Irina A. - Mord im Frankfurter Park
20.12.2019 um 20:03
Ich habe mir die heutige Verhandlung gegen JM vor dem LG Frankfurt angesehen. Die Verhandlungen finden in den Sälen 1 bzw. 2 im Erdgeschoß statt.
Heute wurde der Cousin von Irinias Ex-Freund vernommen. Ich nenne ihn jetzt mal C.
Er ist 46 Jahre alt, Zimmermann, wohnt derzeit in Frankreich bei seinen Eltern und ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet, weswegen er seine Aussage mit Dolmetscherin auf Englisch machte.
Vorab: es war teils sehr schwer, ihm zu folgen, was sowohl an der „Dolmetschersituation“ lag als auch daran, dass er auf Fragen selten kurz und direkt antwortete und man oft nicht wußte, ob dies, was er gerade erzählt, irgendwie noch zur Antwort auf die Frage führt oder ob es irgendetwas total irrelevant ist. Daher ist mein nachfolgender Bericht ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit.
Zu seiner Aussage:
Irina erzählte ihm, dass sie sich über JM ärgere, weil ständig Geld aus dem Safe in der Bar genommen werde. Das war nach der Sex-Mob-Geschichte. Irinia war sauer auf JM, auch wegen dieser Sexmob-Geschichte.
Es habe so ausgesehen, dass sie die Bar auch wegen dieser Sexmob-Geschichte verkaufen müßten. Das habe Irina ihm erzählt, wobei es nie so gewesen sei, dass Irina ihm die vollständige Geschichte erzählt habe; sie habe meist von einer Geschichte immer nur einen Teil erzählt und nie die ganze Geschichte.
Sie, Irinia, habe dann ihr Auto verkauft, um Geld flüssig zu machen. Das sei wohl 2 Jahre vor ihrem Tod gewesen.
Die Beziehung Irinas zu seinem Cousin, der wohl im November bereits als Zeuge vernommen worden sei, bezeichnete C. als „fatal attraction“. Irinia sei rasend eifersüchtig gewesen und die Beziehung sei voller ups and downs gewesen, zudem ständige on-offs. Er, der Zeuge C, habe zu Irina nie eine sexuelle Beziehung gehabt; er habe sie immer nur als Freundin seines Cousins gesehen und als solche gemocht. Er habe oft auch über mehrere Monate keinen Kontakt zu ihr gehabt; sie habe sich bei ihm immer dann gemeldet, wenn sie mit seinem Cousin Probleme hatte, d.h. die Beziehung gerade wieder off war oder auf der Kippe stand.
Irina sei außer Kontrolle geraten, wenn sie Alkohol getrunken habe. Drogen haben sie auch genommen, Koks.
Von Geldproblemen von JM wisse der Zeuge C. nichts. Irina habe solche nie erwähnt. Soweit er wisse, gehörte die Bar Irinia und JM.
Er, der Zeuge C, habe in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (09.05. auf den 10.05.2019) von Irinas Tod erfahren. Arthur habe ihn um 03.00 Uhr angerufen und ihm von Irinas Tod erzählt.
Er, der Zeuge C., sei am 09.05.2018 in Frankfurt gewesen. Er sei morgens um 06.00 Uhr mit dem Zug vom Hauptbahnhof nach Freiburg gefahren. Er habe in Frankreich sein Auto abholen wollen. Das sei defekt gewesen und war zur Reparatur. Seine Frau habe das Bahnticket über das Internet bestellt. Sie habe die ganze Zeit die Preise beobachtet, um einen günstigen Tarif zu bekommen. Er sei ein paar Tage in Frankreich geblieben, da er für das Fahrzeug für die Reparatur Ersatzteile habe besorgen müssen. Er habe seiner Frau bei seinem ersten Telefonat mit ihr von Irinas Tod erzählt. Er sei sich sicher, dass er das seiner Frau erzählt habe und dass seine Frau da noch nichts von dem Tod Irinas gewußt habe. Er wisse nicht, was seine Frau bei ihrer Vernehmung bei der Polizei ausgesagt habe.
Es gab mit Irina und seiner Frau und seiner Tochter ein Problem. Irina habe unter einem Vorwand seine Frau von seiner Tochter „weggelockt“ und dann versucht, seine Tochter anzustiften, die Polizei anzurufen und den Cousin von C. wegen Fahrerfluchts anzuzeigen. Die Tochter hat das aber nicht gemacht und sich damit herausgeredet, ihr Handy habe kein Guthaben mehr.
