monstra schrieb:Moralisch handelt ein Erwachsener, der den Täter vor Gericht sehen will. Aber ist es wirklich moralisch gerechtfertigt, den Täter zu verachten? Sich moralisch erhöhen zu dürfen ob der Unmoral des anderen?
@monstraDas ist ein guter Gedanke. Ich glaube nur, man muss noch etwas weiter denken.
Wer als Kind sexuelle Übergriffe von Erwachsenen erdulden musste und sich nicht wehren konnte, wird einen überführten Täter stellvertretend verachten.
Ich denke, dass eine große Mehrheit als Kind zumindest unsittlich berührt wurde. Allein schon, wenn Erwachsene im gerade noch erlaubten (nicht strafbaren) Bereich agieren (anfassen, oder mit Genuss zugucken, wenn Kinder duschen) bleibt später immer ein Gefühl der Demütigung zurück. Weil der Erwachsene damals noch nicht mal zur Rede gestellt worden ist. Vielen wird ja erst im Erwachsenenalter klar, dass ihre Naivität damals ausgenutzt wurde.
Und dann denkt man unwillkürlich: Endlich mal Einen geschnappt. Und man verachtet.
Wer ein wirklich moralisch ganz einwandfreies Leben führen möchte, muss Allen, die ihm Demütigungen zugefügt haben vergeben.
Dann wird er - so wie du es richtig findest- einem Täter nicht Verachtung entgegen bringen.
(Das gilt natürlich auch für andere Straftäter: Steuerhinterzieher, Betrüger etc.)
Solange man sich selbst als Opfer von sexuellem Missbrauch, Betrug usw. sieht, bleibt die Wunde offen und jeder Tatverdächtige, der am Pranger steht, wird angespuckt (um es bildlich zu sagen).
Das ist überhaupt nicht verwunderlich.
Ein Schritt zur Heilung wird gemacht, wenn Institutionen- wie Kirche- Missbrauchsfälle und Versagen einräumen und bei der Aufklärung helfen.