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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

1.496 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Making A Murderer, Steven Avery, Brendan Dassey ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

24.10.2018 um 15:50
So jetzt habe ich auch alle Folgen durch.
Ich hoffe das es nicht so kommt, das keiner der beiden jemals wieder rauskommt, aber ich glaub in diesem Fall ist wirklich alles möglich. All die Beweise die neu untersucht wurden, alle Ungereimtheiten die aufgedeckt wurden, das kann doch nicht alles umsonst gewesen zu sein. Das sieht doch jeder Leihe das da was nicht ganz gewaltig nicht stimmt.
Barbara und Scott sagen Steven am Telefon das Bobby gesehen hat wie TH vom Grundstück gefahren ist, sie posten es sogar auf Facebook. Bobby wird nochmal befragt, sagt: Nö, ich hab sie nicht fahren gesehen und dann heißt es einfach gut, alles klar, danke für das Gespräch du kannst gehen!!!! Das gibt es doch nicht, das geht mir nicht in den Kopf.
Das mit dem Ex empfinde ich auch so, der muss doch zumindest mal erklären wie er an ihren Kalender gekommen ist!?
Die Gerichtsmedizinerin hat mir echt leid getan, sie wollte nur ihren Job machen und durfte nicht. Die haben Ken Kratz und seine ganze verlogene Bande auch auf dem Gewissen, ich glaub ihr hat es echt das Herz gebrochen ihren Job zu kündigen und das sie nicht helfen konnte den Mörder von TH zu finden. Ich verstehe auch nicht das sie vor Gericht nicht aussagen durfte. Das Manitowoc County sollte sich aus den Ermittlungen raus halten und die einzige bei der das wirklich passiert ist die Gerichtsmedizinerin und alle anderen, wie Colbourn latschen schön mitten in der Ermittlung rum. Da kann ich echt nur noch mit dem Kopf schütteln.
Sehe ich das richtig das Brendan, wenn überhaupt, nur dann noch eine Chance auf Entlassung hat, wenn Steven`s Fall gekippt wird bzw. neu verhandelt wird und er frei gesprochen wird?


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

24.10.2018 um 16:45
Zitat von Morpheus1PBMorpheus1PB schrieb:Sehe ich das richtig das Brendan, wenn überhaupt, nur dann noch eine Chance auf Entlassung hat, wenn Steven`s Fall gekippt wird bzw. neu verhandelt wird und er frei gesprochen wird?
Ich glaube, Brendan hat alle Instanzen durch. Der letzte Versuch, eine Anhörung vor allen Richtern des Obersten Gerichtshofes zu bekommen, wurde ohne Begründung abgewiesen.

Nun weiß ich nicht, wie es gewertet wird, wenn neue Beweise auftauchen, die den TotschlägerIn einwandfrei identifizieren. Ein frei aus Mangel an Beweisen, wird es nicht mehr geben.


Es gibt noch nicht genug Beiträge. Eine Timeline, eine Aufzählung der wichtigsten Indizien und Protagonisten wären hilfreich.


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24.10.2018 um 16:56
@jada
Das wäre ja noch schlimmer als gedacht... Hat Zellner nicht gesagt, das wenn Steven gewinnt, das sie Brendan dann auch frei lassen müssen!?
Muss mal nochmal schauen in welcher Folge das war, irgendwann gegen Ende.

Das ist glaub ich eine Mammutaufgabe... Ich schau mal ob ich in der Richtung was finde, wir sind ja nicht das einzige Forum, in dem der Fall diskutiert wird. Vielleicht kann man da was aus dem englischen übersetzen.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

24.10.2018 um 17:14
Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich Avery für schuldig oder unschuldig halte.

Es gibt genügend Indizien, die aber nur besagen, dass Teresa H. auf seinem Grundstück war. Selbst wenn er für den Tod verantwortlich ist, überzeugt mich nicht, der bei dem Urteil angenommene Tatablauf.

