Verbrechen in Höxter
13.05.2016 um 10:48
Ich stelle fest, dass von jetzt über 150 Seiten sich die gefühlte Hälfte der Beiträge damit befasst, wie so etwas passieren konnte. Manchmal werden die Täter entschuldigt. Der Mann war frustriert, weil die Frau nicht arbeitete, weil sie ihm nicht die Wünsche von den Augen ablesen konnte, weil sie sich seinem angeblichen Perfektionismus nicht problemlos genug anpassen konnte. Und/oder er bzw. beide Täter hatten natürlich eine schlechte Kindheit.
Noch häufiger aber werden die Opfer (ich meine damit nicht die Ex-Frau) beschuldigt, auch wenn das ständig geleugnet wird und man den Opfern ja angeblich keinen Vorwurf machen will. Sie waren angeblich naiv, hatten einen extrem niedrigen IQ, fanden aufgrund niedrigen Selbstbewusstseins nichts dabei, schlecht behandelt zu werden, weil sie glaubten, wer schlage, würde auch lieben, oder sie waren gar mehr oder weniger damit einverstanden. Angeblich hätten sie ja jederzeit gehen können oder zumindest zur Polizei fliehen können, obwohl hier schon mehrere von Fällen aus dem Bekanntenkreis geschrieben haben, wo die Polizei gar nichts gemacht hat. Dabei fällt mir der Fall Dahmer ein, wo die Polizei sogar anrückte, das Opfer (das danach von Dahmer ermordet wurde), aber bei dem Täter zurückließ, weil dieser ihnen weismachen konnte, es wären nur sexuelle Spielchen (siehe Wikipedia).
Ähnliches habe ich im wahren Leben auch erlebt, wenn es (oft durch die Blume, manchmal aber auch ganz direkt) hieß, ich wäre selber schuld, wenn ich mich gegen die (meistens ebenfalls mehrere) anderen Kinder, die mich (auch physisch) drangsalierten, nicht wehren konnte. Denn das wären eigentlich liebe, nette Unschuldsengel, und es müsse also wohl an mir liegen, dass ich ständig angegriffen würde. Anderen passiere das ja auch nicht.
Scheint wohl ein normales Verhalten in der Umgebung zu sein, bei (für Außenstehende) scheinbar harmlosen Mobbing wie auch in Extremfällen so wie hier.
Woran liegt das bloß? Was veranlasst so viele Leute, die gewöhnlich (zumindest vom konkreten Fall) nicht betroffen sind, die Opfer zu diffamieren und die Täter in Schutz zu nehmen - sprich: die Tat zu relativieren?
- Ist es wirklich nur die Arroganz gegenüber denjenigen, die sich nicht wehren können, weil man glaubt, stärker zu sein als sie, und dass einem das nie passieren könnte?
- Ist es vielleicht das Gegenteil: das intuitive Wissen, dass man selbst auch in diese Situation hätte kommen können, wenn die Konstellationen andere gewesen wären, und dass man nur Glück hatte? Versucht man, diese Angst nicht ins Bewusstsein dringen zu lassen, weil das Gefühl der Bedrohung zu groß wäre?
- Oder glauben immer noch so viele Leute an die Theorie, dass alle Menschen von sich aus gut wären und es nur an bösen Einflüssen von außen und ungünstigen Umständen liegt, wenn jemand sich zu einem Täter entwickelt, der andere Menschen zu Tode foltert?