Gastautorin und Kriminalpsychologin Lydia Benecke mit psychologischen Ausführungen zu Marcel H., der vor einer Woche verhaftet wurde, nachdem er sich in einer Imbiss-Bude in Herne gestellt hatte. Er hatte zu diesem Zeitpunkt mutmaßlich zwei Menschen getötet.
Hier mal ein kleiner Denkansatz für die, die Marcel H. als Monster betiteln.
Seine Taten sind krass, die Geschichte tragisch und die Toten ein Verlust.
Aber hier gibt es einen Einblick, zusammengeführt von Lydia Benecke, ihres Zeichens Kriminalpsychologin.
Der Artikel zeigt auf, warum manche Monster keine Monster sind, zudem gibt es viele Punkte, die das Geschehen erklären. Hier wird zudem auch meine Sichtweise erklärt, warum mir ein Täter wie Marcel H. leid tun kann.
Eine umfassende (Er-)Klärung der Tat im Kontext der Persönlichkeitseigenschaften und der biographischen Entwicklung des Täters wird im Rahmen des Gerichtsprozesses ein Gutachter erstellen. Doch deutlich grundlegendere Erklärungsansätze sind bereits anhand der Informationen möglich, welche der Öffentlichkeit aufgrund der erfolgten Berichterstattung und Pressekonferenz zugänglich gemacht wurden. Diese Informationen lassen sich im Kontext internationaler Forschungsergebnisse einordnen, die typische Merkmale unterschiedlicher Tätertypen aufzeigen. Speziell auch zu jugendlichen und jungen Erwachsener, die schwere Gewalttaten planten oder vollendeten, gibt es bereits aufschlussreiche wissenschaftliche Erkenntnisse. Diese weisen in einigen Bereichen auffallende Parallelen zu bekannten Informationen im Fall des Marcel H. auf.
Wie wir sehen, werden hier schon bekannte Informationen verwendet, die uns auch nicht neu sind.
Ein junger Erwachsener, der sich seit längerer Zeit ins Internet zurückzog, mit den Anforderungen der „echten“ Welt scheinbar überfordert. Der sich Tarnkleidung anzog, die mit Soldaten, Kämpfen, Macht assoziiert ist. Der sich im Internet über Suizidabsichten unterhielt und dabei Chatpartner fand, die solche sogar unterstützten. Seine große Hoffnung, durch Aufnahme in die Bundeswehr endlich Anerkennung finden zu können, wurde enttäuscht. Am selben Tag, an dem er eigentlich mit dem Gedanken an Suizid gespielt hatte, tötete er schließlich ein Kind. Nicht Entsetzen oder Panik war seine Reaktion, sonder er empfand diese Tat offenbar als positives, selbstwertsteigerndes Erlebnis, mit dem er im Internet anzugeben begann. Verzweifelte Suche nach Aufmerksamkeit und Anerkennung – wenn schon nicht positive, dann eben negative. Ein Phänomen, das auch von geplanten und vollendeten Schulamokläufen bekannt ist.
Ich habe oft gehört, wie er Versager genannt wird.
Genau solche Sachen sind es, die solch labilen Menschen immer mehr und mehr kränken und gekränkt haben. Nicht jeder hat es leicht.
Bitte merken.
Das fördert gestörte Persönlichkeiten, in eine andere Richtung zu wechseln.
Mit diesen haben die bekanntgewordenen Fakten über den Fall Marcel H. einiges gemeinsam: Eher zurückgezogen lebende Einzelgänger, denen ersehnte Anerkennung und Erfolg verwehrt bleiben.
Wenn das eigentliche Problem – die tiefsitzende Unfähigkeit, sich selbst realistisch positiv zu sehen, auf positive Art Zugehörigkeit, Anerkennung und Selbstwert zu erleben – vom Betroffenen weder richtig erkannt noch sinnvoll (beispielsweise durch eine Therapie) angegangen wird, wenn ihm eine konstruktive Verbesserung seines lang empfundenen Leidens unmöglich erscheint, dann kann eine aggressive Überkompensation ins Gegenteil immer weiter fortschreiten – zunächst in der Gedankenwelt und im schlimmsten Fall irgendwann auch in der Realität. Der Frust der vielen empfundenen Kränkungen, die eigentlich emotionale Verletzungen sind, wird in aggressive Fantasien geleitet, in denen heftige Gewalt gleichzeitig als Machterlebnis und als Rache für das eigene Leid fungiert.
Wut, Verletzlichkeit, Kränkungen, Verzweiflung...
Hilflosigkeit, Machtlosigkeit.
Vorab: Das folgende mögliche Erklärungsmodell basiert auf den öffentlich bekannten Informationen zum Fall, eingeordnet in die bereits grundlegend geschilderten, psychologischen Erkenntnisse zu Tätertypen mit in einigen wesentlichen Punkten übereinstimmenden Merkmalen. Es handelt sich hierbei lediglich um eine grundlegende Hypothese für die Zusammenhänge der bekannte Ereignisse. Nur der mit dem Fall vom Gericht betraute Gutachter wird mithilfe der Auswertung aller ihm zur Verfügung stehenden Daten die genauen Umstände der Tat und gegebenenfalls bestehende Diagnosen konkret feststellen und beschreiben.
Den ganzen Artikel gibt es hier mit viel genaueren Erklärungsmodellen:
https://www.ruhrbarone.de/marcel-h-aus-herne/140329