- Warum sollte Avery die Motorhaube vom Opfer öffnen?
- Warum die Blutspuren vom Opfer an der Heckklappe? Entweder er hat Teresa in ihrem Auto transportiert, wenn ja warum? Oder er hat sie angegriffen, als sie an der geöffneten Heckklappe stand, wenn ja vor den Augen seiner Schwester und Neffen?
- Warum verbringt er das Auto seines Opfers und schläft neben dem Autoschlüssel?
- Warum legt er wert auf Spurenbeseitigung, bei dem (fast) vollständigen Zerstören der Leiche, bei der Bodenreinigung seiner Garage, seines Bettes? Lässt dann aber gut sichtbare Spuren vom Opfer in dessen PKW und schläft nebem dem Autoschlüssel vom Opfer?
- Warum behält er die Automagazine, die er an dem Tag von Teresa ausgehändigt bekommt?
- Der Terminkalender - mit Vermerk des Termines bei Avery - befand sich nachweislich (lt. RAin Zellner) bei dem Opfer an dem Tag. Warum zerstört er diesen nicht? (Und wie bitte gelangt der Kalender zum Exfreund?)


Bei Brendan kann ich für mich keine Schlüsse ziehen.

Ich kann nicht einschätzen, wie er mit 16 Jahren war. Er hat keinen besonders hohen IQ, aber auch keinen besonders niedrigen.
(Ich habe mal gelesen, dass der IQ von Dassey höher als der von Avery getestet wurde- kann aber keine Quelle liefern)
Aber Fakt ist, dass Dassey fast ausschließlich wegen seiner Aussage verurteilt worden ist. Und ich der Meinung bin, dass man Kinder so befragen kann, dass man die gewünschten Aussagen bekommt. Hat das Kind die passenden Filme/ Spiele sich vorher zu Gemüte geführt, kommt so etwas dabei heraus. Die gezeigten Verhöre waren nicht in Ordnung.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

24.10.2018 um 17:23
Die Gerichtsmedizinerin halte ich für einfach nur sauer.

Der Zeuge, der angeblich das Auto des Mordopfers gesehen hat und es dem (zweifelhaften) Polizisten in der Tankstelle meldet, lügt m.M.n..
Warum meldet er sich nachdem der die doch erfolgreiche Serie von Netflix geschaut hat?
Warum meldet er sich nicht, als Teresa noch vermisst war, bzw. zeitnah? Der Fall war damals schon groß in den Medien.


Insgesamt interessiert mich brennnend, welche Gelder von der bekannten Produktionsfirma an die Protagonisten der Serie fließen. Vielleicht weiß hier jemand mehr? Die Gutachter bezahlen sich nicht von selbst. Das alle Zeugen unentgeltlich auftreten, kann ich mir nicht vorstellen.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

24.10.2018 um 19:07
@jada
Ich habe gerade leider nicht soviel Zeit, aber was mich brennend interessieren würde: Warum sollte der Zeuge der das Auto gesehen hat den lügen? Ausserdem hat er doch reagiert als TH noch vermisst wurde. Er sah das Auto, einen Tag später sieht er an einer Tankstelle die suchanzeige zu TH. In der Tankstelle trifft er colburn und meldet den Wagen. Es wurde gesagt das er einige der Polizisten seit Jahren kennt, ob das auf colburn zutrifft wurde leider nicht erwähnt. Also ich an seiner Stelle hätte dann auch gedacht der Polizist fährt sich das mal anschauen. Was vielleicht ein wenig seltsam ist das er sich bei brendans stiefvater meldet. Ich bin nur nicht mehr sicher ob das war als Staffel 1 kam oder vorher. Muss ich mir nochmal anschauen.


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24.10.2018 um 20:46
@Morpheus1PB
Für die Meldung bei dem Polizisten in der Tankstelle, gibt es nur die Aussage des o.g. Zeugen...


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

24.10.2018 um 22:00
Ich denke nicht, dass der Zeuge Gründe hat zu lügen. Das was er sagt klingt nachvollziehbar. Das auftauchen dieses Zeugen erklärt auch endlich wieso Polizist Colbourn damals in der Zentrale nach dem Kennzeichen gefragt hat obwohl das Auto von TH noch garnicht gefunden wurde. Eben weil dieser Zeuge das Auto gesichtet hat.
Das der Zeuge Scott Tadych informiert hat liegt meiner Meinung daran, das er ihn kannte und wusste, dass sein Stiefsohn in den Fall verwickelt war und dafür sogar in Haft Sitzt. Die Reaktion von Scott auf diese Nachricht finde ich eher seltsam.

