brigittsche schrieb:Aber ist es denn realistisch, dass jemand, der seinen Alltag noch ohne große Einschränkungen bewältigt, dann plötzlich, mehr oder weniger von einer Minute auf die andere, so verwirrt ist, dass er den Heimweg nicht mehr findet, sich irgendwo versteckt und dort nicht mehr herauskommt?
ja, ganz genau. Sobald es eine Überforderung gibt, zB nach einem anstrengenden Theaterbesuch und Dunkelheit und Müdigkeit und so weiter kann der Stress eine akute Verwirrtheit auslösen.
birotor schrieb:Derjenige, der sein Fahrrad brauchen konnte, muss dann doch auch einen schwer verletzten oder sogar bereits toten Mann neben dem Fahrrad oder in der unmittelbaren Nähe des Fahrrads gesehen haben und hat dann nicht den Notarzt verständigt und einfach das Fahrrad als Beute mitgenommen?
Nein. Wenn ein akut verwirrter PS dann nicht mehr weiter wusste, zB nach eine Sturz, dann wird er einfach aufgestanden und weiter gelaufen sein. Einfach weiter und weiter, immer auf der Suche nach Vertrautheit und Sicherheit und zuhause und der Frau und Familie.
Menedemos schrieb:Er kann dort leider verstorben sein. Vielleicht kauerte er sich zusammen, auch zum Schutz vor der Kälte, und hat die Nacht nicht überlebt.
Er wird dann ja vermutlich auch schnell dehydriert sein, was die Verwirrtheit noch fortschreiten lässt. Und dann weiß er iwann nicht einmal mehr, wie man weiter gehen soll und liegt nur noch irgendwo.
Menedemos schrieb:In einem anderen Thread hat mal jemand geschrieben, dass Demenzkranke in beängstigenden Situationen nicht selten dazu neigen, sich zurückzuziehen, sich zu verstecken, in einem Gebüsch kauern und dergleichen.
Durchaus, genau. In Angstsituationen versteckt man sich eben, um sich sicher zu fühlen. Oder aber man läuft immer weiter, bis es nicht mehr geht und merkt gar nicht mehr, wohin man läuft, einfach weiter. Immer auf der Suche. Immer getrieben auf der Suche nach Vertrautheit und Sicherheit. und das kann auch in einem Wald, in einem Moor oder Fleet oder Gebüsch oder sonstwas sein.
Scarbi schrieb:Da ist es ein Unterschied, ob man den Weg zur Toilette noch ohne Probleme findet oder nachts im Dunklen durch eine Großstadt zu radeln. Außerdem verläuft die Demenz immer schubweise. Mal merkt man es ihnen kaum an, dann wieder kommt ein Tal. Gerade im Frühstadium ist das so.
Das ist eher bei einer Alzheimer-Demenz so. Bei einer vaskulären Demenz oder Multiinfarkt-Demenz oder hirnorganischen Schädigung nach Schlaganfall oder Hirninfarkt muss das so gar nicht sein. Der Arzt im FF sagte ja auch, dass alles wie zuvor gut war oder so ähnlich. Und es wurde ja auch von vaskulärer Demenz und Hirninfarkt gesprochen.
vio81 schrieb:Und "im Dunkeln" radelt man am Hamburger Ring 3 nicht durch die Gegend.
Da sind überall Laternen, Bushaltestellen, Leuchtreklamen,
Im Dunkeln wirkt das aber für einen Menschen, der unter den Bedingungen von hirnorganischen Veränderungen und Folgen von Hirninfarkt usw lebt, alles ganz anders und Reklamen und Lichter und Flackern und wer weiß nicht was, Autoleuchten, Ampelschaltungen uvm eher als absolute Reizüberflutung. Das kann das Hirn dann ggf gar nicht mehr verarbeiten.
vio81 schrieb:Wenn er tagsüber immer gut zurecht kam und sein Zustand "stabil" war, finde ich es schwer, mir vorzustellen, dass er auf diesen ziemlich gerade Strecken so die Orientierung verloren hat.
Das kann man mAn nicht vergleichen. Zumal man eben auch die Situation im Kontext sehen muss. Vormittags ausgeruht und bei Tageslicht zum Arzt zu fahren, ist was anderes als am Tagesende erschöpft und müde nach einem kognitiv belastenden Theaterstück im Dunkeln, umringt von Lichtern und Autos usw. Gerade dann kann ein Mensch unter den Bedingungen von Demenz sehr schnell jegliche Orientierung verlieren. Und dann kann er nicht mehr rational handeln und entscheiden und planen usw usf