angellost schrieb:Ist doch leider Standard. Genau wie die immer gleichen halbnackten Frauen auf Hocker oder Bett in Artikeln zum Thema, oder Euphemismen a la „Freudenmädchen“, „Freudenhaus“, „Liebesdienerin“, „käufliche Liebe“, ... Voll frustrierend
Na, das sehe ich schon etwas differenzierter. Du sprichst von den üblichen Boulevardzeitungen, allen voran
Bild, die in dem Bereich tonangebend ist.
Für den
FOCUS, der sich selbst als Nachrichtenmagazin verstanden wissen will und neben
Stern und
Spiegel zu den reichweitenstärksten Wochenmagazinen in Deutschland gehört, sollte eine andere Messlatte in Bezug auf journalistische Qualität angelegt werden. Vor allem, wenn man den von den Focus-Herausgebern selbst formulierten Anspruch zugrunde legt.
Hier einmal der Vergleich in der "Rosa"-Berichterstattung von Stern (12.8.2010) und Focus (11.8.2020):
FOCUS:
Hamburg: Hure Lucy in Hamburg bestialisch ermordet: Bringt eine TV-Sendung die Wende im Fall?
Stern:
Ein T-Shirt macht Hoffnung – wie die Hamburger Polizei den "Stückelmord" aufklären will
Im darauffolgenden Text wird im Stern der Fall als solcher dargestellt und erst im dritten Absatz erfährt der Leser von „einer 48-jährigen Sexarbeiterin aus Äquatorialguinea“.
Das ist ein gewaltiger Unterschied im „wording“. Man sollte in dieser Hinsicht achtsam sein, um Formen des
Framing (Kategorisierung: Hure = moralische Bewertung) auch in so scheinbar kleinen Nebensächlichkeiten wahrzunehmen. Im Zusammenhang mit politischer Berichterstattung ist es dann noch einmal umso wichtiger, diese Mechanismen (subtiler Manipulation) zu erkennen. Nur so bleibt man imstande, für sich selbst rationale Einordnungen vorzunehmen.
Die Links dazu
hier: Focus und
hier: Stern