Ich hoffe, dass sich die Arbeit von Mrs. Z eines Tages auszahlen wird. Für mich persönlich gibt es keinen Zweifel mehr, dass SA unschuldig ist.
Wunder gibt es immer wieder und Hoffnung sollte man haben, denn die stiebt ja bekanntlich zuletzt


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

24.10.2018 um 22:10
Zitat von JuvedaJuveda schrieb:Das auftauchen dieses Zeugen erklärt auch endlich wieso Polizist Colbourn damals in der Zentrale nach dem Kennzeichen gefragt hat obwohl das Auto von TH noch garnicht gefunden wurde. Eben weil dieser Zeuge das Auto gesichtet hat.
Colborn ruft in der Zentrale an, da das Kennzeichen durch die Familie bekannt ist und zu einem Vermisstenfall gehört.
Zitat von JuvedaJuveda schrieb:Das der Zeuge Scott Tadych informiert hat liegt meiner Meinung daran, das er ihn kannte und wusste, dass sein Stiefsohn in den Fall verwickelt war und dafür sogar in Haft Sitzt.
Brendan war ab seiner Aussage am 01.März, also fast 5 Monate später, erst verdächtig.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

25.10.2018 um 05:23
Zitat von FFFF schrieb:(Habe ich das richtig erfasst, @Rick_Blaine ?)
Das ist richtig. Der sogenannte "Perry Mason" effect ist nicht notwendig. Das war eine Fernsehserie in welcher der Anwalt, der mehr Detektiv war, am Ende immer kurz vor der Verurteilung seines Mandanten den wahren Täter präsentierte. In der Realität kommt das so gut wie nie vor, und ist auch nicht notwendig.
Zitat von jadajada schrieb:Hier wäre interessant zu wissen, ob es im amerikanischen Rechtssystem die Möglichkeit einer zweiten Verhandlung vor neuen Geschworenen gibt, obwohl Geschworene schon ein Urteil gesprochen haben?
Es gibt die Möglichkeit eines neuen Verfahrens, allerdings dahin zu kommen kann schwierig sein. Dabei kommt es auf den Status an, den das Verfahren zur Zeit hat.

Bei einem Strafjustizfall in einem Bundesstaat sieht das schematisch dargestellt so aus: Ich verwende mal deutsche Begriffe, wobei die nicht deckungsgleich mit dem Verfahren in Deutschland verstanden werden sollten.

Ein Verfahren beginnt in Deutschland mit der Hauptverhandlung. In den USA spricht man von "trial" der in der Regel ein Prozess vor einer Jury aus Geschworenen ist. Wie in Deutschland auch steht zunächst die Beweisaufnahme an und die Staatsanwaltschaft hat die Pflicht, die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei ("beyond a reasonable doubt - jenseits von vernünftigen Zweifeln") zu beweisen. Der Angeklagte hat das Recht zu Schweigen, kann aber Stellung nehmen und Zeugen und Beweismittel einbringen. Er hat das Recht auf einen Pflichtverteidiger.

Nach dem Ende der Beweisaufnahme stehen die Schlussplädoyers. Anschliessend ziehen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Anders als in Deutschland hat der Richter keine Funktion wenn es um die Feststellung der Schuld geht. Er ist mehr ein "Schiedsrichter" der während der Verhandlung dafür zu sorgen hat, dass alles fair zugeht und die Strafprozessordnung und die Gesetze befolgt werden.

Bevor die Jury zur Beratung geht kann die Verteidigung allerdings bereits zwei Dinge beantragen: eine direkte Entscheidung zugunsten des Angeklagten (directed verdict) wenn die Beweislage so klar ist, dass es gar keine Zweifel an der Schuld des Angeklagten geben kann. Oder den Prozess an dieser Stelle zu beenden, weil so viele Verfahrensfehler gemacht worden, dass man ihn ganz von vorne beginnen muss (mistrial). Über beide Anträge entscheidet der Richter. In der Praxis kommt es sehr selten zu einem directed verdict, und nicht sehr oft zu einem mistrial.

Die Jury kann nun für jeden einzelnen Anklagepunkt entscheiden: schuldig oder nicht schuldig. Die Entscheidung muss in jedem Fall einstimmig sein. Kann sich die Jury auch nach langer, oft mehrtägiger Beratung nicht einigen, gibt es allerdings einen mistrial. Das bedeutet, die Staatsanwaltschaft kann - muss aber nicht - den gesamten Prozess vor einer neuen Jury von vorne beginnen. Solange gilt die Unschuldsvermutung. Entscheidet sich die Staatsanwaltschaft gegen eine Neuauflage gilt der Angeklagte als unschuldig und kann nach Ablauf der Frist auch nicht mehr neu wegen der selben Tat angeklagt werden.

