Akteneinsicht gewährt?
c) Welche Vorschriften und Anweisungen bestehen bei der bayerischen Polizei und bei der Staatsanwaltschaft für den Umgang mit den Angehörigen von Vermißten und eventuellen Verbrechensopfern?
5. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung in den letzten fünf Jahren zur Erhöhung der Sicherheit und Bewegungsfreiheit von Mädchen und Frauen, die in städtischen Bereichen nach Einbruch der Dunkelheit öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder durch Parks laufen, ergriffen?
Antwort des Staatsministeriums des Innern vom 22. 11. 1999
Die schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt:
Zu 1.: Seit der Vermissung der Sonja Engelbrecht am 12. Mai 1995 konnten im Verlauf der polizeilichen Ermittlungen keine Lebenszeichen oder nachvollziehbare Erklärungen über ihren Verbleib gewonnen werden. Aufgrund der gesamten Vermissungsumstände muß bei objektiver Fallbetrachtung von einem Verbrechen ausgegangen werden. Der Vermißtenfall wird jedoch nicht als abgeschlossen betrachtet.
Sofern neuerliche Ermittlungsansätze gewonnen werden können, werden die Ermittlungen selbstverständlich fortgeführt und entsprechend ausgeweitet.
Zu 2.: Die in der Erstphase vom Kommissariat 114 (Vermißtenstelle des Polizeipräsidiums München) bearbeitete Vermissung wurde, nachdem aufgrund der Erstermittlungen ein Verbrechen nicht auszuschließen war, schon nach wenigen Tagen von einer sechsköpfigen Arbeitsgruppe des Kommissariats 111 (Mordkommission) übernommen.
Sowohl vom logistischen als auch vom personellen Ansatz wurde analog einer Mordfallbearbeitung in engster Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft München I vorgegangen.
Im Rahmen der Abarbeitung von über 130 Spurenkomplexen wurden u. a. 50 Personen, darunter Angehörige, Lehrer, Mitschüler, Bekannte und Freunde, zeugenschaftlich vernommen.
Der Vermißtenfall S. E. wurde vom sachbearbeitenden K 111 in zahlreichen Presseveröffentlichungen (Tages-/Wochenzeitungen; Fernsehbeiträgen) publiziert und ist immer noch im Internet unter ,,http://www.polizei.bayern.de/ppmuc/fahndung/index.htm" eingestellt.
Zudem wurden 55 Hinweise zu angeblichen Aufenthaltsorten der Vermißten ebenso überprüft wie mehrere Einzelpersonen, die bereits in der Vergangenheit wegen entsprechender Sexualdelikte auffällig geworden waren. Die Ergebnisse waren in allen Fällen negativ.
Zu 3.: Die Gleichstellungsbeauftragte des Polizeipräsidiums München wurde zu keiner Zeit in die Ermittlungen des K 111 eingebunden.
Dafür besteht und bestand auch keine fachliche Notwendigkeit.
Zu 4. a): Hier wie auch beim Polizeipräsidium München bestand und besteht auch weiterhin vollstes Verständnis, daß sich die Eltern E. mit der Ergebnislosigkeit der polizeilichen Ermittlungen nicht zufrieden geben können.
Den Eltern E. wurde seitens des Polizeipräsidiums München immer wieder Gesprächsbereitschaft signalisiert. Konkrete Gesprächsangebote des Leiters des Dezernats 11 fanden in der Folgezeit der Ermittlungen bei den Eltern E. ebensowenig Akzeptanz wie ein ursprünglich von Herrn E. selbst vorgeschlagenes Gespräch mit dem Leiter der Kriminalpolizeidirektion 1 Ende Dezember 1997.
Der Gesprächsvorschlag wurde am 20.01.98 nach mehrmaligen Nachfragen polizeilicherseits von Frau E. selbst zurückgezogen.
Zu 4. b): Bei einer Vielzahl von auch persönlichen Gesprächen mit den Eltern durch den Leiter des Dezernates 11 und die kriminalpolizeilichen Sachbearbeiter wurde immer wieder versucht, die polizeiliche Ermittlungsführung für die Eltern E. möglichst transparent darzustellen und die einzelnen Ermittlungsschritte zu erläutern.
Auch über die Ergebnisse einzelner Ermittlungskomplexe wie Befragungen und Zeugenvernehmungen, insbesondere über die Resultate der Vernehmungen des von der Familie E. mehrfach als Tatverdächtigen bezeichneten letzten Begleiters ihrer Tochter wurden die Eheleute E. fortlaufend zeitnah informiert.
Darüber hinaus wurde dem Rechtsanwalt der Familie Engelbrecht in der Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft München I Akteneinsicht gewährt.
Zu 4. c): Die polizeiliche Bearbeitung von Vermißtenfällen richtet sich nach der bundesweit gültigen Polizeidienstvorschrift (PDV) 389 (,,Vermißte, unbekannte Tote, unbekannte hilflose Personen"). Die Angehörigen von Vermißten und Verbrechensopfern werden von den Sachbearbeitern-/innen der kriminalpolizeilichen Fachdienststellen parallel zur Fallbearbeitung so gut wie möglich betreut und beraten.
Mit dem bayernweit einzigen speziellen Kommissariat für Opferschutz (K 314) steht dem Polizeipräsidium München ein Instrumentarium zur Verfügung, in dem gezielter Opferschutz/-beratung möglich ist, auch Angehörige von Opfern für ihre Belange kompetente Ansprechpartner finden und je nach Fallgestaltungen auch Vermittlungen zu weiterbegleitenden sozialen Einrichtungen ermöglicht werden.
Zu 5.: Zu dieser Frage darf bezüglich der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Bayern allgemein auf die ,,Aktion Sicherheitsnetz" in Bayern in Umsetzung des Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 2. Februar 1998 zum Thema ,,Verstärkung der Kriminalitätsbekämpfung in Bund und Ländern" hingewiesen werden.
Als Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Konzeption des Polizeipräsidiums München zur Steigerung des Sicherheitsgefühls vom April 1998 anzuführen, die die hohe Wertigkeit der polizeilichen Präsenz insbesondere im Bereich der Münchner Verkehrseinrichtungen sowie auch an wenig frequentierten Bahnhöfen im Landkreis festschreibt. Die Präsenz wird speziell in den Abend- und Nachtstunden hoch gehalten.
Im gesamten MVV-Gebiet werden täglich gemischte MVVStreifen, bestehend aus Polizeibeamten und Angestellten der Münchner U-Bahn-Bewachungsgesellschaft, durchgeführt. [/quote]