@ninano Ich könnte mir vorstellen, dass es zu einer spontanen Planänderung kam, die von Madsen ausgegangen sein könnte. Dass es nicht bei der zunächst vereinbarten Hafenrundfahrt blieb, sondern er Wall tatsächlich womöglich in Aussicht stellte, sie problemlos an Schwedens Küste zu bringen, z.B. an den schwedischen Teil der Öresundverbindung. Zu dem Zeitpunkt, als sie letztmalig gesehen wurden, war es noch hell und so könnte ich mir vorstellen, dass Wall zunächst darauf eingegangen sein könnte, schlicht, weil sie womöglich tatsächliche Fahrtdauer oder aber die Umstände einer Fahrt bei völliger Dunkelheit oder aber aus Mangel an Kenntnis um die technischen Gegebenheiten (keine Positionslichter, Schiffsverkehr, Tauchgang bei Nacht, um womöglich dem Schiffsverkehr zu umgehen, indem man sich tauchend fortbewegt) unterschätzt hat. Auch für sie dürfte solch eine erste Fahrt aufregend und zumindest bei Tageslicht noch im positiven Sinn spannend gewesen sein. Nach Untergang der Sonne könnten sie sich gerade auf dänischer Höhe der Öresund befunden haben und Wall dürfte womöglich mulmig geworden sein, insbesondere, wenn sie vielleicht feststellen muss, dass die zunächst offenkundige Professionalität des Kapitäns eine Waghalsigkeit beinhaltet, die ihr womöglich erst jetzt auffällt - insbesondere, wenn sie Frachtverkehr um sich herum wahrnimmt. Sie dürfte eine recht selbstbewusste Frau sein, die in dem Moment nicht nur ihre Bedenken angemeldet haben sondern Madsen unmissverständlich aufgefordert haben könnte, sie aus dieser Situation zu bringen, indem er umkehrt. Darüber hinaus kann ich mir vorstellen, dass sie, im Falle, dass er sie zu beruhigen versucht, schlicht nach dem Handy greift und versucht, irgendwem telefonisch ihre Lage zu schildern.
Jetzt versetzen wir uns in die mögliche Lage von Madsen: Laut seines Partners ist er der Einzige aller, die an dem Boot bauten und darauf trainiert waren, der das Boot habe allein steuern können, was mir deutlich macht, dass es alles andere als leicht ist, das zu tun. Nun ist er Kapitän an Bord eines Bootes, das nicht nur steuerungstechnisch eine Herausforderung ist, sondern er noch bei nicht vorhandener Sicht, dem Wissen um Frachtverkehr, der Gefahr, sich in einem Seegebiet zu befinden, in dem er eigentlich auch nichts zu suchen hat. Und inmitten dieser Situation stellt ihn seine Begleitung kritisch zur Rede, fordert ihm auf, umzukehren und droht ihm, die See- oder Polizeibehörden zu kontaktieren. Um das zu tun dürfte sie hoch zur Luke gegangen sein, um Handyempfang zu haben, der im Boot selbst wahrscheinlich nicht vorhanden ist. Er will sie davon abhalten, sie ringen miteinander. Möglich auch, dass Wall, um sich von ihm zu entfernen, aus der Luke herausklettert, stürzt und letztlich ertrinkt. Er weiß, dass er nicht hinterherspringen kann.
Anhand des Ortes, an dem er die Nautilus versenkte, um dem Punkt mal vorzugreifen, ist m.E. und im Rahmen meines Szenarios davon auszugehen, dass er sich zu diesem möglichen Zeitpunkt des Ringens bereits in nord-, oder südöstlicher Richtung der Öresundbrücke, also Richtung Schweden befunden haben dürfte. Ihm dürfte klargewesen sein, dass man ihren Verbleib eher dort zunächst vermuten würde, wo auch er aufgefunden wird, also südwestlich. Eine Strategie der Ablenkung.
