swinedog schrieb:"hat aufstellen müssen"?
Er hat das einfach als eine Möglichkeit genannt, dass der Täter nach dem Mord erst mal aus Panik abgehauen ist und später dann wiederkehrte und mit dem Kantholz zuschlug, um sicherzugehen, dass sie wirklich tot ist.
Wenn man die Möglichkeit noch annimmt, dass der Freigesprochene der Täter ist, MUSS man das annehmen, das ist so gut wie zwingend.
Es geht hier aber weniger um „Möglichkeiten“ sondern um Wahrscheinlichkeiten, denn Möglichkeiten findet man immer. Von diesen „Möglichkeiten“ leben häufig solche Gruppen, welche z.B. Darsow für unschuldig halten. Es gibt auch Fälle, wo solche Möglichkeiten von Gerichten nicht ausreichend betrachtet wurden (in beide Richtungen), aber hier ist das nicht anzunehmen. Wir können hier noch endlos darüber streiten, aber es ist bei dieser Betrachtung dann zu berücksichtigen, dass der Täter bei einer solchen Möglichkeit ein erhebliches Entdeckungsrisiko auf sich nimmt. Ob der Täter so in Panik war, wie Du es annimmst, kann man bezweifeln. Der Täter hat auf jeden Fall zielgerichtet gehandelt. Er hat nicht nur das Opfer umgebracht, es hat es auch zur Schlossmauer geschleift und dort hinübergeworfen.
swinedog schrieb:Ist trotzdem heftig, dass so ein Übergriff an der Stelle geschah, wo später in ähnlicher Weise ein Mord verübt wurde.
Nicht umsonst war der Freigesprochene damals in en Kreis der Verdächtigen gekommen, das ist klar. Der Ort selber dürfte aber kaum eine Rolle spielen, denn er war für Pärchen ein gern genutzter Treffpunkt.
swinedog schrieb:Ein Gefängnisinsasse behauptete, der später Freigesprochene habe ihm gegenüber die Tat gestanden. Das Gericht sah dies aber als nicht glaubhaft an.
Ja, auch das ist ein Indiz. Aber das ist eben das Problem, leider bleibt der Mensch nicht immer bei der Wahrheit, wenn es um seinen eigenen Vorteil geht. Das hat die Geschichte der Menschheit bewiesen. Ob es als Indiz taugt, versucht das Gericht/StA/Verteidigung anhand von Befragungen zu ermitteln. Und da trennt sich dann häufig Spreu von Weizen, wenn das Gericht da unvoreingenommen rangeht.
Aber es geht eben nicht darum Indizien einfach nur aufzuzählen man muss sie im Zusammenhang sehen. Und die Entscheidung des Gerichts lautet dazu: Der Angeklagte war wahrscheinlich nicht der Täter. Diese Entscheidung ist zumindest für mich gut nachvollziehbar, sie wird auch sicher fundiert sein, denn schließlich hat das Gericht die Zeugen vernommen, was wir nicht können.
Und da sind wir wieder ein paar Beiträge zurück, wenn das Gericht anhand der umfangreichen Beweisaufnahme zu dem Schluss kommt, dass der Freigesprochene wahrscheinlich nicht der Täter war, dann gibt es wahrscheinlich einen anderen. Damit spielt es wahrscheinlich keine Rolle, dass der damalige Angeklagte freigesprochen wurde. Es ist auch nicht so, dass es keine anderen Kandidaten gab, mindestens einen anderen kennt man vom einigen Podcasts. Auch gab es 9 unterschiedliche DNAs an dem Kantholz. Nur von 8 davon konnten Personen der Ermittlung zugeordnet werden. Es besteht also eine nicht ganz unwahrscheinliche Möglichkeit, dass die neunte dem Täter gehört.
Aber man darf nicht vergessen, nach mehr 40 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit dazu gering und bewirkt große Gefahren, dass der Falsche angeklagt wird. Was wäre in diesem Fall gewesen, wenn der Alibi-zeuge verstorben wäre, hätte das Gericht das Gutachten so akribisch untersucht? Wahrscheinlich nicht. Und dieser Fall führt vor Augen, dass ein Verfahren nach solch vielen Jahren nicht unbedingt mehr sinnvoll ist. Die Gefahr von Fehlurteilen ist immer da und wächst aus diesen Gründen.
Tombow schrieb:Mit Verlaub, Bissspur-Forensik ist ungefähr genau so glaubwürdig wie Chemtrails oder Außerirdische. Mumpitz. Habe auch hier im Thread Belege dazu gepostet. Mich wundert es, dass die StA überhaupt die Chuzpe hatte, die Anklage auf so einem Unfug aufzubauen.
Ja, ich gebe Dir da vollkommen Recht. Schon bevor es klar war, dass das Gutachten in einer grob fahrlässigen Weise zustande gekommen war, hatte sich ein anderer Gutachter zu dem Fall allgemein geäußert. Drei Punkte habe ich noch in Erinnerung. Der eine ist der, dass so eine Bissspur schon schwierig ist zu analysieren, weil sich Opfer/Täter während des Bisses sich nicht selten bewegen und es dadurch zu Verzerrungen kommt. Und dann sprach er auch nur um neue Methoden, wo es computergestützte 3D-Modelle gibt, welche durch 3D-Scannern ermittelt wurden, welche die räumlichen Verzerrungen kompensieren. Diese Methoden standen der Gutachterin nicht zur Verfügung, es gab keinen 3D-Scan der Brust. Und als letzten Punkt, wie der Faktor Zeit eine Rolle spielt, wie sich das Gebiss verändert und das habe ich noch ganz genau in Erinnerung, denn er sprach davon, dass das möglich sein, aber bezog sich nur auf Jahre, nicht auf fast ein halbes Jahrhundert. Eigentlich steckte in diesem Interview viel versteckte Kritik an dem Gutachten hinter, ob die vom Gutachter gewollt war, mag dahingestellt sein. Er sagte auch, dass das selten gerichtlich genutzt wird, weil DNA-Spuren deutlich zuverlässiger seine.
Aber insgesamt bestätigt schon damals Deine kritische Sichtweise. Ob die heutigen Verfahren besser sind (3D-Scan) weiß ich nicht, bei einer weiblichen Brust dürfte ein solcher 3D-Scan kaum hilfreich sein, dazu müsste man die exakte Lage des Opfers wissen. Die Bewegung ist auch mit heutigen Verfahren kaum zu kompensieren.