@Apocharliepse @H.Arend @kleinundgrün @kollberg Auch von mir ein Wilkommen im Club
:)Apocharliepse schrieb:Ihr Zitat (ich glaube zum Schluss) macht mir Gänsehaut:
"Wenn ich schuldig bin, bedeutet das, dass ich absolut zu fürchten bin, weil ich so normal erscheine. Aber wenn ich unschuldig bin, bedeutet das, dass jeder verwundbar ist. Entweder bin ich ein Psychopath im Schafspelz oder ich bin du."
Sagt man sowas wenn man unschuldig ist?
Ich kann verstehen, dass diese "Vogelperspektive von Knox", wie es einer der beiden Regisseure der Netflix Doku genannt hat, auf viele Leute befremdlich wirkt. Gerade bei der Netflix Doku muss man, denke ich, das Timing der Interviews berücksichtigen.
Soweit ich weiß, wurden die Interviews "im rosa Shirt" kurz nach der erneuten Verurteilung durch Nencini 2014 aufgezeichnet. Wir sehen also eine Amanda Knox, die vielleicht die letzte Chance nutzen will ihre Geschichte zu erzählen.
Die Einspieler aus dem "Off" und damit das von Dir angeführte Zitat" und die "Lederjacke"-Sequenzen wurden erst nach dem entgültigen Freispruch gemacht.
Das Zitat und auch das über "die Leute sind fasziniert von Monstern, wenn sie die Chance bekommen wollen sie es sehen", sehe ich eher als die kurze und knappe Zusammenfassung von dem, was in diesem Fall schiefgelaufen ist. Knox scheint wohl einige Zeit damit zugebracht, sich zu fragen, was sie selbst denn falsch gemacht hat (zumindest lässt ihr Buch darauf schließen) und diese beiden Zitate sind das Ergebnis dieser Grübeleien. Es ist interessant, dass sie hier ohne direkte "Schuldzuweisungen" auskommt.
Apocharliepse schrieb:Da hier anscheinend Knox als Opfer der Justiz behandelt wird, und ich nur diese eine Doku auf Netflix kenne, fände ich es super wenn jemand einen aktuellen Onlinebericht/- Zusammenfassung für mich hätte der das Thema aufgreift.
Wie
@Siegfrieden schon schrieb, kann man hier im thread so einiges finden, für weitergehende Informationen stellt sich die Frage, wie gut dein Englisch ist, die meisten Sachen sind halt auf Englisch. Der von Siegfieden verlinkte Spiegel Artikel ist zwar einer der Besseren, enthält aber auch noch so einige Fehler, was wieder zeigt, dass selbst der sogenannte "Qualitätsjournalismus" in diesem Fall komplett versagt hat und nicht nur die Boulevardmedien.
H.Arend schrieb:Es gibt mindestens einen guten Beweis für ihre Mitschuld:
Sie hat kurz nach der Tat Bleiche gekauft, um die Blutspuren zu beseitigen.
Dafür gibt es einen Zeugen.
Es gibt aber auch ein Indiz dafür, dass sie nicht selber die ausführende Mörderin war:
sie sagte in der ersten Vernehmung "They cut her throat off".
"They" schließt sie selber nicht mit ein.
Warum sollte sie Bleiche kaufen, wenn sie die Tat nicht vertuschen wollte?
Warum sollte sie die Tat vertuschen wollen, wenn nicht sie selber oder einer ihrer Freunde darin verwickelt ist?
Somit war die erste Anklage korrekt und wurde nur aus formalen Gründen wegen des speziellen italienischen Rechts revidiert.
Vorsicht, wenn es um Informationen über diesen Fall geht, ist im Netz sehr viel "gefährliches Halbwissen" zu finden, was nicht zuletzt auf die schlechte Arbeit der Presse (s.o.) zurückzuführen ist.
Die Bleichmittelstory hat ihren Anfang in einem
Artikel der La Repubblica vom 18.11.2007 in dem es heißt, dass "in Sollecito's Wohnung zwei Flaschen Bleiche und Quittungen (dafür) gefunden wurden". Diese Meldung wird von der La Repubblica noch an selben Tag
in einem zweiten Artikel berichtigt und klargestellt, dass die Quittungen nicht für die Bleiche waren, was aber die
Newsweek nicht davon abgehalten hat am Abend des selben Tages (US Zeit) die Bleichequittungen Geschichte auf Englisch zu bringen (Die Autorin des Artikels wird später in ihrem
Buch diese Quittungen sogar noch auf den 4.11.2007 - einen Sonntag??? - datieren).