Sie ertrank und er handelte nicht. Er konnte nichts mehr für sie tun. Und statt sein verbleibendes Handy zu nutzen, um die Seenotrettung zu kontaktieren, schaltete er seinen Funk ab, schrieb eine SMS an einen Freund, mit der Absage des Treffens, reagierte aber nicht mehr auf dessen Nachfragen. Der Grund ist simpel: Nachdenken, was jetzt zu tun ist. Er wusste, dass er nur wenig Zeit haben würde, bis sich Angehörige über ihren Verbleib wundern werden. Demzufolge nutzte er diese Zeit, um in die entgegengesetzte Richtung zu fahren, insbesondere weg von der frequentierten Schifffahrtsstraße. Ich kann mir darüber hinaus gut vorstellen, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht plante, sein Boot später zu versenken, sondern zunächst Optionen durchzuspielen, die er später als Erklärung vorbringen könnte. Ich gehe davon aus, dass er womöglich alle von Wall verbliebenen Gegenstände aus dem Boot auf See versenkte. Er wusste, dass durch die Beinahe-Kollision mit dem Frachter Zeugen vor Ort waren, die den Seebehörden einen Gefahrenbericht zukommen lassen könnten, also muss er sich überlegen, wie diese Situation erklärt werden kann. Ich gehe davon aus, dass er sich überlegte, den Behörden ein Szenario zu präsentieren, das mit Navigationsschwierigkeiten zu tun hat, die ihn derart haben abtreiben und nahezu kollidieren lassen. Um eben NICHT der Fahrlässigkeit haftbar gemacht werden zu können, schon gar nicht, wenn es um Menschenleben geht, ist zudem in diesem Punkt wichtig gewesen, zu erklären, dass sich Wall zum Zeitpunkt dieses Vorkommnisses schon lange nicht mehr an Bord befunden hat, sondern nur er selbst ("seht ihr, ich habe doch nur mich gefährdet und niemanden sonst!"). Er wird sich Gedanken dazu gemacht haben, was er erzählt, wo er Kim abgesetzt hat. Und er wählt für dieses Szenario schlicht und ergreifend einfach den Ort, von dem aus die Fahrt begann. Es ist naheliegend und es wird Zeugen an den Docks geben, die sich zumindest daran gut erinnern können. Dass es dort keine Kameras gibt, hat er außer Acht gelassen. Erst, als er wieder an Land kam, dürfte er womöglich von der Polizei oder der Anwaltschaft erfahren haben, dass gerade eine Auswertung der Kamerabilder erfolgt und er hat die Version angepasst.
Da er der Einzige ist, der zu diesem Zeitpunkt (falls er der Täter ist) WEIß, dass Kim nicht gefunden wird, egal wie lange die Suche an Land dauern würde, sich der Verdacht mit der Zeit so oder so auf ihn richten würde. Er hat es seiner Aussage nach geliebt, nachts im Tauchmodus in einem Boot zu schlafen, nachzudenken und sich groß(artig) zu fühlen - und ich denke, dass er recht spontan am folgenden Morgen angesichts der vielen Suchmannschaften zu Wasser und zu Luft, den Entschluss fasste, sein Boot zu versenken - schlicht und ergreifend, um der Gefahr aus dem Weg zu gehen, dass dieses Boot, das SEIN Baby, sein Lebenswerk ist, in die Hände Anderer fällt. Egal was ihm geschieht, eines soll für allezeit klar sein: Es ist SEIN Boot! Und wenn er es nicht (unter Kontrolle) haben kann, dann darf es NIEMAND haben.
Und wer an dieser Stelle meines Szenarios laut auflachen sollte, dem kann ich nur sagen, dass das die klassische Denke eines Narzissten ist, die sich aus seiner Sicht als völlig normal darstellt. Für mein Dafürhalten liegt es im Bereich des Denkbaren, dass Madsen so ticken KÖNNTE, wenn ich mir die Informationen zu seiner Person genauer anschaue.
Das also mein Szenario.