Irina habe seiner Frau und seiner Tochter auch regelmäßig teure Kleidung, Markenklamotten, geschenkt. Angeblich habe sie das Geld von ihren Eltern gehabt.
Auf Vorhalt, dass es eine Anzeige gegen ihn von Irina (oder seiner Frau?) bei der Polizei gegeben habe, erklärte der Zeuge C., dass Irina gewollt habe, dass seine Frau ihn anzeigt.
Es gab dann auch Probleme wegen seiner Kinder. Irina verleitete seine Frau zum Koksen. Wenn das nur ab und zu gewesen wäre, dann hätte es den Zeugen nicht so sehr gestört, aber es war mehr oder weniger täglich. Deshalb gab es dann auch irgendwann Ärger mit dem Jugendamt. Das Jugendamt hat dem Zeugen C und seiner Frau dann auch die Kinder weggenommen. Sie waren seit 2017 in Deutschland.
Er hat am Anfang für seinen Cousin Abbrucharbeiten in dem neu gekauften Haus gemacht. Die Kinder seien auf eine französische Schule in Frankfurt gegangen. Irina habe ihn dann irgend wann an eine Zeitarbeitsfirma vermittelt. Irgend wann habe er hier in Deutschland aber keine Arbeit mehr gefunden und dann habe er beschlossen, zurück nach Frankreich zu gehen. Das sei dann im Juni 2018 gewesen.
Im Frühjahr 2018 wurden ihnen die Kinder durch das Jugendamt weggenommen. Das sei Irinas Schuld gewesen. Hintergrund waren wohl die Drogengeschichten gewesen. Er habe jedenfalls Verständnis dafür gehabt, dass das Jugendamt die Kinder habe schützen wollen.
Er habe mit Irina darüber nicht mehr gesprochen, er habe ihr auch keine Vorhaltungen gemacht, auch nicht per mail oder sms etc. Sie hätten den kontakt zu ihr abgebrochen.
Auf Vorhalt der Staatsanwaltschaft, dass es da aber eine entsprechende Nachricht auf dem Handy gab, erklärte er (so habe ich ihn verstanden), dass das von seiner Frau gewesen sei. Irina habe sich von ihnen fernhalten sollen.
Sie hätten dann ihre Kinder zurück bekommen. Das hätten sie aber Irina nicht gesagt. Die habe das nicht wissen müssen. Im Juni seien sie zurück nach Frankreich gezogen.
Auf Vorhalt, ob er etwas von einer Uhrengeschichte wisse, erzählte der Zeuge C, dass das ganz am Anfang von seiner Zeit in Frankfurt gewesen sei, als er das Haus umgebaut habe. Irina vermisste ihre Uhr und vermutete, dass sie die in dem Haus vergessen habe. Der Zeuge C. berichtete, dass er die Uhr gefunden habe, aber zunächst gar nicht habe glauben können, dass es die von Irina gesuchte Uhr ist, da die total verkratzt und gar nicht besonders ausgesehen habe. Es sei eine Piguet (oder Patek – konnte ich nicht richtig verstehen) gewesen. Irina habe die Uhr eigentlich schon verkauft gehabt. Allerdings habe sie dem Käufer nur die leere Originalverpackung geschickt. Da der Käufer total sauer gewesen sei, habe Irina die Uhr dringend wieder finden müssen.
Auf die Frage, ob der Zeuge C. schon einmal im Nidda-Park gewesen sei, gab er an, dass er vor dem Mord noch nie im Niddapark gewesen sei. Auch nicht in der gleichnamigen Gaststätte am Niddapark, Er sei immer nur an der Nidda entlang mit den Kindern oder so……Er sei erst nach dem Mord mit seiner Frau und Freunden zu dem Tatort im Niddapark gegangen.
Anastasia sei ihm von Irina als Freundin vorgestellt worden. Er habe mit ihr aber nichts weiter zu tun gehabt.