Über Quintavalle (den Zeugen) ist
@SCMP77 eigentlich nur noch hinzuzufügen, dass er vor Gericht ausgesagt hat, dass er sich nicht erinnern könne, ob besagte "junge Frau" etwas gekauft habe...
Was das "they cut her throat" angeht, hat Knox diese Aussage gegenüber einer von Meredith Kerchers englischen Freundinnen gemacht und NICHT in "der ersten Vernehmung". Hier werden zwei Dinge zusammengewürfelt.
Einmal die "unsensitive" Antwort von Knox auf die Hoffnung der englischen Freundin "Meredith möge nicht gelitten haben" die wenn ich mich recht erinnere: "she got her effing throat slit, of course she suffered." war. Diane Sawyer hat Knox in dem Inteview von 2013 auf diesen Punkt angesprochen.
Und als Zweites ein "They killed her.", wo nicht wirklich klar ist, wo und wann Knox das gesagt haben soll. Dass hieraus auf "Täterwissen" geschlossen wird halte ich für lächerlich. Erinnert mich irgendwie an "Southpark":
OH MY GOD! THEY KILLED KENNY!
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Dein letzter Satz macht keinen Sinn. Die Anklage und auch deren Erhebung mag "formalrechtlich" wie es so schön heißt zwar "korrekt" gewesen sein, das hier aber "Verfahrensfehler" oder "formale Gründe" zum Freispruch führten ist falsch, "aus Mangel an Beweisen" ist kein Verfahrensfehler, und was meinst Du mit "speziellen italienischen Rechts"? Nichts für ungut.
kleinundgrün schrieb:Selbst wenn sie Bleiche gekauft hat (was wohl zweifelhaft ist), solltest Du in Deine "Beweiswürdigung" den Umstand einfließen lassen, dass wohl die mit großem Abstand meisten Menschen, die Bleichmittel kaufen, damit keine vorangegangenen Bluttaten vertuschen wollen.
Selbst wenn sie Bleiche gekauft haben sollte, muss man klären, warum sie das tat. Ob sie sonst regelmäßig Bleiche benutzte oder es sonst nie tat. Oder ob es eine sonstige plausible Erklärung für einen solchen Kauf gibt.
Wir haben hier also höchstens ein Indiz, das ein Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen sein kann - aber keinesfalls einen Beweis.
Wie oben gesagt, es gibt keinerlei Beweis, dass Knox tatsächlich am Morgen nach dem Mord Bleiche gekauft hat. Die beiden in Sollecitos Wohnung gefundenen Flaschen wurden zwar im Laden des "Zeugen" gekauft hatten aber Preisschilder mit einem Preis der niedriger war als der zur Zeit des Mordes. Also brauchen wir uns gar nicht zu verrenken um einen "möglichen Bleichekauf von Knox" zu entschuldigen...
kollberg schrieb:PS Verleumdungsklagen scheint es da ja im Duzend billiger gegeben zu haben? Gegen AK wegen ihrer Falschaussage in den ersten Verhören, nochmal gegen AK wegen ihrer Misshandlungsvorwürfe, gegen Sollecito doch auch wegen irgendwas?
Ja, da gab es so einige Satteliten mit Verläumdungsklagen, die aber bis auf die Verfahren gegen Sollecito und seinen Ghostwriter Gumbel und das gegen den Perugia Shock Blogger Frank, mittlerweile allesamt entweder eingestellt wurden (gegen Familie Sollecito wegen der angeblichen Herausgabe von sensiblen Material an einen Fernsehsender und gegen Knoxs Eltern wegen eines Interviews in der Sunday Times) oder mit einem Freispruch (Amanda Knox wegen der Vorwürfe gegen die Ermittler) endeten.
Was aus den verschiedenen "angedrohten" Klagen gegen diverse Journalisten geworden ist weiß ich leider nicht.
Ein weiteres,wohl zum Scheitern verurteiltes (
weil mittlerweile selbst die Staatsanwaltschaft in Florenz die Einstellung beantragt hat) Verfahren hat Staatsanwalt Mignini, mit Napoleoni und Zugarini im Schlepptau, gegen Sollecitos Anwalt Maori und ein umbrisches Wochenblatt angestrengt. Die
Klageschrift (Archiv-Version vom 06.08.2017) ist interessant, weil sie meiner Meinung nach, gerade im Zusammenhang mit der Netflix Doku zeigt, wie dieser Staatsanwalt tickt...