Hat sich die Jury einstimmig für "nicht schuldig," also einen Freispruch entschieden, ist das Verfahren hiermit ebenfalls beendet. Die Staatsanwaltschaft kann keine Revision gegen einen Freispruch einlegen. Der Angeklagte ist frei, gilt als unschuldig, und kann nicht noch einmal wegen derselben Tat angeklagt werden (double jeopardy attaches).

Hat die Jury einstimmig den Angeklagten schuldig gesprochen, beginnt jetzt die zweite Phase des Prozesses. Nach der Frage von Schuld und Unschuld steht jetzt das Strafmass im Mittelpunkt. Sowohl Anklage als auch Verteidigung können jetzt strafverschärfende oder strafmildernde Umstände hervorbringen, ausserdem wird jetzt ein sehr entscheidender "pre-sentencing report" erstellt, in dem z.B. psychologische, medizinische, psychiatrische usw. Gründe vorgebracht werden können, warum der Verurteilte eine höhere oder niedrigere Strafe bekommen sollte.

Die Strafe wird dann im Rahmen der Gesetze vom Richter festgesetzt, die Todesstrafe kann allerdings nur einstimmig von der Jury festgesetzt werden. Im Prinzip gibt es drei Strafmassmöglichkeiten je nach Verbrechen: zeitliche oder lebenlängliche Freiheitsstrafe mit der Möglichkeit einer Strafrestaussetzung zur Bewährung, eine solche Strafe ohne diese Möglichkeit, oder die Todesstrafe. Wie in Deutschland auch entscheidet das Gericht zu diesem Zeitpunkt noch nicht über eine Strafrestaussetzung.

Damit ist das Verfahren in Deutschland in der ersten Instanz beendet. In den USA allerdings kann die Verteidigung auch jetzt noch einmal einen Antrag stellen, das Ergebnis des Prozesses einzustampfen und noch einmal ganz von vorne zu beginnen: motion for new trial. Grund ist normalerweise wieder, dass die Verteidigung schwere Verfahrensmängel rügt. Theoretisch könnte sie auch neue Beweise präsentieren, wenn diese ganz neu sind. Da der Richter der ersten Instanz über diesen Antrag entscheidet, ist es extrem selten, dass ihm stattgegeben wird.

Nun hat der Verurteilte die Möglichkeit in Revision zu gehen (appeal). Die Revision wird vor einem Revisionsgericht eingelegt (2. Instanz) (court of appeals) und es gibt keine neue Verhandlung mit Beweisaufnahme. Das Revisionsgericht, in der Regel drei oder mehr Richter, schaut sich das Protokoll des Verfahrens an (das gesamte Verfahren der 1. Instanz wird wörtlich protokolliert, das ist anders als in Deutschland). Werden Rechts- oder Verfahrensfehler entdeckt muss beurteilt werden, ob diese so schwer sind, dass ein neues Verfahren geboten ist. Das ist wichtig zu begreifen: nicht jeder kleine Fehler führt zu einem neuen Prozess, das Berufungsgericht beurteilt ob die Vermeidung des Fehlers zu einem anderen Ausgang geführt hätte. Ist dem so, dann wird der Revision stattgegeben und es kann ein neues Verfahren geben (auch hier gilt: es muss kein neues Verfahren geben. Die Staatsanwaltschaft kann darauf verzichten und dann ist der Verurteilte freizulassen und gilt als unschuldig).

Nun wird die Sache ein wenig kompliziert, weil sie vom deutschen System abweicht. In Deutschland wäre bei einer Abweisung der Revision in einem solchen Fall wie hier diskutiert schon fast das Ende der Fahnenstange erreicht. Es blieben dem Verurteilten nur die Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG und ein Antrag auf die Wiederaufnahme des Verfahrens. Beide stellen sehr hohe Hürden dar und sind selten erfolgreich.

In den USA gibt es noch einige Schritte, welche der Verurteilte gehen kann: dazu muss man wissen, dass es historisch bedingt zwei getrennte und parallele Gerichtsbarkeiten in den USA gibt: die Gerichtsbarkeit der einzelnen Bundesstaaten und eine Bundesgerichtsbarkeit.

