inala schrieb:@Rick_Blaine, darf ich Deine Zeit nochmal kurz in Anspruch nehmen? Welche Begründung gibt es eigentlich, dass die Jury zum Tatort gebracht wird? Das kommt nicht so oft vor und ist eher ungewöhnlich, oder? Was steckt in diesem Fall also dahinter, dass man sich dafür entschieden hat?
Man muss begründen, dass es am Tatort etwas so wichtiges zu sehen gibt, dass die Jury ohne diese Inaugenscheinnahme kein faires Urteil fällen kann
und dass es nicht möglich ist, der Jury die gleiche Erkenntnis durch Foto- und Filmaufnahmen vom Tatort zuführen zu können. Da so ein "Ausflug" sehr teuer und zeitraubend ist, wird in 99.9% der Fälle der Tatort der Jury durch Fotos und Videos gezeigt und das reicht meistens auch vollkommen.
Da ich diesem Fall nicht wirklich folge, kann ich nicht sagen, warum hier ein Lokaltermin stattfand.
bobotiger schrieb:Ach ja und noch eine Frage an @Rick_Blaine : Was ist dann noch der Unterschied zwischen einer Grand Jury und dem Preliminary Hearing? Oder ist die Grand Jury beim Preliminary Hearing?
Die Frage ist gut: das Strafprozessrecht in den allermeisten Staaten der USA hat sich aus dem englischen Recht entwickelt, und ist teilweise hunderte Jahre alt. In früherer Zeit gab es anscheinend weniger Verbrechen, oder weniger Verbrecher wurden erwischt, oder die Leute hatten mehr Zeit, jedenfalls war damals die sehr lobenswerte Idee, der Macht von Staatsanwaltschaft und Polizei eine Kontrollinstanz vorzusetzen, die grand jury, in der meist 24 Bürger entscheiden sollten, ob die Ermittler überhaupt einen plausiblen Tatverdacht haben.
Das ist ein immenser Aufwand. Mit der Zunahme der Fälle hat man sich überlegt, das System einfacher zu machen und hat beschlossen, die Entscheidung über die Zulassung der Anklage im Regelfall vom Richter fällen zu lassen, ähnlich wie das auch in Deutschland der Fall ist. Das geschieht im "preliminary hearing." Dabei hat die Verteidigung das Recht, zu erfahren, was die Staatsanwaltschaft vorbringt, hat das Recht eigene Zeugen zu benennen usw. Der Richter entscheidet.
Allerdings haben die Staaten die "grand jury" nicht abgeschafft, meistens ist sie auch verfassungsrechtlich verankert, sondern überlassen es der Staatsanwaltschaft, zu wählen, ob sie ein "prelim" will oder ein "indictment" durch eine "grand jury" sucht.
Für die Staatsanwaltschaft kann es Vorteile einer grand jury Ermittlung geben, vor allem den, dass die Verteidigung nicht beteiligt wird, und daher nicht unbedingt erfährt, welche Beweismittel etc. die Staatsanwaltschaft hat. Auch politisch kann es vorteilhaft für einen Staatsanwalt sein, z.B. wenn das Verbrechen grosses Aufsehen erregt hat, aber die Beweislage dünn ist: er kann dann sagen "ich hätte ja angeklagt, aber die grand jury sah das anders..."
:)