Berlinergirl schrieb:Jeder kann nach Straßburg gehen. Die Indizien werden dort standhalten. Sorry. Aber das ist jetzt wirklich überhaupt gar kein Argument, solange der Fall einfach nur dort liegt. Für mich und viele andere war der eigentliche Skandal, dass Stasi erst in der allerletzten Instanz verurteilt wurde. Das hätte schon im ersten Prozess passieren müssen.
Nein, der EGMR überprüft keine Indizien, er überprüft, ob das Verfahren EMRK-konform abgelaufen ist.
Es "liegt " auch nicht einfach nur dort. Der EGMR hat an die "Parteien" Fragen gestellt, welche sie zu beantworten haben.
https://www.doctrine.fr/d/CEDH/HFCOM/COMMUNICATEDCASES/2021/CEDH001-212426Das bedeutet schon, dass der EGMR es für möglich hält, dass ein Verstoß gegen die EMRK vorliegt, denn das Berufungsgericht hatte die Befragung des Zeugen B abgelehnt. Ob das zu Recht erfolgt ist, ist aktuelle noch ungewiss, dazu hat der EGMR den Parteien Fragen gestellt.
Man erkennt aus den Fragen schon etwas, dass vieleicht die "Waffengleichheit" nicht gegeben war, denn gewisse Zeugen (zum Nachteil des Angeklagten - so scheint es zumindest) hat das Berufungsgericht befragt (trotz des verkürzten Verfahrens) andere nicht. Die Begründung dazu scheint aus dem Urteil nicht ausreichend hervorzugehen, jedenfalls hat das EGMR die Parteien nun veranlasst die gestellten Fragen zu beantworten und natürlich zu belegen. Man muss aber bedenken, normalerweise ist einen Begründung einer Ablehnung eines Zeugen sehr sehr wichtig ist normalerweise in einem Urteil umfassend zu begründen. Das scheint hier nicht der Fall zu sein, und das ist schon recht auffällig.
Wenn der Verurteilte die Befragung des Zeugen ausreichend begründet hat und Italien die Nichtbefragung des Zeugen nicht ausreichend begründen kann, wird Italien verurteilt.
Wenn Italien verurteilt wird, muss Italien das Verfahren neu aufrollen.
Man sieht, das Verfahren ist schon deutlich weiter, es liegt nicht einfach nur dort.