Der Fall Tanja Mühlinghaus
08.01.2018 um 19:20
Hallo ihr anderen User,
da ich mich beruflich mit Handzeichnungen und Papierarbeiten beschäftige, habe ich mir die Briefe von Tanja angeschaut. (Durch die WDR Sendung bin ich auf den Fall aufmerksam geworden)
Über das große und kleine L wurde ja schon diskutiert. Ich habe dafür zwei Erklärungen, kein entweder oder, sondern zwei Erklärungen, die zusammen kamen. Einmal gibt es im zweiten Brief eine zeitliche Verzögerung, also hinter "Liebe Mama" kam es zu einer Pause. Wo durch auch immer. Dann wurde weiter geschrieben. Dass es nicht im gleichen Schreibfluss passierte, sieht man an der leichten Verschiebung nach oben, also "Lieber Papa" steht nicht genau in der gleichen Zeile. Hier wurde noch mal neu angesetzt, daher hat sich die Höhe etwas verschoben. Das große "L" ist auch ein Zeichen dafür. Unterbewusst wurde hier das Schreiben noch einmal neu angefangen, daher aus Reflex das große L. Außerdem meine ich, dass das große L auch für ein direktes, eher wohl gemeintes Ansprechen an den Vater ging. Hätte Sie gegen den Vater große Abneigung verspürt und ihn aber einfach nur ebenfalls erwähnen müssen (Befehl des Entführers, eigenes Pflichtgefühl, Gewohnheit), hätte sie dieser Anrede (unterbewusst) keine zusätzliche Betonung durch das große L gegeben, wäre nach der Schreibpause eher im Tonus des "Weiterschreibens" gewesen. Aber durch das große L ist der Brief ebenso an ihren Vater, wie an ihre Mutter adressiert, meiner Meinung nach.
Das Datum auf dem zweiten Brief wurde sicherlich nach dem Schreiben des Briefes hinzugefügt. Es ist oben unter den Rand gedrückt, wäre das Blatt noch frei gewesen, also unbeschrieben, dann hätte sie dem Datum etwas mehr Spielraum gegeben, wie der Anrede auch.
Das könnte darauf hindeuten, dass das Datum von einer zweiten Person befohlen wurde.
Auch sind die Zeilen im zweiten Brief etwas weiter auseinander. Das könnte die Erklärung haben, dass sie im zweiten Brief schon wusste, dass er nicht lang sein wird, also sie mehr Platz hat. Beim ersten Brief dachte sie vielleicht noch, dass sie die ganze Seite beschreiben würde.
Beim zweiten kannte sie den Ablauf schon.
Dann: beide Papiere sind abgerissen. Warum? Man hätte auch das ganze Blatt verschicken können, selbst wenn es mehr als zur Hälfte weiß bliebe. Ich denke, dass die zweite Person/Entführer das unbewusst nicht tat, weil diese Person sich so gut wie möglich schützen wollte, also nicht mehr preis geben wollte, als die paar Zeilen. Mit dem Blatt abreißen, grenzt man sich noch einmal ab. Kontrolliert noch einmal mehr, was man herausgibt und was nicht.
Das Ausrufezeichen im zweiten Brief ist anders, größer und drückt viel stärker die Ausrufefunktion aus. Tanja hat hier vielleicht unterbewusst etwas von sich selbst mitgeben wollen, es untermauert ihren Namen, es könnte ein Abschied oder eine Hoffnung sein.
(Vielleicht glaubte sie wirklich bald nach Hause zurück kehren zu können, vielleicht hat man ihr das versprochen um sie gefügig zu machen/Fluchtversuchen vorzubeugen)
Für mich ist klar, dass Tanja diese Briefe nicht allein geschrieben hat. Dass der zweite relativ schnell hinter dem ersten geschrieben und vordatiert wurde. Die Person, die Tanja dazu verleitet/gezwungen hat, war vielleicht eine Frau? Die Hinweise um was sich die Eltern kümmern sollen, also Hasen, bestellte Sachen, Babysitter, Schule hat so etwas von einem korrekten Abmelden, da spielen auch Schuldgefühle mit, etwas nicht ordentlich hinterlassen zu haben, Tanjas leerer Platz bekommt mit den Anweisungen ja Struktur und Ordnung. Da ist kein Chaos. Die Kontrolle passt auch zu dem Abreisen des Papieres. Eine Frau, die die Familie und Tanja kannte? Sie räumt hinter sich auf... Vom Gefühl tippe ich auf eine Frau als Entführerin oder Komplizin eines männlichen Entführers.
So weit zu meinen Gedanken.