Auf Deutschland bezogen wäre das so, als ob der Freistaat Bayern eine eigene Gerichtsbarkeit hätte, mit einem obersten bayerischen Gericht (so was gab es ja mal :) ) und daneben noch die Bundesrepublik Deutschland Bundesgerichte auch in Bayern unterhielte. Kann man als Verurteilter Verstösse gegen die Rechte darlegen, die einem in der Bundesverfassung zugestanden werden, kann man vor den Bundesgerichten klagen.

Da die wichtigsten Rechte der Strafjustiz in der amerikanischen Bundesverfassung festgelegt sind (und in der jeweiligen Verfassung der einzelnen Bundesstaaten) kann man in den meisten Fällen nun zweigleisig fahren: man kann neben der Revision im Einzelstaatsgericht auch eine Art Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesgericht einlegen. In den USA heisst das "writ of habeas corpus" und wird in 1. Instanz vor dem "federal district court" eingelegt.

Noch einmal gesagt: Für die Kompetenz der Bundesgerichte ist es notwendig, eine Verletzung der Rechte aus der Bundesverfassung geltend zu machen. Für die Revision und alle weiteren Instanzen in den Einzelstaaten reicht eine Verletzung der Strafprozessordnung etc. geltend zu machen.

Nun kann ich also Revision beim court of appeals des Einzelstaates einlegen. Gleichzeitig kann ich mich direkt per Verfassungsbeschwerde an den obersten Gerichtshof der USA wenden, den Supreme Court. Allerdings ist zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens der Erfolg vor dem Supreme Court genauso selten wie vor dem deutschen BVerfG.

Es geht aber noch weiter. Gegen eine Ablehnung der Revision durch das einzelstaatliche Revisionsgericht (court of appeals) kann ich - und das gibt es in Deutschland nicht - wieder Revision einlegen, diesmal beim obersten Gerichtshof des einzelnen Bundesstaates (supreme court of the state of...). Dieser schaut sich, falls Interesse besteht, noch einmal an, ob grundsätzlich ein faires Verfahren bestanden hat. Allerdings muss der supreme court nicht jeden Fall annehmen und wird meistens nur solche annehmen, in welchen grundsätzliche Probleme angeführt werden.

Nehmen wir an, dass auch das erfolglos war. Dann kann der Verurteilte nun wieder zweigleisig fahren: er kann einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens (writ of habeas corpus) sowohl beim staatlichen als auch beim Bundesgericht beantragen (bei letztem nur wenn Verletzung der Bundesrechte geltend gemacht wird). Wird dem Antrag stattgegeben kann das gesamte Verfahren neu aufgelegt werden (wie immer kann die Staatsanwaltschaft darauf verzichten). Dann käme es also auch nach Jahren noch einmal zu einem komplett neuen Prozess mit Beweisaufnahme.

Wird der Antrag auf Wiederaufnahme abgelehnt, kann der Verurteilte wieder dagegen Revision beantragen.

Theoretisch kann der Fall also wieder bis vor den obersten Gerichtshof gelangen. Und das kann Jahre dauern.

Ich selbst habe einen solchen Fall gehabt, und zeige an diesem Fall noch einmal zusammenfassend den Weg durch die Instanzen:

1. Instanz (Tatsacheninstanz) vor einzelstaatlichem Gericht
2. Antrag auf "new trial" nach verlorenem Prozess
3. Revision vor dem einzelstaatlichen "court of appeals"
4. Gleichzeitig: Verfassungsbeschwerde vor dem obersten Gericht der USA (writ of certiorari)
5. Revison der Ablehnung der Revision unter 3. vor dem obersten einzelstaatlichen Gericht
6. Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem einzelstaatlichen Gericht
7. Revision bei Ablehnung des Antrags vor dem "court of appeals" - bis zum "supreme court"
8. Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wegen Verletzung der Rechte der Bundesverfassung vor dem Bundesgericht
9. Revision der Ablehnung dieses Antrags vor dem "United States Court of Appeals"
10. Verfassungsbeschwerde vor dem obersten Gericht der USA (writ of certiorari)

Theoretisch kann man also 10 verschiedene Instanzen durchwandern. In meinem letzten Fall dauerte es bis zum obersten Gericht des Einzelstaates, also bis Nummer 7. Und das dauerte 9 Jahre. Wir waren auch auf die Nummern 8-10 vorbereitet, was noch mal einige Jahre gekostet hätte.

