Gedanken zu
@FrokenLisbeth's Frage an @Melonenchilli --> bzw. generell zu allmy und deren User
Auch wenn ich nicht der oder die Angesprochene bin: Hier gibt es doch diverse Menschen im Forum, die jahrelang teilweise sogar täglich schreiben. Dahinter stehen meiner Meinung nach eher persönliche Gründe anderer Art als persönliches Involviertsein in Bezug auf die Fälle. Mir geht es ähnlich. Ich finde es selbst bedenklich, weil das hier Mitschreiben bringt den Familien der Vermissten (oder Fälle von ungelösten Verbrechen) leider überhaupt nichts. Trotzdem ist man (bei mir ist das zumindest so) sehr betroffen von den Schicksalen. Aber ich denke eben auch, dass es teilweise schlicht und ergreifend eine Art von Abhängigkeit dahinter steckt. Bei mir sind es beispielsweise die Angehörigen, wenn ich die durch Filmbeiträge leiden gesehen habe, dann lässt mich das nicht mehr los. Man baut irgendwie auch eine Beziehung auf (was total paradox ist, denn wie gesagt, die Angehörigen haben keinerlei Bezug zu den Menschen, die z.B. die Filme im Fall von Katrin Konert sehen. Damit meine ich, dass man z.B. Katrins Geschwister und Eltern immer wieder in den Filmbeiträgen gesehen hat - über Jahre in ihrem Kummer. Und auch Katrin selbst ist nicht nur über Fotos gesehen worden, sondern über Videosequenzen.
Irgendwas muss sein...ich vermute wie gesagt eine Mixtur aus Abhängigkeit und auch das stark Emotionale hier. Es gibt auch viele Menschen, die jede Folge von Julia Leischik sehen und immer dabei weinen, obwohl sie Niemanden persönlich kennen. Da können andere Menschen auch nur den Kopf schütteln. Und vielleicht steckt hier (zurück zu allmy Kriminalfälle) auch ein starkes Gerechtigkeitsbedürfnis dahinter, denn es ist so derart unfair, wie das Leben der Angehörigen zerstört wurde, weil die hängen jahrelang in der Warteschleife zwischen Hoffen und dem Gedanken an den Tod der/des Vermissten. Die Familie sagt ja inzwischen recht deutlich, dass sie davon ausgehen, dass Katrin tot ist. Trotzdem kommen sie nicht zur Ruhe, solange Katrins Körper nicht gefunden wird. Im Fall von Tanja Gräff hat die Mutter immer gesagt, sie möchte nur wissen, wo Tanja liegt. Tanja wurde gefunden. Danach sagte die Mutter, dass es ihr trotzdem schwer fällt, denn es kommt trotzdem die Frage: was ist passiert. Und die Frage: wer war es, nagt auch.
Allerdings beobachte ich im Forum auch, dass andere Daueruser mehr um Täter kreisen als um Opfer+Familie. Anscheinend ist da auch das Bedürfnis nach Gerechtigkeit auf der anderen Seite: der MUSS verurteilt werden. Da finden dann erbitterte Diskussionen in Thread aus, z.B. darüber ob Jemand zu milde bestraft wurde oder dass eine Begnadigung wie eine persönliche Niederlage empfunden wird. Etc.
Fazit: ich glaube, wie gesagt, dass das Dauerinteresse hier eher Abhängigkeitsverhalten sind und emotionales Daraufanspringen (hierfür gibt es diverse mögliche persönliche Gründe, z.B. auch verlassen worden sein, keine eigene Familie, usw.)
Ich denke oft, man sollte diese Energie, die man hier investiert, besser woanders hinlenken. An sich ist die Fähigkeit "mitzufühlen" was sehr Gutes und auch der Fleiß, der hier häufig betrieben wird (alle Fakten zusammentragen, etc). Es wäre wunderbar, wenn man das an den Stellen einsetzen würde, wo es der Gesellschaft wirklich was bringt. (Da muss ich mir an die eigene Nase fassen :-( )
noch ein Wort zu den betroffenen Familien und Angehörigen (nicht speziell zu Katrin Konert Thread):
Für die muss es ein eigenartiges Gefühl sein, dass so viele Unbekannte hier über die Fälle schreiben, alle Fakten, Quellen, Aussagen akribisch auflisten, jedes Wort auf die Goldwage legen, interpretieren...oft übers Ziel hinausschiessen indem Vorverurteilungen ausgesprochen werden, etc. etc.
Ich finde es oft gruselig, wie die Fälle den Angehörigen förmlich entrissen werden, wie über Vermisste interpretiert wird, als würde man sie persönlich kennen, wie Familienangehörige od. Bekannte verdächtigt werden, weil sie vielleicht irgendwie komisch geguckt haben während eines Interviews, etc etc. (Zum Glück schreiten hier die Moderatoren bei Meldung ein).
Aber die betroffenen Familien und Angehörigen sind auch in der Zwickmühle. Sie versprechen sich etwas davon, dass die Bevölkerung das Thema wahrnimmt. Es ist die Hoffnung auf verlässliche Zeugenaussagen, auf Gewissensbisse des/der Täter/Mitwisser und auf den Stein, der endlich ins Rollen kommen soll. Manchmal sind die Familien auch froh, wenn an den/die Vermisste/-n gedacht wird und über das (scheinbare) Mitgefühl.
Aber ich glaube auch, dass oft bittere Enttäuschung folgt, wenn dann klar wird, was die Threads eigentlich bringen: Gefasel in Dauerschleifen und häufig Gekeife untereinander, weil viele User ihre Egobühne brauchen. ... Ich sage das mal so hart. Habe lange bei allmy mitgeschrieben und Diskussionen verfolgt. Das ist allmy leider auch.
Das klingt jetzt hart. Eigentlich wollte ich meinen Beitrag gar nicht so beenden. Sorry.