Cosma_Leah schrieb:Ich finde den Fall sehr chaotisch, vor allem weil ich persönlich nicht gerade großes Vertrauen in den italienischen Sicherheitsstaat habe. Es könnte gut sein, dass Amanda Knox Opfer der italienischen Justiz wurde. Es ist zumindest in Italien naheliegender als zum Beispiel in der benachbarten Schweiz, würde ich sagen. Wie die Indizien überhaupt sichergestellt wurden, ist alles sehr zweifelhaft. Doch gerade daran hängt alles. Glaubhaft ist n. m. E. mit Italien dieser italienische Aberglaube, die Vorurteile gegen Ausländer, die schnelle Verteufelung, also alles nicht wirklich objektiv und sachlich. Auch die harten Verhörmethoden hätten durchaus stattfinden können, wenn man die mafiös durchsetzten Strukturen in Italien bedenkt. Das wäre eher auch nicht so verwunderlich.
Ich bin mir nicht sicher, ob Deutschland überhaupt eine Spur besser ist.
Ein ähnliches Beispiel ist hier der Fall Wörz. Hier ist die Begründung mit ähnlicher Unlogik gespickt, wie das Urteil von Massei.
Hier in Deutschland wurde das Wörz-Urteil – vermutlich unbesehen – vom BGH einfach durchgewinkt.
Herr Wörz hatte Glück, dass der Vater des Opfers eine Zivilklage angestrengt hatte und so der Fall nochmals von einem Gericht untersucht wurde. Ähnlich wie das Berufungsgericht in Perugia kam das Zivilgericht zu einem ganz anderen Ergebnis. Erst nach weiteren 9 Jahren wurde mit mehreren Zurückverweisungen Herr Wörz freigesprochen.
In Deutschland haben das Glück mit den 2 vollumfänglichen Überprüfungen die wenigsten. Denn bei schweren Delikten ist – anders als in Italien – der Rechtsweg verkürzt! Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung trotz Unschuld könnte u.U. in Deutschland sogar größer sein, es wird letztendlich nicht nochmals geprüft.
Interessant ist, dass beide Fälle eine Besonderheit gemeinsam haben, die der Falschaussage.
Herr Wörz hatte ein Geständnis abgelegt, es dann später widerrufen. Das Geständnis ist nicht mit einem Teil der Indizien vereinbar die am Tatort gefunden wurden.
Frau Knox beschuldigt jemanden anderen, der es nicht gewesen sein konnte.
Wenn man dann weiter die Statistiken, die der Experte in Sachen falsche Geständnisse Saul Kassin sieht, scheint es bei widerrufenen Geständnissen mit der Neutralität des Gerichts vorbei zu sein. Hier ist vielleicht die Ursache der Fehlurteile zu suchen.
Richter scheinen hier ähnlich zu reagieren, wie viele, welche meinen, wenn ich unschuldig bin, kann mir so etwas nicht passieren.
Wenn man Bücher wie „Wie wirklich ist die Wirklichkeit“ von Paul Watzlawick o.ä. gelesen hat, erkennt man jedoch, dass vieles möglich ist, was man vorher als Unmöglich angesehen hat.
Man weiß nicht, wie das Verhör von Wörz verlaufen ist, sehr wohl aber bei Frau Knox. Sie entspricht sehr genau der Reid-Methode, die auch Anfang 2000 hier in Deutschland geschult wurde, von den Psychologen aber mehr als kritisch gesehen wird. Sie ist daher in einigen (leider noch nicht allen) Bundesländern mittlerweile verboten worden.
Hier etwas Information in Sachen falscher „Geständnisse“ befasst sich beispielsweise folgender Artikel:
http://www.gehirn-und-geist.de/alias/pdf/gug-07-01-s014-pdf/862042?file