Tut mir leid, wenn das nun ein wenig lang war, aber ich denke die Antwort auf die Frage ist nun deutlich geworden: Ja, ein neuer Prozess mit Beweisaufnahme ist theoretisch möglich, praktisch aber je länger es dauert, desto unwahrscheinlicher.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

25.10.2018 um 07:14
@Rick_Blaine
Vielen lieben Dank für deine Ausführungen.

Zwei Fragen bleiben:


Der verurteilte Brendan D. hat bereits drei Anhörungen vor dem Supreme Court (SC) beantragt.

1. vor drei der neun Richtern des SC - zwei stimmtem für ihn

2. auf Antrag der Staatsanwaltschaft: Anhörung vor 5 Richtern des SC - 3 Stimmten gegen ihn

3. RAe vom Verurteilten beantragen 3. Anhörung vor allen 9 Richtern - Ablehnung des Antrages ( ohne Begründung)

Ist dieser "Werdegang" so üblich?


( Gibt es das zweigleisige Gerichtssystem aufgrund der unterschiedlichen Gesetzgebungen der Bundesstaaten? )


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

25.10.2018 um 07:51
@SheRa77
Du hast recht, das war am 3.11 da wurde sie schon vermisst. Das Auto wurde allerdings erst am 5.11 auf dem Gelände von SA gefunden.
Und die SMS an Scott hat der Zeuge auch erst Anfang 2017 geschrieben als er die erste Staffel Making a murderer gesehen hatte. Nicht als er das Auto gesichtet hatte. Denn in dieser hat er den Polizisten wiedererkannt als es vor Gericht um die Anfragen des Nummerschildes an die Zentrale ging. Die Verteidigung damals konnte sich darauf keinen Reim machen.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

25.10.2018 um 08:16
Zitat von jadajada schrieb:( Gibt es das zweigleisige Gerichtssystem aufgrund der unterschiedlichen Gesetzgebungen der Bundesstaaten? )
Ich fang' mal von hinten an. Die Gesetzgebung ist sehr angeglichen, das ist daher nicht der Grund. Es ist historisch begründet: die USA sind entstanden in einem Selbstverständnis als Zusammenschluss selbstständiger, souveräner Staaten. Jeder dieser Staaten hat sein eigenes Justizsystem, seine eigenen Gesetze, seine eigene Verfassung. Ein wenig vergleichbar mit dem heutigen Stand der EU.

Als man sich dann auf einen Bundesstaat geeinigt hatte, wurde eine Bunderverfassung angenommen, 1789, die auch ein separates Gerichtssystem vorsieht, allerdings nur zur Behandlung von Bundesthemen. Die Verfassungsväter hatten ein sehr beschränktes System vor Augen und wollten eigentlich nicht, dass sich der Bund mit der typischen Strafjustiz beschäftigt. Die war den Einzelstaaten vorbehalten.

Im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte hat sich dann aber der Bund in immer mehr Dinge eingemischt und seine Kompetenzen immer mehr erweitert. Da die Bundesverfassung wichtige strafprozessuale Rechte enthält, hat man dann gesagt, dass die Bundesgerichte die Urteile von Einzelstaatsgerichten überprüfen und notfalls auch aufheben dürfen, wenn sie feststellen, dass Rechte des Verurteilten aus der Bundesverfassung verletzt wurden.

In den letzten 25 Jahren hat es allerdings einen gegensätzlichen Trend gegeben: das amerikanische oberste Gericht, der "Supreme Court of the United States" hat immer öfter sich geweigert, bei Urteilen der Einzelstaaten einzugreifen. Man betont wieder mehr die Unabhängigkeit der einzelstaatlichen Justiz. Gerade beim so wichtigen Thema wie der Wiederaufnahme ist das zu beobachten, unterstützt wurde der Trend dann von der Gesetzgebung: der Bundeskongress hat in Hinsicht auf Wiederaufnahmeverfahren die Zuständigkeit der Bundesgerichte stark beschnitten.

Das war nicht immer so. Ich habe ältere Kollegen, die früher mehr oder weniger die einzelstaatlichen Instanzen so schnell wie möglich abhaken wollten, um den Fall auf jeden Fall vor ein liberaler eingeschätztes Bundesgericht zu bringen. Heute muss man die einzelstaatliche Justiz weitaus ernster nehmen.