Er selbst habe auch Drogenerfahrungen. Er sei schließlich Ende 40 und habe schon alle möglichen Drogen ausprobiert. Auf die Frage, ob er auch in der fraglichen Zeit in Frankfurt Drogen genommen habe, antwortete der Zeuge C., er könne das nicht mehr erinnern. Auf die Frage der Verteidigung, wer ihm die Drogen besorgt habe, erfolgte seitens des Gerichts die Belehrung an den Zeugen, dass er auf Fragen nicht antworten müsse, wenn er sich selbst belasten würde.
Der Zeuge C. wollte jedoch antworten und gab an, dass Freunde von Irina die Drogen besorgt hätten.
Auf Vorhalt, ob er etwas darüber wisse, dass Irina zusammen mit seinem Cousin 200.000,- EUR von der Bank abgehoben habe, gab der Zeuge C. an, dass er davon nichts wisse.
Auf nochmalige Nachfrage, gab der Zeuge C. an, dass der Niddapark ca. 60 – 70 Meter von seiner Wohnung in Frankfurt entfernt gewesen sei.
Auf Vorhalt, ob es mal einen Streit zwischen ihm und Irina gegeben habe, bei dem ihm die Nase gebrochen worden sei, gab der Zeuge C. an, dass es mal einen Streit gegeben habe. Irina sei dabei aus dem Auto ausgestiegen. Er habe sie beruhigen und zurück halten wollen. Sie habe wütend die Fahrzeugtüre zugeschlagen und dabei sei er von der Tür im Gesicht getroffen worden. Es stimme aber nicht, dass er sich dabei die Nase gebrochen habe. Die sei nicht gebrochen gewesen. Er habe auf seinem Handy auch noch Fotos davon.
Die Verteidigung merkte hierzu an, die Fotos von seinem Handy nicht zu brauchen; man habe Fotos hierzu in der Ermittlungsakte und aus der EA ergebe sich auch, dass die Nase gebrochen gewesen sei.
Dem Zeugen C wurde vom Gericht aufgegeben, die ladungsfähige Anschrift seiner Frau, die zwischenzeitlich zurück in die USA gezogen ist, mitzuteilen. Zudem sollte er die Internetbestellung für das Bahnticket am 09.05.2018 über seine Frau besorgen, die das Ticket für ihn gekauft haben soll.
Der Zeuge C. wurde, nachdem der RA von JM die angekündigte Erklärung verlesen hatte, nochmals aufgerufen. Er hatte zwischenzeitlich die Ticketbestellung per mail von seiner Frau erhalten. Danach war das Bahnticket am 09.05.2018 um 00.07 Uhr via Internet gekauft worden.
So weit die Vernehmung des Zeugen C.
Das Gericht hat den Antrag der Verteidigung, zur Feststellung des Todeszeitpunktes ein Gutachten einzuholen, abgelehnt. Nach Ansicht des Gerichts ließe sich der Todeszeitpunkt auch durch ein Gutachten nicht näher eingrenzen bzw. deutlich nach vorne verschieben, da es nachweislich am Tatabend noch einen Kontakt Irinas zu einem weiteren Zeugen gegeben habe und sie zu diesem Zeitpunkt also definitiv noch gelebt habe.
Die Pressevertreter haben von der Verteidigung eine Abschrift der heute für JM abgegebenen Erklärung erhalten.
Das habe ich daher nicht notiert, sondern verweise auf die sicherlich erscheinenden Presseberichte hierzu.
Im Kern sagt JM, dass er bei Irina keine Schulden gehabt habe und an dem Abend mit ihr auch nicht im Niddapark verabredet gewesen sei. Die einzige Zeugin, die etwas Gegenteiliges behaupte, sei A., die nachweislich gelogen habe, indem sie ein Telefonat erfunden habe. Gegenüber der Polizei habe A. wohl noch behauptet, mit Irina kurz vor deren Ermordung telefoniert zu haben. In ihrer Vernehmung vor Gericht habe sie sich dann aber an dieses Telefonat angeblich nicht mehr erinnern können, nachdem die Polizei festgestellt habe, dass es dieses Telefonat mit Irina gar nicht gegeben habe. Die Aussage der A. vor Gericht sei auch insofern völlig unglaubwürdig, da man wohl kaum das letzte mit seiner besten Freundin vor deren Ermordung geführte Telefonat vor Gericht vergesse bzw. hierzu Erinnerungslücken habe.
Die Verhandlung wird am 13.01.2020, 08.30 Uhr fortgesetzt.