@Orpinal Nein, denn Riechmanns Strafe ist eine andere als Soerings. Soering hatte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe erhalten, deren Rest-Verbüssung auf Bewährung ausgesetzt werden konnte, ähnlich wie das in Deutschland bei "Lebenslänglich" ist. Das wurde nun auch getan, das heisst, die Strafverbüssung wurde ausgesetzt.
In Florida, wie auch inzwischen in Virginia, gibt es eine andere Strafe, nämlich "lebenslängliche Freiheitsstrafe ohne Möglichkeit der Strafaussetzung (parole)." Das bedeutet, hier muss der Inhaftierte tatsächlich bis an sein Lebensende in Haft bleiben.
Diese Strafart wurde vor allem als "Alternative" zur Todesstrafe eingeführt. Riechmann ist ein solches typisches Beispiel, seine Todesstrafe wurde dazu umgewandelt.
Er kann also nicht durch ein "parole board," also einen Bewährungsausschuss entlassen werden, so wie Soering.
Riechmann hat aber dennoch ein paar Möglichkeiten:
Es gibt in Florida ein sogenanntes "passionate release" Programm, dass es dem Bewährungsausschuss ermöglicht Gefangene freizulassen, wenn bestimmte medizinische Indikationen vorliegen: z.B. eine terminale Erkrankung, also eine Erkrankung, die in absehbarer Zeit zum Tode führen wird, oder eine schwere Behinderung, die vermutlich nicht heilbar sein wird. Hierdurch kann also ein Inhaftierter zum Beispiel für die letzten Monate seines Lebens in ein Hospiz, in eine Spezialklinik usw. verbracht werden, wo die Pflege und Betreuung einfach besser sind als in einem Gefängnis. Auch nach Hause, z.B. zu Familienangehörigen kann ein solcher Inhaftierter entlassen werden, aber die medizinische Indikation muss vorliegen.
Sollte Riechmanns Gesundheitszustand also jemals in diese Richtung gehen, gibt es diese Möglichkeit.
Die andere Möglichkeit ist ein Gnadenentscheid durch den Gouverneur. Das Gnadenrecht ist traditionell eine Befugnis des Souveräns, also früher des Königs, die Vollstreckung einer durch ein Gericht ausgesprochenen Strafe zu erlassen. Traditionell war es daher unbeschränkt und nicht Bestandteil des Rechtssystems.
Inzwischen aber gibt es keine Monarchie mehr, bzw. hat es in den USA nie gegeben, und die einzelnen Bundeststaaten können Regeln aufstellen, die das unbeschränkte Gnadenrecht des Staatsoberhaupts einschränken. Das geschieht oft in verschiedener Weise, ich habe mich jetzt nicht im Detail nach dem Recht Florida umgesehen. Prinizipiell gilt aber schon, dass der Gouverneur hier weiten Ermessensspielraum hat. Auch hier gilt wieder: Gnadenrecht ist nicht Bestandteil des Justizsystems, das heisst vor allem, es gibt keinen einklagbaren Anspruch auf einen Gnadenerlass. Es gibt allerdings in der Regel gesetzlich verordnete Verfahrensregeln dazu.
Theoretisch gäbe es noch die Möglichkeit für Riechmann zu beantragen, dass seine Strafe statt in einem Gefängnis in Florida, in einem Gefängnis in Deutschland vollstreckt werden soll. Da aber in Deutschland eine lebenslängliche Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen wirklich lebenslang vollstreckt wird, gibt es hier ein Problem. Im Normalfall würde nach einer Überstellung Riechmanns nach Deutschland seine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt werden, er also nicht mehr weiter inhaftiert werden. Florida müsste bereit sein, diesem generell zuzustimmen, was vermutlich nicht der Fall sein wird. Daher kommt es in solchen Fällen sehr selten zu einer Überstellung. Es sollte aber möglich sein, wobei ich auch hier sage, dass ich mich jetzt nicht in die Details einarbeiten möchte.
Riechmann ist inzwischen 75 Jahre alt, ich vermute, seine beste Chance ist ein Gnadenersuch an den Gouverneur zu richten.