Nun zu den konkreten Fragen: es ist tatsächlich so, dass es innerhalb der von mir aufgezeigten Instanzen noch ein paar Zwischenschritte gibt, die ich wegen der Übersichtlichkeit nicht aufgeführt hatte. Dazu gehört die "petition for review en banc."

Normalerweise wird z.B. im Bundessystem eine Revision von einer Kammer (panel) des Appellationsgerichtes gehört, in der drei Richter sitzen. Ist man nun mit der Entscheidung dieser drei Richter nicht zufrieden, kann man den Antrag stellen (petition), dass das gesamte Gericht den Fall - also die Revision - noch einmal hört. Dabei ist es im Einzelfall unterschiedlich, wieviele Richter das dann sind. In meinem Bezirk ist ein sehr grosses Appellationsgericht zuständig, insgesamt mit 29 Richtern, aber das wäre übertrieben und unpraktisch, so hat man hier beschlossen, dass "en banc" (aus dem Französischen, es bedeutet die gesamte Richterbank) in meinem Bezirk 11 Richter bedeutet.

Wenn dem Antrag stattgegeben wird, wird die Revision noch einmal vor allen Richtern en banc gehört. Diese können dann das ursprüngliche Urteil der Kammer bestätigen oder aufheben.

Das ist in unserem Fall Brendan Dassey passiert: zunächst war die Beschwerde (writ of habeas corpus) auf der Ebene des Bezirksgerichts erfolgreich (Einzelrichter). Die Entscheidung des Einzelrichters wurde dann durch die Kammer des Appellationsgerichtes des 7. Bezirks bestätigt, allerdings nicht einstimmig. Daraufhin legte die Generalstaatsanwaltschaft von Wisconsin wieder Beschwerde ein, und beantragte eine Entscheidung "en banc." Das Appellationsgericht gab dem statt und diesmal überstimmte eine Mehrheit die Kammer mit einer denkbar knappen Mehrheit von 4-3 Stimmen.

Interessant ist dabei, dass in den USA jeder Richter ein eigenes "Urteil" schreiben kann: also die Beweggründe für seine Abstimmung beschreiben kann. In der Regel schreibt ein Richter die Mehrheitsmeinung, und die anderen Richter können dann eine eigene zustimmende Meinung veröffentlichen. Die Richter, die in der Minderheit sind, können dann ebenfalls einen Meinungsführer wählen, der eine ausführliche Begründung schreibt, der sich andere dann anschliessen, oder jeder schreibt eine eigene Begründung. Oft ist es hochinteressant, die juristischen Argumente gerade der unterliegenden Seite zu lesen.

In unserem Fall ist es ja dann so weitergegangen, dass Brendan Dassey dann noch eine Verfassungsbeschwerde beim obersten Gerichtshof der USA eingelegt hat, vertreten durch einen ehemaligen Generalbundesanwalt. Der oberste Gerichtshof der USA urteilt immer nur komplett, das heisst es gibt hier keine Kammern, oder Senate, wie in Deutschland, sondern es sind immer alle Richter an der Entscheidung beteiligt. Etwas erstaunlich war, dass der Fall dann kurz vor der Entscheidung zurückgezogen wurde und die Revision dann verworfen wurde.

Damit ist der Rechtsweg nun zu Ende. Jetzt kann Dassey nur noch auf ein Gnadengesuch beim Gouverneur hoffen. Allerdings ist derzeit diese Hoffnung wohl vergebens.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

25.10.2018 um 11:27
bzgl. der Timeline, ich glaub ich habe da was dazu ganz gutes dazu gefunden.

https://www.reddit.com/r/MakingaMurderer/comments/5gmaf0/timeline_of_the_case/


Die Timeline finde ich ganz interessant, weil bei fast jedem Punkt die Quelle dazu angegeben wird.


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25.10.2018 um 14:21
@Morpheus1PB
Oha, diese Timeline ist prima! Die sollte man sich gleich ausdrucken und neben den Computer legen ;)

@Rick_Blaine
Danke für deine ausführlichen Erklärungen. Brendan hat also überhaupt keine Chance mehr bis auf den Gnadengesuch? Was geschieht wenn SA frei kommen würde, weil der Tatablauf widerlegt werden würde. Bei Brendan war es ja nun ein völlig anderer Tatablauf der ihm zur Last gelegt wird.

