otternase schrieb:Mit der neuen Freundin hatte er immerhin auch ein Kind. Auch dort musste er Unterhalt zahlen. Da er zweifach unterhaltspflichtig war, wäre der Unterhalt pro Kind geringer als bei einem einzelnen Kind gewesen... Er hatte ein gutes Gehalt und die Höhe des Unterhalts hätte ihn nicht wirklich aus der Bahn geworfen.
Es stimmt, er verfügte sicherlich über die finanziellen Möglichkeiten, für beide Kinder zu sorgen. Aber wollte er es auch ? Hier kommt wieder die offensichtlich gestörte, egozentrische Persönlichkeit des Täters zum tragen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass -aus welchen Gründen auch immer- in seiner verqueren Weltsicht sowohl das Opfer, als auch das Kind keinerlei Zuwendungen von ihm verdienten. Im Gegenteil: Vlt. verdienten sie aus seiner Sicht nur noch eine einzige "Zuwendung" seinerseits, die er dann auf grausame und äußerst gefühlskalte Art und Weise schließlich auch in die Tat umsetzte. Er mußte mMn schon einen unbändigen, außerordentlich großen Hass verspüren, um mMn zu so einem Schritt fähig zu sein.
otternase schrieb:Ich bin mir sehr sicher, dass das Motiv der Tat nicht allein im Unterhalt lag. Das war ein Streitpunkt zwischen den beiden, aber das allein hätte nicht zum Mord geführt. Ich denke, es war da etwas anderes, etwas was direkt in der Person Karen Gaucke lag, es was sie wusste, drohte zu verbreiten, oder etwas, womit sie bei ihm einen wunden Punkt getriggert hatte, möglicherweise gezielt und bewusst ihn gereizt hatte, nicht ahnend, wie heftig seine Reaktion sein würde.
Auch ich vermute, dass der finanzielle Aspekt allein nicht die alles entscheidende Rolle gespielt hat. Es war mMn eher ein sehr persönlicher Grund, der ihn zu diesem Schritt bewog. Etwas, dass mutmaßlich seine Eitelkeit, seine Außenwirkung/Ruf/Persönlichkeitswahrnehmung nach außen und/oder seine Beziehungen/Umfeld betraf. Irgendetwas hatte ihn möglicherweise derart beleidigt, dass er fortan seine planerischen Fähigkeiten, Zeit und Aufmerksamkeit in die Planung/Umsetzung dieses schrecklichen Verbrechens investierte. Ich persönlich halte es dabei durchaus für möglich, dass sich das Opfer über den Grund selbst und die Dimension der schrecklichen Konsequenzen daraus, überhaupt nicht klar gewesen sein muß. Eine Mutter würde (im Normalfall !) nichts tun, was ihr Kind oder sie selbst unmittelbar gefährdet. Ich unterstelle ihr deshalb, dass sie sich nie zu dem Gespräch bereiterklärt und (mit Kind !) in dieses Gespräch begegeben hätte, wenn sie etwas von dem Gefahrenpotenzial dieser Situation auch nur erahnte.
otternase schrieb:Und daher kann ich mir schon vorstellen, dass er Karen töten wollte, aber das unschuldige Kind nicht töten wollte, sondern fremduntergebracht hat. Möglicherweise waren -zumindest in seiner Vorstellung- auch die Eltern von Karen Gaucke involviert in dem, was Karen ihm zum Feind gemacht hatte, weshalb er nicht nur Karen töten, sondern auch Clara auf ewig ihren Grosseltern vorenthalten wollte, weshalb er sogar schwieg, als er wegen Mordes auch an dem Kind verurteilt wurde.
Schwer da etwas zu mutmaßen. Es ist mMn schon möglich, dass er zwischen der Mutter und dem Kind in der Wahrnehmung unterschied. Doch beides hing unmittelbar zusammen. Das Kind wäre nicht zwingend in seine Obhut gekommen, wenn nur Karen verstorben wäre. Vor allem dann nicht, sollte er Unterlagen zur Unterhaltsermittlung in seinem Sinne nachweislich gefälscht haben. Doch diese planerische Sicherheit wäre nach meiner Auffassung in seiner verqueren Welt von entscheidender Bedeutung gewesen. Der Täter wollte nie etwas dem Zufall überlassen und das Kind nicht irgendwelchen Dritten Personen. Seien es nun Karens Eltern, Pflegeeltern oder sonstwem außer ihm selbst. Er wollte und brauchte die Kontrolle, wie es bei all seinen Projekten beruflich wie privat der Fall war. Deshalb habe ich erhebliche Zweifel daran, dass er zu einer für ihn großen Empathie gegenüber dem Kind fähig war, es als "unschuldig" zu verschonen und ihm in der Obhut anderer Personen eine Chance auf das eigene Leben zu geben. Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass er das Kind möglicherweise aus wiederum persönlichen Gründen schon garnicht in der Obhut der Großeltern wissen wollte. Doch mMn war jede Alternative außer ihm selbst für ihn inakzeptabel.
otternase schrieb:Daher halte ich es zwar für wenig wahrscheinlich, aber durchaus nicht für unmöglich, dass Clara lebt und der Täter es sich sogar einiges hat kosten lassen, vielleicht sogar mehr als der Unterhalt gewesen wäre, dass nie herauskommt, dass Clara noch lebt.
Die theoretische Möglichkeit besteht natürlich. Doch die Wahrscheinlichkeit dafür ist für mich verschwindend gering. Der Großteil der nicht von den leiblichen Eltern großgezogenen Kinder merkt irgendwann, dass irgendetwas nicht stimmen kann. Die Gefahr ist mMn sehr groß, dass irgendwann im Laufe von Jahrzehnten etwas herauskommt, dass dem Kind die Gewissheit und Stein ins Rollen bringt. Es reicht z.B. schon eine Erkrankung die einen Gentest der vermeintlichen Eltern erfordert oder zu Tage bringt, dass es keine Geburtsurkunde gibt, die elterliche Blutgruppe nicht mit der eigenen zusammenzubringen ist, ein Streit, bei dem Plötzlich und ungewollt jemand etwas verrät, usw. usf. Tausend Möglichkeiten.
Hätte ein Täter vom Schlage eines Michael P. diese Option, diese Risiko in Kauf genommen ? Zu welchem Zweck ? Ein für ihn unkalkulierbares Risiko hätte er wahrscheinlich immer bestmöglich ausgeschlossen. Das Kind hätte ihn immer an die Vorkommnisse, seine Tat erinnert. Es hätte ihn womöglich irgendwann als Vater entlarvt. Es wäre Zeit seines Lebens quasi eine tickende Zeitbombe gewesen, fähig, auch post mortem sein Ansehen und seine gewollte Außenwirkung nachhaltig zu schädigen oder ihn des Mordes verdächtig zu machen. Das er bis zu seinem Ende, sogar mit dem sicheren, eigenen Ableben vor Augen weiter schwieg, zeigt ja schon recht deutlich, wie sehr er um Aufrechterhaltung der Kontrolle bemüht war und versuchte, eine Unschuldsvermutung ihm gegenüber aufzubauen. Wahrscheinlich tat er sich in diesem Moment mehr selbst Leid, als er Empathie gegenüber den Opfern und deren Hinterbliebenen in deren Ungewissheit entgegenzubringen fähig war.