@Juveda
Ich hatte irgendwie im Kopf, dass der Zeuge den Polizisten angesprochen hatte, weil er ihn irgendwie kannte? Wie kann er quasi nichts über diese ganzen Ungereimtheiten mit dem Auto bemerkt haben ehe er die Doku im Fernsehen gesehen hat... das ist doch sicher groß durch die Medien gegangen noch bevor MaM rauskam. Ich bin immer mehr von SA´s Unschuld überzeugt, aber dieser Zeuge hat für mich "ein Geschmäckle".


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

25.10.2018 um 15:02
@rosagummischuh
Der Zeuge und Der Polizist kannten sich nicht. Der Truckdriver war auf der Straße unterwegs zur Tankstelle.
Auf dem Weg dort hin, ist ihm der Wagen am Rande der Straße ins Auge gefallen. Als er die Tankstelle betrat, fiel ihm der Suchzettel von TH an der Tür auf und er erkannte den Wagen wieder. Als er die Tankstelle verlassen wollte, kam ein Polizist herein, Mr Colmore. Der Truckdriver klärte ihn auf, dass er genau diesen Wagen nicht weit von hier an der Straße hat stehen sehen. Damit war für den Zeugen die Angelegenheit erledigt. Er hat es ja gemeldet.
Daraufhin kontaktierte Colmore die Zentrale um das Kennzeichen abgleichen zu lassen. Und das ist Fakt. Die Aufnahmen wurden vor Gericht abgespielt und er dazu befragt. Einen Bericht dazu hat er allerdings nicht geschrieben. Nähmlich wieso genau er das tat. Das war am 3.11 und am 5.11 wurde de Wagen von TH auf dem Gelände von SA gefunden.
Ehrlich gesagt, ergibt es für mich keinen Sinn wieso dieser Zeuge lügen sollte. Er kooperiert und würde auch aussagen.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

25.10.2018 um 15:08
@rosagummischuh
Ich würde es Colmore zutrauen. Er hat damals als es um die Vergewaltigung und den versuchten mord ging, nicht gemeldet, dass ein Polizist aus einem anderen Bezirk gemeldet hat, dass er einen Mann festgenommen hat der behauptet die Tat begangen zu haben und jemand anderes für ihn im Gefängnis sitzt. Daraufhin hat SA noch mehrere Jahre in Haft gesessen. Wer so abgebrüht ist, den traue ich das auch ohne weiteres zu.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

25.10.2018 um 15:15
@Rick_Blaine
Sollte das Urteil von SA gekippt werden und er in einem neuen Verfahren für unschuldig befunden wird, kippt dann nicht auch das Urteil von BD? Oder müsste man tatsächlich einen verdächtigen finden dem die Tat zugesprochen wird?
Vielen Dank auch für den ausführlichen Bericht.


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Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

25.10.2018 um 15:23
Zitat von JuvedaJuveda schrieb:Er hat damals als es um die Vergewaltigung und den versuchten mord ging, nicht gemeldet, dass ein Polizist aus einem anderen Bezirk gemeldet hat, dass er einen Mann festgenommen hat der behauptet die Tat begangen zu haben und jemand anderes für ihn im Gefängnis sitzt.
Colborn hat den Anruf damals nur entgegengenommen, nicht mehr und nicht weniger. Er hat diesen dann an die zuständige Abteilung weitergeleitet. Warum sollte man dazu ein Vermerk schreiben? Das ist wie wenn ich im Lager arbeitete und mich jemand anruft und etwas zur Rechnung wissen will. Dann leite ich diesen an die Buchhaltung weiter und die Sache hat sich erledigt für mich.
Er hat also weder etwas nicht gemeldet, noch wusste er das es um SA ging, noch war er dafür auch nicht zuständig.


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25.10.2018 um 15:31
@Simi96
Woher geht hervor, dass er diese Meldung weitergeben hat? Außerdem finde ich, dass der Vergleich mit dem Lager und der Rechnung echt hingt ;-)
Zudem glaube ich nicht, dass es in dem Örtchen so häufig zu Vergewaltigungen und morden kommt. Daher gehe ich davon aus und ich meine auch, dass er es gesagt hat, dass er sehr wohl wusste das es sich um SA handelt.
Zu dem Bericht: natürlich muss er den schreiben. Es geht hier nicht um ein Paket das verloren gegangen ist, sondern um einen Menschen der zu unrecht im Gefängnis sitzt. Selbst wenn er dies nur weitergegeben hätte müsste er den Sachverhalt in einem Bericht niederschreiben.


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